Oktober – Christkönig 2014
Fest Christkönig 2014 – A –
Evangelium Matthäus 25,31-46
Wenn der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommt und alle Engel mit ihm, dann wird er sich auf den Thron seiner Herrlichkeit setzen. Und alle Völker werden vor ihm zusammengerufen werden und er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirt die Schafe von den Böcken scheidet. Er wird die Schafe zu seiner Rechten versammeln, die Böcke aber zur Linken. Dann wird der König denen auf der rechten Seite sagen: Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, nehmt das Reich in Besitz, das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist. Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen. Dann werden ihm die Gerechten antworten: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und dir zu essen gegeben, oder durstig und dir zu trinken gegeben? Und wann haben wir dich fremd und obdachlos gesehen und aufgenommen, oder nackt und dir Kleidung gegeben? Und wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen? Darauf wird der König ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan. Dann wird er sich auch an die auf der linken Seite wenden und zu ihnen sagen: Weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das für den Teufel und seine Engel bestimmt ist! Denn ich war hungrig und ihr habt mir nichts zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir nichts zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich nicht aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mir keine Kleidung gegeben; ich war krank und im Gefängnis und ihr habt mich nicht besucht. Dann werden auch sie antworten: Herr, wann haben wir dich hungrig oder durstig oder obdachlos oder nackt oder krank oder im Gefängnis gesehen und haben dir nicht geholfen? Darauf wird er ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan. Und sie werden weggehen und die ewige Strafe erhalten, die Gerechten aber das ewige Leben.
Sein Name ist Jesus Christus
Sein Name ist Jesus Christus: er wohnt hier irgendwo in Aachen. Vor zwei Jahren ist seine Frau gestorben; seine Kinder wohnen berufsbedingt im Ausland, ein Sohn in England, der jüngere Sohn lebt mit seiner Familie in China. Zweimal in der Woche kommt jemand von der Caritas bei ihm vorbei und schaut nach dem Rechten. Ansonsten spricht er größtenteils mit sich allein oder schaut fern.
Sein Name ist Jesus Christus: er wohnt in Berlin, irgendwo im Friedrichshain. Er ist 42 Jahre alt, lebt mit seinem Partner zusammen. Seine Familie hat er ewig nicht mehr gesehen. Da sie seinen Freund nicht akzeptieren, meidet er Besuche bei ihnen.
Ihr Name ist Jesus Christus. Sie hat gerade eine Entziehungskur hinter sich und ist jetzt clean. Sie wohnt in der Nordweststadt, einem Stadtteil Frankfurts außerhalb des urbanen Betriebes. Mit ihrer Tochter hält sie sich einigermaßen über Wasser dank des erweiterten Hartz IV Satzes, der ihr zusteht aufgrund ihrer HIV Infektion. 35 qm groß ist ihre Wohnung im 14 Stock dieser Trabantenstadt, die kein grün kennt. Ihr Blick vom Fenster aus geht bei klarem Wetter direkt auf das Hochhaus der EU-Zentralbank, was früher BFG Hochhaus hieß. Gleich dahinter jenseits des Mains sieht sie auf die bombastische Baustelle der neu zu bauenden Europäischen Schaltstelle des Geldes und der Macht.
Ihr Name ist Jesus Christus: Sie wohnt auch in Aachen, studiert an der RWTH. Sie gehört zu der nicht geringen Zahl von Studierenden, die überlegen, ihr Studium abzubrechen. Ja, sie würde es von ihren Fähigkeiten her zweifelsohne schaffen, den Anforderungen des Studiums zu genügen, aber sie hat große Angst, immer mehr sich selbst zu verlieren, ihre Unbekümmertheit, ihre Lebensgier. Die Frage nach dem Warum wird immer drängender, sie hat Angst, wirklich krank zu werden.
Sein Name ist Jesus Christus: Er wohnt auch in Freiburg. Er ist sehr stolz auf seine ausgezeichnete Promotionsarbeit, die er vor vier Wochen endlich in Druck geben konnte. Dr. phil. darf er sich jetzt nennen. Arbeiten tut er in einer Postdienststelle außerhalb Freiburgs in einer kleinen Stadt. Die Begegnungen mit den Briefmarken-Kaufenden, den sich die kleine Rente-Auszahlenden und den Tageszeitung-Lesenden stimmen ihn fröhlich. Aber unter dieser Fröhlichkeit verbirgt sich die Gewissheit, als Philosoph kaum eine Möglichkeit zu finden, die ihn und seine Familie zu ernähren vermag.
Sein Name ist Jesus Christus: Ihr, ich, wir, die wir hier begegnen, miteinander beten, und anschließend wieder alle unsere verschiedenen Wege gehen; wir alle tragen diesen Namen. Wir heißen Kinder Gottes und wir sind es auch. Und Menschen, die diesen Namen tragen, die brauchen sich vor dem Leben nicht zu fürchten. Eigentlich brauchen sie das nicht. Und doch ist die Welt voller Angst, der Angst vor der Einsamkeit, die Angst vor dem Versagen, die Angst vor der Überforderung, die Angst vor der nackten Existenz.
Wie unsere Geschwister, von denen ich gerade in Stichworten berichtet habe, so ist alles Leben, und eben auch unseres, geprägt von Tragik, von Schicksalhaftem, von Ungerechtem, von Leben-Verneinendem und Leben-Vernichtendem. Ja, die Erkenntnis, dass das Leben Angst machen kann, die ist wohl keinem von uns fremd. Und jetzt macht uns auch noch unser Namensbruder Jesus Christus Angst, wir könnten als ewiger Verlierer am Ende dastehen und uns würde jegliche Perspektive von Leben weggenommen werden können? „Ewige Strafe“ droht er allen an, die seinen Ansprüchen nicht genügen. Da lugt er wieder hervor: der Rachegott, der die Böcke von den Schafen trennt. Den Nöten des Lebens fügt er jetzt noch die Not des ewigen Scheiterns hinzu.
Oder ist doch alles ganz anders? Ist es nur mein vorgeprägtes Verständnis von Gott, der als Weltenrichter das letzte Urteil spricht? Rät Jesus uns nicht eigentlich, die Botschaft seines Vaters nicht übermäßig kompliziert zu machen. Sind wir Menschen es nicht, die Gott diese Rolle des Weltenrichters zuschustern? Vielleicht, weil wir es gewohnt sind, gelenkt und getrieben zu werden und wir es verlernt haben, schlicht vom Herzen her zu denken? Sein Auftrag ist doch eigentlich ein ganz unkomplizierter und schlichter: „Sucht mich im Menschen“, so ruft er uns doch zu. „Sucht mich im Menschen“, nicht in der Theorie des Glaubens. Nicht eine Flucht vor der Welt in irgendwelche Ideologien sondern gerade die Bereitschaft, in diese Welt hineinzugehen und sich ihren Anforderungen zu stellen; diese Welt zu lieben, die Menschen zu lieben: Dies war sein Weg und dies möchte auch unser Weg sein. Wenn unsere Wege sich kreuzen mit den Lebenswegen des alten Herrn in Aachen, dem ausgegrenzten Paar in Berlin, der isolierten Frau in Frankfurt, der lebensverstörten Studierenden in Aachen oder dem unterforderten Philosophen in Freiburg führen; schlicht: Wenn unsere Wege sich verknüpfen mit den Wegen derer, denen Leben und Mensch-sein zur Frage geworden ist, ohne dass eigenes Ansehen oder eigene Bestätigung zum Maßstab werden, dann wird der Name Jesus Christus zur Wirklichkeit, die Angst zu überwinden vermag und Zukunft eröffnen kann. Gott ist eben doch kein Rachegott, sondern ein solidarischer Gott und ein Gott der einfachen Menschlichkeit.
