Karfreitag – Pfingsten 2013
PSALM
Ich bin vergnügt, erlöst, befreit.
Gott nahm in seine Hände meine Zeit,
mein Fühlen, Denken, Hören, Sagen,
mein Triumphieren und Verzagen,
das Elend und die Zärtlichkeit.
Was macht, dass ich so fröhlich bin
in meinem kleinen Reich.
Ich sing und tanze her und hin
vom Kindbett bis zur Leich.
Was macht, dass ich so furchtlos bin
an vielen dunklen Tagen.
Es kommt ein Geist in meinen Sinn,
will mich durchs Leben tragen.
Was macht, dass ich so unbeschwert
und mich kein Trübsal hält, weil mich mein Gott das Lachen lehrt
wohl über alle Welt.
Ich bin vergnügt, erlöst, befreit.
Gott nahm in seine Hände meine Zeit,
mein Fühlen, Denken, Hören, Sagen,
mein Triumphieren und Verzagen,
das Elend und die Zärtlichkeit.
Hanns Dieter Hüsch
aus: Hüsch/Seidel, Ich stehe unter Gottes Schutz – tvd-Verlag, Düsseldorf, S.140
Heute
hat mich das Glück
in die Arme geschlossen.
Ich habe so viel
Freude erfahren,
dass ich geradezu
abheben könnte
vor Wohlbehagen
und Lebenslust.
Alle Ängste
der vergangenen Zeiten
sind zum Himmel geflogen
und mein Herz lacht
hellauf,
sodass das Echo
vergnüglich widerhallt
vom letzten Ende
der Welt.
Ich wünsche dir,
dass du bisweilen Menschen
begegnest,
mit denen du zusammen
Wunderschönes erlebst,
sodass sich die wohltuenden Bilder
der gemeinsamen Stunden
tief in dir einprägen,
damit du sie als Kostbarkeit
in deiner Seele bewahren
und sie in der Erinnerung
immer wieder neu
beleben kannst.
aus: Christa Spilling-Nöker, Halte meine Träume fest
Verlag am Eschbach 2012, S.16f
Mich ausrichten auf den Himmel:
Mein Blick-Feld reinigen
damit sich mir eine neue Weite eröffnet
die grenzenlose Verbundenheit schafft
Mich orientieren am Himmel:
Meinen Horizont vergrößern
damit ich den größeren Zusammenhang entdecke
der auch ein Leben vor dem Tod fördert
Mich geborgen fühlen im Himmel:
Mein Urvertrauen freilegen
damit ich mitten im Alltag höre:
Ich bin mit euch alle Tage eures Lebens!
Pierre Stutz
aus: Jeden Augenblick segnen, Verlag am Eschbach 2005, S.107
ERBARMEN – für jede Frau, für jeden Mann, für die scheidende Königin und den neuen König der Niederlande und zum 1.Mai
Herman van Veen – Kyrie Eleison (gesungen auf niederländisch, deutscher Text unten)
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Für den Bäcker, der den Ofen nicht mehr anmacht
für die Bauern, deren Pflüge stehn
für den Maurer, der die Kelle hinlegt
für die Hirten, die nicht mehr weitergehn
Kyrie Eleison
Für den Lehrer ohne Chance, zu unterrichten
für den Priester, der sein Gebet vergisst
für den Doktor, der viel könnte, wenn er dürfte
und für den Richter, dem nicht zu helfen ist
Kyrie Eleison
Für die Großmutter in der Abstellkammer,
für den Opa, der schon vergessen ist
für die Ängste und schlaflosen Nächte
für den Kummer, der nicht zu ermessen ist
Für die Lover, die nicht mehr singen
für die Liebste, die für immer geht
für all das sinnlose Leid hier auf Erden
für unsre Seele, die zum Teufel geht
Kyrie Eleison
Für die in Kellern gefangenen Kinder
soviel Unschuld und Leben zerstört
für die politischen Herrscher
durch Geld und Macht entehrt
für unsere bissigen, beißenden Worte
für unsre Lügen und unsren schlechten Stil
für das Paradies, das wir verloren
für unser lebenslängliches Exil
Für Knastwärter und Advokaten
für Präsidenten und Inspekteure
für Adjudanten und Kommandanten
für Kommissare und Kontrolleure
Für Fabrikanten und für Kommerzgiganten
und Händler mit großem Gewinn
durch Hormone, Drogen und Waffen
für all das Böse zwischendrin
Auch für die Fischer und für Matrosen
und für die Bauern in unsrer Näh‘
für’s Zigeunervolk an den Strassen
für den Fahrer vom LKW
Für den Nachbarn und den Mechaniker
für den Schmied und für den Zimmermann
für das Kerlchen hinterm Schalter
für den Sänger, für den Orgelman
Für die Mutter des gelähmten Kindes
für den Schatz von dem toten Soldat
für das Mädchen, das keinen abkriegt
für all den Schmerz, den ihr niemals saht
Für wen soll ich hier jetzt noch singen
für diejenigen, die ich hier vergaß
ohne Frieden kann keiner leben
ob reicher Knacker oder armes Aas
aus: Im Augenblick (DVD) – 2010
Autor: Thomas Woitkewitsch, Willem Vermandere
Komponist: Willem Vermandere
MUTLOS
Jeden Stein habe ich umgedreht,
hinter jeder Tür habe ich geschaut,
mich gebückt ganz kleinlaut,
sogar heimlich
unter dem Teppich nachgesehen,
doch,
spurlos verschwunden bleibt er,
mein Mut.
