„Ich bin dann mal weg. Gruß, Gott“
„Ich bin dann mal weg. Gruß, Gott“
Nicht wenige behaupten ja, unsere Welt sei gottlos geworden. Was wäre, wenn sie Recht haben. Was wäre, wenn nicht nur Hape Kerkeling sich verabschiedet hätte mit den Worten: „Ich bin dann mal weg“, sondern er nur nachgeahmt hätte, was Gott schon längst verwirklicht hat: sich dieser hektischen, rechthaberischen, zerschlissenen Welt zu entziehen?
Jesus fordert seine Freundinnen und Freunde auf, so zu leben, als sei Gott nicht da, als sei er abwesend, verreist eben. So leben, als sei Gott nicht da. Stellt euch einmal vor, ihr erhieltet morgen Post: „Bin auf unbestimmte Zeit verreist, haltet bitte alles in eigener Verantwortung in Ordnung. Liebe Grüße, Gott!“
Wir hören es persönlich aus Jesu Mund: Verlass dich nicht darauf, dass Gott gegenwärtig ist in deinem Haus, in deinem Leben. Du musst dein Haus, dein Leben selbst bestellen und verwalten. Da ist keiner, der dir vorgibt, was du zu tun oder zu lassen hast. Du bist ganz auf dich gestellt. Du allein trägst die Verantwortung für dich und dein Leben, für das Haus, in dem du lebst, für die Welt, in der du lebst.
Deutlicher kann man es nicht sagen, wie Jesus es formuliert: Lebe, als sei der Herr nicht da. Du bist auf dich allein gestellt. Denk aber daran, dass der Herr wiederkommt und du Rechenschaft ablegen musst über dein Tun und Lassen.
Das klingt wie eine Drohung und kann ganz schön Angst machen. Dass Jesus die Menschen ermahnt: ja, das wissen wir aus verschiedenen Erzählungen der Heiligen Schrift. Aber dass er als Angstmacher auftritt, quasi die Fußstapfen vorprägt, in die hinein dann die Pegida-Hasser und all die anderen Angstmacher unserer Tage reintreten, das kann ich mir nur schwerlich vorstellen.
Wie so oft tut es vielleicht gut, die Botschaft einmal gegen den Strich zu lesen: Ich will nicht glauben, dass Jesus sich so billig zum Propagandisten einer Weltuntergangsstimmung aufspielt. Aber was will er denn? Will er uns erinnern daran, dass Gott uns ebenso ernst nimmt, wie er sich selbst ernst nimmt?
Sagt er nicht: Der Hausherr, Gott eben, nimmt dein Leben ernst. Du hast die Aufgabe und auch das Vermögen, in seinem Namen zu handeln und zu gestalten. Du bist Verwalter Gottes auf Erden. Erinnert er uns so nicht an unsere Ebenbildlichkeit, aus der heraus eben auch konsequenterweise die Eigenverantwortung für alles Reden und Handeln entspringt? Und erinnert er uns nicht daran, dass die eigentlichen Schätze, die uns reich machen, anderswo liegen als an der Oberfläche des Lebens?
Die Frage des Petrus überhört Jesus geflissentlich. Petrus, der da so selbstbewusst wie eben auch naiv meint, mit dieser Mahnung, würde Jesus natürlich nur die anderen ansprechen wollen, aber nicht die treuen Knechte des Glaubens. „Falsch gedacht, lieber Petrus“, muss man da konstatieren. Petrus meint wohl, dass die Treue zu Gott sich im Bekenntnis manifestiert. Das sieht Jesus anders. Glaube erweist sich in der Erwartung Gottes, in der Sehnsucht nach Gott. Glaube geschieht in der Erwartung einer immer wieder ausstehenden Gottesbegegnung.
Jesus ruft die Menschen auf, sich bereit zu halten. Aber was heißt das? Das heißt nicht, passiv abwartend, devot abhängig, schwärmerisch anhimmelnd Leben verstreichen lassen. Vielmehr heißt es, zupackend, kreativ und nicht minder die Realität respektierend das Leben in die Hand nehmen. In der Konkretheit des tatsächlich gelebten Lebens keimt Hoffnung auf, Gott zu begegnen. Und wir müssen – nein: wir dürfen – erkennen, dass Gott gar nicht weg ist. Er ist nur nicht da, wo wir ihn vermutet haben. Das zu erkennen bedeutet, sich auf den Weg zu machen, ihn zu suchen. Und über allem steht der eine Aufruf: „Fürchte dich nicht“. …Predigt am 07. August
Christoph Simonsen