Christoph Simonsen
33.Sonntag im Jahreskreis A – 2014
Evangelium: Matthäus, 25,14-30
Es ist wie mit einem Mann, der auf Reisen ging: Er rief seine Diener und vertraute ihnen sein Vermögen an. 15 Dem einen gab er fünf Talente Silbergeld, einem anderen zwei, wieder einem anderen eines, jedem nach seinen Fähigkeiten. Dann reiste er ab. Sofort 16 begann der Diener, der fünf Talente erhalten hatte, mit ihnen zu wirtschaften, und er gewann noch fünf dazu. 17 Ebenso gewann der, der zwei erhalten hatte, noch zwei dazu. 18 Der aber, der das eine Talent erhalten hatte, ging und grub ein Loch in die Erde und versteckte das Geld seines Herrn. 19 Nach langer Zeit kehrte der Herr zurück, um von den Dienern Rechenschaft zu verlangen. 20 Da kam der, der die fünf Talente erhalten hatte, brachte fünf weitere und sagte: Herr, fünf Talente hast du mir gegeben; sieh her, ich habe noch fünf dazugewonnen. 21 Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut, du bist ein tüchtiger und treuer Diener. Du bist im Kleinen ein treuer Verwalter gewesen, ich will dir eine große Aufgabe übertragen. Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn! 22 Dann kam der Diener, der zwei Talente erhalten hatte, und sagte: Herr, du hast mir zwei Talente gegeben; sieh her, ich habe noch zwei dazugewonnen. 23 Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut, du bist ein tüchtiger und treuer Diener. Du bist im Kleinen ein treuer Verwalter gewesen, ich will dir eine große Aufgabe übertragen. Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn! 24 Zuletzt kam auch der Diener, der das eine Talent erhalten hatte, und sagte: Herr, ich wusste, dass du ein strenger Mann bist; du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst, wo du nicht ausgestreut hast; 25 weil ich Angst hatte, habe ich dein Geld in der Erde versteckt. Hier hast du es wieder. 26 Sein Herr antwortete ihm: Du bist ein schlechter und fauler Diener! Du hast doch gewusst, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und sammle, wo ich nicht ausgestreut habe. 27 Hättest du mein Geld wenigstens auf die Bank gebracht, dann hätte ich es bei meiner Rückkehr mit Zinsen zurückerhalten. 28 Darum nehmt ihm das Talent weg und gebt es dem, der die zehn Talente hat! 29 Denn wer hat, dem wird gegeben, und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat. 30 Werft den nichtsnutzigen Diener hinaus in die äußerste Finsternis! Dort wird er heulen und mit den Zähnen knirschen.
Wenn das Leben der Himmel ist
Es geht aufs Ende zu, da fragt man sich schon mal, was denn wohl noch kommen wird. Keine Sorge, ich bin nicht lebensmüde. Es ist nur so, dass heute der letzte reguläre Sonntag des Kirchenjahres ist, am kommenden Sonntag feiern wir das Christkönigfest und dann geht es mit der Adventzeit mit großen Schritten auf Weihnachten zu.
In diesem dem Ende sich zuneigenden Kirchenjahr schenkt Jesus uns nun heute einen Blick in den Himmel. Und das ohne Kaffeesatz oder Glaskugel. Wenn Jesus vom Himmel spricht, dann ist er – nicht nur in dieser Erzählung heute – eigenartiger Weise immer ausgesprochen erdverwachsen und bodenständig. Er ergeht sich nicht in Schwärmereien und er verliert sich nicht in rosaroten Träumen. Sein Lebensmotto ist nicht: „Alles wird gut“. aber auch nicht: „Reißt euch den Allerwertesten auf, sonst gibt das nichts mit dem Himmel“. Jesus öffnet uns den Himmelblick mit dem schlichten Hinweis darauf, das Wert zu schätzen, was in uns grundgelegt ist. Er erinnert die Menschen an die wunderbaren Gaben, die ihnen geschenkt sind, die einfach da sind, die nicht durch Leistung irgendwelcher Art errungen werden müssen. Was ist uns Menschen nicht alles in die Wiege gelegt, wie viele wunderbaren Lebensgaben sind so einfach in uns drin, die wir nur aufzunehmen brauchen. Reichtümer, die wir nicht horten können, die wir auch nicht der Bank als Lebenssicherung anvertrauen können. Reichtümer, die sich allein dadurch vermehren, dass wir sie einfach zur Anwendung bringen. Sie sind uns allen je eigen geschenkt, sie liegen einfach da, wir müssen sie nur in die Hand nehmen bzw. in den Mund: eine Geste des Vertrauens oder ein Wort der Verständigung.
Alles, was uns den Himmel öffnen kann, ist von Anfang an in uns grundgelegt. Es ist uns in die Wiege und in den Schoß gelegt, wir brauchen nichts zu erfinden oder zu machen; alles, was wir zum Leben brauchen, ist schon da. Und wenn es irgendwo vergraben ist oder verloren gegangen sein sollte, wir müssen uns nicht grämen oder fürchten, denn wenn wir nur wollen, wir können es wiederfinden und neu einbringen: Das Vertrauen in eine Partnerschaft oder Freundschaft, die die oder den anderen so sein lassen kann, wie sie oder er ist; die Kraft der Phantasie, die das Leben zu gestalten vermag auch ohne Ruhm und Geld; die Freiheit des Denkens, die Raum lässt auch für Widersprüchliches und Widerspenstiges; der Reichtum der Emotionen, der Lachen und Weinen zulassen kann ohne dass das Lachen den anderen ausgrenzt oder das Weinen die andere zermürbt; die Gabe der Gelassenheit, die den Konfrontationen des Lebens standzuhalten vermag. All das ist uns geschenkt, all das hat uns der Schöpfer des Lebens anvertraut. In jeder und jedem ist es da. An uns ist es, es zur Entfaltung zu bringen.
