Zuflucht und Kraft

In diesen Tagen scheint es an allen Ecken und Enden der Welt zu brennen:

Gewaltsame Ausschreitungen im Hambacher Forst, … Gruppenvergewaltigungen in Freiburg, … ein rechtsradikaler Militär gewinnt mit der Forderung Privatpersonen zu bewaffnen und der Ankündigung Brasilien von Schwarzen, Homosexuellen und Abtreibungsbefürwortern zu reinigen die Mehrheit der Brasilianer, … die EU macht die Grenzen für Flüchtende aus Afrika, dem Nahen und Fernen Osten dicht und kann sich nicht auf eine gerechte Verteilung einigen, … mit nationalistischen Egoismen gewinnen Politiker Wahlen, … die Folgen des Klimawandels sind überall auf der Welt hautnah erlebbar – dennoch bestreiten immer noch Politiker und Industrie den Einfluß der Menschen darauf und die Entcarbonisierung schreitet nur langsam und halbherzig voran, … die Plastikvermüllung der Welt nimmt katastrophale Ausmaße an und die Nachfrage ist ungebrochen, …

Und ich? Ich möchte mich am liebsten in meine kleine, heile Welt verkriechen, den Kopf in den Sand stecken und warten bis alles vorüber ist.
Wie Zukunftsperspektiven entwickeln und gestalten, damit Kindern und Enkeln eine lebenswerte Welt erhalten bleibt, wenn ich mich ohnmächtig und perspektivlos fühle?
Glaubende und suchende Menschen aller Zeiten haben ihre Hoffnung auf Gott gesetzt, auf den Gott, der sich in der Bibel als der Immer-da-seiende und Mitgehende bezeichnet hat (Exodus 3). In ihrer Not und Perspektivlosigkeit haben sie zu diesem Gott gebetet.
“Beten heißt mit Gott zu sprechen – ob es darum geht, Sorgen und Ängste zu teilen, um Vergebung zu bitten oder zu danken. So ist jeder Mensch nur ein Gebet weit von Gott entfernt. … Beim Beten geht es darum, Gott mitzuteilen, was einen bewegt. Das kann man mit fertigen Texten tun, mit eigenen Worten oder auch im Schweigen. Für Christinnen und Christen ist Gott ein Gegenüber, mit dem man genauso sprechen kann wie mit einem Menschen.” (Beten – EKD.de)
Eine besondere Form des Gebetes ist das Psalm-Gebet, dessen 2500 Jahre alte Sprache uns heute fremd vorkommt. Dabei bringen die Psalmen die Ängste und Hoffnungen, aber auch das Vertrauen auf Gott durch die Beter zum Ausdruck, in einer Welt zugwandten Sprache. Deshalb haben immer wieder Gott Suchende versucht die Psalmen mit den Bedrohungen und Ängsten, aber auch mit den Hoffnungen unserer Zeit zu verbinden.
Der holländische Priester und Dichter Huub Osterhuis hat alle Psalmen in unsere Zeit und in unsere Sprache übertragen und verdichtet.
Psalm 46 gibt mir Zuflucht und Kraft in diesen Tagen.           GS 30. Oktober 2018

Gott unsere Zuflucht und Kraft.

Die Erde verändert sich. Er nicht.
Berge stürzen ins Meer,
Meere rasen und toben.

Doch Er ist eine feste Burg,
eine Stadt auf Felsen gegründet,
in Gärten angelegt –
glitzernde Ströme durchfluten Ihn
quer durch seine Mitte.

Gott unsere Zuflucht und Kraft.

Er wird etwas tun.
Er ist als Morgenlicht
mit einem großen Vorhaben auf den Weg gegangen:

Ende Krieg.

Er hat dem Sturmwind befohlen,
alles Waffenzeug zusammenzufegen
von überall auf der Erde –
gigantische Müllkippen.

Dann facht Er den Brand an:
Freudenfeuer, wild lodert es auf,
tief löscht es aus.

Ende Krieg.

Gott unsere Zuflucht und Kraft.

Huub Osterhuis, Psalmen – Verlag Herder 2014, S. 100f

Visit Us On FacebookVisit Us On Instagram