Von Selbstgerechtigkeit und Demut

Selbstgerechtigkeit finde ich grauenhaft. Wenn ich mir die Trumps, die Johnsons, die Wilders und ähnliche Populisten Abend für Abend in den Nachrichten ansehen muss (meist sind es weiße Männer zwischen 50 und 70 Jahren) und immer mit der Botschaft „Ich bin der, der weiß, was für Euch das Beste ist, der alles richtig macht, der keine Fehler hat und was verkehrt läuft in der Welt, sind die anderen“, frage ich mich woher dieser Narzissmus kommt und warum ihnen so viele nachfolgen. Was ist an ihnen so attraktiv, wo doch der Faktencheck schnell die Lügen und Tricksereien enttarnt?

Aber noch schlimmer finde ich, wenn ich diese Selbstgerechtigkeit auch bei mir entdecke, wenn ich keine Fehler zugeben kann, wenn ich meine Leistungen in den Vordergrund schiebe, obwohl sie das Ergebnis von Teamarbeit sind, wenn ich das Gefühl vermittle, ich sei der, der die Marken setzt, an denen sich die anderen messen lassen müssen.

Sind diese Charakterzüge nicht eher Zeichen mangelnden Selbstvertrauens?

Der Sozialpsychologe und Philosoph Erich Fromm empfiehlt in seinem bekannten Werk Die Kunst des Liebens die Demut als Haltung, die es ermöglich den eigenen Narzissmus zu überwinden. Demut ist Mut zu dienen, die eigene Selbstbezogenheit und Selbstverliebtheit zu überwinden und sich der Gemeinschaft, der Gesellschaft zuzuwenden und diese uneigennützig und gerecht mitzugestalten.

Habe ich diesen Mut? Oder fehlt mir das Selbstvertrauen dazu?

Gott, der dich wahrnimmt,
lasse zu deiner Erfahrung werden,
was er dir zugesagt hat:
Bei dir zu sein
in Angst und Unsicherheit,
zu dir zu stehen
in Ausweglosigkeit und Verlassenheit,
dich zu trösten,
wenn du bekümmert bist,
deine Bedürftigkeit
zu Herzen zu nehmen,
was immer auf dir lastet.

Er schenke dir,
was du dir selbst
nicht geben kannst:
Wachsendes Vertrauen
mitten in den Widersprüchen
dieses Lebens.

Antje Sabine Naegeli,
Jeden Augenblick segnen, Eschbach 2005, S.105

 

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