April bis Oktober 2015

29. Sonntag im Jahreskreis B – 2015

Evangelium: Markus 10,35-45
Da traten Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, zu ihm und sagten: Meister, wir möchten, dass du uns eine Bitte erfüllst. Er antwortete: Was soll ich für euch tun? Sie sagten zu ihm: Lass in deinem Reich einen von uns rechts und den andern links neben dir sitzen. Jesus erwiderte: Ihr wisst nicht, um was ihr bittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke, oder die Taufe auf euch nehmen, mit der ich getauft werde? Sie antworteten: Wir können es. Da sagte Jesus zu ihnen: Ihr werdet den Kelch trinken, den ich trinke, und die Taufe empfangen, mit der ich getauft werde. Doch den Platz zu meiner Rechten und zu meiner Linken habe nicht ich zu vergeben; dort werden die sitzen, für die diese Plätze bestimmt sind. Als die zehn anderen Jünger das hörten, wurden sie sehr ärgerlich über Jakobus und Johannes. Da rief Jesus sie zu sich und sagte: Ihr wisst, dass die, die als Herrscher gelten, ihre Völker unterdrücken und die Mächtigen ihre Macht über die Menschen missbrauchen. Bei euch aber soll es nicht so sein, sondern wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, soll der Sklave aller sein. Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.

„Und wie viel Vertrauen ist in dir?“
Was wäre, wenn alles nur ein Missverständnis gewesen wäre? Wenn die Jünger überhaupt nicht eifersüchtig auf Jakobus und Johannes hätten sein müssen? Wenn die beiden ihre Frage ganz anders verstanden hätten, als sie bei den anderen angekommen ist? Viele Streitigkeiten sind Folge dummer Missverständnisse, die vermieden werden könnten, wenn man sich vergewissert, was der andere denn tatsächlich meint.

Ich geb zu, die Frage der beiden Zebedäussöhne klang ziemlich eindeutig. „Was müssen wir tun, um rechts und links neben dir sitzen zu dürfen?“ ‚Vorteilsnahme im Amt‘ würde man das heute vielleicht nennen. Es scheint ja wirklich so, als wollten die beiden sich einen Vorteil gegenüber den anderen ergattern. Neben dem Chef zu sitzen, einen direkteren Kontakt zu ihm zu haben im gegenüber zu den anderen, daraus könnte man schließen, sie wollten daraus Kapital schlagen oder zumindest könnten sie sich geehrter fühlen als die anderen. Viele verstehen diese Erzählung so. Und dann wäre auch der Zorn der anderen durchaus verständlich.

Aber die beiden könnten ihre Frage doch auch ganz anders verstanden haben. Was wäre, wenn es den Söhnen des Zebedäus gar nicht um einen besonderen Ehrenplatz ging, sondern vielmehr darum, sich schützen zu wollen, weil sie schlicht Angst haben, wenn sie weit weg wären von dem, der ihnen im Leben so viel Kraft und Sicherheit gegeben hat? Ähnliches kennen wir doch auch von uns, dass wir in Situationen der Angst die Nähe vertrauter Menschen suchen, bei denen wir uns aufgehoben und geschützt wissen können. Das Kind, das sich ganz fest hält an der Hand der Mutter oder des Vaters, weil ihnen auf dem Gehweg ein unliebsam wirkender anderer Mensch entgegenkommt. Oder die Partnerin im Arm ihres Partners, die sich noch fester an ihn klammert, weil ihr ein freilaufender Hund entgegenkommt und sie sich daran erinnert, früher einmal gebissen worden zu sein. Der Beispiele gibt es viele, ganz banale aber ebenso auch ganz Bedrängende, die die eigene Existenz gefährden.

Es wäre doch nicht ungewöhnlich, sich in einer neuen Situation, und die neue Welt Gottes ist weiß Gott eine neue Situation, unsicher zu fühlen und verängstigt zu sein. Auch da gibt es genügend Beispiele: Wenn ich zu einer Party eingeladen bin, wo mir alle fremd sind, da suche ich doch die Nähe der wenigen, die mir bekannt sind; um auf diese Weise vielleicht auch Kontakt zu den noch mir Fremden zu bekommen.  Vielleicht war also wirklich alles ganz anders und die Schar der Jüngerinnen und Jünger haben die Frage der beiden in den falschen Hals bekommen. Wenn dem so wäre, dann hätte auch der Streit vermieden werden können.

Wie verhält sich Jesus in dieser Situation? Ich finde, seine Reaktion ist bemerkenswert. Er macht zwei Dinge: Zunächst stellt er eine Gegenfrage und dann stellt er klar, dass er der falsche Ansprechpartner in dieser Frage ist.
Indem er die Grenzen seiner Befugnisse klarmacht („Es steht mir nicht zu…“) weist er die Rolle des Gastgebers, des Einladenden, des Vorstehenden zurück. Mit anderen Worten sagt er: ‚Ich bin gar nicht der, um den sich alles dreht, ich bin nicht die Mitte.‘ Und indirekt sagt er damit den Fragenden: Wenn ihr Beistand und Schutz sucht, dann solltet ihr auf den schauen, dem auch ich mich anvertraue und der mir Quelle und Kraft und Lebensmitte ist, auch und gerade dann, wenn das Leben zur Qual, ja sogar zur Hölle wird. Jesus bekennt, dass auch er nicht frei von Angst ist, dass auch er des Schutzes bedarf, dass er aber seinen Kelch trinken kann, sein Leben auch in Zeiten der Ausweglosigkeit leben kann, weil er sein Leben vertrauensvoll in die Hände seines Vaters legt. Jesus ermutigt die beiden, dass sie keine Angst vor der Angst zu haben brauchen.

Ob die beiden das wirklich verstanden haben? Ob sie wirklich in der ganzen Dimension verstanden haben, dass Jesus, ihr Freund und Beschützer, ihnen deshalb dieses Ideal eines mitgehenden, mitfühlenden, mitleidenden Lebens sein konnte, weil er seine ganze Lebenskarte auf diesen Gott gesetzt hat, der so fern ist und den er dennoch Vater nannte, das wage ich zu bezweifeln.
Sie sagen beherzt und sehr selbstsicher: „Ja das können wir.“ Und Jesus glaubt ihnen. Das finde ich das wirklich Faszinierende dieses Evangeliums. Im Wissen um die Schwächen der Menschen, im Wissen darum, dass wir Menschen mit dem Mund sehr oft größer sind als mit unseren Taten, bestärkt Jesus seine beiden Freunde. Er schenkt eben das den beiden weiter, was ihm zuvor von seiner Lebensquelle, von Gott, geschenkt wurde: Vertrauen. Jesus vertraut seinen Freunden. Nur Vertrauen schenkt die Kraft, Ängsten mit offenen Augen zu begegnen und sie  zu überwinden.  Ohne ihnen einen Vorwurf zu machen, ohne belehrende und autoritäre Worte führt Jesus sie  zu der Erkenntnis, dass nicht wichtig ist, wer wo sitzt im Reich Gottes, sondern das einzig wichtig ist, wie viel Vertrauen in einem ist. Und da, wo Vertrauen ist, da hat Neid und Eifersucht keinen Platz.

Christoph Simonsen


28. Sonntag im Jahreskreis B – 2015

Lesung: Buch der Weisheit 7,7-11
Deshalb betete ich um Einsicht, und sie wurde mir geschenkt; ich rief zu Gott, und er sandte mir Weisheit. Sie war mir willkommener als Zepter und Königsthrone; Reichtum war mir nichts, verglichen mit ihr. Der kostbarste Edelstein erschien mir wertlos neben ihr; Gold kam mir ihr gegenüber vor wie gewöhnlicher Sand und Silber wie Straßenstaub. Ich schätzte sie mehr als Gesundheit und Schönheit; ich zog sie sogar dem Sonnenlicht vor, denn sie strahlt in einem Glanz, der nie erlischt. Zusammen mit der Weisheit aber wurden mir alle Reichtümer geschenkt; denn sie teilt unermessliche Schätze aus.

