Bei Euch soll es nicht so sein

Dieses Wort Jesu, das in den Evangelien übereinstimmend als Reaktion auf einen Jüngerstreit um Machtanspruch und Diensthaltung in der christlichen Gemeinde überliefert ist, ging mir am Wochenende durch den Kopf als ich auf mehreren Plattformen von der Initiative einiger Bischöfe für „eine nationale Synode als großes Debatten- und Diskussionsformat, auf dem Laien, Theologen, Kirchenkritiker, Experten von außen und Bischöfe über jene systemischen Veränderungen diskutieren, die die Kirche jetzt brauchen könnte.“ (Zeit-Online 6. Februar 2019) las. Die anstehenden Themen als Konsequenzen aus dem Missbrauchsskandal: Macht, Sexualmoral, Zölibat als einzig erlaubte priesterliche Lebensform, Klerikalismus.
Das sind keine Glaubensfragen, sondern Themen der kirchlichen Ordnung – Machtfragen.
Die Etiketten sind entsprechend: „Neustart“, „Zeitenwende“ bis hin zu „kleine Revolution“.
Das Ziel der (bischöflichen) Initiative ist für die Kirche nicht nur in Deutschland, sondern weltweit die Rückgewinnung der Glaubwürdigkeit als Kirche. Wobei Kirche nicht Selbstzweck ist, sondern der Ort an dem die christliche Botschaft gelebt und erlebt wird. Diese Botschaft ist Auftrag und auch Maßstab der Glaubwürdigkeit.
Auch im 21. Jahrhundert sind Menschen auf der Suche nach Sinn und viele finden diesen in der christlichen Botschaft, wenn sie den Bezug zu ihrer Lebenswirklichkeit und ihren Fragen dort entdecken, bzw. glaubwürdige Menschen ihnen in ihrem Suchen begegnen.
Unglaubwürdig wird es dann, wenn Kirchenleiter (m) und Kirchenlehrer (m) zu Ideologen werden, auf ihrer Deutungshoheit bestehen, Andersdenkenden und -sprechenden die Befugnis dazu absprechen und dem (Kirchen-)Volk die Konsensfähigkeit im Glauben abspricht, die Glaubenden entmündigt.
Diese absolutuistische Haltung verurteilt Jesus, wenn er sagt „Aber bei euch soll es nicht so sein. Im Gegenteil: Der Erste unter euch soll sich allen anderen unterordnen, und wer euch führen will, muss allen dienen.“(Lukas 22,26)
Kirche und ihre Glaubensverkünder*innen müssen diesen Dienst an Anderen und deren Glauben erst wieder lernen, um glaubwürdig die Botschaft Jesu verkünden zu können.
Die entsprechende Tugend heisst Demut = Dien-Mut
Passend eben gefunden auf der franziskanischen Spiritualitäts-Site barfuss-und-wild.de :
Demut heißt, niemals über jemandem zu stehen. Aber auch niemals darunter.
GS 13. Febr 2019

Ein Bittgebet für Menschen im kirchlichen Dienst:

Jesus Christus
Bruder und Meister
Erfüll die Kirche mit Deiner Gegenwart
Präg ihr Deine Gesichtszüge ein

Wir suchen Brüder, nicht Herren
Schwestern, nicht Primadonnen
Gib uns Brüder und Schwestern

Wir suchen Brot, nicht Steine
Wein, nicht Essig
Gib uns Brot und Wein

Wir suchen ein Wort, nicht Wörter
Taten, nicht Theorien
Gib uns Worte und Taten

Wir suchen Hände, nicht Fäuste
ein Herz, nicht Härte
Gib uns Hände und Herz

Wir suchen Salbe für die Wunden, nicht bohrende Pfeile
Einfühlung, nicht Hiebe
Gib uns Salbe und Einfühlung

Anton Rotzetter, Gott der mich atmen lässt, Herder 1985 – S.134