“Weil sie an Gott glaubt!”

Mit diesem Ausruf begrüßt eine 60 Jährige Amerikanerin die Nominierung der Katholikin Amy Coney Barrett als Richterin für den Supreme Court, dem obersten Verfassungsgericht der USA (Zeit-Online, 27.Sept. 2020). Diese Begründung als Qualifizierung für das Richteramt hat mich irritiert und als Katholik provoziert.
Wäre dies ein Kriterium für die Nominierung von Richterinnen am Bundesverfassungsgericht? Und wäre ich davon begeistert? Unsere Gesellschaftsordnung in Deutschland und in der Europäischen Union versteht sich als Wertegemeinschaft, die sich den allgemeinen Menschenrechten der Vereinten Nationen verpflichtet fühlt. Sie integriert unterschiedliche Glaubensbekenntnisse und Weltanschauungen und bietet einen Grund-Gesetzesrahmen für ein friedliches Zusammenleben an. Bei aller gebotenen und auch gelebten Toleranz sind wertebasierte Positionierungen notwendig und Ausdruck von innergesellschaftlicher Vielfalt. Der gesellschaftliche Zusammenhalt ist aber immer da gefährdet, wo Extreme polarisieren. Dann den rechtlichen Rahmen in Erinnerung zu rufen und vom Grundgesetz her zu urteilen ist Aufgabe des Verfassungsgerichtes. Ja, es braucht Menschen in unserer Gesellschaft , die sich mit ihren Werten und Überzeugungen positionieren, die ihre Werte leben und auch in ihrer Lebensführung sich daran messen lassen als Lehrerinnen, Politikerinnen, Juristinnen, Managerinnen, Polizistinnen, Seelsorgerinnen, Kindergärtnerinnen, Ärzt*innen, … Sie machen unsere Gesellschaft stark, wenn sie ihre Werte, ihren Glauben und ihre Überzeugungen in den politischen und gesellschaftlichen Diskurs einbringen, sich in Frage stellen lassen und bereit sind voneinander und miteinander zu lernen und unsere Gesellschaft und ihre Regeln und Gesetze so weiterzuentwickeln.
Ideologisierte Rechtsprechung zerstört die freie und offene Gesellschaft.
Das Handbuch für ein Leben in Gerechtigkeit und Friede -die Bergpredigt- sagt daher: “Hört auf, andere zu verurteilen, dann werdet auch ihr nicht verurteilt. Denn andere werden euch so behandeln, wie ihr sie behandelt. Der Maßstab, nach dem ihr andere beurteilt, wird auch an euch angelegt werden, wenn man euch beurteilt.” und formuliert als Goldene Regel “Geht so mit anderen um, wie die anderen mit euch umgehen sollen. In diesem Satz sind das Gesetz und die Propheten zusammengefasst.” (Mt 7,1-2.12)
GS 29. Sept 2020

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