Wirklichkeiten

All unser Tun, aber auch unser Nicht-Tun bewirkt etwas. Jede*r von uns gestaltet und erlebt so seine eigene Wirklichkeit, wie auch die gesellschaftliche Wirklichkeit.
Meine Mutter, ein Kriegskind aus dem Ruhrgebiet, drückte ihr Gefühl angesichts mancher Situationen eher resignierend mit einer Phrase aus: „Da kannze nix machen!“. Die folgerichtige Konsequenz, gar eine Verhaltensoption blieb sie aber dann schuldig. Man erwartete immer ein …, als …: als warten, als nochmal von vorne anfangen, als aushalten, als zurückschlagen, als drüber nachdenken, …
Die Herausforderungen unseres Lebens jetzt, sind nicht weniger existenziell als vor 60 und mehr Jahren. Sie fordern uns heraus uns zu positionieren und zu handeln.
Wir erleben uns in Krisensituationen teils persönlich, teils gesellschaftlich. Krise kommt von krinein = sich entscheiden. Angesichts der großen, global wirksamen Krisen unserer Zeit Klimawandel, Flucht und Vertreibung, Pandemien, … und ihrer Folgen Hunger, Dürre, Flutkatastrophen, Krieg, Gewalt, Epidemien, gesellschaftliche Verrohung, Hass … kann ich nicht sagen „Da kannze nix machen“.
Vielleicht ist ein Unterschied zu „früher“ – als auch vieles nicht gut war und manches sogar noch schlechter – dass wir mehr Möglichkeiten haben unsere Wirklichkeit zu gestalten; für uns und für die kommenden Generationen Mensch und andere Lebewesen auf diesem Planeten.
Allerdings trifft dieses mehr an Möglichkeiten auch auf immer komplexere Herausforderungen.
Unsere Reaktion: Reduktion der Komplexität durch Konzentration auf den Nahbereich.
Die passenden VolksWeisheitSprüche: „Mein Hemd ist mir näher als der (Geh-)Rock“ „Erstmal vor der eigenen Tür kehren!“
Das macht Sinn und wenn viele so handeln führt dies in der Summe auch zu globalen Veränderungen. Allerdings kommt es auf die gemeinsame Intention an. Sie ist die Motivation zur Gestaltung einer neuen Wirklichkeit – und einer lebenswerten Zukunft.
„Viele kleine Leute an vielen kleinen Orten,
die viele kleine Schritte tun,
können das Gesicht der Welt verändern.“
Stefan Zweig, Österreichischer Schriftsteller (1881-1942)

GS 23. Sept 2020