Über die Gabe des Staunens
Boah, geil“, das war die Reaktion einer lieben Bekannten, als ich ihr ein Bild aus meinem diesjährigen Urlaub gezeigt habe. In einer kleinen Kopie liegt dieses Bild auf euren Stühlen. Es zeigt nichts anderes als die Wasseroberfläche des Meeres und in der Ferne sieht man drei Segelboote. Was dieses Bild so bemerkenswert macht, das ist die Sonne, die sich in den Wellen des Meeres spiegelt. Mich hat dieses Bild gepackt vor 3 Wochen, als ich da am Ufer des Meeres stand und im Gegensatz zu meiner Bekannten konnte Ich gar nichts sagen. Ich stand nur sprachlos da und hab mich innerlich so gut gefühlt wie selten. Es gibt Augenblicke, die kann kein Bild festhalten, so ergreifend sind sie. Das Bild, was ihr vor Augen habt, kann nur in Bruchteilen die Schönheit wiedergeben, die mir die Natur damals vermittelt hat.

Mich erinnert das an eine Geschichte, die C.G. Jung einmal aufgeschrieben hat und in der er von einer Reise nach Indien berichtete. Dort stand er mit einer kleinen Gruppe in der Nähe von Darjeeling auf einem Hügel und gemeinsam beobachteten sie einen traumhaft schönen Sonnenuntergang. Einem aus der Gruppe fiel ein „Boah“ regelrecht aus dem Mund angesichts dieses Anblicks. Jung wandte sich dann in seiner ihm eigenen Art an den Mitreisenden und fragte: „Was tun sie da gerade?“ Und ebenso in seiner ihm eigenen Art beantwortete er sich seine Frage selbst: “ Sie bringen ganz spontan, ohne sich dessen bewusst zu sein, zum Ausdruck, was zahllose Jahrhunderte vor ihnen schon zum Ausdruck gebracht worden ist: Einen Ausruf von heiliger Scheu“.

Es gibt Augenblicke, da verschlägt es einem die Sprache. Da erscheint all unser Wissen und Können winzig klein angesichts dessen, was wir nicht machen und nicht wissen können. Es gibt Augenblicke, da erkennen wir Menschen, dass wir selbst winzig sind, so geistreich und so klug und so erfahren und so einmalig wir auch sein mögen. Aber diese Erfahrung der Winzigkeit, diese Erkenntnis des eigenen Unvermögens, die schmälert nicht die Würde unseres Seins, die begrenzt auch nicht unsere Verantwortung, das in die Welt hineinzulegen, was wir sind und was wir können, diese Welt menschlicher zu machen. Nein, die Erkenntnis dieser Winzigkeit führt uns zu etwas, was uns erst ermöglicht, unsere Gaben, unsere Kenntnisse, unser Wissen zur Entfaltung zu bringen, dass sie heilsam sind und hilfreich und eben gerade nicht selbstherrlich und ausbeuterisch. Sie führt uns zur Weisheit .

Diese Augenblicke, in denen es uns die Sprache verschlägt, in denen wir nur staunend da stehen können; diese Momente, in denen wir erkennen, dass es Größe, Schönheit, ja Wunder gibt, über die wir nicht verfügen können, dies sind die Momente, in denen uns die Weisheit erfasst oder die heilige Scheu, wie C.G. Jung es genannt hat. Diese Augenblicke zu erkennen, dazu lohnt es sich zu beten denn für kein Geld in der Welt kann ich sie machen. Dieser eine Anblick auf das Meer, in dem sich die Sonne so wunderbar spiegelt, ist heute für mich mehr als eine schöne Urlaubserfahrung. Und es bleibt mehr als ein mehr oder weniger gut gelungenes Foto. Dieser vergängliche Augenblick hat mir die Augen geöffnet für das Unvergängliche. Ohne vermessen wirken zu wollen, in diesem Augenblick fühlte ich mich Gott nahe und ich wusste mich von ihm beschenkt. Und solche Augenblicke sind Goldwert. Sie sind Goldwert, weil sie Ehrfurcht und Demut und Dankbarkeit nach sich ziehen. Ehrfurcht und Demut als Früchte weiser Gedanken und Erfahrungen erst ermöglichen es, der Tiefe des Lebensgeschenkes auf die Spur zu kommen.

Die Ruhe und die Gelassenheit, die ein Urlaub mit sich bringt, hat mir dieses Geschenk ermöglicht, diese wunderbare Vereinigung von Licht und Wasser wahrzunehmen. Und ich ahne nur, wie viele ähnlicher Augenblicke mir verwehrt waren, weil ich eben nicht ruhig und gelassen war, sondern angespannt und abgelenkt. Von dieser Ruhe möchte ich uns wünschen, die uns auch im Alltag nicht verlässt und die uns Augenblicke der Weisheit und der heiligen Scheu zu schenken vermag. Die Nachhaltigkeit solcher Momente wird uns und durch uns die Welt friedvoller machen.
Christoph Simonsen


Lesung: Gen 2,18-24

Dann sprach Gott, der Herr: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt. Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht. Gott, der Herr, formte aus dem Ackerboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels und führte sie dem Menschen zu, um zu sehen, wie er sie benennen würde. Und wie der Mensch jedes lebendige Wesen benannte, so sollte es heißen. Der Mensch gab Namen allem Vieh, den Vögeln des Himmels und allen Tieren des Feldes. Aber eine Hilfe, die dem Menschen entsprach, fand er nicht. Da ließ Gott, der Herr, einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen, sodass er einschlief, nahm eine seiner Rippen und verschloss ihre Stelle mit Fleisch. Gott, der Herr, baute aus der Rippe, die er vom Menschen genommen hatte, eine Frau und führte sie dem Menschen zu. Und der Mensch sprach: Das endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch. Frau soll sie heißen, / denn vom Mann ist sie genommen. Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau und sie werden ein Fleisch.

Auch die Kuh, deren Milch ich trinke, hat einen Namen

So gerade aus dem Urlaub zurück, da erlaubt ihr mir bitte, mit einem ganz naiven, kindlichen Gedanken einzusteigen, um dem gerade gehörten Wort Gottes einen Platz im Leben heute einzuräumen. Wenn man drei Wochen nur von Natur umgeben ist, von Meer und Grün, dann ist Zeit da, sich seiner Kindheit zu erinnern, weil die Zeit des Urlaubs eben ein wenig so unbekümmert ist wie die Zeit des Kindseins damals. Und der heutige Tag des Erntedankfestes, der uns einlädt, für alles zu danken, was die Natur uns schenkt, der lehrt mich, dass meine kindlichen Gedanken gar nicht so naiv sind, wie es scheint, sondern sehr zukunftsweisend sind und unser Leben heute gehörig auf den Kopf stellen können, ja vielleicht sogar müssen.

Kurz vor meinem Urlaub hab ich mich durchgerungen, meinen Keller zu entrümpeln und dabei fand ich zwei Umzugkartons, die erschreckend leicht waren. Und was war da drin? Alle meine Stofftiere aus meiner Kindheit. Mein Löwe Leo, meine Giraffe Graffi. Nach und nach fielen mir wieder alle Namen ein, die ich meinen Stoff-Freunden damals gegeben habe.

Ja, sogar das Vieh, das Nutztier, erhält von Gott eine unvergleichliche Würde, da er doch die Namen, die der Mensch den Tieren gibt, als wertvoll erachtet. Ein Name ist Symbol für die Würde, die dem entgegenkommt, der diesen Namen trägt. Heute, am Erntedankfest, da darf uns neu bewusst werden, dass es nichts auf der Welt gibt, das nicht von Gott einen Namen bekommen hat. Und nicht nur der Mensch, nicht nur die Tiere, ja sogar die Pflanzen sind eines Namens würdig.

