Juli – Dezember 2021

Gedanken in der Zwischenzeit

Schon wieder und Gott-sei-Dank ist es Herbert Grönemeyer, der meine Zeilen in diesen Tagen der Zwischenzeit füllt:

Gerade in dieser Zeit und am Ende dieses krisengeschüttelten Jahres bin ich eher resigniert, manchmal zynisch, wenig wende-erwartungsfroh, aber doch an manchen Tagen auch wieder gegen-allen-Anschein-hoffend. Insbesondere, wenn wie heute morgen der Regenbogen am Himmel steht, das biblische Zeichen für den Friedensbund Gottes mit den Menschen.

Herbert Grönemeyer gibt mir mit „Mut“ einen Impuls zum Aufstand, dem ich mich nicht entziehen kann und will. „ Der Funke glimmt für einen Aufbruch, der gegen alle Ströme schwimmt“

Ja, ich möchte in das neue Jahr aufbrechen mit MUT und eintreten für eine“weite Zeit“, die unsere engen Sicht- und Denkweisen, unsere Egoismen weitet und offen ist für die Sehnsucht nach Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit für alle Menschen.
Als Glaubender hoffe ich, dass der mitgehende und sorgende ICH-BIN-DA-Gott* uns Mut und Kraft dazu gibt.

Für ein mutiges und friedenstiftendes neues Jahr unter dem Regenbogen

GS 28. Dez 2021

Mut

Es richten die Augen sich in die Stille
Es verfliegt die Unrast im Firmament
Da ist das zarte Blau im Schnee
Zuversicht zwischen Zeilen
Gedanken in der Zwischenzeit
An alle und die schon sehr fehln

Ich rede einmal nicht
Und lass mir erzählen von einer ganz anderen Sicht

Rund um den geweihten Abend
Zieht das Jahr Bilanz
Entlässt die Fehler und lehrt verzeihn
Das Leben ist ein Seiltanz
Ein hauchzartes Porzellan
Versuchung und Unwägbarkeit

Doch der Funke glimmt
für einen Aufbruch
der gegen alle Ströme schwimmt

Wie verbreitet sich der Mut des Herzens
Wie enteilt man der Raserei
Und bring ich Ruhe in die Bewegung
und steh ich auf für eine weite Zeit

Es gibt kein Süd
es gibt kein Nord
es gibt kein West, kein Osten
Es eint der Wunsch nach Heim und Hort
Nach sichrem Halt und Unterstand

Wie verbreitet sich der Mut des Herzens
Wie enteilt man der Raserei
Und bring ich Ruhe in die Bewegung
und steh ich auf für eine weite Zeit

Herbert Grönemeyer – Tumult 2018


Ihr Hirten erwacht!

Von meinen Pastoren (Hirten) erhielt ich, wie viele andere ehrenamtlich in der Pfarrei (paroikia = umzäunter Bereich am Haus, Nachbarschaft – oder: das Wohnen eines Fremden in einem Orte ohne Bürgerrecht ) Tätigen, einen weihnachtlichen Hirtenbrief mit dem Text des Liedes „Ihr Hirten erwacht“ Dem Brief beigelegt war eine dunkelblaue Tragetasche mit dem Aufdruck einer Karrikatur von Tiki Küstenmacher – eine Schafsherde mit einem herausragenden Schaf mit Kreuz um den Hals und einer Sprechblase „Ich gehöre dazu.“ Unterschrift, von anderen Schafen gehalten: „Gott sei Dank!“

Ein gut gemeinter, schmunzelnder Weihnachtsgruss?

Am Anfang meines hauptamtlichen Dienstes in der katholischen Kirche vor 41 Jahren verfasste ich, damals Zivildienstleistender mit frischem theologischen Diplom, einen Schäfchenbrief in der Zeitschrift für katholische Jugendarbeit in der Stadt Essen. Eine Reaktion auf einen Hirtenbrief der deutschen Bischöfe zum Entzug der Lehrerlaubnis des Kirchenkritikers Hans Küng (Januar 1980) und der bischöflichen Wahlempfehlung anlässlich der Bundestagswahl 1980 die CDU/ CSU zu wählen. Tenor meines Schäfchenbriefes: Bevormundung und Unterdrückung kritischer Lehre widerspricht dem mündigen Christsein und einer synodalen Kirchenordnung. Die Strafe: Ein Monat Altkleider sortieren im Keller einer stillgelegten Zechenanlage.

An der klerikalen Selbstsicht -Hirten und zu beseelsorgende Herde- hat sich anscheinend bis heute nichts geändert.

Als Kirchenschaf frage ich mich allerdings, wie hat Jesus, der gute Hirt eigentlich diese Hirtensorge gemeint?
Johannesevangelium: Der Hirte kennt jedes seiner Schafe mit Namen. Die Schafe kennen seine Stimme und folgen ihm. Jesus, der gute Hirt will das gute Leben für seine, ihm folgenden Schafe (Joh 10, 1-11).
Die Amtsanmassung der kirchlichen Hirten beruft sich auf das Liebesbekenntnis des Petrus: „Liebst du mich mehr, als die hier mich lieben? Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe.“ Jesus sagte zu ihm: »Sorge für meine Lämmer!« (Joh 21,15) Das ist der Auftrag des auferstandenen Christus, der seine Nachfolge regelt, die begründet ist in einer charismatischen Liebe und nicht in einer heiligen Kirchenordnung und Standesgesellschaft.

