Januar – April 2023
Augenöffner für Enttäuschte
Sie hatten gehofft, das ihre Bewegung zum Game Changer in der verfahrenen Situation der Bevölkerung Palästinas zu Beginn unserer Zeitrechnung werden würde. Deshalb hatten sie sich dem Botschafter einer neuen, göttlichen Weltordnung angeschlossen, teils aus politischen, teils aus religiösen Gründen.
Der, auf den sie ihre Hoffnung gesetzt haben ist in seiner Mission gescheitert und wurde als Volksverhetzer, Irrlehrer und Unruhestifter hingerichtet. Kurzer Prozess für einen der konsequent für eine Gesellschaft der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens eingetreten ist und dies überzeugend gelebt hat – und der sich von Gott* berufen und getragen wusste.
Hingerichtet und begraben – aus den Augen aus dem Sinn?
Die Bewegung löst sich auf und die Jünger Jesu gehen zurück auf Anfang. Sie gehen zurück in ihre Dörfer und Familien, zurück in ein Leben, das ihnen Heimat war.
Aber das Verbindende, das Erlebte, die Botschaft, die Erinnerung an diesen Jesus und seinen Anspruch und seinen Aufruf die Welt zu verändern bleibt.
Aber es braucht die gemeinsame Erinnerung und die deutende Begleitung von außen, um sie wieder neu zu motivieren, immer wieder. »Brannte es nicht wie ein Feuer in unserem Herzen, als er unterwegs mit uns sprach und uns den Sinn der Heiligen Schriften aufschloss?«(Lukas 24,32)
Auch in unserer lebensweltlichen Situation verbreitet sich Enttäuschung und Resignation. Aussichtslos, Visionslos, #letztegeneration“.
Herbert Grönemeyer singt am Anfang der #fridaysforfuture-Bewegungen vom MUT:
Das Leben ist ein Seiltanz
Ein hauchzartes Porzellan
Versuchung und Unwägbarkeit
Doch der Funke glimmt
Für einen Aufbruch, der gegen alle Ströme schwimmt
Wie verbreitet sich der Mut des Herzens?
Wie enteilt man der Raserei?
Und bring’ ich Ruhe in die Bewegung
Und steh’ ich auf für ‘ne weite Zeit
Diesen MUT wünsche ich mir für die Enttäuschten in den Bewegungen weltweit, die sich für Gerechtigkeit, Frieden und eine lebenswerte Zukunft für alle einsetzen und für die hoffnungslos Engagierten für eine weltoffene, Menschen zugewandte und liebende Kirche, die diese Botschaft Jesu überzeugend lebt.
GS 25. April 2023
Augenscheinlich und offensichtlich
sind Adjektive , die wir nutzen, wenn etwas auf den ersten Blick klar erfassbar, aber in den letzten Konsequenzen noch nicht nachvollziehbar und verständlich ist.
„Man sieht nur mit dem Herzen gut, denn das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“. Diese vielzitierte Liebes-Weisheit des Kleinen Prinzen trifft wohl auch die biblische Geschichte von Thomas, dem Zweifler und macht den Unterschied zwischen dem augenscheinlichen, begreifbaren Erkennen und der glaubenden, vertieften, liebenden Erkenntnis deutlich.
In einer von Angst und Unsicherheit geprägten Atmosphäre nach dem Foltertod Jesu sind seine Freunde abgetaucht, aus Angst, dass sie die Staatsgewalt oder die Religionswächter in Kollektiv-Haft nehmen. Sie finden in der Gemeinschaft Trost in der Begegnung mit dem wesentlich veränderten Jesus. Diese Begegnung mit „dem Auferstandenen“ schenkt ihnen inneren Frieden und Versöhnung und sendet sie aus Frieden und Versöhnung in die Welt zu tragen.
Thomas der nicht dabei war, aber von ihnen begeistert eingeweiht wird, wehrt das für sie Offensichtliche ab. Die geltenden Regeln und die Ordnung der Welt verbietet die Auferstehung eines Menschen. Und selbst wenn es der gefolterte und ermordete Jesus gewesen sein sollte, der sich den Jüngern geoffenbart hat, so wird er nur scheinbar tot gewesen sein. Thomas will die tödlichen Wunden begreifen, um das Offensichtliche annehmen zu können.
Bei der nächsten Begegnung im Jüngerkreis kann er sich von der Identität Jesu überzeugen. Der fordert ihn auf „komm zum Glauben“ (Joh 20,27) und deutet »Du glaubst, weil du mich gesehen hast. Freuen dürfen sich alle, die mich nicht sehen und trotzdem glauben!« (Joh 20,29)
Diese glaubende Erkenntnis fällt nicht nur Thomas schwer, sondern auch uns bis heute hin. Und die daraus folgenden Konsequenzen, unsere Aufgabe Frieden und Versöhnung in die Welt zu bringen, erst recht.
Auch wenn diese unbequeme Wahrheit diskreditiert und als unglaubwürdig diffamiert wird, können wir dennoch „unmöglich schweigen über das, was wir gesehen und gehört haben“ (Apg 4,20) und müssen es einfach glaubwürdig leben.