Wundert es euch, dass mir in diesem Zusammenhang die ungezählten Tiertransporte in Erinnerung kommen, die ich auf der Autobahn überholt habe auf meiner Urlaubsreise und in der Geschöpfe Gottes in unwürdigster Weise transportiert wurden? Wundert es Euch, dass ich erschrocken auf den Rastplätzen der Autobahn gestanden bin, die so vollgemüllt waren, dass man die Natur weinen hören konnte? Wundert es Euch, dass ich zwar dankbar bin, wenn Shell seine Probebohrungen in der Antarktis einstellt und der Natur und dem Leben der Tiere dort eine Chance gibt, sich weiter zu entfalten und doch zugleich befürchte, dass die Verantwortlichen einzig die Kosten-Nutzung-Rechnung aufgestellt haben und erkannt haben, dass es sich für sie nicht rechnet? Wundert es euch, dass mir die Bilder der mit Menschen vollgepferchten Züge vor Augen kommen, die angstvoll einen Weg in die Würde eines neuen Lebens suchen?

So kindlich es sein mag, seinen Stofftieren Namen zu geben, so würdelos ist es, Menschen, Tiere, Pflanzen zu behandeln, als wären sie namenlos. Namenloses ist wertlos. Nur, was einen Namen trägt, trägt auch das Geheimnis Gotts in sich. Die Vorstellung, der Kuh einen Namen zu geben, die mir die Milch schenkt, mit der ich täglich mein Müsli bereite, mag ebenso naiv sein wie die Tatsache, dass ich meinen Stofftieren einen Namen gegeben habe; Aber nur die Milch einer Kuh, die einen Namen trägt, hat die Kraft, mich nicht nur satt zu machen für einen Augenblick, sondern mich zu nähren an Leib und Seele.  Und nur der Flüchtling, von dem ich weiß, dass er einen Namen trägt, vermag mir die Angst vor dem Fremden zu nehmen und vermag mir ans Herz zu wachsen, weil ich weiß, er ist mehr als nur einer von Vielen, die, wie man so schnell sagt, in unser Land strömen und vor denen wir unsere Grenzen dicht machen. Und nur die Wiese, deren Halme nicht niedergedrückt werden von Dreck kann strahlen und mich verweisen auf die Schönheit ihres Schöpfers.

Die Schöpfung zu würdigen ist nicht nur eine Frage der political correctness in Zeiten des Umweltschutzes. Sie zu wahren ist auch nicht nur eine Überlebensfrage der Menschheit. Die Schöpfung ist die einzige fassbare Realität, dem Wesen und dem Geheimnis Gottes nachspüren zu können. Wir entledigen uns nicht nur unserer eigenen Zukunft, wenn wir die Schöpfung missbrauchen, wir entledigen uns auch unserer einzigen Chance, Gott zu erkennen. Wenn auch Gott nicht der Schöpfung bedarf, um zu existieren, so nehmen wir ihm doch die Möglichkeit, das Geheimnis seiner Güte und Freundlichkeit in seiner Schöpfung zur Entfaltung bringen zu können, wenn wir mit Füßen treten, was er geschaffen hat. Deshalb ist die Misshandlung der Schöpfung auch eine Misshandlung Gottes und die Würdigung alles Geschaffenen auch eine Würdigung Gottes. Und noch mehr: Die Würdigung der Schöpfung ist unerlässlicher Grund dafür, das Gott seiner Göttlichkeit einen Ausdruck verleihen kann.

Und jetzt hab ich fast schon den Eindruck, ich müsste mich entschuldigen, denn aus den anfänglichen kindlichen und naiven Gedanken hat sich die zutiefst existentielle Frage entwickelt, ob wir Gott eine Chance geben, uns Gott sein zu können.

Zur Wiedergutmachung möchte ich Euch eine Geschichte mit auf den Weg geben, das das Komplizierte wieder ganz einfach werden lässt:

Es sagte einmal der große Mensch zum kleinen Menschen: „Du, kleiner Mensch, ich danke dir für dein Sein. Denn ich bedarf deiner Hingabe, Offenheit und Unbefangenheit mit allem, wie du lebst. Durch dich werde ich daran erinnert, welche Kraft im Staunen liegt, in der Begeisterung und der Zuversicht. Durch dich lerne ich wieder das oftmals vergessene Vertrauen; das Vertrauen, dass einer da ist, in dessen Liebe wir alle geborgen sind.
Christoph Simonsen


23. Sonntag – Evangelium: Markus 7,31-37
Jesus verließ das Gebiet von Tyrus wieder und kam über Sidon an den See von Galiläa, mitten in das Gebiet der Dekapolis. Da brachte man einen Taubstummen zu Jesus und bat ihn, er möge ihn berühren. Er nahm ihn beiseite, von der Menge weg, legte ihm die Finger in die Ohren und berührte dann die Zunge des Mannes mit Speichel; danach blickte er zum Himmel auf, seufzte und sagte zu dem Taubstummen: Effata!, das heißt: Öffne dich! Sogleich öffneten sich seine Ohren, seine Zunge wurde von ihrer Fessel befreit und er konnte richtig reden. Jesus verbot ihnen, jemand davon zu erzählen. Doch je mehr er es ihnen verbot, desto mehr machten sie es bekannt. Außer sich vor Staunen sagten sie: Er hat alles gut gemacht; er macht, dass die Tauben hören und die Stummen sprechen.

Von Wundern, die gar keine sein müssen

Eigentlich geht Glauben ja ganz einfach: Sehen, was ist, und heil machen, was gebrochen ist.

„Er hat alles gut gemacht“, stellten die staunenden Menschen deshalb auch einmütig fest, nachdem Jesus dem Taubstummen geholfen hatte. Was hat er denn gemacht? Er hat seinen Beitrag dazu geleistet, dass ein anderer wieder gut hören und offen reden konnte. Er hat einen Menschen berührt und mit der Erde in Kontakt gebracht, der von der Außenwelt abgeschnitten war. So hat er ihm ermöglicht, wieder teilhaben zu können am gemeinsamen Leben mit anderen.

Etwas anderes scheint mir aber auch nicht unwichtig zu sein; das wird ganz oft überlesen oder überhört bei diesem Evangelium. Eine nicht näher beschriebene Gruppe von Menschen hat den Taubstummen begleitet und ihre Stimme für den Taubstummen bei Jesus erhoben. In dieser Geschichte handeln viele Hand in Hand.

Da wird etwas heil, weil viele an einem Strang ziehen: Der Taubstumme, der sich mit seinen Gebrechen nicht einigelt und sich nicht verschämt zurückzieht; die Ungenannten, die für ihn eintreten; die anderen, die sensibel und feinfühlig wahrnehmen, dass da etwas Gutes am Werk ist und eben Jesus, der seufzt und zum Himmel schaut und den Kranken berührt. All das zusammen bewirkt, dass ein einzelner wieder heil wird.

Ein Wunder erklären zu wollen übersteigt wohl alle menschlichen Fähigkeiten; ein Wunder, das man erklären könnte, wäre wohl auch gar kein Wunder mehr. Vielen ist deshalb wichtig, den Fokus bei den Wundergeschichten auf die Größe Gottes zu legen, „bei dem kein Ding unmöglich ist“. Diese wunderbaren Begegnungen sind vielen gläubigen Menschen ein Verweisen darauf, wie sehr wir Menschen der Gnade und der Zuwendung Gottes bedürfen und dass wir Menschen uns zur Demut verpflichten und zur anbetenden Dankbarkeit. Das mag alles so sein.