Botschaft und Auftrag Jesu ist auf einen Liebesdienst ausgerichtet und nicht auf fürsorgende Unmündig- und Abhängigkeit.

„Ihr Hirten erwacht!“ Wendet Euch denen zu, die in „Armut und Not“ sind und erkennt in ihnen Gott, der sich der ganzen Menschheit zugewandt hat und für alle „Leben in Fülle“ will. „Betet ihn an“, verkündet diese frohe Botschaft, dass Gott da ist und mit uns geht. Lebt das, glaubwürdig! Seit „Boten des Friedens“ in dieser friedlosen Welt, damit unsere „Nacht erhellt“ wird. Entsagt eurem Machtgehabe und -gebaren, denn „Der Herr ist zugegen mit himmlischer Macht.“ Er bringt Gerechtigkeit und Frieden in die Welt, wenn wir alle seine Liebesbotschaft glaubwürdig und geschwisterlich leben.

Frohe Menschwerdung!

GS 21.Dez 2021


Was sollen wir tun?

In diesen Wochen nach der Regierungsübernahme warten wir darauf, „dass die Regierung liefert“ . Das, was wir erwarten sind Maßnahmen, die wirkungsvoll die Pandemie bekämpfen mit dem Ziel sie zu beenden, damit wir wieder normal leben können. Gleichzeitig erwarten wir von den Regierenden eine Wende in der Klimakrise, die das Ziel der Erderwärmung auf beherrschbare maximal 1,5° C ermöglicht. – Wir warten, Ihr liefert, denn das habt ihr vor Eurer Wahl versprochen!

Führende Politiker wie Söder und Spahn haben in der Pandemiebekämpfung von Erwartungsmanagement gesprochen.

Die Notwendigkeiten zum Handeln in dieser Krisen-Zeit sind aber gesamtgesellschaftliche Herausforderungen, d.h. jede*r ist zur Verhaltensänderung aufgefordert. Die dazu notwendigen Maßnahmen sind hinlänglich bekannt und werden nahezu täglich propagiert und von besonders Betroffenen appellhaft bis verzweifelt auch in den verschiedenen Socialmedia-Plattformen, in Print- und Digitalmedien und auf der Straße eingefordert.

Verhalten ändern ist schwer, insbesondere wenn sie radikal anmuten, unvorstellbar sind; auch wenn prophetische Wissenschaftler*innen und charismatische junge Menschen sie uns gebetsmühlenartig immer wieder vorstellen.

Das war auch vor 2000 Jahren schon so, als der Wendeprophet Johannes auftrat „ein einsamer Rufer in der Wüste“ und dazu aufrief die eigene Schuld einzusehen, sich Gott wieder zuzuwenden und seine Lebensweise zu ändern. „Zeigt durch euer Verhalten, dass Ihr Euer Leben wirklich ändern wollt!“ (Lk 3,8) Nur dann könne sich Wesentliches gesellschaftlich, wie religiös ändern, könnte die Wende zu Gerechtigkeit und Frieden vollzogen werden.

Die Menschen, Staatsbedienstete und Soldaten, die er mit seiner Botschaft erreicht sind zur Wende bereit und fragen: “Was sollen wir denn tun?“ Die Antwort des Johannes verlangt nichts Unmögliches. Die von ihm im Namen Gottes geforderte Verhaltensänderung ist in gewisser Weise sogar leicht: Teilen, wenn man mehr hat, als man braucht. Sich an die gesetzlichen Regeln halten und niemanden über den Tisch ziehen. Die eigene Macht nicht missbrauchen. –

Zumutungen, die auch in unseren Krisen die Wende bringen würden.

GS 14. Dez 2021


Changemaker


`Schafft Raum für das Kommen des Herrn! Ebnet ihm den Weg! Die Täler sollen aufgeschüttet, die Berge und Hügel eingeebnet werden! Das Krumme soll gerade und das Raue glatt werden!‘
Der Prophet Johannes markiert mit seiner Mahnung und Botschaft einen Wendepunkt:
Nicht der Tempel-Opfer-Kult und die Einhaltung der Gesetze sind das Zentrum einer geistig-geistlichen Erneuerung, wie Gott sie seinem Volk zumutet, sondern die Beseitigung dessen, was seinem Kommen im Wege steht – in uns und unserer Art zu leben, unseren Wiederstände gegen ein Leben in der göttlichen Ordnung, in der Liebe und Gerechtigkeit die Leitkriterien sind.
In seinen Reden vor den Neugierigen, die zu ihm in die Wüste kommen, um durch eine Taufe im Jordan ein Zeichen für ihre Umkehrwilligkeit zu setzen, wird Johannes radikal deutlich:
„Beweist durch euren Lebenswandel, dass ihr euch wirklich von euren Sünden abgekehrt und Gott zugewandt habt.“
Johannes bereitet die religiöse und soziale Wende vor. Er weist hin auf seinen Cousin Jesus, der von Gott berufen ist das Programm der neuen göttlichen Weltordnung, die Regierungserklärung des Reiches Gottes in der Bergpredigt zu verkünden. Er hat diese Botschaft konsequent gelebt – bis zur Selbstaufgabe im Dienst Gottes an den von ihm geliebten Menschen.

GS 5. Dezember 2021


Ich bete!