GS 18. April 2023
Osternachklang: Schlamassel und Obskurität
Ich habe mich gefreut, als ich während der Ostervorbereitungen feststellte, dass in diesem Jahr die bedeutenden Feste der drei abrahamitischen Religionen zeitgleich stattfanden: Pessach -das Gedenken an den Auszug des Volkes Israel aus der ägyptischen Sklaverei, Ostern -Leiden, Tod und Auferstehung Jesu und der Fastenmonat Ramadan der Muslime. Alle 3 Weltreligionen stehen für den Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden und predigen Nächstenliebe und Toleranz. Aber schon seit Jahrhunderten ist das gemeinsame Religions-Zentrum Jerusalem Schauplatz von Hass, Diffamierung, brutaler Verfolgung und blutigem Terror. In diesem Jahr besonders angeheizt von ultranationalen jüdischen Siedlern und ihren politischen Vertretern. Ausgerechnet an diesen religiösen Feiertagen steckt Jerusalem, die heilige Stadt im Schlamassel (ein jiddisches Wort, das in meiner heimischen Ruhrgebietssprache lautmalerisch die Ausweglosigkeit, das Chaos und die Penetranz der Situation sehr gut beschreibt).
Am Osterfeuer sangen wir die Hymne aus Taizé „Im Dunkel unsrer Nacht entzünde das Feuer, das niemals verlöscht …“ Im französischen Liedtext ist unsere Situation mit Obscurité, was auch Verworrenheit und Bedeutungslosigkeit heißen kann, beschrieben.
Schlamassel und Bedeutungslosigkeit sinnbildlich für die gesellschaftliche Irrelevanz der Religionen?
Diese ist abhängig von der authentischen Deutung des Lebens und Sterbens. Nur wenn diese Deutung sinnstiftend ist und darüber hinaus auch authentisch gelebt und erlebt wird, können daraus Werte und Normen für unser Zusammenleben in der Gesellschaft gewonnen werden.
Genau an diesem Punkt haben wir den Schlamassel. Nur wenn die gelebte Religion und ihre Riten und Feiern wieder Sinn machen, Leben deuten und ins Gebet nehmen, Hoffnung glaubwürdig vermitteln, helfen sie die Obskurität dieser Welt zu durchbrechen und werden (wieder) zum „Salz der Erde und Licht der Welt“ (Mt 5, 13-16) – Wirksam österlich werden.
GS 12. April 2023
Kreuzweise leben
Als ich nach dem Besuch in der Geburtsklinik das Patientenzimmer verließ, fiel mir über der Tür das Kreuz in den Blick.
In Blech mit Lasercut eingeschnitten und mit einem feinen Streifen auslaufend, wie ein Blutrinnsal.
Kein Schmuckstück oder Souvenir, aber auch kein Mahnmal oder große Kunst …
In diesem katholischen Krankenhaus gehört es zur Grundausstattung der Patientenzimmer, immer im Blick, wenn dieser erwartungsvoll auf die nach Anklopfen Eintretenden auf die Tür gerichtet ist. Und die, die das Zimmer verlassen nehmen es als „selbstverständlich dort hängend“ war.
Ein und Ausgang unter einem Zeichen, einem Symbol des qualvollen Leidens und des Todes eines Menschen vor mehr als 2000 Jahren.
Eben nicht „selbst-verständlich“ an diesem Ort, wo neues Leben teils schmerzlich erwartet wird und das man mit einem neugeborenen Menschenkind nach einigen Tagen wieder verlässt in eine für alle ungewisse Zukunft.
Für mich symbolisiert das Kreuz an diesem Ort und an dieser Stelle die Solidarität des Mensch gewordenen ICH-BIN-DA-Gott* mit den an diesem Ort Leidenden und sich nach der Geburt Freuenden. Ein Zeichen, dass Gott mit unserer Welt, mit dem gemeinsamen Haus, mit den Menschen „die er liebt“ (Lk 2,14) noch nicht am Ende ist.
Das Kreuz ist mehr. Denn nach dem Tod, so schrecklich er auch ist, setzt sich die Solidarität des menschenfreundlichen Gott*es fort in der Hoffnung machenden Auferstehung, so erzählen es die Ostergeschichten.
Das Kreuz ist der Durchgang zum Leben und alle kleinen Kreuze unseres Lebens weisen auf diese Hoffnung hin. Aber dieses Leben „danach“ ist keine Neuauflage des alten, begrenzten, leidvollen Lebens, sondern anders, neu, unbeschreiblich. Glaubend erlebbar und jenseits unserer Vorstellung. Eine Neugeburt – hoffentlich für uns „Menschen, die er liebt“.
GS 4.April 2023
Steh endlich auf
und lass Deine Bedenken und Vorbehalte los, sie lähmen Dich. Sei Du selbst und entdecke, was in Dir steckt, was Deine Berufung und Aufgabe ist. Komm aus Deiner Komfortzone und stell Dich den Realitäten. Steh auf und tu was! Für eine lebenswerte Zukunft!
Das ist die Botschaft, die ich aus der Geschichte um die Auferweckung des tot gesagten Freundes Lazarus durch den Weckruf Jesu im Evangelium des 5. Fastensonntags entnehme.
