November – Dezember 2023

Unwirklich kommt er mir vor

der Blick auf die sonnige Winterwelt vor meinem Fenster, die romantischen Weihnachtsmärkte, die heimeligen Adventskränze, der Lichterschmuck in den Fenstern und an den Hausfassaden, der Duft von Gebäck und Punsch, …

Die Wirklichkeit des Krieges ist weit weg, Flucht und Vertreibung ebenso, Hunger und Not – nicht bei uns! Die berichtenden Medien halten die Distanz und Spendenaktionen geben das Gefühl Gutes getan zu haben.

Dabei sind Krieg, Hunger und Not, Flucht und Vertreibung genau die Wirklichkeit in die der, dessen Geburt wir an Weihnachten gedenken, hineingeboren wurde. Sein Leben, seine Gerechtigkeits- und Friedens-Botschaft angesichts von Armut, Gewalt, Krankheit, Not und Flucht sollte Frieden stiftende Wirkung haben.

Sein Auftrag gerade an die, die sich auf ihn berufen und als weltweite Glaubensgemeinschaft sich nach ihm benennen ist eindeutig: Eine neue GOTT* gewollte, gerechte und Freiheit fördernde, liebe-basierte Gesellschaft zu verkünden und glaubwürdig zu leben.

Nur so kann und wird es Frieden auf Erden geben: „GOTT*es Frieden kommt auf die Erde zu den Menschen, denen er sich in Liebe zuwendet!“ (Lk 2,14)

Mensch werden und Frieden feiern, alle Jahre wieder, schon so lang!

Wir singen alte und neue Friedenslieder und halten so diese Sehnsucht in uns wach:

„let there be peace on earth …“ geschrieben, vertont und gesungen erstmals 1955 (meinem Geburtsjahr) und seitdem oft gecovert und neu interpretiert*.

Ein Gospel, ein good spell, ein Evangelium, eine gute Nachricht. Vision einer lebenswerten Zukunft, grenzenlos und allumfassend, Schalom und Salam …
Menschen-Sehnsucht, GOTT*es Initiative. „With God as our Father, brothers all are we. let me walk with my brother in perfect harmony“ Versöhnend und Frieden stiftend. „and let it begin with me“ – wirklich und wirksam.

GS 19. Dez 2023

*z.B. Isley Brothers & Carlos Santana, Power of Peace 2017

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Sehnsucht nach einer Zeitenwende

Wie selbstverständlich ist für uns Bewohner des „Christlichen Abendlandes“ der Beginn unserer Zeitrechnung mit der Geburt Jesu verbunden, des Juden aus Nazareth, der als von GOTT* gesandter Erlöser der Menschheit geglaubt wurde. Und tatsächlich, seine Botschaft einer neuen Weltordnung, von einem guten Leben für alle, das er als GOTT*es Reich der Gerechtigkeit, der Liebe und des daraus resultierenden Friedens bezeichnete -Schalom und Salam- hat seine Attraktivität und motivierende Kraft nicht verloren. Diese Sehnsucht ist tief in uns verankert.

Der Mahner und Deuter dieser Zeitenwende war Johannes der Täufer, ein Bußprediger und Prophet der alten Schule in der Tradition von Amos und Elias, die den Mächtigen ihrer Zeit ins Gewissen redeten und die sie immer wieder auf den Willen Gottes verwiesen. Sie wurden dafür verfolgt, gedemütigt, verhaftet, … um sie mundtot zu machen.

Johannes wird wegen Aufwiegelung des Volkes durch Kritik am unmoralischen Lebenswandel des Herrscherhauses sogar hingerichtet, wie der römische Geschichtsschreiber Flavius Josephus berichtet.

Die Menschheit braucht Prophet*innen, die die Sehnsucht nach einer Zeitenwende lebendig halten.

Sie braucht Menschen, die trotz apokalyptischer Zukunftsszenarien und angesichts existenzbedrohender Kriege nicht nachlassen globales Unrecht, Ausbeutung, Ressourcenverschwendung, Zerstörung der Artenvielfalt und Raubbau an unser aller Existengrundlagen, …anprangern. Die gegen die Folgen: Armut, Hunger, Krankheit, Vertreibung, Flucht, … protestieren und zu humanitärer Hilfe aufrufen. Wir brauchen prophetische Aktivist*innen, die Haltungsänderungen und Verzicht einfordern. Die sich für eine lebenswerte Zukunft für alle einsetzen. Auch und gerade bei der Weltklimakonferenz COP28 in Dubai, die unbedingt den sofortigen Ausstieg aus fossilen Energien einleiten muss.