Ich bete, weil … ist eine Plakataktion des konservativ-fundamentalistischen, überkonfessionellen Fernsehsenders bibel.tv

Sie dokumentiert Gebets-Motivationen und -Traditionen von Menschen, die überwiegend freikirchlichen oder charimatischen Gruppierungen nahestehen.

Meine erste Reaktion -den Spruch: Not lehrt beten im Kopf- war im Vorbeifahren, welche Not steht als Intention dahinter? Mein zweiter Gedankenstrang nach einem Kilometer: Toll, das Gebet wird zum Bekenntnis! Der dritte Kilometer/ Gedankenstrang: Was stört Dich eigentlich an der Aktion ( hinter der viel Geld steckt!)?

Ich bete! Nicht zu festen Zeiten oder regulierten Ritualen -obwohl mir solcher Rhythmus gut tut- sondern situativ.Wenn mich etwas bewegt und ich es Gott mit-teile. Ja, vielleicht ein Selbstgespräch im Vertrauen darauf, das Gott meine Sorge teilt, meine Not sieht, weil er ein Interesse an uns Menschen und dieser seiner Schöpfung, in und von der wir leben, hat.

Manchmal bete ich auch öffentlich, ich „fürbitte“, ich lobe und danke, ich klage und zweifle.

In manchen Situationen finde ich Gebetsvorlagen in der reichen Gebetstradition meiner Religion, in den Psalmen oder in der Gebetsliteratur unserer Tage. Mein Gebet muss zu mir, in meine Situation und die der Menschen, denen ich verbunden bin, passen.
Ich bete, weil … plakativ an die Wände zu kleben widerspricht meiner Meinung der Gebetsempfehlung Jesu: »Wenn ihr betet, dann tut es nicht wie die Scheinheiligen! Sie beten gern öffentlich in den Synagogen, an den Straßenecken (und Kirchen), damit sie von allen gesehen werden. … Wenn du betest, geh an einen Ort, wo du allein bist, schließ die Tür hinter dir und bete in der Stille zu deinem Vater. Denn er ist auch da, wo niemand zuschaut. Dann wird dich dein Vater, der alle Geheimnisse kennt, belohnen. …Wenn ihr betet, dann leiert nicht Gebetsworte herunter wie die Ungläubigen. Sie meinen, sie könnten bei Gott etwas erreichen, wenn sie viele Worte machen. Euer Vater weiß, was Ihr braucht, noch bevor ihr ihn darum bittet!“ (Mt 6)

Mit diesem Vertrauen auf den sorgenden und liebenden Gott kann ich beten: Vater und Mutter unser, Dein Reich komme, Dein Wille geschehe …

GS 9. Nov 2021

Foto: Guido Schürenberg

Mit Aller Liebe für die Welt

In dieser Woche feiern die Katholiken Allerheiligen und die Protestanten Allerseelen. Das Sonntagsevangelium verweist für ein gelungenes Leben auf die Gottes- und Nächstenliebe (MK 12, 28-34) und die internationale Politik hat nichts geringeres als die Welten(Klima)Rettung auf dem Programm (COP 26).

Ergibt dieser Themenmix einen Sinn? Oder trenne ich -wie so oft- besser Glaube und Welt, Religion und Politik.

Zu meiner Welt-Anschauung und meiner politischen Praxis gehört Glaube und Handeln zusammen oder wie der Gründer von Taizé, Roger Schütz es formuliert hat „Kampf und Kontemplation“.

Der Anspruch dieses Wochen-Themen-Mix steckt für mich im Begriff ALLE.

Heilig bezeichnet etwas Besonderes, Verehrungswürdiges und stammt wortgeschichtlich von Heil ab.
Heilige sind also im christlichen Sprachgebrauch besondere Menschen, die sich auszeichnen durch ihren Glauben an Gott und ihren Einsatz für eine bessere Welt der Gerechtigkeit und Liebe. Manche haben einen Namen und ihre Geschichte ist bekannt, andere bleiben unerwähnt, ihre Wirkungsgeschichte wurde nicht dokumentiert und deshalb nicht mit einem eigenen Namensfest gefeiert. Paulus bezeichnet alle an Jesus Glaubenden als Heilige und so wird an Allerheiligen und an Allerseelen der lebenden und verstorbenen Christen und ihrem Wirken in der Welt gedacht.

Zwei heilige Märtyrer unserer Tage waren Dietrich Bonhoeffer und Max Joseph Metzger, beide Pfarrer und für ihren Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden von den Nationalsozialisten hingerichtet. Beide riefen die christlichen Kirchen schon in den 1930er Jahren auf Verantwortung für das Überleben der Menschheit zu übernehmen, indem sie ein ökumenisches Konzil für Gerechtigkeit und Frieden forderten. In den 1980er Jahren wurde dieser Aufruf aufgegriffen und um die Verantwortung für die bedrohte Schöpfung erweitert. Manche, die sich heute bei Christians for Future engagieren sehen sich in der Tradition dieses Konziliaren Prozesses für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung. Für mich gründet dieses Engagement in Jesu Gebot der Gottes- und Nächstenliebe, das auch die gottgeschenkte Schöpfung als Lebensgrundlage einschließt.

GS 3. Nov 2021


Mission irrelevant?

Am Sonntag beging die katholische Kirche den Weltmissionssonntag.

Die historischen Assoziationen kommen sofort: Zwangsmissionierung der Völker Mittel- und Südamerikas durch die Spanier und Portugiesen mit Kreuz und Schwert seit dem 15ten Jahrhundert bis zum Hungertod von Inuit-Kindern in Katholischen Internaten Kanadas im 20ten(!) Jahrhundert.