Aber diese Wundererzählung, wie eigentlich auch all die anderen, die die Heilige Schrift aufbewahrt, enthält auch sehr viel Bodenständiges und Verständliches. Und ich bin mir sicher, dass das, was ich erklären kann und worauf ich Einfluss nehmen kann, nicht weniger konstitutiv ist für meinem christlichen Glauben. Unbeschadet all des Wunderbaren, Unerklärbaren und die Vernunft Übersteigenden hilft mir die Dimension der Menschlichkeit, meinen Glauben zu leben, ihn ganz fest in mein Leben einzubinden, ja sogar noch mehr: Mein Leben auf diesen Glauben aufzubauen.

Diese schlichte Menschlichkeit hilft mir, dem fernen, unnahbaren Gott nahe zu kommen, in Berührung zu kommen mit ihm; sie hilft mir, den Menschen anders zu sehen, all die Äußerlichkeit des Menschen relativieren zu können und zum Wesen des Menschen und des Menschlichen vorzudringen. Es hilft mir, diese verdammte Ungerechtigkeit entlarven zu können, mit der wir in unserer Welt Menschen als „Armutsflüchtlinge“ beschimpfen oder als „Wirtschaftsflüchtlinge“ bezeichnen und uns selbst als die Überlegenen darstellen.

Das Wunder im Gebiet der Dekapolis mag aus medizinischer Sicht ein unerklärbares Phänomen gewesen sein, aus der Perspektive des Glaubens ist es in meinen Augen ein sehr wohl nachvollziehbares Geschehen:

Da wo Menschen einander sehen, wahrnehmen und stützen, da kann Leben immer als heil und gesund erfahren werden, ganz gleich, ob sich ein medizinisches Wunder vollzogen hat oder nicht. Da wo Menschen zusammenstehen und achtsam aufeinander sind, da haben wir allen Grund, aus dem Staunen nicht mehr herauszukommen.

Ihnen, lieber Herr Cupelli, wünsche ich eine solche Fähigkeit zu Staunen und nicht minder auch die Begabung, andere in Staunen versetzen zu können. Heute bekommen Sie allen Geist dazu, den wir Menschen brauchen. Glauben ist eben nicht nur einfach, sondern auch verbindend. Sie sind in diese Gemeinschaft eingebunden, darauf darf unsere Gemeinschaft, die Kirche, stolz sein.

Christoph Simonsen


22. Sonntag im Jahreskreis B – 2015

Lesung: Deuteronomium 4,1-2.6-8

Und nun, Israel, höre die Gesetze und Rechtsvorschriften, die ich euch zu halten lehre. Hört und ihr werdet leben, ihr werdet in das Land, das der Herr, der Gott eurer Väter, euch gibt, hineinziehen und es in Besitz nehmen. Ihr sollt dem Wortlaut dessen, worauf ich euch verpflichte, nichts hinzufügen und nichts davon wegnehmen; ihr sollt auf die Gebote des Herrn, eures Gottes, achten, auf die ich euch verpflichte. Ihr sollt auf sie achten und sollt sie halten. Denn darin besteht eure Weisheit und eure Bildung in den Augen der Völker. Wenn sie dieses Gesetzeswerk kennen lernen, müssen sie sagen: In der Tat, diese große Nation ist ein weises und gebildetes Volk. Denn welche große Nation hätte Götter, die ihr so nah sind, wie Jahwe, unser Gott, uns nah ist, wo immer wir ihn anrufen? Oder welche große Nation besäße Gesetze und Rechtsvorschriften, die so gerecht sind wie alles in dieser Weisung, die ich euch heute vorlege?

„Hört, und ihr werdet leben“

„Ich meine nicht das Klischee des interreligiösen Dialogs, bei dem sich alle an den Händen halten und doch jeder meint, dass er die Weisheit gepachtet hat und der andere bitte schön erst einmal seine selbstkritischen Hausaufgaben erledigen soll. Ich meine nicht einmal Freundschaft….“Ich meine „die Liebe zum Fremden – auch dort, wo man dogmatisch unterschieden bleibt.“ Liebe in diesem Sinne „ist etwas, das über unseren Verstand und über Toleranz hinausgeht, uns über uns selbst hinauswachsen lässt, über unser kleines, beschränktes Ich.“ Von solch einer Liebesfähigkeit, wie sie Navid Kermani in einem Interview in der „ZEIT“ beschreibt, ist die Welt wohl weiter entfernt denn je. Staatsmänner und -frauen demokratisch gesinnter Länder unterscheiden zwischen Flüchtlingen christlicher und andersgläubiger Religiosität; der Kölner Erzbischof muss betroffen darauf verweisen, dass Christen die am meisten verfolgte Religionsgemeinschaft weltweit sind; zugleich wird der Islam per se verallgemeinernd als mörderisch und kriegstreibend hingestellt; orthodoxe Juden verprügeln ihre liberalen Glaubensbrüder und -schwestern; in dem größten demokratischen Land dieser Erde, in Indien, stehen sich Hindus und Moslems unversöhnlich gegenüber, wobei die Frauen und die Ärmsten wie so oft die Leidtragendsten sind. Egon Bahr, das in der vergangenen Woche verstorbene Urgestein der Sozialdemokratie beschwor kurz vor seinem Tod in einem Interview: „ich, ein alter Mann, sage euch, dass wir in einer Vorkriegszeit leben.“ Ein wahnwitziger Gedanke – aber ist er so abwegig?

Die perfideste Weise, Menschen zu demütigen und einem Volk seine Würde zu nehmen ist die, ihre Heiligtümer zu schänden. So tief ist die Menschheit heute gesunken, dass sie genau dies tut. Die Kirche am See Genezareth in Tabgha wurde von verblendeten Juden angezündet; vor dem Schrein des Hindu Gottes-Brahma in Bangkok explodierte eine Bombe; in einer Synagoge in Jerusalem töteten Palästinenser vier Juden; die schiitische Al-Anud-Moschee wurde von den IS Kämpfern dem Erdboden gleich gemacht; im Osten unseres Landes zünden Idioten – anders kann ich sie nicht bezeichnen – Häuser an, in denen Fremde nach langer und qualvoller Reise ein klein wenig Sicherheit und Heimat zu erfahren hoffen, einen Ort, an dem sie leben und beten können. All das geschieht im 21. Jahrhundert, im Jahr 2015, in einer Welt, die sich aufgeklärt nennt und doch so barbarisch mit Füßen tritt, was Menschen heilig ist.

Es geht nicht darum, einen Gesetzes-Fetischismus zu pflegen, Gesetze ersetzen das Leben nicht und schon gar nicht befreien sie den Menschen davon, Eigenverantwortung zu übernehmen; aber ich bin dankbar, Kind eines Gottes sein zu dürfen, der uns Menschen Gesetze und Vorschriften anvertraut hat, die nur eines und wirklich nur eines im Sinn haben, das Leben und die Würde eines Menschen und alles Geschaffenen zu achten und zu ehren. Darin besteht unsere Weisung und unsere Bildung als Christinnen und Christen heute, dieser Rechtsvorschrift Gottes alle Priorität einzuräumen, das Geschaffene, das von Gott Geschaffene, zu ehren. So erweisen wir uns als ein „weises und gebildetes Volk“ und dürften uns geschätzt wissen, anderen Vorbild zu sein. Wie hoch ist dieser Anspruch, zu hoch vielleicht? Und wie tief müssen wir uns in diesen göttlichen Anspruch hinein versenken, noch tiefer vielleicht, als bisher getan? Christinnen und Christen in der Welt heute, die dem Gräuel, der Barbarei und der Gotteslästerung nicht mit dem gleichen Hass begegnen, der ihnen die Würde, oft sogar das Leben nimmt, mahnen uns dazu.