Und dann, irgendwann, wenn sich uns der Himmel öffnet, dann dürfen wir uns zeigen, so wie wir sind, mit dem, was wir haben und uns werden neue Aufgaben zugesprochen. „Ich will dir eine große Aufgabe übertragen“, sagt der Herr, der uns all das gegeben hat. Hier in unserer Gesellschaft denken wir darüber nach, die Lebens-Arbeitszeit zu verlängern, weil es wirtschaftlich von Nutzen ist. Im Himmel scheint das anders zu sein, da ist der Maßstab für ein gereiftes Leben einzig die Wertschätzung eingebrachter Talente. Diesen Himmel-Aspekt finde ich deshalb so kostbar, weil er uns zeigt, dass unsere Talente nicht verloren gehen, nicht verblassen und weder in der Zeit noch in der Ewigkeit an Strahlkraft verlieren. Wer die Talente seines persönlichen Lebens entdeckt und in die Waagschale des öffentlichen Lebens hineinlegt, der darf erkennen, dass ihm immer neue, reizvolle, das Leben erneuernde Aufgaben zukommen werden. Wer seine Talente dagegen versteckt, der versteckt sein Leben. Das Leben aber wird finden, wer offenlegt, was ihm gegeben ist. Und dieses Leben wird der Himmel sein.
Christoph Simonsen
Predigt im Ökumenischen Hochschulgottesdienst am 9.November 2014 in der ESG (von Theo Pannen, Pastoralreferent in der KHG)
Predigttext Jes 29, 17-24
17 Nur noch kurze Zeit, dann verwandelt sich der Libanon in einen Garten / und der Garten wird zu einem Wald. 18 An jenem Tag hören alle, die taub sind, sogar Worte, die nur geschrieben sind, und die Augen der Blinden sehen selbst im Dunkeln und Finstern. 19 Die Erniedrigten freuen sich wieder über den Herrn und die Armen jubeln über den Heiligen Israels. 20 Denn der Unterdrücker ist nicht mehr da, der Schurke ist erledigt, ausgerottet sind alle, die Böses tun wollen, 21 die andere als Verbrecher verleumden, die dem Richter, der am Tor sitzt, Fallen stellen und den Unschuldigen um sein Recht bringen mit haltlosen Gründen. 22 Darum – so spricht der Herr zum Haus Jakob, der Herr, der Abraham losgekauft hat: Nun braucht sich Jakob nicht mehr zu schämen, sein Gesicht muss nicht mehr erbleichen. 23 Wenn das Volk sieht, was meine Hände in seiner Mitte vollbringen, wird es meinen Namen heilig halten. Es wird den Heiligen Jakobs als heilig verehren und erschrecken vor Israels Gott. 24 Dann kommen die Verwirrten zur Einsicht und wer aufsässig war, lässt sich belehren
„Nur noch kurze Zeit..“, dann verwandeln sich Schwerter zu Pflugscharen, dann verwandelt sich die Grenze in Reisefreiheit, die Grenzlinie in ein Symbol, die Grenz-Logik in Un-begrenztheit. – Wer hätte vor 25Jahren 26 .. an eine solche Utopie geglaubt? Nur kurze Zeit später wurde sie Realität.
„Nur noch kurze Zeit ..“, dann verwandelt sich Dein Libanon, Dein karges Feld, dann verwandelt sich Dein Acker, Dein Arbeitsfeld, Deine Baustelle … in ein Erntefeld, in eine Ergebnissicherung, in eine Veröffentlichung, in einen ansehnlichen Ausdruck, ein gebundenes Exemplar. –
„Nur noch kurze Zeit ..“, dann verwandelt sich der Libanon, .. und Syrien, .. die irakisch-kurdische Grenze, die israelisch-palästinensische Grenze, die Konfliktlinien hier und dort und da…
Gibt es diese Hoffnung, diese Perspektive?Dass sich all diese Mauern und Trennlinien verflüssigen? Wem diese Hoffnungen heute abend doch zu unrealisitisch erscheinen, der lese noch einmal Vers 18
…
„Denn der Unterdrücker ist nicht mehr da, es ist aus mit dem Tyrannen, mit dem Gewalttätigen…“ Welch eine Botschaft 77 Jahre nach dieser Nacht, in der die Anhänger, Mitläufer, Vorausplaner, Übereifrigen, Verblendeten… sich nicht mehr halten konnten und in perfekter Gehorsamslust und Grausamkeit Gebäude und Menschen .. jagen, anzünden, ergreifen, zerstören, töten, verschleppen. So dass es uns noch 76 Jahre später, mehr als zwei Generationen später beschämt und nicht in Ruhe lässt.
„Und der Schwätzer ist am Ende..“ heißt es. „Der Spötter..“ .. noch prägnanter. Der nur darauf aus ist, Unheil anzuzetteln, mit Worten, mit Trends und Gerüchten, mit Provokationen. Mit Spott und Hinterlist. Damals bei Jesaja, wie 1938, wie heute … genau hier ist der Friede gefährdet: wo Gerechtigkeit nicht mehr zählt, sd. Häme, Spott, Bloßstellung, Freude an des anderen Begrenztheit, seines Scheitern, Niederlage.
Gerechtigkeit , der „Richter im Tor“, seine Erfahrung, Weisheit, seine Anerkennung über Generationen .., er wurde betrogen, hintergangen.
…
„Jakob braucht sich nicht mehr schämen..“ Der Prophet wechselt von der Negativfolie in die positive Zeichnung. Nicht ein einzelnes Thema oder Argument will er ausarbeiten, sd eine Richtung zeigen, eine Perspektive.
Und er will, dass das Volk sieht. Genauer sieht. Neu sieht.
Und genau darüber haben wir in der Vorbereitung für heute Abend gesprochen: über die neue Sicht auf Frieden. Bei aller Erinnerung an Vergangenes, an Erfreuliches vor 25 Jahren, an Mauerfall und Grenzüberwindung, oder an Scheitern und Verbrechen und Ausgrenzung bis in den Tod, vor 76 Jahren… wichtig ist doch die Frage: was wird weiter? Was ist jetzt nötig? Und was ist neu möglich? für den Frieden.
Was kündigt sich an, was zeigt sich am Horizont? Welcher Friede wird dort sichtbar, welcher Streif am Horizont ermutigt, bestärkt, ja beflügelt.
Genau deshalb haben wir uns getroffen, hier heute abend. Vor Beginn der neuen Woche kommen wir zusammen, um uns zu vergewissern, zu fragen: wo geht es hin, wie können wir leben? Und wir haben in den Seligpreisungen viel Weises und Weisendes gehört .. genauso könnten wir leben, mit genau diesen Maximen.
Step by step. Lernend. So wie es dem Propheten ums Lernen geht, ums Erkennen und Neuausrichten und Anfangen. Von Friedensschritten, Friedensbeiträgen. – Der kleine Friede, den wir eben im Zugabteil, auf der Fahrt nach hier erlebten. Oder heute morgen, beim Weg zum Bäcker…
Der kleine Friede, den gestern jemand postete.
Friedenssorge, die uns auch morgen mittag wieder zusammenbringen kann. Ein kleine Pause lang. Von 12.15h bis 12.30, in der Friedenswache im Raum der Stille in der KHG. Herzliche Einladung zu dieser Wochenaktion, bis Weihnachten wollen wir sie halten und wach sein und wach werden .. Wache und Aufmerksamkeit wollen wir versuchen, und auf die vielen Friedenssuchen, und –hoffnungen und –versuche achtgeben. (morgen kommt ein Freund aus der muslimischen Welt, ein Sufi, der uns von seiner Friedenshoffnung erzählt)
..
