Ambitionsniveau

Ich soll meine Lebenspraxis als Christ am Liebesgebot messen, so wie es Paulus im seinem Grundsatzbrief über den Glauben an die christliche Botschaft an die Römer formuliert: „Alle Gebote sind in dem einen Satz zusammengefasst: »Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst.« Wer liebt, fügt seinem Mitmenschen nichts Böses zu.“ (Römerbrief 13,9f).

Damit ist die Messlatte hoch gelegt – ambitioniert! Aber egal, ob Christ oder anderer Weltanschauung, dieser Grund-Satz ist eingegangen in das Weltethos der Vereinten Nationen. Das Weltethos ist die Formulierung eines Grundbestandes an ethischen Normen und Werten, der sich aus religiösen, kulturellen und zum Teil auch aus philosophischen Traditionen der Menschheitsgeschichte herleiten lässt.

Obwohl also Grundlage menschlichen Zusammenlebens auf dieser Erde ist die Umsetzung im täglichen Leben und Arbeiten eher ambitioniert als realistisch. Fehlt es mir am Willen oder an positiver Erfahrung? Oder ist diese Aufforderung als göttliches Gebot nur lästig, weil ich mir und wie ich zu leben habe nicht von einer übermenschlichen Instanz vorschreiben lassen will, meine Freiheiten einengend?

Oder aber stört mich die Zumutung der Selbstliebe als Maß der Mitmenschenliebe.

»Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst.« zitiert Paulus aus den 10 grundlegenden Verhaltensregeln, den 10 Geboten, die das Volk Israel aus der Erfahrung mit dem befreienden ICH-BIN-DA, dem GOTT* der mit ihnen durch dick und dünn geht als Grundgesetz in Stein gemeißelt hatte. Der Anspruch ist also realisierbar und aus Erfahrung auch des immer wieder Scheiterns dennoch ein täglicher Impuls, um der Menschheit eine lebenswerte Zukunft zu ermöglichen:

„Macht Ernst damit – und das erst recht, weil ihr wisst, was die Stunde geschlagen hat! Es ist Zeit für euch, aus dem Schlaf aufzuwachen.“ (Römerbrief 13,11)

Auch wenn diese Kriegs, Krisen- und Konfliktzeit und das tägliche soziale und politische Leben es schwer macht, will ich mich immer wieder neu diesem Anspruch der Selbst- und Mitmenschenliebe stellen – hoffend auf Gegenliebe, die den Hass überwindet.

GS 13. Sept 2023