Wir brauchen Augenöffner und Ruhestörer*innen, die uns aus unserer Komfortzone hervorlocken und unseren „Gemeinsinn“ einfordern.

Denn nur als verantwortungsbewusste Weltgemeinschaft können wir lebenswerte Zukunft gestalten und die Vision eines guten Lebens für alle verwirklichen – „so wahr uns GOTT* helfe“.

GS 12. Dez 2023


Advent – Woran merkt man eigentlich, dass es weihnachtet und worum geht es eigentlich?

Schon klar: warme Lichter, weihnachtliche Musik, Plätzchen backen, Wichteltürchen und -Geschichten für die Kinder, winterliche Geschichten, Nikolaus- und Weihnachtsmärkte, Geschenke kaufen, coming home for christmas, …

und wir hoffen, mal wieder, dass im Kongresszentrum der Vereinigten Arabischen Emirate sich die Weltgemeinschaft hoffentlich und endlich auf wirksame sofort greifende Klimaschutzmaßnahmen einigt und dass hoffentlich und endgültig das Töten in Gaza aufhört und in der Ukraine und in all den Kriegsgebieten unserer „wonderful world“.

Band AID, ein Charity-Music-Project fragte vor fast 40 Jahren -und vor 10 Jahren noch eindrück- und eindringlicher- „Do They Know It’s Christmas Time?“

Gemeint waren all die Hungernden, Kranken, Verzweifelnden, vor Bürgerkriegen Fliehenden … insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent:

„ … Und in unserem Überfluss lächeln wir und sind froh, und wir umarmen die ganze Welt, weil ja Weihnachten ist.
Und dann muss man ja auch noch beten für all die anderen, fällt einem zwar schwer so direkt nach der Bescherung,
Aber da draußen gibt’s ja auch noch ’ne Welt, eine Welt voller Angst und Schrecken, … sag mal,
wissen die überhaupt, dass heute Weihnachten ist?“

Also, worum geht es eigentlich?

„ Es geht um das Evangelium, das heißt, um Geschichten, die in der Gosse liegen. Und nicht um Weihnachten bei den Kindern von Lilleström.

Es geht um das Evangelium, das heißt, um Menschen, deren Würde im Dreck stirbt. Und nicht um Poesie aus Kerzenschein und Tannengrün.

Es geht um das Evangelium, das heißt, um Gott, kurz vor der Niederkunft. Und nicht um Moritaten pausbäckig roter Weihnachtsmänner.“ (Norbert Schuster, Weihnachtsmarkt 2001)

GS 5. Dez 2023

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Perspektive wechseln (zu Matthäus 25,31-45)

Die Pandemie hat in unserer Wohlstandsgesellschaft die Schwächen unserer selbstgefälligen Weltsicht offengelegt. Letztlich kreisen wir um uns, unser Wohlergehen, unsere Gesundheit, unsere Freiheit, unseren Wohlstand … Auf verordnete solidarische Einschränkungen dessen reagieren wir mit Unverständnis und Wut. Und langfristig mit Ignoranz .

Wohlstand: Ein positiver Zustand, der individuell unterschiedlich wahrgenommen wird. Wohlstand setzt sich aus immateriellem und materiellem Wohlstand zusammen. (Wikipedia)

Es geht ums Geld und Gefühl.

Ging es am vergangenen Black Friday Weekend um unser Geld, so in den kommenden Wochen der Vorweihnachtszeit -die in den Geschäften schon im September begann- um das gute Gefühl, um unsere Sehnsucht nach Nähe, Erinnerungen an glückliche Kindheit, familiäre Harmonie.
Vor dieser so emotional aufgeladenen Adventszeit rechnet das letzte Evangelium des Kirchenjahres ab. In einer Vision vom Lebensende konfrontiert es uns mit einer sozialen Bilanz unseres Lebens. Wie sind wir mit den Bedürftigen, Fremden, Kranken, Unterdrückten und Ausgebeuteten, … also den Schwachen und Vulnerablen unserer Gesellschaft umgegangen sind. Waren Zuwendung und Kümmern für uns als Christen selbstverständlich? Oder waren wir so wohlstands-verwöhnt um uns und unsere soziale Blase kreisend, dass wir die offensichtliche, materielle und seelische Hilfsbedürftigkeit, die uns im „Nächsten“, im Fremden, im Anderen begegnete ignoriert haben?