Am 9.11.2014 den Frieden am Horizont suchen. Und erkennen. Und beschreiben. Nicht akademisch oder vollständig, sd. erzählend, buchstabierend.
Kleine Friedensbeobachtungen oder Friedensträume.
Johannes hatte auch so einen Traum. Und er hat ihn angepackt. Ist nach dem Bachelor erst mal ausgezogen aus der WG in Aachen. Und ist nach Bolivien, um dort in einer pädagogischen Einrichtung zu arbeiten, mit 20 Jugendlichen.
Ende September war der Flug. Und natürlich gings los mit dem Sprachkurs.
— Am Anfang des Friedensprojekt steht das Erlernen einer neuen Sprache … ich glaube, das sollte ich mir merken … —
Dieser Tage kommt also sein erster Brief von ihm. Was mir auffiel war – eine Kleinigkeit: .. – der Name der Stadt. In der er ankam.
Deshalb: nehmt bitte mit und merkt euch, wo Johannes gelandet ist, für sein Friedensprojekt, wo er derzeit ist mit seinen Gedanken, mit seiner Energie .., und vielleicht auch mit unseren Gedanken… er ist in La Paz.
Friedenshorizont. Frieden, der von Gott kommt, nicht allein aus uns. La Paz.
„Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, der halte unsern Verstand wach und unsere Hoffnung groß, und stärke unsere Liebe“. Amen
Theo Pannen
Allerseelen 2014
Evangelium: Joh 6,37-40
In jenen Tagen sprach Jesus zu seinen Jüngerinnen und Jüngern: Alles, was der Vater mir gibt, wird zu mir kommen, und wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen; denn ich bin nicht vom Himmel herabgekommen, um meinen Willen zu tun, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat. Es ist aber der Wille dessen, der mich gesandt hat, dass ich keinen von denen, die er mir gegeben hat, zugrunde gehen lasse, sondern dass ich sie auferwecke am Letzten Tag. Denn es ist der Wille meines Vaters, dass alle, die den Sohn sehen und an ihn glauben, das ewige Leben haben und dass ich sie auferwecke am Letzten Tag.
Erlaubt mir, dass, dass ich mit einem Gedicht von Annette von Droste-Hülshoff meine Gedanken zum Allerseelentag beginne:
Letzte Worte
Geliebte, wenn mein Geist geschieden,
So weint mir keine Träne nach;
Denn, wo ich weile, dort ist Frieden,
Dort leuchtet mir ein ew’ger Tag!
Wo aller Erdengram verschwunden,
Soll euer Bild mir nicht vergehn,
Und Linderung für eure Wunden,
Für euern Schmerz will ich erflehn.
Weht nächtlich seine Seraphsflügel
Der Friede übers Weltenreich,
So denkt nicht mehr an meinen Hügel,
Denn von den Sternen grüß‘ ich euch!
Mitten wir im Leben stehen, sind vom Tod umfangen
Vielleicht erinnert ihr euch auch noch an eure Schulzeiten, wo es im Deutschunterricht galt, Gedichte zu interpretieren. Meine Erinnerungen an diese Zeit sind eher verkrampft als entspannt. Ich war immer der Meinung, dass man Gedichte nicht zerpflücken darf, sie nicht verkopfen oder rationalisieren sollte. Gedichte sind Kunstwerke, sie möchten Emotionen wecken und sie versuchen, zum Ausdruck zu bringen, was Gedachtes kaum vermag. Gedichte entspringen nicht in erster Linie einer Weisheit des Verstandes, sondern eher einer Weisheit, die der Lebenserfahrung erwachsen ist.
Dieses Gedicht von Annette von Droste-Hülshoff, die ja bekannter weise 1797 im Münsterland geboren wurde, spricht kaum noch unsere Sprache. Und doch, wer sich nicht dieses Wortklanges des 19. Jahrhunderts verschließt, der vermag zu spüren, wie warm, wie liebevoll, wie wohltuend ein Mensch über den Tod zu reden vermag. Wir heutigen Menschen reden nur noch über den Tod, wenn es sich nicht mehr vermeiden lässt, oder wenn wir ihn herbeisehnen, weil das Leben unerträglich geworden ist. Wir schieben ihn hinaus, weil wir uns vor ihm fürchten, oder wir nehmen uns das Recht, eigenmächtig über ihn zu bestimmen, wenn wir ihn als Schlussakkord selbst dirigieren möchten. Die Gespräche über den Tod finden in abgeschlossenen Räumen statt, versteckt und geschützt oder aber entgegengesetzt in Massenzirkeln, wenn man sich streitet über Gerätemedizin oder das Recht auf Suizid. Vielleicht haben wir wirklich verlernt, angemessen und selbstverständlich über den Tod zu reden, ihn ins Leben mit hineinzunehmen. Dabei geht es nicht darum, den Tod zu verherrlichen; wer den Tod verherrlicht, der verabscheut im Letzten das Leben. Gleich in welcher Religion: wer den Tod absolut setzt, wer sich dem Dualismus hingibt, das Leben sei etwas Vorläufiges und im Tod finde sich das Bleibende, der verliert die Würde und die Achtung vor dem Leben und Leben wird beliebig und verfügbar. Die Grausamkeit, mit der z.B. die Terroristen des ISIS das Leben mit Füßen treten und zugleich verweisen auf die Herrlichkeit, die ihnen dann im Tod zuteilwerde, ist widerwärtig und pervers. Ein Glaube, der den Tod verherrlicht und dazu verleitet, das Leben anderer misslich zu werten, ja es als Trophäe für das eigene Glück im Tod anzusehen, ist eine Perversion, aber kein Glaube.
Im Gedicht von Annette von Droste-Hülshoff ist der Tod eingebettet ins Leben. Leben und Tod stehen in einer Verbindung. Zwei Liebende tauschen sich aus, reden vertraut über die Zeit, wenn einer gestorben ist. Sie holen beide die Wirklichkeit des Todes mitten hinein in ihr Leben und es scheint, sie tun es sehr vertraut, sehr freizügig. Ihr Gespräch verbindet sie noch mehr, macht ihr miteinander noch lebendiger. Die Einsicht, sterben zu müssen, sie führt zweifelsohne in eine tiefe Traurigkeit, denn Tod bedeutet immer auch Verlust. Aber so sehr die Gewissheit des Todes traurig macht, so gewiss ist auch, dass der Tod letztendlich nicht in eine erschreckende Einsamkeit führt, sondern eine neue geistige Verbundenheit schafft. Die Liebe sei stärker als der Tod, sagt Paulus im Korintherbrief. Auch wenn der Tod eine neue Wirklichkeit schafft, so vermag er nicht, eine Herzensverbundenheit zu zerstören. Das Fühlen einander, das Sorgen füreinander, all das hört im Tod nicht auf.
