Wir wollen glaubwürdig bleiben!
Mit diesem Leitbild positionierte sich das Team der KHG-Köln zum Wintersemester 2019 in ihrem Semesterprogramm und auf ihrer Website. Diese Positionierung passte zur kirchlichen Problemanzeige nach den skandalösen Veröffentlichungen zu sexuellem und geistlichem Missbrauch in tausenden Fällen in kirchlichen Einrichtungen und durch kirchliche und speziell priesterliche Mitarbeiter durch die sogenannte MGH Studie im September 2018.
Glaub-Würdigkeit macht eine Glaubensgemeinschaft aus. Sie muss ihre Praxis an dem messen lassen, was sie als Glaube verkündet. Sonst verspielt sie das Vertrauen nicht nur der Gläubigen, also ihrer Mitglieder, sondern auch das Vertrauen der Gesellschaft in die Kirche als Sozialorganisation mit vielen Sozial- und Bildungseinrichtungen mit gesellschaftlicher Relevanz.
Auch Jesus musste sich der Frage nach der Glaubwürdigkeit seiner Botschaft stellen und er verweist die Fragenden auf seine Praxis und Wirkung:
“Berichtet, was ihr gesehen und gehört habt: Blinde sehen, Gelähmte gehen, Aussätzige werden gesund, Taube hören, Tote werden zum Leben erweckt und den Armen wird die gute Botschaft verkündet. Freuen darf sich, wer nicht an mir irre wird!” (Matthäus 11, 4-6)
Mittlerweile werden aber viele gutwillige, auch gläubige Kirchenmitglieder an der unbeirrbaren und ignoranten Haltung und der offensichtlichen Reformunwilligkeit und-fähigkeit vieler kirchenleitender Männer irre und kehren ihrer Kirche den Rücken. Darunter auch viele über lange Jahre hoch motivierte und engagierte Ehrenamtliche. Diese und auch die, die sich auch innerkirchlich noch für eine Kirchenreform einsetzen, wollen glaubwürdig bleiben.
Ich habe mal gelernt: „Ekklesia semper reformanda“ und es sagt viel über die katholische Kirche und ihren Reformbedarf aus, wenn Papst Franziskus diesen auf den Reformator Martin Luther zurückgehenden Satz 2017 in Kolumbien in den Mittelpunkt seiner Predigt zum inneren Reformbedarf seiner Kirche stellt: „Statt einem “starren Hängen an Normen und Gesetzen” verlangt der Papst Wachsamkeit für das, was er die “wirksame Gegenwart des Herrn” nennt; diese ist zu finden “in den konkreten Bedürfnissen unserer Brüder und Schwestern”, im Hunger des Nächsten.“ (katholisch.de 10.Sept 2017)
Wenn Kirche glaubwürdig die Botschaft Jesu verkündigen und leben will, dann muss sie auf die Fragen und Nöte der Menschen eingehen und sich diesen zuwenden.
In ihrer Organisation und ihrem Machtgebahren muss sie sich entscheiden, wie Christiane Florin in einem Kommentar zur Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe schreibt: „demokratisch oder autoritär, plural oder monolitisch, emanzipatorisch oder warschonimmersoundhaltetjetztdieklappe.“ (DLF 25.2.2021)
Das die Freiheit des Meinungsaustausches und der Kritik ein Grundrecht, ja eine Verpflichtung des Gottesvolkes ist, beschreibt die päpstliche Enzyklika Communio et progressio 1971: „Die verantwortlichen kirchlichen Obrigkeiten werden dafür sorgen, dass sich innerhalb der Kirche auf der Basis der Meinungs- und Redefreiheit der Austausch legitimer Ansichten lebendig entfaltet.“
Kirchenmacht und –Ohnmachterfahrene werden zu Recht fragen: Und wer bestimmt, was legitime Ansichten sind?
GS 2. März 2021