GLÜCK auf’s Brot gestrichen

Auf dem Weg zum Bahnhof springt es mir in die Augen in 80 cm hohen Buchstaben, auf einem Marmeladenglas, auf der Plakatwand eines Supermarktes: GLÜCK (Privatmarmeladerie Friedrich Göbber)
Was soll das? – Heute werde ich vom Glück verfolgt:
Eine Stunde später im Newsletter einer Versandbuchhandlung spiritueller Bücher: „Mein liebes Buch vom GLÜCK“ und dann Schlagwortergebnisse der großen Werte-Online-Umfrage unter 18-34 Jährigen in Europa „Generation What“:
52% der jungen Deutschen können sich ein glückliches Leben ohne Kinder vorstellen
52% können sich nicht vorstellen ohne Internet glücklich zu sein
Nur 20% brauchen den Glauben an einen Gott, um glücklich sein zu können

Jetzt bin ich neugierig: Was sagt die Bibel zum GLÜCK?
In der  Weisheitsliteratur (Buch der Sprüche,  die Psalmen, Sirach, Kohelet) finden sich eine Reihe von Aussagen zum GLÜCK – am ausführlichsten beim Lebensphilosophen Kohelet mit dem Fazit: „Ich hatte erkannt: Es gibt kein in allem Tun gründendes Glück, es sei denn, ein jeder freut sich und so verschafft er sich Glück, während er noch lebt,  wobei zugleich immer, wenn ein Mensch isst und trinkt und durch seinen ganzen Besitz das Glück kennen lernt, das ein Geschenk Gottes ist.“ (3, 12-13)
Im Neuen Testament kommt GLÜCK nur zweimal als Wert vor, am ausdrücklichsten im Jakobus-Brief: „Wer geduldig alles ertragen hat, den preisen wir glücklich“ (Jak 5,11)
Und dann noch Wikipedia:
„Als Erfüllung menschlichen Wünschens und Strebens ist Glück ein sehr vielschichtiger Begriff, der Empfindungen vom momentanen bis zu anhaltendem, vom friedvollen bis zu ekstatischem Glücksgefühl einschließt, der uns aber auch in Bezug auf ein äußeres Geschehen begegnen kann, zum Beispiel in der Bedeutung eines glücklichen Zufalls oder einer das Lebensglück begünstigenden Schicksalswendung. In den erstgenannten Bedeutungen bezeichnet der Begriff Glück einen innerlich empfundenen Zustand, in den letzteren hingegen ein äußeres günstiges Ereignis.“

Hat der thematische Glücks-Hype was mit der gefühlten existenziellen Bedrohung unserer Lebensgrundlagen (Klimawandel, Umweltverschmutzung … und die Folgen) und unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens (Flüchtlingskrise, Hate-Speech, wachsende Aggression, terroristische Bedrohung, ….) zu tun?
Ich denke, die Sehnsucht nach einem glücklichen Leben ist eine zutiefst menschliche. Glück zu empfinden ist ein Geschenk und hat viel mit meiner Einstellung zum und meiner Sicht auf das Leben zu tun. Ich kann mir ein glückliches Leben ohne meine Kinder nur schwer vorstellen und mein Glaube an Gott ist Basis meines Lebens; das Internet hatte bisher wenig mit meinem Glücksgefühl zu tun – und mein Brotbelag noch weniger.                                        GS 6. Juni 2017

Ja, da muss doch noch irgendwas sein
zwischen Einer- und Allerlei,
hinter Tränen und flüchtigem Kuss
immer wieder dieses: ich muss!

Ja, da muss doch noch irgendwas sein
hinter all dieser Sprüchklopferei
ist die Welt, die wir glauben zu verstehn,
doch nur so groß, wie klein wir sie sehn

Ja, da muss doch noch irgendwas sein,
und nur des macht mich letztendlich frei.
Alle Wunder passiern irgendwo,
weil sonst wüssat i nix davon.

Ja, da muss doch noch irgendwas sein
auf all meinen Wegen dabei,
gibt mir, wenn ich grad elend bin,
in der Sinnlosigkeit noch an Sinn.

Und i woaß, nix bleibt in der Zeit,
nach dem End kommt die Endlosigkeit,
und nach all diesem Runter und Rauf
fängt dich unendlich sanft etwas auf.

Konstantin Wecker auf Stürmische Zeiten, mein Schatz – Live (2011)[tube]ciGXV5aUvEo[/tube]