Die Wirklichkeit des Todes ist der Garant für die wunderbare Einmaligkeit des Lebens. Was in Ewigkeit unverändert weitergeht, was keiner Vollendung entgegensieht, das versickert irgendwann in die Bedeutungslosigkeit. Was aber einer Vollendung entgegen strebt, das gewinnt Lebenskraft und Kreativität. Denn jeder Tag, jeder Augenblick birgt in sich die Chance, an sich selbst arbeiten zu können, heiler zu werden. Und Vollendung ist etwas anderes als ein bloßes Ende. „So denkt nicht mehr an meinen Hügel, denn von den Sternen grüß‘ ich euch!“, so heißt es im Gedicht. Der Tod führt nicht in eine universale Verlorenheit, das Wortspiel des Sterns vermittelt Licht und Sicherheit. Für den, der glaubt, ist es das Licht Gottes und die Gewissheit seiner Liebe.
Wenn wir in diesen Tagen unserer Toten gedenken, dann gewiss mit einem Gefühl der Dankbarkeit. In dieser Dankbarkeit offenbart sich eine geheimnisvolle Verbundenheit, die uns lehren darf, dem Tod nicht mit Angst zu begegnen. Denn der Tod gehört ins Leben. Er ist der Schlussstein des Lebens, der sich mit dem Eckstein verbindet, unseren Lebensbruder Jesus Christus. Und er sagt, dass es der Wille Gottes ist, dass alle das Leben haben in Fülle bei ihm.
Christoph Simonsen
30.Sonntag im Jahreskreis A – 2014
Evangelium: Matthäus 22,34-40
Als die Pharisäer hörten, dass Jesus die Sadduzäer zum Schweigen gebracht hatte, kamen sie (bei ihm) zusammen. Einer von ihnen, ein Gesetzeslehrer, wollte ihn auf die Probe stellen und fragte ihn: Meister, welches Gebot im Gesetz ist das wichtigste? Er antwortete ihm: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken. Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz samt den Propheten.
Werde, was Du bist
Könnt ihr euch noch an das erste Mal erinnern, an dem ihr von Gott gehört habt? Wann ist euch das erste Mal das Wort „Gott“ bewusst in den Sinn gekommen? Mit welchen Attributen haben Eure Eltern und Familien, Eure Freunde und Lehrer Gott umschrieben?
Ich vermute, Euch ist der ‚liebe‘ und beschützende Gott in Kindertagen zu allererst nahe gebracht worden, der euch behütet und dem wir Menschen mit Dank und Ehrfurcht antworten sollten. Dass daraus Verpflichtungen entstehen, versteht sich von selbst. So denken wir Menschen: Wenn uns jemand gut ist, dann haben wir dementsprechend auch eine Gegenleistung zu erbringen.
Die Sonntagspflicht ist zum Beispiel solch eine Gegenleistung. Der Besuch des Gottesdienstes am Sonntag war für mich als Kind und Jugendlicher obligatorisch. Später, nachdem mir in der Schule die 10 Gebote nahegebracht wurden, da war es natürlich eine Pflicht, diese so gut als möglich einzuhalten. Und wenn dies einmal nicht gelang, so war es unabdingbar, zur Beichte zu gehen und um Vergebung zu bitten. Gott liebt uns, und in dieser Liebe verpflichtet er uns zur Gegenliebe. Und so wird Liebe zur Pflicht, die man einfordern kann und die gleich einer Ware einen Wert hat, den es zu zahlen gilt. Das alte lateinische Sprichwort: „do des“, „Ich gebe, damit du gibst“, kennzeichnet so treffend überspitzt das Verhältnis Gott-Mensch. Gott gibt, und wir Menschen antworten mit Gehorsam und Demut. Und dieses – ungesunde – Liebesverhältnis übertragen wir Menschen dann auch auf zwischenmenschliche Beziehungen. Die Gefahr ist groß: Statt Gott mit „ganzem Herzen, ganzer Seele, ganzem Verstand“ zu lieben, lieben wir mit verkrampften Herzen, einer Krämerseele und berechnendem Verstand.
Mir kommt ein Wort des Alten Bundes in den Sinn, wo es heißt: „Ihr Vögel des Himmels, ihr Fische des Meeres, Schnee, Regen und Hagel, preiset den Herrn!“
Können uns Schneekristalle lehren, zu lieben? Und können uns Vögel des Himmels Vorbild sein, die rechte Form zu lieben zu entdecken? Sie können es wirklich. Jeder Wassertropfen ist ein wunderbares einmaliges Gebilde; das Kleinste selbst ist wertvoll, allein, weil es ist und nicht, weil es irgendetwas kann. Und die Schwalben lehren uns die Sehnsucht, wirklich frei sein zu wollen, sich nicht zu begnügen nur immer zwischen den engen Häuserzeilen einer Stadt umherzufliegen, sondern über das große Meer gen Süden fliegen zu können, dorthin, wo Leben weit und warm ist.
Gewiss: Wassertropfen und Schwalbe wissen nicht, was es heißt, Gott zu lieben. Aber sie tun es, indem sie dem treu sind, der sie geschaffen hat und indem sie in Überwindung aller Widerstände leben und das sind, wozu sie berufen sind.
Das ist wohl das Wichtigste im Leben: Das eigene Wesentliche in sich zu finden; das zu finden, was einem zu der und zu dem werden lässt, was man im ersten Gedanken Gottes ist. Und dem immer näher zu kommen, darauf kommt es an. Indem wir begreifen, wer wir selbst sind und den Mut gewinnen, das Leben zu leben, was als Keim in unserer Seele grundgelegt ist. Das ist der größte Liebesbeweis, den wir Gott geben können. In uns leben Melodien, die zum Klingen gebracht werden möchten; Worte, die sich zu einem Gedicht formieren möchten und Bilder, in denen sich unsere Seelen offenbaren. Dazu sind alle Geschöpfe gemacht und keine Aufgabe ist wesentlicher als herauszufinden, welch unerschöpflicher Reichtum in uns steckt. Dann wird unser Herz ganz, unsere Seele weit und unser Denken stark. Dann können wir mit allen unseren Kräften Gott singen und preisen.
Und erst dann erschließt sich auch eine Verknüpfung der drei wichtigsten Gebote, nämlich der Gottes-, der Nächsten- und der Selbstliebe. Nur in der Verknüpfung aller dreier Gebote entfaltet sich das Geheimnis des Lebens. Jede Loslösung dieser drei Liebesbeziehungen voneinander zerreißt das Leben. „Gott ist Liebe“, so heißt es im 1. Johannesbrief. Nur wer Liebe ist, kann auch Liebe schenken. Lieb sein, das kann man sich erwerben, dazu kann mich sich auch mal zusammenreißen. Liebe sein ist aber eben mehr als nur lieb sein. Liebe sein ist mehr als mal nett und freundlich sein. Liebe sein, das ermöglicht es, zusammenzuführen, was wie ein Gegensatz erscheint: Sich zum einen verdankt zu wissen, und zum anderen frei zu sein.
Wie immer uns Menschen Gott nahegebracht wurde, als der liebe Gott, als der gerechte Gott, als der fordernde Gott, wie auch immer, wir dürfen nie aufhören, das Neue Gottes, das Unerkannte Gottes zu ergründen. Dem Geheimnis Gottes werden wir allerdings nicht durch Leistung oder Berechnung näher kommen, sondern nur, indem wir immer mehr das werden, was wir sind: Liebeswesen.