Mission heisst Sendung, Christen fühlten sich von Jesus gesandt die frohe Botschaft vom liebenden, barmherzigen Gott der Gerechtigkeit, das Evangelium allen Völkern, allen Menschen zu verkünden.

Es ging um Nächstenliebe, Befreiung, Gerechtigkeit. Die Kolonisatoren bemächtigten sich dieses Auftrags und brachten Unterdrückung, Krankheiten, Ausbeutung, Sklaverei, Tod – die Perversion dessen, was Jesus verkündet hatte, mit dem Segen der Kirche. Die Missionare wollten die Heiden bekehren, sie retten vor der Verdamnis. Inkulturation ist eine Haltung des späten 20ten Jahrhunderts und in kirchlichen Kreisen auch immer noch nicht allgemeine Überzeugung.

Aber was wäre denn unsere zukunftsfähige Mission als Christen heute? Welche Botschaft haben wir zu verkünden dem Abendland, das schon längst nicht mehr durch christliche Werte geprägt ist.

Angesichts der Herausforderungen unserer Zeit lohnt sich das Wiederaufgreifen der Ideen und der Spiritualität des konziliaren Prozesses für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung, an die Theologie der Befreiung und das indigene Lebensprinzip des Buen Vivir.

Mit einer solchen überzeugend gelebten Botschaft wären Christen wieder relevant und das Christentum zukunftsfähig.

GS 26. Okt. 2021


Jesus-Lizenz

Es scheint ein Urheberrecht für Segenshandlungen zu geben. Das Etikett „im Namen Jesu“ wollten die Christen von Anfang an monopolisiert wissen und gebunden an die von der Gemeinschaft Beauftragten (Männer).
So jedenfalls spiegelt es sich im Markusevangelium, gerichtet an die Christengemeinde und deren Nachfolgende:

»Lehrer, wir haben da einen Mann gesehen, der hat deinen Namen dazu benutzt, böse Geister auszutreiben. Wir haben versucht, ihn daran zu hindern, weil er nicht zu uns gehört.« (Mk 9, 38)
Überraschend, wie Jesus mit dieser vermeintlichen Urheberrechtsverletzung umgeht:
»Lass ihn doch!«, sagte Jesus. »Wer meinen Namen gebraucht, um Wunder zu tun, kann nicht im nächsten Augenblick schlecht von mir reden. Wer nicht gegen uns ist, ist für uns!« (Mk 9, 39f)

Das Verhaltensmuster der Jünger ist uns auch heute noch wohl vertraut und mal ehrlich, reagieren wir nicht ähnlich?
Wer darf im Namen Jesu die „die Messe halten“, Sünden vergeben, segnen? „Natürlich“ nur geweihte (männliche) Priester und „gültig“ sowieso nur bei Einhaltung der vorgeschriebenen Form.

Und was ist schlecht daran, wenn jemand christlich handelt ohne sich als Christ zu bezeichnen?
Eher ist es fatal, wenn das C missbraucht wird, um der Lehre Jesu entgegenstehendes Handeln zu Labeln.

„Böse Geister aus (der Welt) zu treiben“ ist auch für uns eine bleibende Herausforderung. Am besten gelingt dies, wenn wir Gutes zusagen (bene dicere = segnen), im Vertrauen darauf, dass es wirkt.
Den Segen Jesu, des Christus dazu haben wir allemal. Diese Lizenz ist nicht an ein Amt oder an eine Kirche gebunden, sondern Allgemeingut für ein Gutes Leben für alle Menschen auf dieser Gott geschenkten Erde.

Foto: Greenpeace-Aktion 2019 – ©spiegel.de

GS 28. Sept 2021


Richtungswahl

In diesen Wochen vor der „Richtungswahl“ ist das Popularitätsranking anscheinend das Wichtigste und so werden wir täglich statt über klare Positionierungen der Parteien zu den Zukunfts-, Lebens- und Überlebensfragen mit Parteien- und K-Kandidat*innen-Ranking hingehalten und beschäftigt. Für manche von uns interessierten Bürger*innen ist die Entscheidung -mehr oder weniger zufriedenstellend- ohnehin schon per Briefwahl gefallen. Aber die noch Unentschiedenen erwarten noch parteiliche und personelle Hinweise, was Priorität der Politik für die Zukunft haben wird und wie dies ab wann bewirkt werden soll.

Jesus hat dem Ranking-Geplänkel seiner Nachfolger eine klare Position und Richtung gewiesen: Den glaubwürdigen Einsatz für eine lebenswerte Zukunft der Kinder und Enkel und den Einsatz für die „Kleinen“:

Sie schwiegen, denn sie hatten sich gestritten, wer von ihnen wohl der Größte wäre.
Da setzte Jesus sich hin, rief die Zwölf zu sich und sagte zu ihnen: »Wer der Erste sein will, der muss der Letzte von allen werden und allen anderen dienen!«
Und er winkte ein Kind heran, stellte es in ihre Mitte, nahm es in seine Arme und sagte zu ihnen:
»Wer in meinem Namen solch ein Kind aufnimmt, nimmt mich auf. Und wer mich aufnimmt, nimmt nicht nur mich auf, sondern gleichzeitig den, der mich gesandt hat.«
(Mk 9,33-37)

Stellen wir die Zukunft der Kinder und Enkel in die Mitte unseres (politischen) Handelns? Verstehen wir uns als Diener am Wohl der menschlichen Gemeinschaft?
Fragen, die sich nicht nur Politiker*innen stellen müssen, sondern genauso ich und jede*r einzelne von uns.