Um nicht Gleiches mit Gleichem zu vergelten, um nicht in die Spirale des Hasses zu geraten, fliehen sie lieber und erleiden, dass das, was ihnen heilig ist, der Zerstörung anheim fällt. Sie vertrauen darauf, dass das Heilige nicht nur in den heiligen Stätten des Glaubens ist, sondern nicht minder auch ihnen. So tragisch der Verlust der Heimat und der Gotteshäuser ist, so groß ist die Zuversicht, dass keiner Gott aus dem Herzen eines Menschen zu verjagen vermag.

„Hört, und ihr werdet leben.“ Deshalb sind wir hier, deshalb ist uns der Sonntagabend heilig, um zu hören, gemeinsam zu hören. Und dann gemeinsam leben zu können als ein weises und gebildetes Volk, in dem alles verbannt werde, was den Menschen zum Unmenschen werden lässt. Denn wer hört, grölt nicht, schlägt nicht, grenzt nicht aus; wer hört, an heiligem Ort hört, dem wird heilig alles, was lebt, auch und vor allem, was fremd erscheint. Nein, als Christ habe ich nicht den Anspruch, die Weisheit gepachtet zu haben. Aber wir haben als Christinnen und Christen die Fähigkeit, tatsächlich über uns selbst hinauszuwachsen und unser kleines „Ich“ einzubinden in ein weltumspannendes „Wir“. Dazu ermutigen die göttlichen Gesetze.

Christoph Simonsen


21. Sonntag im Jahreskreis B – 2015

Evangelium: Johannes 6, 60-69
Viele seiner Jünger, die ihm zuhörten, sagten: Was er sagt, ist unerträglich. Wer kann das anhören? Jesus erkannte, dass seine Jünger darüber murrten, und fragte sie: Daran nehmt ihr Anstoß? Was werdet ihr sagen, wenn ihr den Menschensohn hinaufsteigen seht, dorthin, wo er vorher war? Der Geist ist es, der lebendig macht; das Fleisch nützt nichts. Die Worte, die ich zu euch gesprochen habe, sind Geist und sind Leben. Aber es gibt unter euch einige, die nicht glauben. Jesus wusste nämlich von Anfang an, welche es waren, die nicht glaubten, und wer ihn verraten würde. Und er sagte: Deshalb habe ich zu euch gesagt: Niemand kann zu mir kommen, wenn es ihm nicht vom Vater gegeben ist. Daraufhin zogen sich viele Jünger zurück und wanderten nicht mehr mit ihm umher. Da fragte Jesus die Zwölf: Wollt auch ihr weggehen? Simon Petrus antwortete ihm: Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens. Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes.

Wenn Freundschaft leiden macht
Es ist so lange her, dass ich heute darüber reden kann. Mehr als 20 Jahre ist es her, dass ich mich mit einem Freund so sehr überworfen habe, dass wir das Vertrauen zueinander verloren haben und ich erleichtert war, als er weit weg in eine andere Stadt gezogen ist.
Als damals diese Freundschaft zerbrach, da fühlte ich mich wie gefesselt von einer tiefen Scham. Ich habe mich damals geschämt dafür, dass ich mir und anderen eingestehen musste, eine Freundschaft beendet zu haben, die doch zuvor so vertraut, so lebendig, so stark gewesen war. Aus heutiger Sicht bin ich eigentlich nur traurig darüber, dass wir keinen Kontakt mehr haben. Was damals so über die Maßen beängstigend und bedrohlich erschien, würde sich heute wohl als kleinlich und unbedeutend bewahrheiten. Damals war es mir – um ein Wort des heutigen Evangeliums aufzugreifen – unerträglich, mit ihm weiter in Freundschaft verbunden zu sein; zu hart und vorwurfsvoll waren die Worte, die wir einander zugemutet haben, zu existentiell die Frage, um die es damals ging. Wir beide vermochten nicht, über unseren Schatten zu springen und das Problem so zu lösen, das uns entzweit hatte. Eine zerbrochene Freundschaft hinterlässt eine bleibende Narbe im Leben eines Menschen.

Wenn Menschen einander nicht mehr verstehen, gleich, ob sie nicht verstehen können oder wollen, dann geht immer etwas kaputt. Und wir Menschen sollten wohl weislich überlegen, ob  wir mit dieser Erfahrung leben möchten. Wohl wissend, dass es ein Leben ohne Brüche wohl nie geben wird, sollten wir aber dabei bedenken, dass es dabei nie immer nur um etwas geht. Wenn Menschen auseinandergehen, dann geht es immer um einen tiefen Verlust von Menschlichkeit.

Diese Erfahrung ist wohl auch Jesus nicht erspart geblieben. Was er sagte, war anderen unerträglich und sie vermochten ihm nicht mehr zu folgen. Auch Jesus musste im Innern verarbeiten, dass Freundinnen und Freunde sich von ihm distanzierten. Auch sein Leben war gezeichnet von der Erfahrung, anderen nicht gerecht geworden zu sein, Erwartungen enttäuscht zu haben. Denn es waren ja nicht irgendwelche Menschen, die sich von ihm abgewandt hatten, schon gar nicht feindlich gesinnte Menschen; es waren Vertraute, die einen großen Teil ihres Lebensweges mit Jesus geteilt hatten zuvor. Und auch ihn, davon bin ich überzeugt, ihn: der sich so sehr auf die Menschen eingelassen hat, haben diese Abschiede verletzt und geschmerzt. Fast wehleidig fragt er die, die bleiben: „Wollt auch ihr weggehen?“ Allein in dieser Frage klingt so viel Traurigkeit mit und so viel Enttäuschung darüber, unverstanden zu sein. Das Bekenntnis des Petrus: „Du hast Worte ewigen Lebens“ werden ihn sicher getröstet haben. Aber Trost allein, so wertvoll er ist, Trost allein kann nicht darüber hinwegtrösten, dass andere einen verlassen haben. Freundschaft und Verbundenheit ist nicht austauschbar.

Was bleibt nach einem solchen Riss anderes, als sich selbst zu prüfen und sich ehrlich die Frage zu stellen, ob die eigene Überzeugung, das zugesprochene Wort, das geschenkte Leben so echt, so wahrhaftig, so zweifelsfrei gewesen ist, dass nichts hätte anders gesagt oder getan werden können. Denn dies ist die einzig ehrliche Möglichkeit, dem Ende einer Freundschaft angemessen zu begegnen: Das Hinterfragen seiner selbst. Und dem Hinterfragen folgt die Vergewisserung, die Vergewisserung, wirklich sich gesagt und sich geschenkt zu haben und nicht irgendetwas von sich, etwas Austauschbares, Beliebiges. Nur, wenn ich ganz bei mir bin und nur wenn ich mich ganz zu sagen und zu schenken bereit bin, nur dann kann wirkliche Freundschaft entstehen und tragende Verbindung wachsen. Und ganz bei mir bin ich, wenn ich ganz bei Gott bin; und ganz mich schenke ich, wenn ich das schenke, was Gottes ist.

Eben dies tut Jesus. Er reflektiert über sein ganzes Leben. Er schaut, wo er herkommt, auf wen hin er zugeht und woraus er lebt. Er überzeugt sich selbst und die anderen, dass das, was er sagt und was er lebt, von Gott kommt und auf Gott verweist. Eine solche Freundschaft ist frei von Egoismen und Vordergründigkeiten. Jesu Freundschaften bauten auf diesem Fundament auf. wer würde bezweifeln, dass uns Menschen eine solche Freundschaft auch überfordern kann.