Christoph Simonsen
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Sonntag im Jahreskreis A – 2014
Evangelium: Matthäus, 22,15-22
Damals kamen die Pharisäer zusammen und beschlossen, Jesus mit einer Frage eine Falle zu stellen. Sie veranlassten ihre Jünger, zusammen mit den Anhängern des Herodes zu ihm zu gehen und zu sagen: Meister, wir wissen, dass du immer die Wahrheit sagst und wirklich den Weg Gottes lehrst, ohne auf jemand Rücksicht zu nehmen; denn du siehst nicht auf die Person. Sag uns also: Ist es nach deiner Meinung erlaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen, oder nicht? Jesus aber erkannte ihre böse Absicht und sagte: Ihr Heuchler, warum stellt ihr mir eine Falle? Zeigt mir die Münze, mit der ihr eure Steuern bezahlt! Da hielten sie ihm einen Denar hin. Er fragte sie: Wessen Bild und Aufschrift ist das? Sie antworteten: Des Kaisers. Darauf sagte er zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört! Als sie das hörten, waren sie sehr überrascht, wandten sich um und gingen weg.
„Als sie das hörten, wandten sie sich um und gingen weg“
Ob man das jetzt schon eine Palastrevolution nennen kann, oder ob es sich doch nur um eine geschickte Werbekampagne handelt, was da in diesen Tagen in Rom geschieht, das vermag ich nicht zu sagen. Die Medien von FAZ bis zur Süddeutschen, waren berauscht von den neuen Tönen im Umgang mit wiederverheiratet Geschiedenen und Homosexuellen. Eine neue Ära wäre angebrochen, Kirche ginge endlich auf die Menschen zu, die sie zuvor ausgeschlossen hätte, schrieben sie Mitte dieser Woche. Mir fällt da der gute alte Goethe ein: „Die Worte hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“, bzw. etwas abgeändert würde ich sagen: …’allein mir fehlen die Taten‘. Revolutionen gehen in der Regel von den Unterdrückten aus und nicht von den Herrschenden. Und in diesem Fall wäre der Revolutionär der eigene Chef des Ladens, nämlich Papst Franziskus. Und ich glaube ihm persönlich wirklich, dass er mit tiefster Überzeugung eine Erneuerung herbeiführen möchte. Aber ob ihm das wirklich gelingen wird? Der Papst ruft zur Revolution auf gegen ein erbarmungsloses und verhärtetes System, aber die Gralshüter versuchen, teils durchaus mit unlauteren Mitteln, zu klammern, was zu halten ist. Seit heute wissen wir, dass der Papst nicht die Mehrheit seiner Berater, seiner Kardinäle und Bischöfe hinter sich hat. Alle Gesten eines Entgegenkommens den Schwulen und Lesben gegenüber, aber auch gegenüber Wiederverheiratet Geschiedenen wurden aus dem Schlussdokument gestrichen. Sie scheiterten an der zweidrittel Mehrheit der Synode. Die Hardliner haben es wieder einmal geschafft, jegliche Erneuerung zu torpedieren.
„Jesus war gefährlich, weil er die Lehre in Gefahr brachte“, so predigte Franziskus noch am vergangenen Montag im Gottesdienst. Weiter sagte er in seiner Predigt am vergangenen Montag im Blick auf die Pharisäer: „Sie (die Pharisäer) hatten nicht verstanden, dass Gott der Gott der Überraschungen ist, dass Gott immer neu ist! Nie verleugnet er sich selbst, doch immer überrascht er uns. Das verstanden sie nicht, …. Sie hatten vergessen, dass sie ein Volk auf dem Weg waren. Auf dem Weg! Wenn man auf dem Weg ist, findet man immer neue Dinge, Dinge die man vorher nicht kannte.“
Nun gab es scheinbar zur Zeit Jesu wie auch heute Menschen, die gar nichts mehr finden wollen, weil sie nämlich der Überzeugung waren, schon alles gefunden zu haben, was es nur noch zu bewahren und festzuhalten gelte. Dass Gott immer neu ist, dass er der Gott der Überraschungen ist, dass Gott sich in der letzten großen Offenbarung in seinem Sohn Jesus menschlich zeigt dem Menschen in seiner Menschlichkeit ganz nahe, fern aller Erhabenheit und vor allem fern allen Machtstrebens, dass irritiert, das verunsichert, das macht vor allem Angst. Die Pharisäer damals müssen sich vor Angst in die Hosen gemacht haben. Ihr ganzer Status, ihr Ansehen, ihr wie auch immer erworbenes Machtstreben ist von diesem Mann in Frage gestellt worden. Was aber viel tragischer war: Das Bild von Gott, dass sie den Menschen vermittelten, und mit dem sie Macht ausübten auf diese, das Bild von Gott, das nicht zur Ehrfurcht einladen, sondern Furcht erzeugen sollte, dieses Bild verschwamm und mit dem Bild eben auch ihr ganzes Machtkalkül.
Und was tun Hunde, die Angst haben, sie beißen. Und so also auch die Pharisäer: Sie schleimen sich bei Jesus ein, indem sie ihn „Lehrer“ und „Meister“ nennen, umgarnen ihn, um ihn dann um so besser treffen zu können. Mit einer Fangfrage versuchen sie, Jesus schachmatt zu setzen: „Wem muss man mehr gehorchen, Gott oder dem Kaiser?“ Egal, wie Jesus antwortet, davon sind die Schlaumeier überzeugt, er wird sich gegen einen von beiden, Gott oder den Kaiser, stellen, und damit hätten sie eine Angriffsfläche, ihn auszuschalten. Und wenn er erst am Boden läge, dann könnten sie wieder frei verfügen über die Herzen und Seelen der Menschen.
Ja, Jesus bringt die Lehre in Gefahr, die sich berechtigt fühlt, über Gott zu verfügen und die Lehre, die festsetzt, dass Menschen über Menschen verfügen dürfen. Diese Lehre setzt Jesus außer Kraft. Jesus schert sich einen Teufel um die weltliche Gesetzgebung. Ein Kaiser mag Steuern und Zölle erheben. Aber kein Kaiser, welcher Couleur auch immer, darf sich das Recht herausnehmen, sich den Menschen zu seinem Eigentum machen zu wollen. Einzig Gottes Bild ist eingeprägt in das Herz des Menschen und also einzig Gott allein gehört der Mensch.