Das Kindes- und Enkel-Wohl bestimmt die Richtung und nicht das Konservieren des Bestehenden.
Jedenfalls definiert Jesus so christlich-parteiisches Handeln entsprechend dem Willen Gottes.

Wir haben die Richtungswahl!

GS 21.Sept 2021


Für wen hälst Du mich – eigentlich?

Jetzt präsentieren sie sich wieder, die Parteien, ihre Positionen zu den Themen unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens und vor allem die „Volksparteien“ ihre Kanzlerkandidat*innen und deren „Kompetenz-Teams“. Angesichts unserer Welt-Zukunft überzeugen sie alle nicht mit klaren Perspektiven und Maßnahmen. Denn das, was da auf uns zukommt, auch als Konsequenz von Ignoranz und nationalen, persönlichen, wie wirtschaftlichen Egoismen, ist existenzbedrohend für die Menschheit.Von daher sind alle erforderlichen Massnahmen Zumutungen. Entsprechend diffus und unklar bleiben die konkreten Forderungen und Handlungsperspektiven.Den Wähler*innen wird unterstellt, dass ihnen nichts zuzuMUTen ist, da sie sich ja in ihrem „Wohlstand“ eingerichtet haben.Wenn wir in dieser zukunftsbedrohlichen Situation Politiker*innen wählen wollen, die die Rahmenbedingungen für eine zukunftsfähige Gesellschaft gestalten und mutig handeln sollen zum Wohle des Volkes, müssen wir wissen, wofür sie stehen, für welche Werte und welche Sichtweisen auf diese Welt. Es entstehen Bilder und Erwartungen, von den Kandidat*innen geweckt. Passen oder gar biedern sie sich diesen Bildern und Erwartungen an oder sind sie ehrlich und glaubwürdig und stehen zu den Zumutungen?Im sehr „volksnahen“ Evangelium des Markus fragt Jesus seine Anhänger: „Für wen halten mich eigentlich die Leute?“ und nachdem diese ihm die Ergebnisse der kleinen Meinungsumfrage präsentiert haben, hakt er nach und fragt: „Und Ihr, für wen haltet Ihr mich?“ (Mk 8,27-29)Er will wissen, auf wen er sich angesichts der Zumutungen seiner Zukunftsbotschaft verlassen kann, wer zu ihm stehen wird und mit ihm dieses Reich Gottes der Gerechtigkeit und Liebe gestalten und leben will. Und natürlich steht auch seine Glaubwürdigkeit in Frage, erkennbar in seinem Lebensstil, seinen Handlungen und seiner Bereitschaft, dafür alles zu geben.Wenn wir Politiker glaubwürdig und nicht populistisch anbiedernd und indifferent erleben würden, wäre die Wahl einfacher und motivierender. Und es bestünde eine realisierbare Chance lebenswerte Zukunft gemeinsam zu gestalten und das Leben auf diesem Planeten zu retten.GS 14. Sept 2021


Mitteilungsbedürfnis

Manche*r kann ja seine Klappe nicht halten, postet und kommentiert eigene Meinung und Erfahrungen, Beobachtungen und Analysen zu „Gott und die Welt“. Wobei der Anteil WELTERFAHRUNGEN in meiner sozialen Blase deutlich im Vordergrund steht. Und wenn von Gott mal die Rede ist, dann meist verbunden mit negativen Kirchenerfahrungen. Diese erzählen allerdings weniger von Gott, als von Ohnmachtserfahrungen angesichts menschlich-hierarchischem Machtgebahren.Wenn dann mal ein gegenläufiges und mich bestätigendes oder aufbauendes Narrativ die Runde macht, das deutlich macht, dass GOTT* mit dieser, seiner Welt noch nicht am Ende ist, dass wir Menschen mit ihm eine Zukunft haben, dann sollen es alle erfahren.Irritierend ist da für mich die Aufforderung Jesu bloß nichts von seinen Heilungen und Heilstaten zu erzählen: „Jesus verbot den Anwesenden, es irgendjemand weiterzusagen“ (Mk 7,36)Offensichtlich wollte er keinen Personenkult, die Titel Heiland und Messias schon gar nicht, denn sie wecken Erwartungen. Ihm ging es darum durch sein Handeln die Menschen in ihrem Glauben an GOTT* zu bestärken und so sollte die gute Nachricht – good spell, gute Erzählung, Evangelium, Gospel- fühl- und erfahrbar werden.Anscheinend ist auch in meiner Bubble diese Erfahrung, diese Gute Nachricht nur sehr selten, sonst müssten wir doch mehr davon erzählen, wie es ein Lied des Schriftstellers Josef Reding aus den 80ern singt: „Die gute Nachricht singt hinaus, Gott sendet seine Menschen aus, so Dich und mich und sie und ihn …“Ja, es wäre uns ein inneres Bedürfnis, wir könnten gar nicht anders „Wir können nicht schweigen von dem, was wir gesehen und gehört haben“ auch wenn man uns auffordert die Klappe zu halten, wie Petrus und Jakobus vor dem jüdischen Religionsgericht, nachdem sie im Namen Jesu Heilungen bewirkten. (Apg 4,20).Damit unser Mitteilungsbedürfnis aber nicht in unserer kleinen Kirchen-Bubble bleibt, sondern die Menschen erreicht, sollten wir die Gute Nachricht auf allen uns zur Vefügung stehenden SocialMedia-Kanälen immer wieder posten – mit glaubwürdigen Geschichten, wie wir sie als uns gut tuend erfahren haben.GS 7. Sept 2021