Letztere Haltung und soziales, christliches Versagen schließt aus von der Gemeinschaft der „Gerechten“, also der Menschen, die Gottes Gebote wirklich befolgen, sodass „Reich Gottes“, also ein Leben in Gemeinschaft miteinander gelingt.
Die Konsequenz dieser Vision vom der Endabrechnung am Lebensende kann nur der Perspektiv-Wechsel sein: die soziale Blindheit und Ignoranz überwinden und die Situation der „Armen und Unterdrückten aller Art“ (2. Vatikanisches Konzil, Gaudium et Spes) bewusst wahrnehmen und uns für eine lebenswerte Zukunft für alle zu engagieren.
Lebens-Perspektive: wirklicher sozialer Wohlstand!

GS 28. Nov 2023


In Frieden und Sicherheit leben

ist ein menschliches Bedürfnis, dass allzu häufig sich -und nicht erst in diesen Tagen- als trügerische Illusion erweist durch Aggression, Neid, Terror und häufig auch Religion-missbrauchende-Hetze, die in ungezügelter Gewalt entartet.

Der lebens-er-fahrene Apostel Paulus warnt seine Gemeindemitglieder in Thessaloniki: „Gerade sagen die Leute noch: Wir leben doch in Frieden und Sicherheit! Da wird das Verderben ganz plötzlich über sie hereinbrechen … Dann gibt es kein Entkommen“ (1 Thess 5,3)

Nicht nur der brutale, von erbarmungslosem Vernichtungswillen getragene Überfall der Hamas-Terroristen am 7. Oktober, oder der Überfall russischer Truppen auf die Ukraine vor unendlich scheinenden 20 Kriegs-Monate , sondern auch und gerade die rasante katastrophale Erderwärmung, der wir uns hilflos gegenüber sehen sind eine permanente und ernüchternde Aktualisierung dieser Paulus-Warnung. Obwohl uns eingeredet wird noch lange Zeit zu haben und auf Fortschritt-Technologie zu vertrauen und in der Zwischen-Zeit Freiheits-Energie zu tanken.

Paulinischer Selbst- und Gesellschafts-Schutz-Appell: Wachsam sein und nüchtern die Zeichen der Zeit sehen – und sich schützen, „mit Glaube und Liebe als Brustpanzer und der Hoffnung auf Rettung als Helm“. (1 Thess 5,8).

Herz und Verstand sind zu schützen. Nicht mit Hard- sondern Soft-Ware, um mich und uns und die ganze Menschheit zu schützen, die Zukunft unseres Biotops. Mit Überzeugung und gewaltlos. Nur mit Glaube-Hoffnung-Liebe, unserem Survival-Paket vertrauend auf die befreiende und friedensstiftende Botschaft Jesu, für eine lebenswerte Zukunft.

Also weder den Kopf in den Sand stecken, noch in Selbstisolation oder Depression versinken. „Macht also einander Mut und helft euch gegenseitig weiter, wie ihr es ja schon tut.“ (1 Thess 5,12) – und „entfriere Dein Genie…“ (Herbert Grönemeyer, Das ist los 2023), werde kreativ und aktiv für einen wirklichen und wirksamen Schalom und Salam.

GS 20. Nov 2023 zu 1. Thessalonicher Brief 5

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Bleib zuversichtlich!