Wenn ich wirklich glaube, dass Gottes Bild eingeprägt ist in das Herz eines Menschen, dann ist es herzlos und gottlos, einen Menschen auszugrenzen und auszuschließen aufgrund einer Lehre, die sich vermeintlich auf Gott beruft, aber eigentlich nur am Vergangenen klebt und nichts anderes im Sinn hat, als einer unreflektierten Tradition nachzutrauern. Und dann ist es auch herzlos und gottlos, einem Menschen, der gewissenhaft und in Liebe und Wertschätzung sich einem anderen Menschen verspricht und schenkt, das zu verwehren und zu verweigern, woraus er so ehrlich es geht leben möchte, nur weil er einen Mensch des gleichen Geschlechts liebt oder einen Menschen, der einmal in einer Beziehung gescheitert ist. Und es ist herzlos und gottlos, einem Menschen die Nähe Gottes in den Sakramenten zu verweigern, der sich gewissenhaft geprüft hat und zu seinem Leben steht, auch wenn dieses Leben nicht vollkommen und perfekt ist. Eben darüber streiten die Hüter des Glaubens in diesen Tagen in Rom. Und konkret diesen Hütern des Glaubens, die nicht minder in der Gefahr stehen, beherrschen zu wollen wie die Pharisäer damals, diesen Glaubenswächtern erzählt Papst Franziskus am vergangenen Montag etwas von der Gefahr einer Lehre, die sich dem Prozess und dem Wandel verschließt. Und im Gegenzug wettern die Traditionalisten, die Offenheit gegenüber Schwulen und Wiederverheirateten würde die Glaubenslehre verwässern.
Da ist doch die Frage: Was gilt es eigentlich zu verkünden? Eine Lehre von gestern oder einen befreienden Gott heute? Wird Franziskus auch scheitern, so wie Jesus nach weltlichen Maßstäben betrachtet, gescheitert ist? Papst Franziskus hatte zu einem offenen Dialog aufgefordert, frei von ideologischen Scheuklappen und vor allem frei von angstbesetzen Traditionsdenken. „Ein Volk auf dem Weg vermag wunderbare neue Dinge zu finden“, so sagte er am vergangenen Montag. Wird er die Kraft haben, diesen starren Koloss „Kirche“ neu in Bewegung zu bringen? Ein paar wohlmeinende Worte werden dazu nicht genügen. Die veröffentlichten Bekundungen der Wertschätzung von Homosexuellen ebenso wie von wiederverheiratet Geschiedenen bedürfen echter konkreter Konsequenzen, sonst bleiben diese Worte ebenso verlogen wie die Ehrerweisungen der Pharisäer Jesus gegenüber, den sie mit „Meister“ ansprechen. Den Weg des Glaubens heute gehen, muss heißen, sich immer neu zu fragen, ob unser Reden und Handeln sich messen lässt mit der unabdingbaren Botschaft Jesu, in jedem Menschen, der sich selbst, seiner Umwelt und seinem Gott gegenüber ehrlich und gewissenhaft ist, das Herz Gottes schlagen zu hören. Und wo das Herz Gottes schlägt, da bedarf es keiner Gesetzgebung mehr, keiner Verbote und Zurechtweisungen und schon gar nicht eines besserwissenden Zeigefingers.
Unsere Kirche, davon bin ich überzeugt, befindet sich an einem Scheideweg, wo sich erweisen muss, ob sie mit Gott den Menschen zu dienen und sie zu begleiten bereit ist oder ob sie nur für sich sprechen will und damit Gott und die Menschen zu verlieren droht. Heute Vormittag wurde auf dem Petersplatz in Rom der verstorbene Papst Paul VI selig gesprochen. Er hat vor 50 Jahren das 2. Vatikanische Konzil für eine Öffnung der Kirche genutzt. Gleichzeitig ist er verantwortlich für die sogenannte Pillenenzyklika Humanae Vitae, die jegliche Möglichkeit einer künstlichen Verhütung verbot. Gegen seinen eigenen Willen hörte er damals auf seine Berater, die ihn zu dieser Entscheidung drängten. Es liegt nun an Papst Franziskus, ob er seinen Beratern folgt, in der Frage des Zusammenlebens der Menschen den Traditionalisten zu folgen oder anders zu entscheiden. Es bleibt, abzuwarten. Aber ob die Synode in Rom eine Erneuerung darstellt oder nur zu einem Papiertiger verkümmert liegt auch an uns. Revolutionen, Erneuerungen haben zumeist ihren Anfang im Volk, bei den Menschen. Es scheint jetzt die Zeit, aufzustehen.
Semestereröffnungsgottesdienst am 12.Okt. 2014
Evangelium: Johannes 1,35-39
Am Tag darauf standen bei Johannes zwei seiner Jünger. Als Jesus vorüberging, richtete Johannes seinen Blick auf ihn und sagte: Seht, das Lamm Gottes! Die beiden Jünger hörten, was er sagte, und folgten Jesus. Jesus aber wandte sich um, und als er sah, dass sie ihm folgten, fragte er sie: Was wollt ihr? Sie sagten zu ihm: Rabbi – das heißt übersetzt: Meister -, wo wohnst du? Er antwortete: Kommt und seht! Da gingen sie mit und sahen, wo er wohnte, und blieben jenen Tag bei ihm; es war um die zehnte Stunde.
Ansprache
In den letzten Wochen haben immer wieder junge Menschen unsere Gastfreundschaft angenommen und haben ein „Nachtlager“ in der KHG gefunden, während sie tagsüber auf die Suche nach einer Wohnung hier in Aachen gegangen sind. Es war uns wirklich eine Freude, eine provisorische Bleibe anbieten zu können. Zum dritten Mal haben wir den Vorraum zum Raum der Stille als Schlafraum zur Verfügung gestellt und Wohnungssuchende konnten unkompliziert auf die Suche gehen. Ich möchte noch mal allen Dank sagen, die mitgetan haben, dass wir als KHG diese Gastfreundschaft anbieten konnten.
Wir alle wissen, wie mühsam es ist, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Da ist es eine kleine Hilfe, wenigstens um ein bescheidenes Nachtlager zu wissen, um dann tagsüber ausgeschlafen und entspannt auf die Suche nach einem Zimmer gehen zu können.
So einfach, wie die Schlafmöglichkeit auch gewesen sein mag: zu wissen, sich abends irgendwo geschützt hinlegen und angstfrei die Augen schließen zu können, das hat hoffentlich den Vielen, die unsere Einladung angenommen haben, gut getan. Und ich würde mich sehr freuen, wenn unsere zeitweiligen Gäste ein angemessenes Zimmer oder eine freundliche Wohngemeinschaft gefunden hätten.
Sich sicher sein zu dürfen, ein Dach über dem Kopf zu haben, das einem Schutz und Wärme schenkt, ist wirklich Goldwert. In unseren Tagen, in denen so viele Menschen auf der Flucht sind, in denen Menschen schutzlos Terror und willkürlicher Gewalt ausgesetzt sind, da wird mir dieses Geschenk eines Schutzraumes noch einmal in besonderer Weise bewusst. Was für mich selbstverständlich ist und wohl auch für uns alle, das ist anderen ein Gottesgeschenk: Ein Ort, wo ich selbstverständlich und gewollt, vielleicht sogar geliebt, sein darf, an dem ich Ruhe finden kann und an dem ich mich frei entfalten darf. Ein Ort des Lebens und des Liebens, ein Ort, an dem ich Leben finden und Leben teilen darf. Ich wünsche uns allen solch einen Ort und ich wünschte, wir würden erkennen und dafür eintreten, dass auf dieser Erde für alle ohne Ausnahme solch ein Ort bereit ist.