Keine Erinnerung,
wo und wann er mir
abhanden gekommen ist,
ob er mich einfach verlassen hat,
ob ich ihn versteckte
oder ihn mir abkaufen ließ
in einem schwachen Moment.
Tatsache ist: Er fehlt mir!
Sprichst du ihn mir zu,
vielleicht?
Oder hilf mir wenigstens suchen
mutlos wie ich bin
so allein.
Angelika Wolff (Weil jede Wüste einen Brunnen birgt, Verlag am Eschbach 2008, S.9)
STOSSGEBET
jetzt
ich stehe daneben
neben mir
nicht in mir
zwischen uns
ich
und nicht ich
vor dir
neben dir
nicht bei dir
und nicht bei mir
zwischen gott und mir
stehe ich
nicht bei ihm
nicht in mir
neben mir
daneben stehe ich
jetzt
gut gott
nimm mein jetzt
bitte
jetzt gleich
Almut Haneberg (Weil jede Wüste einen Brunnen birgt, Verlag am Eschbach 2008, S.28)
Auferstehung
Hätte die Auferstehung
Wenn alles so weiterginge
Wenn wir nicht auferstehen
Uns weiter ducken
Unsere Kraft verstecken
Unsere Würde
Und die der anderen
Wenn wir nicht aufstehen
Stolz, mit geradem Rücken
Und erhobenem Kopf
Ja sagen und nein
Zu gegebener Zeit
Für uns sorgen
Wie für die anderen
Doris Bewernitz
hörendes Herz
hörendes Herz
hole ein
den Atem der Zeit
höre
Klagelieder und Jubelrufe
Verzweiflungsrufe und Versöhnungsworte
Schreie und zärtliches Flüstern
Schüsse, Parolen und Hymnen
das Lachen lebendiger Liebe
den Atem der Zeit
hole ein
hörendes Herz
höre hinein
in deine Geschichte
und die Wege der Menschen
höre sie an und hole sie ein
dich selbst, hörendes Herz
lass einholen von der Welt
dass in dir
eine Antwort wächst
die von mehr Leben erzählt
Almut Honeberg
RAUM FÜR MEINE SEELE
Bei
Dir allein
kommt meine Seele zur Ruhe
von Dir
kommt meine Hoffnung
- Ich will nicht mehr außen suchen
was ich mir in meinem Innern schenken lassen kann
Meine Unruhe werde ich überwinden
wenn ich wage, die Stille auszuhalten
wenn ich lerne
einen neuen Umgang mit mir zu suchen –
im Dasein
im Ausruhen
im Genießen
im Entdecken meiner schöpferischen Fähigkeiten
So kann ich zur Ruhe kommen
hoffend, mein Leben durch Dich vertiefen zu lassen
Jeden Tag neu
aus Pierre Stutz, Einfach leben – Verlag am Eschbach, Blatt 3
OSTERBOTSCHAFT
In die Lichtblicke Deiner Hoffnung und in die Schatten Deiner Angst,
in die Enttäuschung Deines Lebens und in das Geschenk Deines Zutrauens
lege ich meine Zusage: ICH BIN DA !
In das Dunkel Deiner Vergangenheit und in das Ungewisse Deiner Zukunft,
in den Segen Deines Wohlwollens und in das Elend Deiner Ohnmacht
lege ich meine Zusage: ICH BIN DA !
In das Spiel Deiner Gefühle und in den Ernst Deiner Gedanken,
in den Reichtum Deines Schweigens und in die Armut Deiner Sprache
lege ich meine Zusage: ICH BIN DA !
In die Fülle Deiner Aufgaben und in Deine leere Geschäftigkeit,
in die Vielzahl Deiner Fähigkeiten und in die Grenzen Deiner Begabung
lege ich meine Zusage: ICH BIN DA !
In das Gelingen Deiner Gespräche und in die Langeweile Deines Betens,
in die Freude Deines Erfolgs und in den Schmerz Deines Versagens
lege ich meine Zusage: ICH BIN DA !
In das Glück Deiner Begegnungen und in die Wunden Deiner Sehnsucht,
in das Wunder Deiner Zuneigung und in das Leid Deiner Ablehnung
lege ich meine Zusage: ICH BIN DA !
In die Enge Deines Alltags und in die Weite Deiner Träume
und in die Kräfte Deines Herzens lege ich meine Zusage:
ICH BIN DA !
KARFREITAG
warum hast du mich verlassen,
bleibst fern meiner Rettung,
den Worten meiner Klage?
Psalm 22,2
erfülle dein Leben
mit seiner Kraft,
dass du entbehren kannst,
ohne hart zu werden,
dass du leiden kannst,
ohne zu zerbrechen,
dass du Niederlagen hinnehmen kannst,
ohne dich aufzugeben,
dass du schuldig werden kannst,
ohne dich zu verachten,
dass du mit Unbeantwortbarem leben kannst,
ohne die Hoffnung preiszugeben.
aus: Jeden Augenblick segnen, Verlag am Eschbach, S.80
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