Während ich es niederschreibe und so dem Moderatorinnen-Appell von FRONTAL folge, kommt es mir absurd vor. Auch in diesem Jahr hat er mich wieder, wie alle Jahre und mit jeden Lebensjahr hartnäckiger: Der November Blues, gründend in Schmuddel-Wetter, diffusem Tages-Licht, oder treffender Tages-Dunkel. Dazu die täglichen Krisen-Nachrichten resultierend aus mangelnder Einsicht, Solidarität und Friedenswillen in zunehmend größeren und jüngeren Bevölkerungskreisen – weltweit.
Ich brauche keine apokalyptischen Fantasy-Romane zu lesen, die mich schon vor 30 Jahren in Pandemie- und Weltuntergangs-Szenarien versetzten und so manche Depri-Mucke meiner Jugendjahre scheint wieder neu aufgelegt worden zu sein und schallt mir morgens beim Frühstück aus den Lautsprechern kommentierend entgegen: “This is the end …” – Nein ist es (noch) nicht!
Zuversichtlich bleiben ist kein euphemisierender Selbst-Therapie-Versuch, sondern gründet bei mir in der gött*lichen Selbstbezeichnung “Ich bin da” (Exodus 3) und in der Zusage Jesu „Ich bin gekommen, um ihnen das Leben zu geben, Leben im Überfluss.“(Joh 10,10)
Der November-Blues wird vorbei gehen, wie jedes Jahr. Krisen und Konflikte werden bleiben und möglicherweise eskalieren, wenn wir nicht endlich aus unserer Komfortzone kommen, bereit für ZuMUTungen und Verzicht … und endlich handeln.
Statt mich im Blues zu verlieren, muss mich fragen lassen: „Bist Du da?“ (Herbert Grönemeyer, Bist Du da – Tumult 2018) und „Wie verbreitet sich der Mut des Herzens? Wie enteilt man der Raserei? Und bring‘ ich Ruhe in die Bewegung? Und steh‘ ich auf für ’ne weite Zeit“ (Herbert Grönemeyer, MUT 2021)
Meine Antworten und mein entsprechendes Handeln können mir und anderen MUT und Zuversicht geben.

GS 14. Nov 2023


Kritik am Machtmissbrauch

der inkonsequenten Interpreten gottgegebener Lebensregeln lese ich in den Warnungen Jesu im Matthäus-Sonntags-Evangelium: „verhaltet Euch nicht so, wie die Gesetzeslehrer sich verhalten! Denn sie halten sich selbst nicht an das, was sie lehren. Sie schnüren schwere, kaum tragbare Lasten zusammen und laden sie den Menschen auf die Schultern, aber sie selbst machen keinen Finger krumm, um sie zu tragen. Alles, was sie tun, tun sie nur, um von den Leuten gesehen zu werden. …“ (Mt 23)
Papst Franziskus scheint diese Warnung in seiner Klerikalismus-Kritik bei der Weltsynode in Rom aktualisiert zu haben: Der Klerikalismus sei eine „Geißel“, die das „treue, heilige Volk Gottes“ versklave. Dieses ertrage „geduldig und demütig die Verschwendung, den Missbrauch, die Ausgrenzung durch den institutionalisierten Klerikalismus“. … (katholisch.de – 26.10.2023)

Die dokumentierte Unglaubwürdigkeit der „berufenen Ausleger des Gesetzes“ (Mt,23) ist nicht erst in jüngster Zeit einer der Hauptgründe für den offenkundigen Relevanzverlust der Kirchen für das Leben der Menschen, sondern stellt auch die Reformwilligkeit der Katholischen Hierarchie (=heilige Ordnung) infrage. Wenn es der Papst ernst meint, „dass die Mitglieder der Hierarchie aus dem Volk Gottes kämen und von diesem den Glauben empfangen hätten“, dann wären die Berufenden und Ermächtigenden das Volk (griechisch laos → Laien) Gottes. Die Kleriker (vom griechischen kleros = durch Los zugefallener Erb- oder Anteil) würden dann, wie in der Apostelgeschichte beschrieben (Apg 1,17) aus dem Volk vorgeschlagen und von diesem berufen und beauftragt. Das Leitbild dieser reformierten Kirche liegt schon als Konsens- und Konzilsbeschluss seit fast 60 Jahren vor: „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen, insbesondere der Armen und Unterdrückten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi, der Kirche“ (2. Vaticanum, Gaudium et Spes)
Machtbehauptung, Karriere-Sucht und „Eitelkeit“ (Papst Franziskus) stehen dieser erneuerten heiligen Ordnung im Weg.

GS 6. Nov 2023