Vielleicht ist so ein Zeitpunkt wie der Anfang eines Semesters eine angemessene Gelegenheit, sich dessen noch einmal zu vergewissern. Die Studienbedingungen setzen immer mehr ein hohes Maß an Mobilität voraus. Umzuziehen ist für ganz viele von euch das Selbstverständlichste von der Welt: Von einem Studienort zum anderen oder nur für eine kurze Zeit aufgrund eines mehrwöchigen Praktikums oder um für ein Semester ins Ausland zu gehen. Die Lebenswirklichkeit vieler von euch ist davon geprägt, mobil sein zu müssen. Um einer sicheren Zukunft entgegen gehen zu können, dazu bedarf es heute einer Fülle von Erfahrungen und Kenntnissen, die möglichst schnell erreicht werden sollten. Da muss schon mal eine Kultur des Wohnens auf der Strecke bleiben. Und weil der Begriff der „Wohnkultur“ in einem doppelten Sinn missverständlich interpretiert werden könnte, möchte ich gleich zwei Irrtümer ausschließen: Eine Wohnkultur bedarf ganz sicher keiner Designer-Einrichtung in einem Luxusappartement, eine Kultur des Wohnens ist nicht abhängig von Geld; und zum anderen darf eine Kultur des Wohnens nicht einigen wenigen Exponierten vorbehalten sein, denn Wohnkultur ist ein Lebensrecht, ja noch mehr: ein Menschenrecht.
Die vielen von uns abgenötigte Mobilität birgt, so empfinde ich manchmal, die Gefahr in sich, seelisch, geistig zu verwahrlosen. Wer sich immer genötigt sieht, in Bewegung zu sein – körperlich, aber auch seelisch – , der ist sehr bald atemlos.
Vielleicht irritiert das einige von euch, wenn ich das so ungeschützt sage; vielleicht trägt es auch zu Verärgerung bei. Einige mögen denken, ich verkenne die Realität. Mobilität sei nun einmal unverzichtbar, um einer sicheren Zukunft entgegengehen zu können; da bleibt eben keine Zeit, sich schnieke einzurichten. Wenn meine Gedanken so verstanden würden, täte es mir leid.
Es geht mir nicht in darum, Euch Gemütlichkeit einreden zu wollen, um auf einer schicken Couch auf den Flachbildschirm glotzen zu können.
Vielmehr habe ich manchmal den Eindruck, dass mit der selbstverständlichen Mobilität eben auch die Gefahr einhergeht, etwas zu verlieren, was wir ganz notwendig brauchen, um unser Mensch-Sein nicht zu verlieren, nämlich das „Jetzt“ zu spüren. Ein „Hier und Jetzt“ als das Wunder des Lebens wert zu schätzen. Nicht allein das Morgen, das Unerreichte, das Unentdeckte als Wert gelten zu lassen, sondern auch das Heute, das Erreichte, das Vertraute im Blick zu behalten. Wer Welt erforschen möchte, wer dem Fremden entgegen streben möchte, der braucht notwendig die Stabilität des „Hier und Jetzt“. Wir Menschen brauchen Orte, von denen wir ausgehen können und zu denen wir immer zurückkehren dürfen. Wir brauchen vertraute Orte, an denen wir begegnen können. Wir brauchen Orte, an denen wir zweckfrei sein können. Wir brauchen Orte, an denen wir uns spüren können ohne Verpflichtung, ohne Leistungsnachweise vorzeigen zu müssen. Wir brauchen Orte, wo wir uns selbst nahe sein können, ohne uns erklären oder bestätigen zu müssen.
„Kommt und seht“ lädt Jesus seine Freundinnen und Freunde ein, nehmt teil an meinem Leben, nachdem zuvor zwei Männer ihn gefragt haben: „Wo wohnst du?“ In dieser unerwarteten Begegnung zwischen Jesus und den beiden anderen Männern traf ein sehnsüchtiges Interesse der einen auf eine liebevolle Offenherzigkeit des anderen. Den Dreien ging es nicht darum, etwas klären zu wollen oder zu sollen, es ging ihnen auch nicht darum, Ergebnisse von irgendwas zu erzielen; es ging ihnen einzig darum, kennenzulernen, einander nahe zu kommen, Vertrauen aufzubauen. Warum wohl sind die beiden Jünger aufmerksam geworden auf diesen Jesus? Weil von diesem Mann eine Faszination ausging, weil er eine innere Ruhe ausstrahlte, die anziehend wirkte und neugierig machte. Weil sie gespürt haben, dass sie von diesem Menschen etwas lernen können, kein Faktenwissen, keine neue Lehre, sondern Menschlichkeit. Nur Menschlichkeit, gar nicht mehr. Aber das ist so viel.
Weil Jesus weiß, wo er hingehört, deshalb kann er so offenherzig und einladend sein. Und natürlich ist mit diesem Zuhause Jesu kein schönes Wohnzimmer gemeint, wohl aber ein Ort, wo sie alle einfach sein konnten, wo sie satt werden konnten, satt an Leben. Heimatlosigkeit, Fremdheit, Verlorenheit, all das kann überwunden werden, wenn wir Menschen begegnen, die bei sich selbst zuhause sind, die aus einer Mitte leben. Jesus konnte den beiden zur Lebensquelle werden, indem er ihnen Lebenswichtiges geschenkt hat, das sie stark gemacht hat: Die Erfahrung eines gefestigten Selbstvertrauens, das in dem Glauben gründet, geliebt zu sein von Gott, dem Quell aller Liebe. Und die Erfahrung, frei zu sein: frei und unabhängig, für Gott und für eine Menschlichkeit, die keine Lehranstalt zu lehren vermag.
Eben das wünsche ich Euch und uns, das wünsche ich vor allem all jenen, die einen neuen Lebensabschnitt beginnen mit dem Studium hier in Aachen und das wünsche ich Heike, die sich aufmacht in ihre vertraute Heimat Ostwestfalens: Selbstvertrauen, das begründet ist in einem Glauben daran, dass unsere Welt gehalten ist und Freiheit, die es ermöglicht, die Welt entdecken zu dürfen, weil sie uns vertrauensvoll geschenkt ist.
Und unserer Stadt und unserem Land wünsche ich eine ehrfürchtige und aufmerksame Bereitschaft, Gastfreundschaft zu schenken, denn das Boot, um dieses schreckliche Bild zu benutzen, ist nicht voll und unser Haus nicht zu klein, als dass draußen jemand ertrinken oder erfrieren müsste. Just an diesem Wochenende sind 36 syrische Flüchtlinge hier in Aachen mit dem Zug angekommen, viele davon minderjährig. Ihnen wünsche ich, dass sie auf Menschen stoßen, die ihnen nicht zuerst die Formblätter entgegenstrecken, die auszufüllen sind, sondern ihre Hände, die sie dorthin begleiten, wo sie satt und stark werden können an Leib und Seele. Denn nur, wenn wir einander im Blick haben, nur wenn wir einander Zeit schenken, nur wenn wir einander Gastfreundschaft anbieten, nur dann haben wir, dann hat unsere Welt eine Zukunft und nur dann lohnt sich alles lernen und forschen, denn nur dann lernen und forschen wir zum Wohl der Menschen.
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