Auf dem Balkon

Anlässlich einer Erstkommunion habe ich mal wieder an einer Messfeier teilgenommen, wobei „teilnehmen“ der falsche Begriff ist für mein dabei sein. Teilnahme hat für mich mit sich angesprochen fühlen, sich beteiligen können, kommunizieren, in Beziehung zu den Mitfeiernden treten, … zu tun – und letztlich auch eine Ahnung von der Anwesenheit Gottes zu bekommen.

Ich fühlte mich wie die beiden zynischen Alten auf dem Balkon der Muppet-Show: Zum Konsum eines Spektakels veranlasst, das nichts mit mir, wenig mit den Kommunionkindern und ihren Familien und irgendwie auch nicht spürbar mit Gott zu tun hatte: Der liturgische Dress-Code der Zelebrierenden und ihrer „Assistent_innen“ ist aus der Zeit gefallen und bei 32° Feiertemperatur ohnehin auch für gutwillige, leichtbekleidete Gäst_innen nicht nachvollziehbar. Die sprachliche Anmutung hätte eines katechetischen Simultandolmetsches bedurft und die mit drei Kameras hochgerüstete Fotografin bewegte sich auf der Suche nach dem Instagram-tauglichen Snapshot wie ein Elefant im liturgischen Porzellanladen. Anlass und Inhalt – nebensächlich!

Im Unterschied zu den nörgelnden Alten war mir auch das Nörgeln genommen, außer geflüsterten Randbemerkungen zu meinem ohnehin kirchendistanzierten Schwiegersohn.

Kirche war mein (Glaubens-) Biotop seit Geburt, später berufliche Existenzgrundlage und ehrenamtliches Engagement-Feld in unterschiedlichen Formen und Formaten. „… aus Gnad in seine Kirch“ berufen.

Das Biotop ist zur Showbühne geworden – und vielleicht schon lange gewesen. Ich, der Mitspieler und Akteur ging in den Ruhestand auf den Balkon, kopfschüttelnd, die eigenen Erfahrungen im Kirchen-Biotop retrograd euphemisierend.

Jesus sagt im Lukasevangelium zu mir als Berufenem: „Folge mir nach … und … Lass die Toten ihre Toten begraben; du aber geh und verkünde das Reich Gottes!“

Der Balkon wird zum Verkündigungsort. Das Glaubens-Biotop entsteht im Austausch über die biblische Botschaft und ihre Wirkung in meinem / unseren Leben. Neue Kirche leben und werden im Vertrauen auf den „Ich-Bin-Da-bei Euch“ alle Tage -und Nächte- meines Lebens.

GS 28. Juni 2022

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