Wahre Weisheit

32. Sonntag im Jahreskreis A – 2017 – Lesung Buch der Weisheit 6,12-16 – Evangelium: Matthäus 25,1-13

Die Lesung aus dem Buch der Weisheit versöhnt mich mit dem heutigen Evangelium. In der Lesung hören wir von einer wohltuenden Weisheit; im Evangelium werden den Menschen rücksichtslos die Konsequenzen ihres Handelns um die Ohren geschlagen. Geduld und Aufmerksamkeit sind weise Tugenden, hau ruck und hoppla hopp Handlungen dagegen sind mehr als dumm und lassen meist noch Dümmeres Folgen.

Ich hab’s eilig, zieh mir hastig die Jacke über, schnauze meine Hunde an, weil die irgendwo in der Wohnung rumturnen und nicht kommen wollen, streife ihnen endlich das Halsband über, zerre sie auf den Flur, die Tür fällt ins Schloss – und der Schlüssel liegt irgendwo in der Wohnung. Da liegt er gut, aber ich steh draußen. Der Schlüsseldienst muss kommen und ich bin 120 Euro quitt. Dumm gelaufen.

Nun bin ich zweifelsohne sehr dankbar, dass es so was wie Schlüsseldienste gibt (wenn ich mich über das hohe Honorar auch geärgert habe); es gibt hilfreiche Dienste, die korrigieren können, was meine Ungeduld angerichtet hat, oft mir selbst zum Schaden. Das Evangelium behauptet nun, dass es auch Folgeschäden meiner eigenen Dummheit gibt, die nicht so einfach zu korrigieren oder zu reparieren sind. Darüber würde ich gern mit euch nachdenken. Eine hastige und voreilig getroffene Entscheidung, ein zu schnell ausgesprochenes Wort, und es ist eine Chance vertan, die sich so nicht noch einmal ergibt und die nichts als Scherben hinterlässt. Weder ich selbst noch ein Außenstehender vermag da noch eine Reset-Taste zu drücken. Chance vertan, ich bleibe draußen – im übertragenen Sinn.

Es gibt zweifelsohne Augenblicke, die unendlich viel kaputt machen, die dazu führen, dass einige drin sind und die anderen draußen; dass die einen allen Grund haben zu feiern und die anderen darben. Wenn es die anderen sind, die draußen stehen, fällt es oft nicht auf, denn man selbst ist ja mitten drin im Geschehen. Erst wenn man selbst draußen steht, sich ausgeschlossen hat, kommt der Schmerz auf und man spürt die Isolation.

Ich erinnere mich einer vergangenen Freundschaft, die zerbrach, weil mir zur rechten Zeit der Mut fehlte, ein verbindendes Wort zu sagen. Dass die Freundschaft kaputt gegangen ist, war das eine; die Erfahrung aber, dass ich selbst dies zu verantworten hatte, diese Einsicht kam erst viel später. Solche Erfahrungen tun in der Seele weh; ich kann sie nicht einfach zudecken, vergessen machen. Sie zu verdrängen gelingt vielleicht eine Zeitlang, aber sicher nicht auf Dauer. Es bleibt nichts anderes, als mit ihnen zu leben, sie ins Leben mit hineinzunehmen und aus ihnen zu lernen.

Ja, aus unwiderruflichen Fehlern zu lernen, das ist weise. Morgens vor die Tür gehen und sich der vergangenen Fehler erinnern in der Hoffnung, heute anders handeln und reden zu können. Ich muss einsehen, dass es Dinge in meinem Leben gibt, die ich nicht einfach so wieder gut machen kann. Sie sind geschehen. Ich muss aber auch nicht an ihnen verzweifeln; ich kann aus ihnen lernen. „Seid also wachsam“ rät Jesus den Menschen. Die Erfahrung, einmal ausgeschlossen zu sein vom Fest, sollte genügen, bei der nächsten vergleichbaren Situation weiser, sensibler, menschlicher zu handeln und zu reden. Ja die Lesung versöhnt mich mit dem Evangelium, und das ist gut so.

Christoph Simonsen


 

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