Angst-Stillstand und Weltfrieden
Zugegeben hier treffen zwei Überschriften zusammen, denen eigentlich nur gemeinsam ist, dass ein Algorhytmus sie in meiner Facebook-Timeline an einem Tag abgelegt hat. Oder doch nicht?
Mit Angst-Stillstand analysiert der Pop-Philosoph David Precht den derzeitigen Wahlkampf und die Themen der Parteien, die nicht mehr aus einem breiten Empfinden für gesellschaftliche Visionen entwickelt werden, sondern aus einer Momentaufnahme der Befindlichkeit des Wahlvolkes durch Agenturen zu Politikthemen aufgeblasen werden. Angststillstand ist dann das Verhalten der zu wählenden Politiker und Parteien nur ja keine zukunftsrelevanten Positionen zu besetzen, auf die sie dann im Falle der Wahl festgelegt wären.
Dagegen ist Weltfrieden (in diesen Tagen findet in den Städten des westfäischen Friedens Münster und Osnabrück das 31. Weltfriedenstreffen der Gemeinschaft St. Egidio statt) schon so visionär universal und somit weit weg von der erlebten Realität der Menschen, “dass man da gar nix dran machen kann”.
Doch kann man, wenn sich, wie beim Weltfriedenstreffen einflussreiche Vertreter von Kirchen und Religösen Gemeinschaften zusammensetzen und sich den konkreten menschheitsbedrohenden Realitäten stellt, um “Wege des Friedens” zu suchen und zu gehen.
“Konflikte, verbreitete Gewalt, Terrorismus und Kriege bedrohen heute Millionen von Menschen, sie treten die Heiligkeit des menschlichen Lebens mit Füßen, sie machen alle Menschen zerbrechlich und verletzbar” analysiert Papst Franziskus in seinem Grußwort und verurteilt eine “Unvernunft derer, die Gott profanieren, indem sie Hass säen”. Angesichts des “wahnsinnigen Terrorismus und der trügerischen Stärke der Waffen” müsse der Weg des Friedens viele religiöse Traditionen vereinen. Die Religionsoberhäupter müssten Menschen des Friedens sein und daran erinnern, “dass Gott den Krieg verabscheut, dass der Krieg niemals heilig ist und dass Gewalt niemals im Namen Gottes ausgeübt oder gerechtfertigt werden darf”.
Die Themen, um die es geht: Flucht, Armut, Gerechtigkeit und Umweltschutz
Analyse und Appell sind gut, aber kann es eine gemeinsame Botschaft geben die im gemeinsamen Gebet “erbeten” wird und eine gemeinsame Praxis, die als “Wege des Friedens” (so das Tagungsmotto) auch religions- und kulturübergreifend gegangen oder besser gelebt wird?
Auch hier zeichnet sich der Angst-Stillstand ab, wenn man getrennt an verschiedenen Orten den Frieden “erbetet”, aber der Wirksamkeit der gemeinsamen Friedensbotschaft so wenig Friedenschaffendes und Versöhnendes bei den Glaubenden zutraut, dass man den bereits existierenden Appellen einen weiteren hinzufügt, anstatt mutige Schritte auf dem gemeinsamen Friedensweg für diese Welt zu gehen. Eine solche versöhnende, konfessions- und religionsübergreifende Praxis würde das Siegel KATHOLISCH (griechisch katholikós ‚allumfassend‘) verdienen.
GS 11. September 2017 -16. Jahrestag 9/11
1942, kurz nach Eintritt der USA in den 2. Weltkrieg schrieb der amerikanische Dichter Stephen Vincent Benét ein Gebet zum GOTT DER FREIEN, das heute als Gebet der Vereinten Nationen bekannt ist und (nur) ein kleiner Abschnitt daraus wurde ins Gotteslob der katholischen Kirche aufgenommen. Ich mute Euch und mir das vollständige Gebet zu, obwohl auch damals noch von militärischen Konfliktlösungen ausgegangen wurde, aber das Ziel damals wie heute die Vereinigung der ganzen Menschheit auf dem Weg des Friedens ist:
Gott der Freien, wir verpflichten unsere Herzen und Leben heute der Sache der gesamten freien Menschheit.
Gewähre uns Sieg über die Tyrannen, die alle freien Menschen und Nationen versklaven würden. Gewähre uns Glauben und Verständnis um all jene zu ehren, die für Freiheit kämpfen, als wären sie unsere Brüder. Gewähre uns Brüderlichkeit in Hoffnung und Einheit, nicht nur für die Zeit dieses bitteren Krieges, sondern für die kommenden Tage, die alle Kinder der Erde vereinen werden und müssen.
Unsere Erde ist nur ein kleines Gestirn im großen Weltall. An uns liegt es, daraus einen Planeten zu machen, dessen Geschöpfe nicht von Kriegen gepeinigt werden, nicht von Hunger und Furcht gequält, nicht zerrissen in sinnlose Trennung nach Rasse, Hautfarbe oder Weltanschauung. Gib uns Mut und Voraussicht, schon heute mit diesem Werk zu beginnen, damit unsere Kinder und Kindeskinder einst stolz den Namen Mensch tragen.
Der menschliche Geist ist erwacht und die Seele des Menschen ist ausgezogen. Gib uns die Weisheit und die Vision, die Größe des menschlichen Geistes zu verstehen, der für ein Ziel jenseits seiner eigenen kurzen Spanne so enorm leidet und erträgt. Gib uns Ehre für unsere Toten, die im Glauben gestorben sind, Ehre für unsere Lebenden, die nach dem Glauben streben und für ihn arbeiten, Erlösung und Sicherheit für alle gefangenen Länder und Völker. Schenke uns Geduld mit den Verblendeten und Mitleid mit den Betrogenen. Und gib uns die Fähigkeit und den Mut, die die Welt von Unterdrückung reinigen sollen und der alten Doktrin, dass die Starken die Schwachen essen müssten weil sie stark sind.
Doch vor allem gewähren uns Brüderlichkeit, nicht nur für den heutigen Tag, sondern für alle unsere Jahre – eine Brüderlichkeit nicht der Worte, sondern der Handlungen und Taten. Wir alle sind Kinder der Erde – gewähre uns einfach Wissen. Wenn unsere Brüder unterdrückt werden, dann werden wir unterdrückt. Wenn sie hungern, hungern wir. Wenn ihnen die Freiheit genommen wird, dann ist unsere Freiheit nicht sicher. Gib uns einen gemeinsamen Glauben, dass der Mensch Brot und Frieden kenne – dass er Recht und Gerechtigkeit, Freiheit und Sicherheit, gleiche Möglichkeiten und gleiche Chancen sein Bestes zu tun, nicht nur in unseren Heimatländern, sondern in der ganzen Welt. Und in diesem Glauben lass uns auf die reine Welt zumarschieren, die unsere Hände erschaffen können. Amen.