Folge Deiner Berufung!

Diese Aufforderung einer jungen Frau in Marineuniform auf einer Plakatwand sprang mir im Vorbeifahren auf dem morgendlichen Weg mit dem Fahrrad zur Arbeit regelrecht ins Auge und hat nachhaltige Irritation bei mir ausgelöst.
Dies war sicherlich die Absicht der Macher dieser Werbekampagne der Bundeswehr um neue Rekruten. Der entsprechende Hashtag könnte eher zu einer Kampagne des päpstlichen Werkes für Geistliche Berufe passen, oder ist mein Assoziieren schon so churchiemässig, dass ich bei Berufung automatisch an Priester- und Ordensberufe denke?.
Als anerkannter Kriegsdienstverweigerer, dessen pazifistische Gesinnung noch in den Zeiten des kalten Krieges auf dem behördlichen Prüfstand stand, bin ich wohl die falsche Zielgruppe (auch ein militärisches Vokabular). Die durch die Kampagne der Bundeswehr Angesprochenen sind in der Berufsfindungsphase, aber würden sie von Berufung sprechen und -wenn ja- von oder durch wen? Und wie merkt das der/ die sich berufen Fühlende?
Berufung hat offensichtlich ihre Exklusivität verloren sowohl in Zivilgesellschaft, als auch in Kirche.
Das Gemeinsame aller Berufungen ist das Erfüllen des Auftrags des/ der Berufenden und die Anforderung an den/ die Berufene*n sich ganz in den Dienst nehmen zu lassen.
Die biblischen Berufungs-Vorbilder Moses und Jesus sind sich nicht so schnell sicher und überzeugt: “Doch Mose protestierte erneut: »Aber sie werden mir nicht glauben und nicht auf mich hören. Sie werden einwenden: `Der Herr ist dir nicht erschienen!´« (Exodus 4,1) und Jesus wird von seinem Cousin Johannes gebremst: „Doch Johannes weigerte sich. »Eigentlich müsste ich mich von dir taufen lassen«, sagte er, »warum kommst du zu mir?« Der/ die Berufene nimmt den Ruf an, weil er/ sie den Sinn erkennt. „Jesus erwiderte: »Es muss sein. Wir müssen alles so halten, wie es von Gott aus sein soll.” (Matthäus 3)
Berufung ist mehr als die sprachliche Kurzform Beruf, sie ist eher die Entscheidung für eine Lebensweise, sich in einen Dienst nehmen zu lassen – aus Überzeugung.
Bei den biblischen Berufungen ist es Gott, der sich als der ICH-BIN-DA-BEI-EUCH offenbart und der in den Dienst ruft; bei der Bundeswehr letztlich das Volk, dem der Staatsapparat und seine Einrichtungen zu dienen haben. Denn weder Kirche noch Staat sind Selbstzweck.
Die Berufung der Christen ist es sich glaubwürdig und selbstkritisch für Gerechtigkeit und Liebe einzusetzen und für ein gutes Leben für ALLE auf dieser Erde.
Folge Deiner Berufung!
GS 14. Januar 2020

WAGE DEN ANFANG

In dir
schlummern Kräfte
von denen
du nichts
weißt
sie warten
auf dich
deinen Mut
dich zu trauen
vergiss
die Angst
den Feind
deiner Träume
wage den Anfang
vertraue
auf dich
lass dich überraschen
von dir

Peter Schiestl (lebe mutig, Verlag am Eschbach 2013, S.14)

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