Geist Zeiten
Er ist in diesen Tagen Thema – der Geist von gesellschaftlich/ politischen Bewegungen. Nicht christlich-kirchlich anlässlich Pfingsten und Dreifaltigkeitssonntag als Heiliger Geist, sondern als gesellschaftsverändernde, inspirierende und motivierende Kraft.
Der rechtsradikale Brandanschlag auf ein Haus der türkischen Großfamilie Genc in Solingen vor 25 Jahren wird in einer Reihe genannt mit den fremdenfeindlichen Haß- und Gewalt-Anschlägen in Hoyerswerda, Hünxe, Rostock-Lichtenhage und Mölln der beginnenden 90er Jahre. Die Anschläge in Mölln und Solingen waren, wie die späteren NSU- Morde, rechtsradikal motiviert und „Solingen“ wurde zum Synonym für gewaltbereiten Fremdenhass.
Diese gewaltbereite, rassistische Szene ist längst zu einer Bewegung geworden, die mit der AFD auch eine parlamentarische Basis hat.
Dagegen standen die 68er grund-sätzlich außerhalb der parlamentarischen Politik (APO = Außerparlamentarische Oppositon), sie standen gleichzeitig für das DAGEGEN zu Faschismus, Unterdrückung, das bürgerliche Establishment und für das DAFÜR zu Emanzipation, individueller Freiheit und eine offene, tolerante Gesellschaft.
Auch diese Bewegung hatte einen gewaltbereiten Auswuchs im antikapitalistischen Kampf der RAF in den 70er jahren und fand eine parlamentarische Gestaltungsmöglichkeit in den GRÜNEN.
Und „wes Geistes Kind“ sind wir? Was bleibt von der „Studentenrevolte von 68“?
Meine Jugend in den 70er Jahren war sehr stark durch die Aufbrüche „der 68er“, das freiheitliche, gesellschaftliche Klima in Deutschland geprägt. Sie haben mein politisches, wie theologisches Denken und mein gesellschaftliches, wie kirchliches Handeln stark beeinflusst und das nachhaltig. Umsomehr befremdet mich die Aussage jetziger Aachener Studenten: „Der revolutionäre Duktus an Unishat sich zum Glück in Luft aufgelöst“ (Arno, Automatisierungstechnik) … „In Aachen liegt das besonders an der unpolitischen Mentalität der Studenten, das ist die Wesensart der Techniker. Schon damals gab es ja den Spruch „Berlin brennt. Aachen pennt.“ Die Bewegung spielt auch heute keine Rolle mehr“ (Henning, Geografie).
Das Fazit von Julie (Politikwissenschaft) lässt mich hoffen, dass etwas vom bewegenden, verändernden Geist geblieben ist: „Hinterfragen und Dinge nicht als gegeben hinnehmen: Das ist etwas, das wir von den 68ern lernen können. Wir sollten die Diskussion wieder mehr aufleben lassen.“
GS 29. Mai 2018
Die sagen, der Mensch
sei ein Wesen aus Fleisch und Blut
warmherzig, wehmütig, schutzbedürftigSie übersehen das Wasser
aus dem er vor allem besteht
unentflammbar, neutral, geschmacklosSie übersehen den Kalk
der seine Glieder hart macht
und sein Gedächtnis löschtBleibt er allein, hat er die Wahl
bei aufrechter Haltung
die Fassung zu verlierenInnerlich zu zerbrechen
äußerlich zu zerfließen
oder sich zu vergessenEcce homo- seht diesen Menschen
warmherzig, sanftmütig, grausam verspottet
einsam, verraten, getötetEr sagte, der Mensch
sei ein Wesen aus Geist und Gott
und nannte uns seine Brüder und SchwesternBernd Kebelmann (Jeden Augenblick segnen, Verlag am Eschbach 2005, S.113)