Noch mal eben gut gegangen!
… sind die Reaktionen in den politischen Medien mit Blick auf die Wahlen in Brandenburg und Sachsen am vergangenen Sonntag. Aber ist es gut, wenn fast ein Drittel der Wähler*innen -insbesondere Jüngere (22%)- eine Partei gewählt haben, die sich immer mehr als Gegner des demokratischen Parteiensystems der Bundesrepublik generiert, sich nationalistisch exponiert und zumindest deren rechter Flügel und seine Sprecher die Nähe zu Nazis suchen?
Ein regionales Phänomen? Ein Protest derjenigen, die sich „vom Westen“ und der vermeintlich „Grünen Dominanz“ (U 30 wählten 23 bzw 19% Grün) bevormunded fühlen?
Das wäre zu einfach und in dieser Kolumne, die religiös motiviert Anstösse zum Nachdenken geben will, fehl am Platz.
Mir fällt auf , dass unsere Gesellschaft offenbar keinen Wertekonsens mehr hat und damit die Integration der gesellschaftlichen Strömungen zunehmend schwerer fällt. Zwar wird auch von den nationalistischen Kräften in Europa immer wieder die jüdisch-christlichen Grundlagen der europäischen Gesellschaft betont, aber nie gesagt, was darunter zu verstehen ist. In der Regel ist diese vermeintliche Basis oder dies Europäische Wertepostulat nämlich nicht integrativ, sondern ausgrenzend gemeint.
Jesus war mit seiner Radikalisierung der jüdischen Gesellschaftsordnung revolutionär und auch spaltend. Aber er stellte die Grundwerte, wie die 10 Gebote nicht in Frage, sondern forderte im Gegenteil seine Zuhörer und Jünger auf sie wirklich radikal zu leben, insbesondere die unbedingte Nächsten- und Feindesliebe. Eine weitere Tugend , die Jesus lebte war das Teilen.
Unsere Gesellschaft täte gut daran sich auf ihre jüdisch-christlichen Grundwerte, die auch von Muslimen wesentlich geteilt werden, zu besinnen und sie zum Masstab gesellschaftlichen und politischen Handelns zu machen. Nur dann werden wir in der Lage sein die anstehenden Herausforderungen des Klimawandels, einer gerechten Weltordnung und des internationalen Friedens anzugehen.
Das „Gebet der Vereinten Nationen“ ( Prayer To GOD OF THE FREE by Stephen Vincent Benét -1942) bietet eine solche globale richtungweisende und integrative Vision eines „Guten Lebens für alle“ als freie Menschen mit einem Gott, der unsere Freiheit will:
Gott der Freien, wir verpflichten unsere Herzen und Leben heute der Sache der gesamten freien Menschheit.
Gewähre uns Sieg über die Tyrannen, die alle freien Menschen und Nationen versklaven würden. Gewähre uns Glauben und Verständnis um all jene zu ehren, die für Freiheit kämpfen, als wären sie unsere Brüder. Gewähre uns Brüderlichkeit in Hoffnung und Einheit, nicht nur für die Zeit dieses bitteren Krieges, sondern für die kommenden Tage, die alle Kinder der Erde vereinen werden und müssen.
Unsere Erde ist nur ein kleines Gestirn im großen Weltall. An uns liegt es, daraus einen Planeten zu machen, dessen Geschöpfe nicht von Kriegen gepeinigt werden, nicht von Hunger und Furcht gequält, nicht zerrissen in sinnlose Trennung nach Rasse, Hautfarbe oder Weltanschauung. Gib uns Mut und Voraussicht, schon heute mit diesem Werk zu beginnen, damit unsere Kinder und Kindeskinder einst stolz den Namen Mensch tragen.*
Der menschliche Geist ist erwacht und die Seele des Menschen ist ausgezogen. Gib uns die Weisheit und die Vision, die Größe des menschlichen Geistes zu verstehen, der für ein Ziel jenseits seiner eigenen kurzen Spanne so enorm leidet und erträgt. Gib uns Ehre für unsere Toten, die im Glauben gestorben sind, Ehre für unsere Lebenden, die nach dem Glauben streben und für ihn arbeiten, Erlösung und Sicherheit für alle gefangenen Länder und Völker. Schenke uns Geduld mit den Verblendeten und Mitleid mit den Betrogenen. Und gib uns die Fähigkeit und den Mut, die die Welt von Unterdrückung reinigen sollen und der alten Doktrin, dass die Starken die Schwachen essen müssten weil sie stark sind.
Doch vor allem gewähren uns Brüderlichkeit, nicht nur für den heutigen Tag, sondern für alle unsere Jahre – eine Brüderlichkeit nicht der Worte, sondern der Handlungen und Taten. Wir alle sind Kinder der Erde – gewähre uns einfach Wissen. Wenn unsere Brüder unterdrückt werden, dann werden wir unterdrückt. Wenn sie hungern, hungern wir. Wenn ihnen die Freiheit genommen wird, dann ist unsere Freiheit nicht sicher. Gib uns einen gemeinsamen Glauben, dass der Mensch Brot und Frieden kenne – dass er Recht und Gerechtigkeit, Freiheit und Sicherheit, gleiche Möglichkeiten und gleiche Chancen sein Bestes zu tun, nicht nur in unseren Heimatländern, sondern in der ganzen Welt. Und in diesem Glauben lass uns auf die reine Welt zumarschieren, die unsere Hände erschaffen können. Amen.
* Ausschnitt veröffentlicht im Gotteslob 20,1