Grund genug
für mich in den 70ern den Kriegsdienst zu verweigern fand ich damals während des Kalten Krieges zwischen den Blockstaaten in der Friedensbotschaft Jesu in der Bergpredigt. Wir waren eine hochmotivierte christlich inspirierte Minderheit, die sich dem Wehrdienst verweigerten. Meine Begründung zur Verweigerung lag in den provozierenden Worten Jesu im Lukas-Evangelium: »Euch aber, die ihr mir wirklich zuhört, sage ich: Liebt eure Feinde und tut denen Gutes, die euch hassen. Bittet Gott um seinen Segen für die Menschen, die euch Böses tun, und betet für alle, die euch beleidigen.“(Lk 6,27f) – und im gewaltlosen Widerstand von Mahatma Gandhi.
Die Gewissensüberprüfung vor einem Schöffengericht war abstruß und im wahrsten Sinne des Wortes peinlich für demokratisch denkende Menschen. Vielleicht war ich ja pazifistisch naiv mit meinem friedlichen Menschenbild und meinem Glauben an Gerechtigkeit, Gewaltfreiheit und Feindesliebe.
In unseren spannungsaufgeladenen Zeiten aktuell mit diesem Jesus-Wort konfrontiert, fällt mir diese Zumutung schwer in meinem Alltag zu leben und wieviel mehr mit Blick auf eine eskalierende Kriegsbedrohung.
Die Einleitung: „Euch aber, die ihr mir wirklich zuhört, sage ich ….“ macht deutlich, dass es um eine Haltung des sich Einlassens auf die Botschaft Jesu und auf mein Gegenüber, den Menschen geht.
Feindesliebe ist eine Haltungsfrage. Feinde sind Personen, mit denen ich in einer negativen Beziehung stehe (Wiktionary). Lieben und Gutes tun überwindet diese Abneigung und Ablehnung und eröffnet Chancen zur Versöhnung, oder mindestens für Toleranz.
Der erste Schritt auf diesem haltungsverändernden Weg ist der Respekt vor dem/ der Anderen, die Offenheit ihm/ ihr zuzuhören und die Bereitschaft diese Beziehung zu verändern. Feindesliebe trotz schlechter Erfahrungen, Vorurteilen, Traditionen, toxischer Männlichkeit, Beleidigungen, …
Ein zweiter Schritt ist das Gebet für den Menschen im Feind und um Gottes Segen.
Unsere gemeinsame Zukunft in dieser „wonderful world“ ist Grund genug diese Schritte zum Frieden zu wagen.
GS 22.Febr 2022