Dass ich die Trennung von damals bis heute nicht vergessen konnte und sie mir im Meditieren des heutigen Evangeliums wieder in Erinnerung gekommen ist, das macht mir deutlich, dass zumindest ich, vielleicht auch wir beide, zu wenig auf dieses Fundament des Geistes Gottes vertraut haben. So menschlich es ist, dass  Freundschaften sich kaum befreien können von Eigennutz und Gewinnstreben, so anspruchsvoll ist der wirklich tragende Sinn einer Freundschaft, die in Gott gegründet ist. Dann können wir zur Freundin oder zum Freund sagen:  „Zu wem sollten wir gehen? Du hast Worte des Lebens für mich, die mich dem Göttlichen näher bringen.“

Christoph Simonsen


20. Sonntag im Jahreskreis B – 2015
Lesung: Buch der Offenbarung 11,9a.12,1-6a.10ab

Der Tempel Gottes im Himmel wurde geöffnet und in seinem Tempel wurde die Lade seines Bundes sichtbar. Dann erschien ein großes Zeichen am Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet; der Mond war unter ihren Füßen und ein Kranz von zwölf Sternen auf ihrem Haupt. Sie war schwanger und schrie vor Schmerz in ihren Geburtswehen. Ein anderes Zeichen erschien am Himmel: ein Drache, groß und feuerrot, mit sieben Köpfen und zehn Hörnern und mit sieben Diademen auf seinen Köpfen. Sein Schwanz fegte ein Drittel der Sterne vom Himmel und warf sie auf die Erde herab. Der Drache stand vor der Frau, die gebären sollte; er wollte ihr Kind verschlingen, sobald es geboren war. Und sie gebar ein Kind, einen Sohn, der über alle Völker mit eisernem Zepter herrschen wird. Und ihr Kind wurde zu Gott und zu seinem Thron entrückt. Die Frau aber floh in die Wüste, wo Gott ihr einen Zufluchtsort geschaffen hatte. Da hörte ich eine laute Stimme im Himmel rufen: Jetzt ist er da, der rettende Sieg, die Macht und die Herrschaft unseres Gottes / und die Vollmacht seines Gesalbten.

Maria: Die Frau, die in die Wüste geschickt wurde
Nach der Säkularisierung sei unsere Gesellschaft „geworfen auf die klebrige Spur der Evolution“, so formulierte es einmal der Philosoph Peter Sloterdijk.
Ich glaube, er wollte damit eine gewisse Trostlosigkeit und Traurigkeit zum Ausdruck bringen, dass wir Menschen nur noch in Erklärungs- und Deutungsmustern denken und reden können und es verlernt hätten, die Kraft der Mythen und Märchen zu würdigen. Und so ganz Unrecht hat er glaub ich nicht. Aber es gab auch andere Zeiten; Zeiten, in denen die Menschen sich Geschichten erzählt haben und Lebenserfahrung und Phantasie miteinander zu verbinden wussten.

Heute, am Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel, durften wir aus so einer alten Geschichte hören. Und wenn ich sage, Geschichte, dann bedeutet das nicht, dass die Wahrheit hier zurücktreten müsste. Die Kunst der Mythen ist es, Wahrheit und Phantasie miteinander geheimnisvoll ineinander zu verweben.

Die Geschichte, in die wir heute hineingezogen werden, ereignet sich nicht irgendwo, sondern im Himmel. Es ist eine Geschichte, die uns im Unklaren lässt darüber, in welcher Zeit sie angesiedelt ist.  Sie scheint von einer Zeit vor der Erschaffung der Welt zu erzählen, aber sicher ist es nicht. Gewiss ist, auch im Himmel scheint nicht nur Friede zu sein und Feststimmung. Ausruhen im Himmel ist wohl nicht. Leben ist anstrengend und bleibt anstrengend. Wer die Nähe Gottes sucht, wer seine Nähe spüren möchte – und Himmel ist: nahe sein bei Gott -, dem werden Entscheidungen abverlangt.

Das Märchen beginnt mit der Öffnung der Lade im himmlischen Tempel. In der Lade liegen die Steintafeln des Mose, auf denen die 10 Gebote aufgeschrieben sind; die Gebote Gottes, die so klingen,  als seien sie Verbote: „Du sollst nicht, du sollst nicht, du sollst nicht…“. Wer von uns kennt eigentlich noch die 10 Gebote und könnte sie aufzählen? Vielleicht geht es Euch wie mir? Ich hab die Gebote früher zu allererst als Verbote verstanden. Klar, ich weiß, dass ich nicht lügen soll, dass ich nicht töten soll, dass ich nicht stehlen soll, nicht begehrlich sein soll und so weiter. Aber dieser Kommandoton, der ging mir ziemlich auf den Senkel. Heute weiß ich darum, dass es Regeln bedarf, um das Leben gestalten zu können und ich weiß auch, dass Regeln nicht nur einschränken, sondern auch einen Freiraum eröffnen, den es zu gestalten gilt und wozu ich aufgerufen bin, dies auch zu tun. In dem „Du sollst nicht…“ offenbart sich eine ernsthafte Einladung, Leben achtungsvoll und ehrfürchtig zu gestalten. Gottes Gebote sind eine Herausforderung zu einem verantwortungsbewussten Leben und einem verantwortlichen Lebensstil.

Die Lade öffnete sich, die göttlichen Gebote wurden offenbar und es erschien ein großes Zeichen am Himmel: „Eine Frau, mit der Sonne bekleidet; der Mond war unter ihren Füßen und ein Kranz von zwölf Sternen auf ihrem Haupt.
Sie war schwanger und schrie vor Schmerz in ihren Geburtswehen.“ Märchenhafte Bilder, der ganze Kosmos, alles was ist, ist dieser wundersamen Frau zugetan und zugleich ist Schmerz da und Anfeindung, sichtbar gemacht in dem anderen Zeichen des feuerroten siebenköpfigen Drachen. Wo wir Menschen auch sind, was immer wir zu tragen haben, mitten im Gebären, mitten im Werden und Wachsen des Lebens, mitten in der Schönheit der Schöpfung, im Funkeln der Sterne und im Strahlen der Sonne: in all dem ist das verheißungsvollste Geschöpf, die gebärende Frau, der Dunkelheit und dem Tod ausgesetzt. Wer sich den Weisungen Gottes stellt, der wird auch immer mit ihnen und um sie ringen müssen.

Und dieses Märchen wird immer geheimnisvoller, unverständlicher, jeglicher Sinn scheint sich zu entziehen, denn wer könnte verstehen, dass das neugeborene Kind auf den Thron Gottes entrückt wird und die Frau in die Wüste fliehen musste. Selbst wenn ihr die Wüste ein von Gott zugedachter Zufluchtsort sein sollte, so bleibt Wüste eben Wüste, karg und dem Leben alle Kraft abringend, um überhaupt überleben zu können. Was nutzt die Macht und die Herrschaft Gottes und was berechtigt, vom rettenden Sieg Gottes zu sprechen, wenn das Leben ein Wüstenleben bleibt? Banal gefragt: Wo ist der Gewinn für mich, für den Menschen überhaupt, sich diesem Gott anzuvertrauen? Was nutzt mir die Herrschaft Gottes, wenn mein und des Menschen Zufluchtsort die Wüste ist? Je mehr ich mich in die Prophezeiungen des Johannes hinein vertiefe, umso düsterer, aussichtsloser und fragwürdiger wird mir die Sinnhaftigkeit des Glaubens; warum glauben, wenn glauben nur anstrengend, nur mühevoll und leidvoll ist?