Innere Hygiene

Hygieneregeln bestimmten schon immer unseren Alltag, manche wurden zum täglichen Ritual von klein auf angelernt: „Vor dem Essen, nach dem Essen, Händewaschen nicht vergessen“Unhinterfragt, hilfreich, evident. In Krisenzeiten Leben schützend und von der Mehrheitsgesellschaft, dem Mainstream fraglos gelebt.Manche dieser Reinigungs- oder Schutzrituale werden lieb gewordene und Sicherheit gebende Tradition, von der Zivilgesellschaft oder auch nur vom näheren sozialen Umfeld, der Bubble als vorgegeben akeptiert.Regelbrecher*innen und Ritualverweiger*innen werden diskreditiert, ohne nach den dahinterstehenden Gründen zu fragen.Die jüdische Religion kennt eine Vielzahl überlieferter Gesetze und Regeln, die peinlichst genau beachtet werden und deren kollektive Einhaltung Voraussetzung für die Ankunft des Messias ist.Umso mehr provoziert die Schriftgelehrten und Gesetzeshüter der laxe Umgang der Jünger Jesu, der ja als Messias (ein Titel, den er nie in Anspruch genommen hat) verkündet wird, mit den Hygieneregeln insbesondere bei den Mahlzeiten. Es geht um rein oder unrein – koscher oder treife.Jesus bezeichnet sie als Heuchler und verweist auf ein Wort des Propheten Jesaja: ›Dieses Volk ehrt mich nur mit Worten, sagt Gott, aber mit dem Herzen ist es weit weg von mir.Ihr ganzer Gottesdienst ist sinnlos, denn sie lehren nur Gebote, die sich Menschen ausgedacht haben.‹Das Gebot Gottes schiebt ihr zur Seite und haltet euch stattdessen an Vorschriften, die von Menschen stammen.« (Mk 7)Jesus fordert die innere Hygiene, die Achtsamkeit auf gute Gedanken und eine offene, versöhnliche Haltung, das was wir als innere Werte bezeichnen.Diese werden nicht als Gesetz verordnet, sondern aus dem Hören auf Gottes Wort entwickelt.Wort-Gottes-Dienste statt Reinigungsrituale und verbotene Speisen.Die Einhaltung der geltenden Hygiene-Regeln in der Pandemie schützen nicht nur mich,sondern auch die vielen Ungeschützten, insbesondere Kinder, mit denen ich Kontakt habe.Für die richtige Händedesinfektion werden 20-30 Sekunden empfohlen – Zeit genug für ein Gebet, das von innen heraus kommt.GS 31. Aug 2021Ich bitte dich, Herr, um die große Kraftdiesen kleinen Tag zu bestehen,um auf dem großen Wege zu direinen kleinen Schritt weiterzugehen.Ich bitte dich, Herr, um die große Kraftdiesen kleinen Tag zu bestehenMorgengebet von Ernst Ginsberg


Glaubenskrise

„Wollt nicht auch Ihr gehen?“ seit ich diese Frage Jesu an seine seine engsten Freunde im Sonntags-Johannes-Evangelium las, klingt sie immer wieder in mir nach, beschäftigt mich und stellt auch meine Kirchenerfahrungen infrage.Der Anlass für die Frage waren aber die Glaubenszumutungen die Jesus predigte: Er allein sei der von Gott bevollmächtigte Verkünder des Willens Gottes. Dieser von Jesus verkündete Wille Gottes bezog sich auf den persönlichen Lebensstil, wie auf den sozialen Umgang miteinander, also das, was in der „Bergpredigt“ als Grundsätze des Reiches Gottes beschrieben wird: Nächsten- und Feindesliebe, Versöhnungsbereitschaft, Gewaltverzicht, Gerechtigkeit und Frieden schaffen und halten, Verzicht auf Luxus und Ausbeutung, sich mit dem zum Leben notwendigen begnügen, Ehrlichkeit und das Vertrauen darauf, dass Gott den Menschen Gutes will, weshalb sie ihn allein als Gott verehren.Den geistlichen Volksführern und Theologen wirft er Heuchelei und Verrat am Willen Gottes vor, weil sie vom Volk fordern, was sie selbst nicht leben und nur ihre Macht sichern wollen.Die Reaktion der Zuhörer:»Was er da redet, geht zu weit! So etwas kann man nicht mit anhören!« (Joh 6,60)Ähnliche Reaktionen kennen wir auch heute auf polarisierende Reden und Statements von Politikern und Kirchenmännern. Zumutungen, insbesondere, wenn sie unseren Lebensstil, unseren Konsum oder unsere Freiheiten betreffen, sind nur schwer zu ertragen und das Zukunftsversprechen muss schon sehr attraktiv sein, wenn wir uns darauf einlassen.Das diese Zukunfts-Lebens-Botschaft Jesu lebbar und erlebbar ist, habe ich auch in kirchlichen Gemeinschaften erfahren, in die ich hineingewachsen bin und denen ich z.T. meine heutigen Überzeugungen und Hoffnungen verdanke.Aber Jesu Anfrage an seine Vertrauten und auch an mich geht tiefer: Wollt Ihr euch von mir, meiner Botschaft, und damit eurer Beziehung zu Gott, der euch Vater und Mutter ist, trennen? Oder anders gesagt, ist Gott und sein Wille noch relevant für euer Leben?Das ist eine Glaubenszumutung!Die Antwort der Jünger damals: „Wohin sollen wir gehen, nur Du hast Worte, die uns Leben lassen!“GS 24. Aug 2021


