Den Umständen entsprechend
Am Sonntag nach dem internationalen Gottesdienst der KHG sprach mich eine junge Frau aus Sambia an mit der üblichen Begrüßungsfloskel „How are you?“ Statt -wie üblich-zu antworten „Thank you, I’m fine“ entwich meinem Mund spontan und unüberlegt: „according to circumstances“. Sie schaute mich fragend an und bald waren wir im Gespräch über unsere Lebensumstände, die trotz schönem frühsommerlichem Wetter und „eigentlich müssten wir doch zufrieden sein“ vom Krieg in der Ukraine und von den Folgen des Klimawandels in ihrer Heimat geprägt waren.
„Das kommt auf die Umstände an“ ist mittlerweile in meinem Leben mehr als eine Gesprächs-Einstiegs-Floskel. Es ist ein Ausdruckder Abhängigkeit meines Wohlbefindens von der geopolitischen Situation und ihren Auswirkungen auf meine Umgebung, insbesondere meiner psychischen Verfassung.
Der weise, lebenszugewandte Prediger Kohelet schreibt ca. 250 vor unserer Zeitrechnung. Er schaut auf sein Leben und das der Menschen in seiner Umgebung, er sucht einen Sinn in all dem Chaos, der Ungerechtigkeit und dem Leid und fragt, wie wir uns demgegenüber als Gott Glaubende verhalten sollen, um glücklich zu sein:
„Alles hat seine Zeit, und für jede Situation gibt es ein entsprechendes Verhalten. Doch auf dem Menschen lastet eine schwere Not: Er weiß nicht, was auf ihn zukommt, und niemand kann ihm sagen, was die Zukunft bringt.
…. Dies alles habe ich begriffen, als ich beobachtete, was auf dieser Welt geschieht – einer Welt, in der einige Menschen Macht besitzen und die anderen darunter leiden müssen. … Das kommt mir alles so sinnlos vor!
Darum empfehle ich allen, das Leben zu genießen, denn es gibt für den Menschen nichts Besseres auf der Welt, als zu essen und zu trinken und fröhlich zu sein. Das wird ihn bei seiner Mühe begleiten das kurze Leben hindurch, das Gott ihm gegeben hat.“ (Koh 8,6-15)
Für mich heisst das: Einen wachen Blick auf die Welt und ihren Zustand zu haben, die Möglichkeiten meines Handelns zu nutzen und mich nicht der Ohnmacht hingeben, sondern mich freuen an den kleinen alltäglichen Dingen – und das Leben geniessen, trotz aller Mühe und oft widrigen Umständen.
GS 3. Mai 2022