Der sicht- und spürbaren Realitäten in unserer Umwelt können wir uns nicht entziehen. Sie sind lebens- und existenzbedrohend, jetzt schon im südöstlichen Afrika mit Taifunen, Dürren und Überschwemmungen, mit Hunger, Cholera und Tod. Oder im zerstörerischen Raubbau an der Natur beim Lithium-Abbau im Dreiländer-Eck Bolivien, Chile, Argentinien für unsere E-Mobilität. Oder die Methan und CO2 Freisetzung beim fortschreitenden Auftauen der Permafrostböden in Sibirien. Oder die bedrohliche Winter-Dürre in Südeuropa durch den Ausfall der Schneeschmelze. …
Auf die großen Verschmutzer zu verweisen, die erst mal in Vorleistung gehen sollen, bevor ich mich im Kleinen einschränke, verkennt die internationalen Verflechtungen meines Konsumverhaltens und das es um „das gemeinsame Haus geht“ (Papst Franziskus).
Zukunftsorientiert, verantwortungsbewusst leben fordert jetzt von mir Einschränkung und Verzicht in der Hoffnung, dass auch alle anderen ihren Teil dazu beitragen für eine lebenswerte Zukunft und unsere Kinder und Enkel nicht die „letzte Generation“ sind.
(Einen interaktiver Rechner zur Klimazukunft unserer Kinder auf Basis des IPCC-Klimaberichtes findet man bei Zeit-Online)
Mein Aufstehen für das Leben ist alternativlos. Also worauf warte ich noch?
GS 27. März 2023
„Sehenden Auges“
oder „realitätsblind“ sind Attribute, die wir für Menschen benutzen, die das Offensichtliche und seine Konsequenzen nicht wahrhaben wollen oder wieder besseres Wissen ihre und der Menschheits-Zukunft gefährden durch Ignoranz und Nicht-Handeln.
1980 veröffentlichte die US-Regierung die Studie Global 2000. Sie sollte grundlegende Entwicklungen der Umweltbedingungen und ihre Auswirkungen auf die Zukunft der Menschheit bis zum Jahr 2000 bestimmen. Sie hat viele Menschen meiner Generation zum Überdenken ihres Lebensstiles veranlasst und weltweit die Themen Ökologie, Dekarbonisierung, Postwachstumsökonomie und Nachhaltigkeit forciert. Die dort wissenschaftlich markierten Zukunftsszenarien sind weitestgehend von der Realität überholt worden. Aber „unbequeme Wahrheiten“ überlässt man gerne unbeliebten Outsidern und die zunehmend sichtbaren Folgen unterlassener, notwendiger Maßnahmen werden als statistische Ausreißer relativiert.
Der Weltklimarat beschreibt in seinem aktuellen Bericht die dramatischen Folgen menschlicher Ignoranz und Untätigkeit und fordert drastische Einschränkungen zugunsten einer lebenswerten Klimazukunft.
Im Evangelium des vierten Fastensonntages wird von der Heilung eines Blindgeborenen durch Jesus erzählt und wie das religiös-soziale Umfeld diese Heilung nicht anerkennen will, weil nicht sein kann, was nicht sein darf: Jesus ist der gottgesandte Heiler und seine gute Nachricht von Gottes Liebe zu den Menschen zeigt Gerechtigkeits-Perspektiven und eröffnet Liebes-Handlungs-Räume. Die machtverliebten weltlichen und geistlichen Führer fühlen ihre Deutungshoheit bedroht und wollen ihn loswerden.
Augenöffner_innen heute mahnen uns zum unverzüglichen Handeln mit Verweis auf die Klima-Realität und weltweite Extremwetter, Überschwemmungen, Dürren, Artensterben, … .Unser Faktenwissen ist groß, die sofort zu ergreifenden Maßnahmen sind offensichtlich, aber wir ignorieren die unbequemen Wahrheiten, weil entsprechendes Handeln Einschränkung und Verzicht bedeuten – für eine lebenswerte Zukunft.
Jesus verkündet sie als Gottes-Reiches und fordert uns auf es zu realisieren – mit Gottes Hilfe.
GS 21. März 2023
Ein Armutszeugnis
im wahrsten Sinne des Wortes gibt eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung: „Mehr als jedes fünfte Kind wächst in Deutschland in Armut auf. Das sind 2,8 Mio. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren! … Aufwachsen in Armut begrenzt, beschämt und bestimmt das Leben von Kindern und Jugendlichen – heute und mit Blick auf ihre Zukunft.“
Diese fatale, jährlich schlechtere Situation wurde zumeist achselzuckend bis resignierend in Politik und Zivilgesellschaft zur Kenntnis genommen, bzw. ging wie häufig, wenn es um Kinderrechte und Zukunftschancen geht, in den tagesaktuellen Kita-Streik-bedingten Versorgungsnotwendigkeiten, den lösungs-lustlosen Debatten über Lehrer- und Erzieher_innen-Mangel und die katastrophalen Zustände des deutschen Bildungssystem im internationalen Vergleich unter.
Immer wieder wird die Floskel „Kinder sind die Zukunft unserer Gesellschaft“ bemüht, aber letztlich im konkreten sozialpolitischen Handeln ignoriert und in die familiäre oder alleinerziehende „Eigenverantwortlichkeit“ verwiesen.
