Menschheitstraum
Warum feiern wir eigentlich Weihnachten? war die Frage, die ein Fernsehteam auf dem Hamburger Weihnachtsmarkt Besuchern stellte. Die Antworten: „Gute Frage!“; Nee, das kann ich nicht sagen“, „Wegen der Gemütlichkeit“; „To have Party“; „Da kommt die Familie zusammen“ „Ich komme nicht aus Hamburg“, „Weil’s Tradition ist“, „Also mit Kirche hab ich es nicht; Und mit Gott auch nicht“ „Ja, warum eigentlich? Weil das so ist!“….
Doch ja, es gab auch Antworten mit christlichem Bezug: „Weil Jesus gestorben ist“; „Da wurde doch Jesus von den drei Königen zu seiner Mutter Eva Maria gebracht.“…– Sicherlich eine selektive und unvollständige Befragung.
Dagegen muten die biblischen Geschichten der Vorweihnachtszeit wie eine Parallelwelt oder Subkultur an, wenn sie die Sehnsucht nach einem friedlichen Umsturz der Verhältnisse in immer neuen Bildern ausdrücken und von einem Reich der Gerechtigkeit und des Friedens erzählen, das mit der Geburt eines Kindes anbricht, eines Kindes, das „die Güte und Menschenfreundlichkeit unseres Gottes“ verkörpert (Tit 3,4).
Seine werdende Mutter Maria singt sogar von der Hoffnung auf Gerechtigkeit auf dieser Erde: „Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen“(Lk1,52)
Das ist eine revolutionäre Vision und hat nichts Süßliches, Gemütliches, Beschauliches an sich, sondern das ist der Umsturz der herrschenden Verhältnisse, mit deren ungerechten Strukturen, gewaltsamen Maßnahmen und kriegerischen Auswüchsen wir uns schon arrangiert haben.
Diese Vision vom Kommen des Reiches Gottes in diesem Kind Jesus rüttelt auf, schenkt Hoffnung den Unterdrückten und an der Ungerechtigkeit Leidenden.
Hoffen wir das wirklich? Wollen wir das wirklich? Oder bleiben wir lieber in der Komfortzone unserer Glühwein-Kollegialität?
Adventzeit ist Entscheidungszeit für das Leben und nicht nur das Träumen vom Reich der Gerechtigkeit und des Friedens für alle. Dass es mit diesem Jesus angebrochen ist, um mit uns verwirklicht zu werden, das feiern wir Weihnachten.
Gerechtigkeit
Das ist der große Menschheitstraum: dass es anders sein kann. Dass eine Welt möglich ist, in der es gerecht zugeht. In der es kein Oben und kein Unten gibt, kein Groß und kein Klein.Die schwangere Maria besingt Gott, der in ihr wächst und kräftig wird. Und sie ersehnt seine Gerechtigkeit, die nicht nach menschlichem Maß misst. Nicht zuteilt, berechnet, wegnimmt. Sondern die barmherzig ist. Den Menschen in allen seinen Möglichkeiten, seinen Grenzen und seinen Hoffnungen begreift. Die gerade dem zuteilwerden soll, der sie nicht schon zu besitzen meint, sondern nach ihr hungert und dürstet.
Das Kind, das Maria in sich trägt, wird ein Träumer werden, ein Utopist. Es wird immer genau das fordern, was eigentlich unmöglich scheint. Und zeigt uns damit, was wir von uns selbst erwarten dürfen: Gerechtigkeit ist der Weg zu Gott, den wir finden können. Nur eine gerechte Welt ist frei. Dann, wenn nicht die Macht sich das Recht nimmt, sondern das Leben.INKEN CHRISTIANSEN (Advent Anders, Andere Zeiten e.V. 2016, 3.Advent)