Erst jetzt, in dieser düsteren inneren Befindlichkeit sehe ich, dass der vorliegende Text, wie die Kirche ihn für heute auserwählt hat, einige Verse zwischendrin ausgelassen hat, nämlich die Verse 7-10 des 12. Kapitels. Aber genau da wird Wesentliches beschrieben, dass nämlich ein Kampf stattfindet zwischen den Engeln Gottes und dem Drachen. Die Engel Gottes, an der Spitze Michael, gewannen den Kampf, der Drache und seine Engel wurden gestürzt und auf die Erde hinab geworfen. Jetzt bekommt die Geschichte einen ganz anderen Sinn. Wer um des Guten Willen kämpft, der wird gewinnen. Nicht die Herrschaft Gottes ist das Ziel der Auseinandersetzung und des Kampfes, sondern die Befreiung des Menschen. Die Herrschaft Gottes ermöglicht die Befreiung des Menschen. Gott herrscht nicht, um zu herrschen, sondern um zu befreien. Gott dreht sich nicht um sich selbst, Gott geht es um das, was er geschaffen hat und wofür er Verantwortung empfindet.

Die Frau, die in die Wüste geschickt wurde, ist sie die gleiche Frau, die Quelle der Befreiung werden sollte und die später beten konnte: „Der Mächtige hat Großes an mir getan und sein Name ist heilig. Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht über alle, die ihn fürchten. Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind. Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen…“? War die Wüste als ihr Zufluchtsort, die Wüste als ein Ort der Orientierungslosigkeit und der Ungewissheit, die Wüste als Synonym  dafür, nach Bestimmung und Lebenssinn suchen zu müssen, war diese Wüste zur Quelle der Gewissheit geworden, dass, den guten Kampf zu kämpfen, nicht nur anstrengend ist und Kraft verzehrend, sondern Sinn macht und Sinn schenkt?

Maria zeigt, was wir Menschen gewinnen, wenn wir uns diesem Gott der Befreiung anvertrauen: Zukunft gewinnen wir; Sinn gewinnen wir; Heimat gewinnen wir. Und in allem gewinnen wir die Erkenntnis, dass nicht das Machbare, das Kontrollierbare, das Erklärbare uns Menschen das Leben sichert, sondern das Unvermutete, das Unverhoffte, das Geheimnisvolle; oder, um den Himmel ins Spiel zu bringen: Das nach oben hin Offene.
Christoph Simonsen


19. Sonntag im Jahreskreis B – 2015

Lesung: 1 Könige 19,4-8
Elija ging eine Tagereise weit in die Wüste hinein. Dort setzte er sich unter einen Ginsterstrauch und wünschte sich den Tod. Er sagte: Nun ist es genug, Herr. Nimm mein Leben; denn ich bin nicht besser als meine Väter. Dann legte er sich unter den Ginsterstrauch und schlief ein. Doch ein Engel rührte ihn an und sprach: Steh auf und iss! Als er um sich blickte, sah er neben seinem Kopf Brot, das in glühender Asche gebacken war, und einen Krug mit Wasser. Er aß und trank und legte sich wieder hin. Doch der Engel des Herrn kam zum zweiten Mal, rührte ihn an und sprach: Steh auf und iss! Sonst ist der Weg zu weit für dich. Da stand er auf, aß und trank und wanderte, durch diese Speise gestärkt, vierzig Tage und vierzig Nächte bis zum Gottesberg Horeb.

„Wo Gefahr ist, da wächst das Rettende“

„Wo Gefahr ist, da wächst das Rettende“ so hat Friedrich Hölderlin einmal seine Lebenserfahrungen zusammengefasst. Und sie klingt fast, so als wären sie eins zu eins auf das Leben des Prophet Elija zugeschnitten.

Gottes Wort lässt sich nicht in Einklang bringen mit den Vorstellungen der Reichen und Mächtigen auf dieser Welt. Propheten sind Menschen ohne Macht. Sie haben keine Partei hinter sich, keinen Apparat, der ihnen zuspielt und sie raus boxt, wenn mal was daneben geht. Propheten sind zumeist einsame Menschen und das Schicksal ihres Lebens ist, dass sie nur zu oft wanken zwischen Idealismus und Resignation.

So ist Elija also in die Mühlen der Macht geraten. Der Königin Isebel ist er ein Dorn im Auge. Er stört ihren Kreis, ihre Machtkreise. Diesen Kampf, das weiß er von vornherein, den wird er niemals gewinnen können. Deshalb flieht er. Wen wundert es, dass Elija an sich selbst verzweifelt. Er zweifelt nicht an seinen Überzeugungen, er verzweifelt an der Selbstherrlichkeit der anderen. Und das macht müde – lebensmüde. Die Lebensaufgabe, der er sich verschrieben hat, hat ihn zur Selbstaufgabe genötigt. Ein Prophet, der seine Ideale verloren hat, macht sich selbst überflüssig. Der Tod wäre für ihn eine Erlösung. Aber so einfach geht Erlösung wohl nicht, zumindest nicht im Namen Gottes. „Nun ist es genug, Herr“ klagt er. Elija ist nicht mehr in der Lage, die Menschen ernst zu nehmen; deshalb will er sein Leben in die Hand Gottes zurückgeben. Gott aber nimmt den Menschen ernst und mutet Elija deshalb zu, das Leben zu ertragen. Er lässt Elija nicht in Ruhe. „Steh auf und iss“, befiehlt er.

Es wäre fatal, die Elija-Erzählung vom Ende her lesen zu wollen. Da gibt es dann ja alle Ermutigung und eine neue Lebensperspektive. So konnte er dann den langen Weg zum Berg Horeb zu gehen, wo er reich beschenkt wurde. Ein Happy-End vor Augen, da ließe sich leicht mal eine Durststrecke durchleiden. Aber so war es nicht. Elija hatte kein Happy-End vor Augen. Nur weil er all das Dunkle und Ausweglose in seinem Herzen zugelassen hat, sie nicht übertüncht hat mit frommen Sprüchen, nur weil er sein Leben in der allerletzten Konsequenz der Ausweglosigkeit angenommen
hat, weil er sein Scheitern angenommen hat, nur deshalb konnte sich in ihm etwas offenhalten, was keiner erwarten kann.

Es gibt ja Menschen, die wähnen sich so fest und unerschütterlich in ihrem Glauben, das sie davon überzeugt sind, sie könnte nichts aus der Bahn werfen. Die finden sich dann sehr oft in den Talkshows wieder und brüskieren fragende und zweifelnde Menschen , indem sie ihnen ihre klugen Weisheiten und ihren unerschütterlichen  Bilderbuchglauben um die Ohren schlagen. Nicht nur mir erscheint dies oft lieblos und selbstgerecht, wenn diese Damen und Herren irgendwelcher rechtgläubigen Vereine anderen von oben herab nahezu mitleidig vermitteln, dass ihr Glaube sie noch nie enttäuscht hätte und sie noch nie in Bangen und Zweifeln geraten seien.

Solche Menschen, das zeigt die Lebensgeschichte des Elija, schustern sich ihren Glauben als Selbstschutz zurecht. Gott glauben, das heißt in letzter Konsequenz, das Leben in der ganzen Widersprüchlichkeit seiner Darstellungsformen zulassen zu können. Nicht gleich alles bewerten und bemessen, sondern es erst einmal zulassen, es in sich hinein versenken, das vermag, der sich im Glauben Gott stellt. Es ist ehrlicher vor Gott, sich einzugestehen: „Ich kann nicht mehr weiter“ als allen Zweifel und alle Bedrängnis weit von sich zu weisen.

Elija ist seinen Weg gegangen. Er konnte nicht anders, aber er wollte auch nicht anders. Sein Weg führte in Depression und Verlorenheit. Nicht solch eine Depression zu erfahren ist schrecklich; nein, sie zu verleugnen wäre furchtbar. Elija ist nicht ausgewichen. Er hat begriffen, dass er um sein eigenes Leben keinen Bogen schlagen kann. Elija muss und darf die Erfahrung machen, dass das Dunkle, das Verwirrende, das Depressive nur zu überwinden ist, wenn man es anzunehmen bereit ist. So erfährt er, dass ihm in dem Augenblick Licht und Kraft zuteilwird, als er bereit war, die Abgründe seines Lebens zuzulassen.