Vorhersehbar

Wenn ich auf die sich überschlagenden Ereignisse in Afghanistan schaue, die Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit der Menschen dort sehe, die mit und für die Natoeinsatztruppen gearbeitet haben, die für ihre Kinder und insbesondere für die Mädchen auf Bildung setzten und für die Frauen auf ein selbst bestimmtes Leben hofften, so überkommt mich Wut angesichts des völligen Versagens der Regierungen der Schutzmächte. Ich schäme mich der hysterischen Angst, die in Europa vor den zu erwartenden Flüchtlingen geschürt wird. „Wir dürfen nicht wieder in eine Situation wie 2015 kommen“. Und ich bin fassungslos angesichts der wegschauenden Politiker in einem Bundestags-Wahlkampf, der meint ohne Zumutungen angesichts der Krisen auf der Welt auskommen zu können.

Dabei war die unverzügliche Machtübernahme durch die islamistischen Taliban und die Rücknahme aller Freiheits- und Menschenrechte durch die Scharia absehbar.

Für Europäer, die sich doch den jüdisch-christlichen Werten verpflichtet fühlen, gibt es in dieser Bedrohungssituation nur die Option der Solidarität mit denen, denen „man sich vertraut gemacht hat“ und denen man Schutz versprochen hatte. Und für uns Christen das Gebot der Nächsten- und Fernstenliebe, d.h. den zu uns fliehenden Schutz, Unterkunft, Lebensmittel und medizinische Versorgung anzubieten und wenn sie bei uns bleiben wollen, für Integration, Bildung und für ein menschenwürdiges Leben Sorge zu tragen.

Andernfalls gilt für uns der Vorwurf Jesu der Heuchelei:

„Ihr Heuchler! Aus den Zeichen am Himmel oder auf der Erde könnt ihr das Wetter vorhersagen. Warum könnt ihr dann nicht beurteilen, was heute vor euren Augen geschieht? Warum weigert ihr euch zu erkennen, was gut und richtig ist?“ (Lk 12,56f) und die Anfrage:

„ … Herzensbarrikaden, wer kämpft noch für wen?
Wir meiden die richtigen Fragen, wir streunen ums Problem.
Du traust dem Impuls und bleibst immer kühl
Du erlaubst dir nicht, dich zu entziehn
Und deine Fassung ringt
Weil Fassung nichts mehr bringt, nichts mehr bringt
Bist du da, wenn Seelen verwaisen?
Bist du da, wenn zu viel Gestern droht?
Wenn wir verrohen, weil alte Geister kreisen?
Bist du da? …“ – (Herbert Grönemeyer, Tumult 2018)

GS 17. Aug 2021


Apocalypse Now

gilt als einer der größten Klassiker des Anti-Kriegs-Films. Der 1979 erschienene psychedelische Vietnam-Albtraum zeigt den Wahnsinn, die Perversion und die Sinnlosigkeit von Kriegen.

Zeitgleich wurde für den amerikanischen Kongress die Studie GLOBAL 2000 entwickelt (1980 in Deutschland veröffentlich). Deren Szenarien muteten schon damals apokalyptisch an und forderten zu weltweitem, vernetzten Handeln auf, um die sich abzeichnende ökologische Katastrophe zu verhindern.
Unterschiedlich motivierte Bewegungen in den Zivilgesellschaften und Religionsgemeinschaften und nicht zuletzt #fridaysforfuture versuchen die drohende Umwelt-Apokalyse durch Aktionen und politisch-ökonomische Forderungen zu verhindern. Der UN-Klimagipfel von Paris 2015 mit seinen von 175 Staaten unterzeichneten Klimazielen war ein politisches Hoffnungszeichen für weltweites Handeln – die Konkretionen der erforderlichen Massnahmen stehen bis heute aus. In seiner Enzyklika LAUDATO SI (2015) ruft Papst Franziskus alle Menschen auf Verantwortung für das „gemeinsame Haus“ zu übernehmen und gemeinsam die Folgen des Klimawandels zu bekämpfen.

Der WELTKLIMA-Bericht des IPCC (Weltklimarat der UNO) zeigt unmissverständlich die Folgen des von uns allen verursachten Klimawandels auf und die Bilder aus Griechenland, Grönland, Kalifornien, dem Ahrtal, Erftstadt, Eschweiler, Schleiden, Stolberg, … illustrieren dies. Sie dokumentieren Versagen, Ohnmacht, Hoffnungslosigkeit, aber auch Solidarität und Zusammenhalt inmitten der Katastrophe.

Es gibt kein „weiter so“!

In den Religionen weisen apokalyptische Schriften und Zustände auf eine Zeitenwende hin und der religiöse Mensch besinnt sich auf die göttliche Zusage ICH BIN DA – immer.

