Kreuzweise leben

Als ich nach dem Besuch in der Geburtsklinik das Patientenzimmer verließ, fiel mir über der Tür das Kreuz in den Blick.

In Blech mit Lasercut eingeschnitten und mit einem feinen Streifen auslaufend, wie ein Blutrinnsal.

Kein Schmuckstück oder Souvenir, aber auch kein Mahnmal oder große Kunst …

In diesem katholischen Krankenhaus gehört es zur Grundausstattung der Patientenzimmer, immer im Blick, wenn dieser erwartungsvoll auf die nach Anklopfen Eintretenden auf die Tür gerichtet ist. Und die, die das Zimmer verlassen nehmen es als „selbstverständlich dort hängend“ war.

Ein und Ausgang unter einem Zeichen, einem Symbol des qualvollen Leidens und des Todes eines Menschen vor mehr als 2000 Jahren.

Eben nicht „selbst-verständlich“ an diesem Ort, wo neues Leben teils schmerzlich erwartet wird und das man mit einem neugeborenen Menschenkind nach einigen Tagen wieder verlässt in eine für alle ungewisse Zukunft.

Für mich symbolisiert das Kreuz an diesem Ort und an dieser Stelle die Solidarität des Mensch gewordenen ICH-BIN-DA-Gott* mit den an diesem Ort Leidenden und sich nach der Geburt Freuenden. Ein Zeichen, dass Gott mit unserer Welt, mit dem gemeinsamen Haus, mit den Menschen „die er liebt“ (Lk 2,14) noch nicht am Ende ist.

Das Kreuz ist mehr. Denn nach dem Tod, so schrecklich er auch ist, setzt sich die Solidarität des menschenfreundlichen Gott*es fort in der Hoffnung machenden Auferstehung, so erzählen es die Ostergeschichten.

Das Kreuz ist der Durchgang zum Leben und alle kleinen Kreuze unseres Lebens weisen auf diese Hoffnung hin. Aber dieses Leben „danach“ ist keine Neuauflage des alten, begrenzten, leidvollen Lebens, sondern anders, neu, unbeschreiblich. Glaubend erlebbar und jenseits unserer Vorstellung. Eine Neugeburt – hoffentlich für uns „Menschen, die er liebt“.

GS 4.April 2023

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