Dass offensichtlich Kindeswohl und Kinderschutz in unserer Gesellschaft keine Priorität haben ist ein Armutszeugnis unserer Gesellschaft: 3 Jahre Corona-Pandemie haben keine gerechten, digitalen Lern- und Lehr-Bedingungen und aktiven Virenschutz durch ausreichende Lüftungsanlagen geschaffen. Die Prioritäten werden auf die Arbeits-Verfügbarkeit der Eltern für Wirtschaft und Industrie gesetzt. Beim Zukunftsthema der sozial-ökologischen Transformation wird trotz Urteil des Bundesverfassungsgerichtes die Schutzverpflichtung des Staates Leben und Gesundheit vor den Gefahren des Klimawandels zu schützen auch in Bezug auf künftige Generationen in der politischen Praxis ignoriert. Die diesbezüglichen Forderungen der jungen -und hoffentlich nicht letzten- Generation werden als „Ökoterrorismus“ diffamiert.
In den Sonntagsreden wird immer noch gerne die Zusage Jesu bemüht, dass „den Kindern und für Menschen wie sie Gottes neue Welt offen steht« – Folgenlos.
Kindeswohl und Kinderschutz ist für eine Gesellschaft mit lebenswerter Zukunft überlebensnotwendig.
GS 14. März 2023
Das Beste im anderen
zu erkennen ist nicht gerade meine Stärke. Nicht erst seit der Corona Pandemie, sondern auch seit unsere Gesellschaft sich immer mehr polarisiert über die Zukunftsdeutung, die „richtigen“ Einstellungen, daraus resultierende AlltagGestaltung und gesellschaftlichem Handeln.
Ich lasse mich von Vorurteilen, äußerer Erscheinung, medialer Präsenz, Gerüchten, Erfahrungen Anderer … leiten, anstatt zuzuhören und unvoreingenommen auf mein Gegenüber zuzugehen. Auch Verletzungserfahrungen in Beziehungen beeinflussen mich und lassen mich zögern.
Manchmal braucht es auch eine_r Dritten, um das Wesentliche in de*r Andere*n zu erkennen. Denn wie der Kleine Prinz weise sagt: „Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“.
Auch die Beziehung Jesu zu seinen Freund*innen scheint in deren Wahrnehmung nicht unvoreingenommen gewesen zu sein. Jedenfalls braucht es bei ihnen laut den Evangelien (Mt 17) eine gewissermaßen göttliche Zertifizierung, um ihnen das wesentliche der Person Jesu und seiner Mission zu offenbaren.
Die Erkenntnis des Besonderen an eine*r Person, die man meint zu kennen kann beängstigend und überfordernd sein. Kann ich ihrem Anspruch gerecht werden? Soll ich mich wirklich auf ihn, auf sie einlassen? Habe ich Vertrauen? Was muss ich aufgeben, was bisher für mich wichtig war? Lässt die Beziehung Raum für andere und anderes?
Jesus scheint dieses Gefühlschaos nicht nur zu erkennen, sondern er schafft Vertrauen durch Berührung: »Steht auf, habt keine Angst!«
Er fordert zu Vertraulichkeit auf, bis sich seine Mission erfüllt hat und sie zu glaubwürdigen Zeugen seiner Botschaft vom Gottes Reich der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens werden sollen: »Sprecht zu niemand über das, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn vom Tod auferweckt ist.«
Das heißt für uns: lasst Euch Zeit, macht Erfahrungen mit mir und meiner Botschaft, richtet Euer Leben darauf aus und bedenkt die Konsequenzen … Aber vor allem vertraut auf die Liebe und Güte Gottes, des ICH-BIN-DA. (Mt 17,20)
GOTT* wird durch uns und mit uns wirksam für eine bessere Welt.
GS 7. März 2023
Schuld sind doch die anderen!
Und wenn ich doch irgendwie beteiligt bin, na ja „Wir sind alle kleine Sünderlein, das war immer so …“ singt Willi Millowitsch und jenseitsversichernd: „Der Herrgott wird es uns bestimmt verzeih’n, ‘s war immer, immer so.“
Angesichts unserer Klima-Zukunft-Welt sind Schuld-Zuweisungen obsolet, allenfalls unter dem Aspekt, wer die Schulden bezahlt. Und selbst, wenn „der Herrgott“ (!doppelt männlich!) uns verzeiht, ist radikale Umkehr gerade jetzt erforderlich, um die Zukunftsfolgen unserer „Umwelt“Sünden zu bremsen und zu kompensieren.
Mit Blick auf unser aller und der uns folgenden Generationen -die hoffentlich nicht die Letzte sein werden- bedeutet Umkehr zunächst Verzicht und Selbstbeschränkung und das vorbehaltlos. Also nicht: Sollen China und die USA erstmal machen …, die Reichen sollen sich erstmal einschränken … Sondern: Jeder muss Jetzt anfangen bzw. darf nicht nachlassen ihren Lebensstil zu ändern, damit die ökologische und soziale Transformation gelingen kann.