So gibt der Psalmvers: „Doch gerade an Tagen, an denen ich mich fürchte, vertraue ich auf Dich“ (Ps 56,4) den gläubigen Beter_innen Halt in apokalyptischen Zeiten. Er entbindet uns nicht davon durch persönlichen Verzicht und einen ökologisch angepassten und verantwortlichen Lebenstil unseren Teil zur Erreichung der UN-Klimaziele beizutragen.

Das wäre ein Beitrag für eine lebenswerte Zukunft unserer Kinder und Enkel und eine wirkliche ZEITENWENDE.

GS 11. August 2021


Ausgesandt sein: zwischen Gehen und Bleiben

Ich bin hin- und hergerissen zwischen gehen oder bleiben angesichts des Zustands und Verhaltens meiner Kirche auf allen ihren Ebenen, Da trifft mich die Botschaft des Markus-Evangeliums von der Aussendung der Jünger (6,6-13):
Ich sei ein Ausgesandter und Bevollmächtigter. Ausgesandt die Botschaft vom Gottes Reich der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens mitten hinein in die Krisen dieser Welt zu verkünden und damit die zerstörerischen Geister zu vertreiben. Ich soll das ohne Budget und Ausstattung tun, darauf vertrauend, dass man mich schon anhören wird. Sonst, weiterziehen und die Ignorant*innen spüren lassen, dass ihre Ignoranz Folgen haben wird.

„Die Zwölf machten sich auf den Weg und forderten die Menschen auf, ihr Leben zu ändern. Sie befreiten Menschen, die von bösen Geistern beherrscht waren, salbten viele Kranke mit Öl und heilten sie.“ (Mk 6,12-13)

Also einfach gehen? Nein, sondern zu zweit und einfach wird’s sicher nicht! Denn gehen heisst auch sich verabschieden, von dem, was bisher Heimat, Sicherheit und Geborgenheit war. Die Verbindung zu den Mitaufbrechenden bleibt und führt immer wieder zusammen zum Austausch und zu neuen Impulsen.

Die Kirchengeschichte erzählt von solchen Aufbruchsbewegungen in Krisenzeiten, in denen das Kirchenleben um sich selbst kreiste und die radikale Botschaft relativiert oder zur moralisierenden Drohbotschaft wurde, um die Freiheit der Kinder Gottes zu beschneiden: Charismatische Prophet*innen radikalisierten sich durch das Evangelium und gingen in die Welt, zu den Menschen, an die Ränder der Gesellschaft und verkündeten die befreiende Botschaft Jesu vom Gottesreich, das hier und jetzt gelebt werden will. Manchmal wirkten sie reformierend nach innen.
Heilung kommt von denen, die glaubwürdig die befreiende Botschaft verkünden und leben, in seinem Namen, begeisternd. Vor den Kirchentüren, an den Rändern der Gesellschaft, Heilung in Krisenzeiten.

Aufgabe der kirchlichen Gemeinschaft: Ort für Austausch, Kraft- und Quellpunkt, Heimat geistgewirkten, weltzugewandten Lebens.

Also Gehen – und immer wieder zurückkommen können.

GS 13. Juli 2021


„Damit zu leben lernen“

Ein euphemisierendes Etikett für eine handlungsunfähige Politik angesichts der derzeitigen existenziellen Weltkrisen: „Wir werden lernen müssen mit dem Virus zu leben.“ Wir werden mit den Auswirkungen des Klimawandels leben lernen“ …

Die #fridaysforfuture Bewegung weist darauf hin, dass der Klimawandel und seine Folgen seit 50 Jahren bekannt sind und in Szenarien wissenschaftlich berechenbar sei, aber die Menschheit offensichtlich nicht bereit ist die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen, um auch kommenden Generationen eine lebenswerte Zukunft zu erhalten.
Verhaltensänderung bedeutet Verzicht auf internalisierte Verhaltensmuster und lieb gewordene Konsumgewohnheiten.Verzicht und Einschränkungen lassen sich nur schwer als Bereicherung kommunizieren. Und man weiss ja nicht, ob diese Einschränkungen, dieser Verzicht nicht überflüssig ist, da ja vielleicht schon eine „Reparatur-Lösung“ in der Schublade liegt und überhaupt alles schon nicht so schlimm kommen wird.

Brauchen wir erst das Lernen aus Erfahrung im eigenen Leben, um zur Veränderung bereit zu sein?

Paulus schreibt in seinem Brief an die Hebräer, dass Jesus durch Leiden Gehorsam gelernt hat.(Hebr 5,8)

„Gehorsam ist das Befolgen von Geboten oder Verboten durch entsprechende Handlungen oder Unterlassungen. Gehorsam bedeutet die Unterordnung unter den Willen einer Autorität …“ (Wikipedia). Für den erwachsenen Jesus war diese Autorität Gott*, weil er darauf vertraute, dass diese*r es gut mit ihm und mit allen Menschen meint.

Offensichtlich trauen wir, insbesondere in Krisenzeiten, wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht und politische Entscheidungsträger*innen verzögern entsprechend zukunftsorientiertes Handeln, da dies mit vermeindlich unzumutbaren Einschränkungen der Wähler*innen verbunden ist.

„Er lernte durch Leiden Gehorsam! – „Wer nicht hören will, muss fühlen“ hat die Volkserziehung daraus gemacht. Wir und die entscheidenden Autoritäten werden unser versagendes Handeln nicht (mehr) fühlen, wohl aber die jetzt noch Wahl-Unmündigen und ihre Kinder.

GS 6. Juli 2021

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