MiMiMiMiMi und Ignoranz

Tot schweigen und wegbeten ist ein vertrautes Reaktionsmuster in der Kirche mit Konfliktpotential umzugehen. So ging es jahrzehntelang “gut” bei den intern bekanntgewordenen Fällen sexuellen Missbrauchs von Priestern, Ordensleuten und Angestellten in kirchlichen Einrichtungen. Insbesondere wenn Priester beteilgt waren, wollten Kirchenglieder, wie Kirchenleitungen dies nicht wahr haben und wenn es offensichtlich war, wurde versucht zu verschweigen und zu vertuschen. Für die Täter wurde durch Versetzung eine verträgliche Lösung geschaffen und für die Opfer gebetet.
Die in den letzten Monaten dazu bekanntgewordenen Fälle von geistig/geistlichem Missbrauch, entstehend aus Abhängigkeiten gegenüber Priestern und Vorgesetzten stehen noch im Raum und sind erst in Ansätzen dokumentiert und überhaupt nicht systematisch untersucht worden. Fest steht, dass die Ursache dieser Missbrauchsskandale durch die kirchlichen Macht- und Abhängigkeitsstrukturen begünstigt wurden.
Dieser Analyse konnte sich auch die deutsche Bischofskonferenz nicht verschließen und hat “die Verbände und alle Katholiken guten Willens zu einem “synodalen Weg” geladen, bei dem über alle in der katholischen Kirche umstrittenen Themen geredet werden soll, vom Umgang mit Macht über die Sexualmoral bis hin zur Weihe für Frauen.” (SZ 12. Mai 2019) Die Zulässigkeit und die Verbindlichkeit der daraus resultierenden Beschlüsse wird von konservativen Kreisen bezweifelt und auch die Initiatorinnen des in dieser Woche stattfindenden Kirchenstreikes Maria 2.0 setzen keine große Hoffnung auf wirkliche Änderungen im System, durch dieses auch nicht von allen Bischöfen mitgetragene Gesprächsangebot. Entsprechend ist auch die Reaktion der Bischofskonferenz auf die Forderungen der Initiative Maria 2.0: Nach anfänglichem MiMiMiMiMi reagierte der Sprecher der deutschen Bischofskonferenz eher verhalten : “Man wolle ja reden, aber ein Streik sei nun mal die falsche Form.” SZ 12. Mai 2019). Einige Bischöfe ignorierten einfach die streikenden Basisinitiativen und ihre sie unterstützenden Gruppen und Verbände.
Die Themen liegen auf dem Tisch, aber die Zuständigkeit wird auf Rom abgeschoben. Auch hier wird Verantwortlichkeit wegdelegiert und die Hierarchie, die heilige (gottgewollte) Ordnung beschworen.
Weg ducken und Ignoranz sind mit der Lehre Jesu nicht vereinbar, auch wenn sie in der Kirche vielleicht Tradition haben mögen.
Die noch nicht hierarchisch geordnete, sondern geistgeleitete junge Jesus-Bewegung, in deren Tradition sich die Kirche sieht, ließ sich in ihrer Lehre und Kirchenordnung durchaus von den Erfahrungen der Gemeinden, ihren Leitungspersönlichkeiten und den Verkündern der Botschaft vom Reich Gottes für alle leiten. So berichtet die Apostelgeschichte, dass die Juden, die sich als exklusive Adressaten der frohen Botschaft sahen, eifersüchtig auf die Missionserfolge des Paulus und seiner Gefährten unter den Heiden, also den Angehörigen anderer Religionen und Kulte, waren. Das jüdische Establishment hetzte fromme Frauen und die regionale gesellschaftliche Prominenz auf, um den Verkündern der neuen Lehre den Mund zu verbieten und sie aus den jüdischen Gemeinden und Städten zu vertreiben. Dies führte in der Leitung der jungen Kirche, den Aposteln, dazu das religiöse Biotop der jüdischen Synagogengemeinden zu verlassen und die Botschaft Jesu als eine eigenständige Heislehre zu verkünden und zu leben. Diese entwickelte sich unabhängig von den jüdischen Religionsstrukturen und etablierte sich in der Öffentlichkeit der Städte der damaligen Welt.
Diese Eigenständigkeit, Transparenz und Weltoffenheit in unserer Gesellschaft glaubwürdig zu leben und die notwendigen Strukturen und Ordnungen immer wieder kritsch auf zeitgemässe Brauchbarkeit zu überprüfen und ggf. zu reformieren, wünsche ich mir für meine Kirche und dafür lohnt es sich in den Streik zu treten, um so Aufmerksamkeit zu erlangen und Reformen zu bewirken.

GS 14. Mai 2019

Es stärke dich Gott
das Richtige zu tun
gegen alle Stimmen
von rechts und von links
säuselnd oder drohend

aufzurichten
was zerstoßen ward
von dunklen Mächten
gegen das Lachen
der Spötter

Neues zu wagen
trotz blutender Hände
auszusprechen
was gefährlich ist
und schweigend zu warten
wo die Menge drängt

gegen das Verzagen
das Trotzdem zu setzen
und unbeirrt
das Rechte zu tun
das Er dir zeigt

Wilma Klevinghaus
(Jeden Augenblick segnen, Verlag am Eschbach 2005, S.226)

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