Die neue, gött*liche Weltordnung, wie sie Jesus in der Bergpredigt entwirft, fordert uns auf unsere Haltung gegenüber Welt, Gesellschaft und Gott zu ändern. Sie basiert auf Gerechtigkeit und Liebe. So sind die ersten Schritte das Eingeständnis der eigenen Schuld, der Wille zum Umdenken und die kreative Suche nach Verhaltensänderung: welche Gewohnheiten meines täglichen Lebens kann ich mit dem Ziel „CO2 Reduktion und Ressourcen einsparen“ verändern, …
Da es um Haltungsänderung geht, kann mich motivieren, was ich durch Verzicht gewinne. „Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.“ (Mt 6,21)
Und apropos Verzicht: »Wenn ihr fastet, dann setzt keine Leidensmiene auf wie die Scheinheiligen. Bei dir soll es anders sein: Wenn du fastest, dann pflege dein Äußeres so,
dass keiner etwas von deinem Verzicht merkt – außer deinem Vater im Himmel. Denn er ist auch da, wo niemand zuschaut. Und dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird dich dafür belohnen.« (Mt 6,16-18) – was wird dieser „Lohn“ sein?
GS 28. Febr 2023
Fleisch, lebe wohl! Letzter Ausschank! Vorabend der Fastenzeit, …
der Höhepunkt der „5. Jahreszeit“ trägt sowohl Verzicht, als auch die geistige Wende schon im Namen „Karneval“, „Fasching“, „Fastelovend“, …
Aber obwohl der Abschied exzessiv gefeiert wird, ist die Bereitschaft zu Verzicht, geistigem Umsteuern aus Einsicht in die Notwendigkeit, Reue und Busse, Solidarischem Handeln und geistig-geistlicher Erneuerung…. nur mäßig vorhanden und bleibt schnell hinter den guten Vorsätzen zurück.
Die Fastenzeit, beginnend mit dem Aschermittwoch, bietet die Chance, die Masken abzulegen, offen und sensibel zu werden, was in meinem Leben und in unserer Gesellschaft schief läuft; Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Leid aufzeigen und meine und unsere Verstrickung darin bewusst machen; sich einlassen auf Verzicht, um zu erkennen, dass weniger mehr ist: mehr Lebensqualität, mehr Gemeinwohl, mehr Zukunft für alle, mehr Frieden und soziale Gerechtigkeit …
„Die Zeit zu beginnen ist jetzt, der Ort für den Anfang ist hier …“(Christa Peikert-Flaspöhler)
Jesus setzt in der Bergpredigt für die anstehende Fastenzeit die Akzente für eine bessere Zukunft, indem er das Gebot der Nächstenliebe radikalisiert und erweitert:
Es heißt bei euch: ›Liebe deinen Mitmenschen und hasse deinen Feind!‹ Doch ich sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen! (Mt 5,43f)
Für mich eine persönliche Herausforderung angesichts von Krieg, Terror und Hate-Speech auf der Strasse, in der Gesellschaft und den sozialen Medien. Aber wohl die einzige Möglichkeit der Spirale von Hass und Gewalt etwas entgegenzusetzen, um Polarisierung und Entsolidarisierung zu überwinden.
Also werde ich versuchen den und die anderen besser zu verstehen, Vorurteilen und Hass in meinem Denken und meiner Sprache keinen Raum zu geben – und immer wieder um die Kraft dazu beten.
GS 22. Febr 2023
Don’t be a MAYBE,
war der Slogan einer Zigarettenwerbung 2011-2013.
Er griff die Etikettierung einer ganzen Generation der Millenials oder Generation Y auf, die der Journalist Autor Oliver Jeges in einer Selbstdefinition (2012/WELT) als Generation ohne Eigenschaften, ohne Profil, ohne Plan und Mut zu Entscheidungen bezeichnet.
Sie kommen nicht mit der ihnen gebotenen “Anything goes!”-Mentalität klar, die vielen Optionen, die ihnen offen stehen, überfordern sie. Trotz guter Bildung und vielen Fähigkeiten weiß diese Generation nichts damit anzufangen. Getrieben von einem Individualitätszwang sind diese kaum noch unter einem gemeinsamen Begriff zusammenzufassen – außer vielleicht unter dem der “Zweifler”. Dinge auszuprobieren und nicht zu allem schon eine Meinung zu haben, sondern “vielleicht” zu sagen, sei ein Kennzeichen dieser Generation.
Ich finde es sehr pauschalisierend so eine ganze Generation zu etikettieren und mein Erleben mit dieser Generation meiner Kinder kennt auch andere Erfahrungen. Dennoch, diese Orientierungslosigkeit und das sich (noch) nicht festlegen können oder wollen ist ja auch die Scheu und vielleicht auch die Angst sich zu binden und Verantwortung zu übernehmen – für sich selbst, für andere und für die Zukunft dieses Planeten.
Von den nach 2000 Geborenen organisieren sich weltweit und radikaler immer mehr in Bewegungen wie #fridaysforfuture, die unterstützt von Wissenschaftlern, eine konsequente ökologische und soziale Transformation einfordern. Sie lassen sich mit keinem “Vielleicht” oder “Später” abspeisen, denn es ist ihre (und unser aller) Zukunft. Fast schon verzweifelt nennen sich deshalb einige Aktivist_innen „Letzte Generation“.
