Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann? – Niemand!

Dieses Spiel mit zwei gegenüberstehenden Mannschaften spielten wir Anfang der 1960er Jahre in den Pausen an unserer Grundschule (damals noch Volksschule genannt, weil dem nachwachsenden Volk Bildung beigebracht werden sollte) in meiner Heimatstadt Essen, Zentrum des Schmelztiegels (melting pot) Ruhrgebiet, auch Ruhr-Pott genannt.

Der Ruf, der sich anschloss an das furchtlose „Niemand“ war „Und wenn er kommt?“ Darauf wurde trotzig zurück geschrien „Soll er doch!!!“, und die ohnehin schon dichte, mauerartige Menschenkette wurde noch dichter, man klammerte sich aneinander, stemmte sich dem nun unmittelbar folgenden oder taktisch verzögerten Ansturm des einzelnen  „Schwarzen Mannes“ entgegen, damit er nicht diese menschliche Mauer durchbrechen konnte.

Was heute als rassistisch vom Schulhof verbannt würde, war für uns Kinder im Wirtschaftswunderland Deutschland der frühen 1960er Jahre eine unbewusste Form des Umgangs unserer Angst vor den Fremden, den Gastarbeitern aus Südeuropa und der Türkei, die – fast alles Männer, dunkelhaarig, dunkelbraune Hautfarbe, unserer Sprache nicht mächtig – uns unheimlich waren und gegen die (und unsere Angst) wir eine kollektive Abwehrmauer errichteten.

Dieses nunmehr 50 Jahre alte Spiel ging mir durch den Kopf während der sog. Flüchtlings-Krise 2015 und jetzt wieder als ich den Protesten und Solidaritätsbekundungen der #blacklivesmatter Bewegung folgte und die nahegehenden Zeugnisse von Alltagsrassismus in Deutschland, gesammelt aus dem Erleben von Schwarzen in Deutschland im „Brennpunkt Rassismus“ von Carolin Kebekus sah.

Im Spiel, das wahrscheinlich bis in die Zeit der Pest -dem schwarzen Tod- zurückgeht, wird schwarz mit böse assoziiert und so sind wir schnell in den einfachen kindlich-kindischen Denkschemata von gut/böse, hell/dunkel, weiß/schwarz …

Das scheint auch in unserer global vernetzten, liberalen Gesellschaft, die sich gerne als christliche Wertegemeinschaft etikettiert, immer noch oder zunehmend wieder zu rassistischen Übertragungen und Hass getrieben Gewalt-Exzessen zu führen, überall auf der Welt.

Wirklich christlich dagegen wären wir, wenn wir uns davon leiten lassen würden, dass vor Gott Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht, gesellschaftliche Stellung irrelevant sind (Paulus an die Kolosser) und wir so gemeinsam Verantwortung übernähmen für das gemeinsame Haus –diese von Gott geschenkte Erde-, um eine Gesellschaft der Gerechtigkeit und Liebe aufzubauen und zu leben. (Papst Franziskus, Laudato Si). Der erste Schritt dahin ist der Respekt vor der Würde des anderen. – Vielleicht gelingt es uns dann ja auch unsere Angst zu überwinden und diesen Anderen vorurteilsfrei anzunehmen. Ja, vielleicht gelingt es uns ja ihn zu lieben.

GS 9. Juni 2020

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