Kritik am Machtmissbrauch

der inkonsequenten Interpreten gottgegebener Lebensregeln lese ich in den Warnungen Jesu im Matthäus-Sonntags-Evangelium: „verhaltet Euch nicht so, wie die Gesetzeslehrer sich verhalten! Denn sie halten sich selbst nicht an das, was sie lehren. Sie schnüren schwere, kaum tragbare Lasten zusammen und laden sie den Menschen auf die Schultern, aber sie selbst machen keinen Finger krumm, um sie zu tragen. Alles, was sie tun, tun sie nur, um von den Leuten gesehen zu werden. …“ (Mt 23)
Papst Franziskus scheint diese Warnung in seiner Klerikalismus-Kritik bei der Weltsynode in Rom aktualisiert zu haben: Der Klerikalismus sei eine “Geißel”, die das “treue, heilige Volk Gottes” versklave. Dieses ertrage “geduldig und demütig die Verschwendung, den Missbrauch, die Ausgrenzung durch den institutionalisierten Klerikalismus”. … (katholisch.de – 26.10.2023)

Die dokumentierte Unglaubwürdigkeit der „berufenen Ausleger des Gesetzes“ (Mt,23) ist nicht erst in jüngster Zeit einer der Hauptgründe für den offenkundigen Relevanzverlust der Kirchen für das Leben der Menschen, sondern stellt auch die Reformwilligkeit der Katholischen Hierarchie (=heilige Ordnung) infrage. Wenn es der Papst ernst meint, „dass die Mitglieder der Hierarchie aus dem Volk Gottes kämen und von diesem den Glauben empfangen hätten“, dann wären die Berufenden und Ermächtigenden das Volk (griechisch laos → Laien) Gottes. Die Kleriker (vom griechischen kleros = durch Los zugefallener Erb- oder Anteil) würden dann, wie in der Apostelgeschichte beschrieben (Apg 1,17) aus dem Volk vorgeschlagen und von diesem berufen und beauftragt. Das Leitbild dieser reformierten Kirche liegt schon als Konsens- und Konzilsbeschluss seit fast 60 Jahren vor: „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen, insbesondere der Armen und Unterdrückten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi, der Kirche“ (2. Vaticanum, Gaudium et Spes)
Machtbehauptung, Karriere-Sucht und „Eitelkeit“ (Papst Franziskus) stehen dieser erneuerten heiligen Ordnung im Weg.

GS 6. Nov 2023

Foto: Ruth Möller
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