Jesus fordert in der Bergpredigt: „Euer Ja sei ein Ja und Euer Nein ein Nein – Alle anderen Beteuerungen zeigen nur, dass du dich vom Bösen bestimmen lässt.“ (Mt 5, 33-37)
Eine klare Botschaft an uns, egal welche Macht und welchen Einfluss wir auf das Weltgeschehen haben und nehmen, an Politik und Wirtschaft, ernst zu machen, zu Entscheidungen zu stehen und verbindlich zu handeln. Die Zukunft der Menschheit verträgt keine MAYBEs!
GS 14. Febr 2023
Leuchttürme außer Funktion
könnte man meinen, wenn man im Sonntagsevangelium die Gebrauchsanweisung Jesu zum öffentlichen Tun von Gottes Willen für die Menschen in dieser Welt liest: »Man stellt eine Leuchte auf den Lampenständer, damit sie allen im Haus Licht gibt. Genauso muss auch euer Licht vor den Menschen leuchten: Sie sollen eure guten Taten sehen und euren Vater im Himmel preisen.«(Mt 5,15f).
Die Hörer der Botschaft Jesu vom Gottes Reich der Gerechtigkeit der Liebe und des Friedens als Orientierung gebende und gleichzeitig Mahnende vor drohende Gefahren. – eine wirklich gesellschaftlich relevante Aufgabe für uns Christen und für unsere christlichen Einrichtungen und Institutionen.
Offensichtlich werden wir in der Öffentlichkeit nicht mehr als gesellschaftlich relevante Gruppe wahrgenommen, weder an der Seite der Armen und Ausgebeuteten, noch als Friedensvermittler_innen in den Krisen dieser Zeit, nicht als Botschafter_innen der Freiheit, noch als Aktivist_innen für die Rettung unserer bedrohten Lebensgrundlagen.
Öffentlich wahrgenommen werden sexueller und Machtmissbrauch in kirchlichen Einrichtungen und das Vertuschen dieser Vorfälle durch die Kirchenleitungen; und dass die „Freiheit eines Christenmenschen“(Martin Luther) an den hierarchischen Kirchenordnungen scheitert und so wirkliche Partizipation und Engagement für ein christliches Leben im Sinne der Botschaft Jesu im kirchlichen Raum verhindert wird.
An anderer Stelle fordert Jesus die, die sich auf ihn berufen auf „Sauerteig“ in und für die Welt zu sein. Es geht also beim christlichen Leben um Leuchtkraft und Empowerment für eine bessere Welt, wie sie Gott mit uns gestalten will.
Statt Kirchtürme abzureißen und Kirchenräume zu schließen, weil sie nicht mehr für die Liturgie benötigt werden lasst uns sie zu Leuchttürmen christlicher Hoffnung für die Welt und zu Räumen der Solidarität und des Engagements für ein gutes Leben für alle Menschen umwidmen. – Das wäre wirklicher und wirksamer Gottesdienst.
GS 7. Febr 2023
Fundamental anders
als unsere real existierende und erlebbare Ordnung der Gesellschaft ist offensichtlich die „neue Welt, die Gott mit uns leben will“ (Mt 5,3) – jedenfalls, wenn wir der Vision Jesu vom Reich Gottes Glauben schenken, das eben nicht im Jenseits und irgendwann, sondern im hier und jetzt von uns und mit uns realisiert wird.
Manche, die jetzt diffamiert, am Rand der Gesellschaft stehen, verachtet und unterdrückt werden, aufgrund ihrer Überzeugungen oder, weil sie sich weigern Ungerechtigkeit, Hunger und Krieg einfach hinzunehmen oder als notwendiges Opfer für den Wohlstand einiger weniger in privilegierten Ländern des globalen Nordens in Kauf zu nehmen, … dürfen sich glücklich schätzen und sich freuen, wie es in den „Seligpreisungen“ der Bergpredigt (Mt 5,3-12) heißt. „Sie werden mit Gott leben in seiner neuen Welt.“
Diese Umkehr unserer gesellschaftlichen Wert-Schätzung hat schon die Machthabenden und politisch wie wirtschaftlich einflussreichen Religionsführer zur Zeit Jesu provoziert und letztlich seine Hinrichtung als Anführer einer Aktivistenbewegung, die die herrschenden Machtverhältnisse nicht nur infrage stellte und öffentlich kritisierte, sondern zur radikalen Umkehr und Neuausrichtung von gesellschaftlichem und religiösen Handeln aufrief. Die Vision einer freiheitlichen, offenen Gesellschaft, die sich an GOTTES* gerechtem Willen orientiert, so wie er von Jesus verkündet wurde.
Das fundamental andere dieser Botschaft ist die Grundhaltung: „tun, was Gott will“.
Unser Problem ist das doppelte ICH, das wir an GOTTES* Stelle gesetzt haben: „ICH tue, was ICH will“ und das nennen wir dann Freiheit.
An die Stelle des autorisierten Übersetzers von GOTTES* Willen sind Traditionsbewahrer und uninspirierte Verwalter kirchlichen Machtanspruches getreten.
