Sommer- oder Schwarzes Loch?

Es ist parlamentarische Sommerpause und viele Menschen sind im Urlaub, die täglichen Corona-News aus der ganzen Welt werden schon als normal verbucht und wenig beachtet, sofern sie nicht gerade Hoffnung machen auf einen Impfstoff, der den Virus aus der Welt schafft.
Da füllt eine römische Instruktion, also eine Anordnung für die Katholische Kirche, die normalerweise als irrelevant nur von wenigen Betroffenen und Experten, die noch nach Rom hören, wahrgenommen würde, das Sommerloch. Die Instruktion zur Zukunft der Pfarrgemeinden: „Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche“ wurde erstellt von der Klerus-Kongregation des Vatikans. Entsprechend hat sie die Rolle der Priester als Gemeindeleiter im Blick. Sie „besagt unter anderem, dass Laien von der Gemeindeleitung ausgeschlossen sind. Auch Teams aus Geweihten und Nicht-Geweihten sind demnach nicht zulässig. Stattdessen wird die Rolle des Pfarrers betont.“ (Katholisch.de)
Also nichts Neues aus Rom! Es wird nur das Sommerloch gefüllt? Wenn es denn so wäre!
Die krisengeschüttelte katholische Kirche in Deutschland versucht z.Zt. mit einem breit angelegten Gesprächsprozess zukunftsfähig zu werden. Gleichzeitig verliert sie an gesellschaftlicher Bedeutung und immer mehr Katholiken treten aus.
Zukunftsfähig sein? Kirche hat eine Mission: Die Botschaft Jesu verkünden und leben in dieser Zeit. Wie sie das tut und wie sie dies organisieren soll, erfahren wir nur ansatzweise in den Schriften der Apostel: Zu den Menschen gehen, ihre Sorgen und Nöte wahrnehmen, teilen, einander dienen, miteinander Brot brechen im Gedenken Jesu und seines Auftrages. Die erforderlichen Dienste bestimmt und beauftragt die Gemeinde vor Ort. Alle bringen sich ein, je nach ihren Möglichkeiten.
Mich erinnert das an basisdemokratische Strukturen in selbstverwalteten Betrieben.
Aber geht das nach 2000 Jahren Kirchengeschichte, die feudale Strukturen und Hierarchien entwickelt und verfestigt hat?
Andererseits werden -und sind- Struktur- und Machtfragen (und um solche geht es in der Instruktion) leicht zu einem Schwarzen Loch, das alle Energien absorbiert und aus dem nichts mehr nach außen kann. Energien, die sinnvoller eingesetzt wären für den Dienst am Menschen und seiner Mitwelt und im Engagement für ein gutes Leben für alle auf diesem Planeten.
Die Zukunft der Kirche?
Eine Kirche in der Welt und für die Welt, die den Menschen und damit Gott dient. Vielfalt entsprechend der jeweiligen Lebenssituation und dem kulturellen Umfeld, motiviert durch die befreiende Botschaft des Evangeliums und miteinander verbunden im Gebet. Im besten Sinne katholisch, also „allumfassend“. Geleitet von Menschen mit unterschiedlichen Gaben, von ihrer Gemeinde beauftragt. Gemeindeleitung, wie Paulus sie in seinen Briefen an „seine“ Gemeinden verkündet. Diese leiteten selbstverständlich auch Frauen.
Wenn Kirchenleiter (m) und Kirchenlehrer (m) zu Ideologen werden, auf ihrer Deutungshoheit bestehen, Andersdenkenden und -sprechenden die Befugnis dazu absprechen und dem (Kirchen-) Volk die Konsensfähigkeit im Glauben absprechen, die Glaubenden entmündigen, dann entspricht das nicht dem Auftrag, der Praxis und der Lehre Jesu: “Aber bei euch soll es nicht so sein. Im Gegenteil: Der Erste unter euch soll sich allen anderen unterordnen, und wer euch führen will, muss allen dienen.”(Lukas 22,26)
GS 29. Juli 2020