Same procedure as last year?

Seit nunmehr 60 Jahren läuft an Sylvester auf allen ARD Programmen der Sketch DINNER FOR ONE. Millionen von Fernsehzuschauer*innen werden ihn mitsprechen können und an den gleichen Stellen lachen, obwohl in schwarz-weiss und szenisch aus der Zeit gefallen.

Wir lachen über diese Spiegelung unserer Sehnsucht nach Stabilität, nach den immer wiederkehrenden Routinen und Situationen, die uns Sicherheit geben, scheinbar zeitlos. Cocooning. während die Welt draußen -ausgeblendet- in Katastrophen versinkt, leben wir routiniert im Augenblick.

Rückzugszeiten und -orte brauchen wir, um unsere täglichen Routinen zu unterbrechen, inne zuhalten, uns Zeit und Raum zu nehmen zum Nach-Denken, Welt anschauen, Zukunft in den Blick zu nehmen, zu bewerten, Möglichkeiten zu entdecken und Realisierungen zu planen.

Same procedure as every year missachtet Entwicklungen und verhindert Kreativität und Innovation.
Die Wiederholung des Gewohnten ignoriert die veränderte Wirklichkeit. Die ihr lieb gewordene Standesgesellschaft der Miss Sophie wird nur noch durch einen ihr Dienenden repräsentiert und konserviert.

Die sonntägliche Messe mit ihren vertrauten Riten, mit ihren klaren hierarchischen Rollenverteilungen waren für mich lange Zeit lebensbegleitende Besinnungszeiten und Kraft-Orte, aber sie ist auch eine solche, fast schon ideologisch aufgeladene (jeden Sonntag Ostern feiern), Routine geworden. Die Teilhabe Sollenden werden immer weniger, weil der Ritus kaum etwas mit ihrem normalen Alltagsleben zu tun hat und weder der Ort für Reflexion und Ruhe ist, noch durch den engen Ritus wirksam Partizipation ermöglicht. Die Botschaft Jesu und ihre Deutung auf „die Zeichen der Zeit“ kommt zu kurz, weil Wandlung und Kommunion das Wichtigste ist.
Letztlich, mit Blick auf die Entsendung in die Welt (gehet hin in Frieden), bleibt diese sonntägliche Kirchen-Gesellschafts-Routine irrelevant. „I‘ll try to do my very best“ verbleibt im Kirchen-Kokon. und verstärkt durch Distanz zur Welt die Irrelevanz.Vor 60 Jahren war „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger*innen Christi“ Leitbild für kirchliche Wirksamkeit. Diesen Anspruch ernst nehmen und als vielfältige und farbige Sendung zu leben wäre auch heute relevant – für mich und die Welt.

GS 9. August 2023

Foto: Guido Schürenberg