Den wirklich Jesus nachfolgenden Aktivist_innen, die sich bemühen den Willen GOTTES* zu tun und in Jesu prophetischem Geist glaubwürdig zu leben spricht er zu: „Freuen dürft ihr euch, wenn sie euch beschimpfen und verfolgen und verleumden, weil ihr zu mir gehört. Freut euch und jubelt, denn bei Gott erwartet euch reicher Lohn. So haben sie die Propheten vor euch auch schon behandelt.«
GS 31. Jan 2023
Visionär
»Das Volk, das im Dunkeln lebt, sieht ein großes Licht. Und für alle, die im Schatten des Todes leben und ohne Hoffnung sind, leuchtet ein Licht auf!«
Nach fast einem Jahr Krieg in der Ukraine, der festgefahren und eingegraben erscheint, und nach 50 Jahren wissenschaftlich belegtem, menschengemachtem Klimawandel, von der Öffentlichkeit weitgehend ignoriert und von den dafür Verantwortlichen meist verharmlost, ist unsere Gesellschaft müde, festgefahren und fatalistisch resigniert – orientierungslos.
Stand am Anfang der regierenden Ampelkoalition nach mühsamen Verhandlungen noch zumindest verbal eine Vision: “Die Klimaschutzziele von Paris zu erreichen, hat für uns oberste Priorität” so wirkt die daraus folgende im Wahlkampf angekündigte Klima-Kanzlerschaft uninspiriert und visionslos in der oft verschleppten Umsetzung.
Ähnlich orientierungslos war wohl das von Krieg und Krisen gezeichnete Volk Israel im 8ten Jahrhundert v. Chr., gespalten in Nord- und Südreich und vor einem Krieg mit dem aggressiv expandierenden Assyrien, als der Prophet Jesaja (ICH-BIN-DA-Gott befreit) auftrat und seine Vision „Recht und Gerechtigkeit“verkündete verbunden mit einer scharfen Sozialkritik. Israels Überleben sah er davon abhängig.
Diese Vision stellt Jesus an den Beginn seines öffentlichen Wirkens und verbindet seine Botschaft vom liebenden und rettenden GOTT* mit dem Aufruf zur Veränderung des Lebensstils:
»Ändert euer Leben! Gott wird jetzt seine Herrschaft aufrichten und sein Werk vollenden!«
Jesaja und Jesus sehen die gesellschaftliche „Wende“ in Verbindung mit dem Vertrauen auf den Gott* der bei seinem Volk ist, der den Weg weist zu einem Guten Leben für alle und der die Veränderungsbereiten stärkt in ihrem Handeln.
Das Volk Israel macht die Erfahrung, dass immer dann, wenn es sich von der göttlichen Führung abwendet, sich Egoismen und Ausbeutung durchsetzen und das Wohl des Volkes aus dem Blick gerät.
Das Vertrauen auf ICH-BIN-DA -Gott führt zum Guten und in eine lebenswerte Zukunft – auch in Wende-Zeiten, wenn es einhergeht mit entsprechendem konsequenten Handeln.
GS 24. Jan 2023
Vertan
Der Kampf um Lützerath und damit um eine der symbolisch-roten Linien der Klimakatastrophe und der Einhaltung des 1,5° Zieles der internationalen Staatengemeinschaft scheint verloren. Die Power der internationalen CO2 Super Emittenten im Verbund mit den unter Energiesicherheits- und Sozialverträglichkeits-Druck stehenden Regierenden hat ihre Ziele mit Polizei-Gewalt durchgesetzt. Der soziale Widerstand immer breiterer Bevölkerungskreise in diesem Kampf der Klima-Davids gegen die fossilen Goliaths ist aber nachhaltig gewachsen. Die Bilder von Familien mit Kindern, kirchlichen Aktions-Gruppen, von Senior_innen und behinderten Menschen, vereint im gewaltfreien Widerstand sind beeindruckend.
In der biblischen Sonntagslesung aus dem Buch Jesaja steht ein Satz, der bei aller Resignation gerade diesen Aktivist_innen David-Mut geben kann:
Ich aber dachte: »Ich habe mich vergeblich abgemüht. Ich habe meine ganze Kraft erschöpft und nichts erreicht. Doch ICH-BIN-DA-Gott wird mir zu meinem Recht verhelfen und meine Mühe belohnen.« Gott* spricht zu mir: »Nein – ich habe dich zum Licht für alle Völker gemacht, damit du der ganzen Welt die Rettung bringst.« (Jesaja 49, 4.6)
Dass sich RWE-Goliath scheinbar mal wieder gegen internationale Verpflichtungen durchgesetzt hat und dass die regierenden Unterstützer_innen damit gegen die Grund-Rechte der jungen und der nachkommenden Generationen verstößt, ist für die Transformation unserer Gesellschaft eine bedauerliche Niederlage, da wertvolle Zeit vertan wird durch den Raubbau an unseren natürlichen Lebensgrundlagen und die ineffiziente Verfeuerung fossiler Rohstoffe.
Aber Welt und Politik werden wachsenden Widerstand und Verzichtbereitschaft der Menschen nicht ignorieren können und konsequent die Transformation der Wirtschaft und Gesellschaft voran treiben müssen, damit dies nicht die „letzte Generation“ in einer lebenswerten, wunder-vollen Welt bleibt. – Die öko-soziale Transformation im Industrieland Deutschland als „Licht für alle Völker“ ist eine schöne, nachhaltige Entwicklungsvision. Lasst uns unseren Teil dazu beitragen, „so wahr uns Gott helfe“
GS 17. Jan 2023
Mutig und vorbildlich
Als die Ampel-Ministerinnen und -Minister im Dezember 2021 vereidigt wurden, gab es Kommentare zur Eidesformel und die Frage „fügt er/sie hinzu ‘so wahr mir Gott helfe’.
9 von 17 Minister_innen und der Kanzler ließen diesen optionalen Zusatz weg, was die Süddeutsche Zeitung kommentierte: „In Deutschland wird schon noch geglaubt, aber nicht mehr unbedingt an Gott. Der neue Kanzler und seine Kabinettsriege verzichteten erstaunlich häufig auf Hilfe von oben.“
Diese Regierungsübernahme, die mit dem hohen Anspruch antrat für mehr soziale Gerechtigkeit und eine konsequente Klimapolitik einzustehen und entsprechend zu handeln, fiel mir beim Lesen des Sonntagsevangeliums Mt 3 -Taufe Jesu durch Johannes- ein.
Jesus lässt sich zu Beginn seines öffentlichen Wirkens in Anwesenheit seiner und des Johannes Jünger von diesem im Jordan taufen. Seine Begründung: „Denn so können wir die Gerechtigkeit ganz erfüllen.“(Mt 3,15)
Jesus stellt sich seiner Berufung für Gerechtigkeit und Frieden einzutreten. Konsequent geht er den Weg der Gewaltfreiheit und Liebe, wohl wissend, dass er damit Widerstand provoziert, Verfolgung und Hass. Er vertraut dabei auf seinen Gott, den er als ICH-BIN-DA glaubt. Nur mit seiner Hilfe kann er diesen Weg gehen. Mit seinem zeichenhaften Einverständnis, den Willen Gottes zu tun, ermutigt er viele ihm darin zu folgen und sich mit ihm zu verbünden im gemeinsamen Einsatz für eine bessere Welt.
Politiker sind sich ihrer Macht bewusst und versuchen ihre Ziele und parteilichen Überzeugungen umzusetzen, ermächtigt durch die sie Wählenden, aber in Verantwortung für das Wohl des ganzen Volkes. Die Begleitung des ICH-BIN-DA gerade auch in den schweren Entscheidungen entlastet und das Maß nehmen an dem Anspruch von Gerechtigkeit und Liebe ist nicht nur hilfreich sondern Not wendend. – Im Amt spürbar und ausdrücklich „so wahr mir Gott helfe!“
GS 10. Jan 2023
Neues Jahr mit Altlasten
Die Wünsche zum neuen Jahr klingen in diesen Tagen, als wäre das alte mit seinen Krisen und Konflikten abgeschlossen und wir würden mit einem Neuen Jahr ganz neu beginnen (können).
Auch der alte Brauch das neue Jahr mit guten Vorsätzen zu starten suggeriert, dass wir irgendwie neu und unverbraucht einen neuen Lebensabschnitt beginnen können.
Der evangelische Theologe und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer schrieb im Dezember 1944, ein viertel Jahr vor seiner Hinrichtung in seinem letzten theologischen Gedicht:
„Noch will das Alte unsre Herzen quälen,
noch drückt uns böser Tage schwere Last,
ach, Herr, gib unsern aufgescheuchten Seelen
das Heil, für das Du uns bereitet hast.“
Er ignoriert nicht die Belastungen, Nöte, Kriege und Krisen. Sie sind „Altlasten“, die da sind. Er erhofft sich für die Gott* Glaubenden, dass ICH-BIN-DA die „Seelen“ heilt und ihnen eine gute Zukunft gibt.
Das Ende des Weltkrieges und der Diktatur, die dazu geführt hat, hat er nicht mehr erlebt, dennoch hat ihn die Hoffnung auf „das Heil“ beruhigt und seinen Weg konsequent bis zur Hinrichtung gehen lassen.
Mit einem „Doppel-Wumms“ oder und ähnlich vollmundigem Politsprech werden die Krisen, Kriege und Katastrophen sich nicht von heute auf morgen und auch nicht übermorgen auflösen. Das neue Jahr 2023 wird weitere Herausforderungen, neue Sorgen, mit sich bringen und alte Probleme weitertragen. Das Jahr wird Zumutung sein, die wir nur mit Solidarität ertragen können und die uns herausfordern werden konstruktive Lösungen zu entwickeln. Das wird nicht ohne Verzicht möglich sein und der vertrauensvoll glaubenden Haltung Bonhoeffers:
„Gott ist mit uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“
In diesem Sinne wünsche ich uns allen den Segen dessen, der sich als ICH-BIN-DA bezeichnet und glaubhaft mitgehend als Gott* erwiesen hat.
Und ich hoffe auf ein Gutes Leben für alle und Frieden im neuen Jahr auf dem Weg in eine lebenswerte Zukunft.
GS 3. Jan 2023