Max Frisch hat es poetisch auf den Punkt gebracht: „Erst wenn das Grässlich einbegriffen ist, beginnt mögliche Erlösung, die mehr ist als voreilige Harmonie.“ Ja, Erlösung ist mehr als ewige Harmonie, die die Grenzen des Lebens übersteigt und auflöst; Erlösung ist ewige Harmonie mit Gott, die die Grenzen des Leben erst würdigt, um sie dann zu übersteigen.

Christoph Simonsen


18. Sonntag im Jahreskreis B – 2015

Evangelium: Johanes 6,24-35
Als die Leute sahen, dass weder Jesus noch seine Jünger dort waren, stiegen sie in die Boote, fuhren nach Kafarnaum und suchten Jesus.  Als sie ihn am anderen Ufer des Sees fanden, fragten sie ihn: Rabbi, wann bist du hierher gekommen?  Jesus antwortete ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Ihr sucht mich nicht, weil ihr Zeichen gesehen habt, sondern weil ihr von den Broten gegessen habt und satt geworden seid. Müht euch nicht ab für die Speise, die verdirbt, sondern für die Speise, die für das ewige Leben bleibt und die der Menschensohn euch geben wird. Denn ihn hat Gott, der Vater, mit seinem Siegel beglaubigt. Da fragten sie ihn: Was müssen wir tun, um die Werke Gottes zu vollbringen? Jesus antwortete ihnen: Das ist das Werk Gottes, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat. Sie entgegneten ihm: Welches Zeichen tust du, damit wir es sehen und dir glauben? Was tust du? Unsere Väter haben das Manna in der Wüste gegessen, wie es in der Schrift heißt: Brot vom Himmel gab er ihnen zu essen. Jesus sagte zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. Denn das Brot, das Gott gibt, kommt vom Himmel herab und gibt der Welt das Leben. Da baten sie ihn: Herr, gib uns immer dieses Brot! Jesus antwortete ihnen: Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.

Die Frage aller Fragen
Es gibt Zeilen im Evangelium, Gedanken, Worte, an denen beißt man sich die Zähne aus. Die erscheinen so rätselhaft, dass wir Menschen, vor allem wir Theologen versucht sind, ganz schnell in  die Tiefen theologischer und vergeistigter Sphären abzuheben, um sie sich gefügig zu machen. Zu solchen Worten gehört ganz sicher der heutige Text. „Müht euch um die Speise, die für das ewige Leben bleibt“.

Als ich noch als Seelsorger im Krankenhaus gearbeitet habe, da bin ich oft von sterbenden Patienten gefragt worden, was denn nach dem Tod käme, wie das denn aussehen würde, das ewige Leben. In solchen Gesprächen fühlte ich mich oft gedrängt in die Rolle des Fachmanns in Fragen von Leben und Tod. Und mit diesem Anspruch tu ich mich bis heute sehr schwer. Als Seelsorger und Priester bekommt man schnell den Stempel eines Lehrers aufgedrückt, so wie damals Jesus ja auch. In solchen Augenblicken, wo Menschen nichts mehr verletzt als Phrasen und unverbindliches Gerede, da will eine Antwort gut überlegt sein und wenn ich keine Antwort habe, dann muss ich dies auch eingestehen. Und wer vermag schon zu sagen, was ewiges Leben ist? Immer, wenn mir diese Frage gestellt wurde, wurde es zunächst sehr still im Raum, denn ich verweigerte eine Antwort. Schweigen erzeugt nicht unbedingt nur Ungeduld und Ratlosigkeit, sondern auch Dichte und Klarheit. Nach solch einer ernsthaften Stille, da entkrampften sich ganz oft die Gesichtszüge der Sterbenden und manchmal war sogar ein zartes Lächeln auf dem Gesicht zu sehen. Und in diesem Lächeln offenbarten sich mir nicht selten wunderschöne Bilder, die der Sterbende in der Stille innerlich gemalt hat. Ewiges Leben muss etwas mit Ruhe zu tun haben, mit Sorglosigkeit und mit entspannter Fraglosigkeit. Vielleicht unterscheidet sich das ewige Leben vom Irdischen, dass es keine Fragen mehr stellt, dass nicht die Vergangenheit und auch nicht die Zukunft die lebensbestimmenden Elemente des Lebens sind, sondern nur der Augenblick, das Jetzt und Hier.

Als Student, da war ich so sehr interessiert an diesem so oft in der Heiligen Schrift beschworenen „ewigen Leben“, dass ich meine Diplomarbeit über die Eschatologie geschrieben habe, über die Lehre der „Letzten Dinge“, wie es so schön theologisch heißt. Ich hab Antworten gesucht auf diese Frage aller Fragen bei dem für mich so achtenswerten Theologen Karl Rahner. Das ist wohl menschlich, dass man sich orientiert an anderen Menschen, von denen man hofft, dass sie bei der Beantwortung ungelöster Fragen Hilfe sind und Stütze. Aber obwohl ich mit dem Resultat meiner Arbeit sehr zufrieden war und mein Professor übrigens auch, so habe ich auch erkennen müssen, dass selbst ein so tief gläubiger und glaubenswissender Mensch wie P. Rahner, den ich geehrt und geschätzt habe, mir nur einen äußeren Rahmen in seinen Büchern ermöglichen kann, mich der Frage nach dem ewigen Leben zu stellen. eine mich im Leben tragende Antwort liegt nicht außerhalb meiner, sondern einzig in mir. Es mag unzählig weise Menschen geben (und P. Rahner war ganz sicherlich so ein weiser Mensch), aber Fragen, die so sehr in die Tiefe des Lebens eingreifen, Fragen, an denen alles hängt, die vermag im Letzten kein anderer für mich zu beantworten. Es gibt Fragen, die, wenn sie einmal ausgesprochen sind, einen Menschen nur auf sich selbst zurückwerfen, so innig man auch Hilfe von außen ersehnt. Kein Mensch ist genötigt, sich diese Frage zu stellen, die Frage nach dem was ist, wenn alles zu Ende ist. Ich kann mich zufrieden geben mit dem Brot, das mir Kraft gibt, mein Leben hier auf der Erde zu führen. Es mag genügen, das Brot zu teilen und so den Frieden mit allen zu ermöglichen. Wem dies gelingt, dem ist zweifelsohne Gutes gelungen und der darf am Ende dankbar „Lebe wohl“ sagen zu seinen Lieben.

Aber darf es verwundern, dass doch viele Menschen diese andere Frage stellen: diese Frage, die über das, was ist, hinausreicht? Ist nicht allein die menschliche Neugierde  angelegt darauf, über sich hinauswachsen zu wollen?  Wenn sich auch viele Menschen nicht vorstellen können oder auch vorstellen wollen, dass nach dem Tod eine andere Tür aufgeht, zumindest die Frage danach, die lässt keinen kalt.

Daran erinnerte Jesus wohl seine Freundinnen und Freunde und alle Menschen damals. Die Menschen damals fragten ja auch einen weisen Menschen, Jesus nämlich. Aber seine Antworten blieben geheimnisvoll und bleiben es bis heute und machten im Letzten eines deutlich: Wir Menschen müssen uns der Frage nach Gott stellen. Wie immer wir sie für uns beantworten, aber wir müssen uns ihr stellen. Und je näher der Tod kommt, um so hörbarer und fühlbarer wird sie in einem. Dann wünsche ich mir und uns dieses Lächeln auf dem Gesicht, was ich bei so vielen Patienten im Krankenhaus geschenkt bekommen habe. Wie alt wir dann auch sein mögen oder wie jung. Denn in diesem Lächeln  bewahrheitet sich, was ich heute zu glauben versuche: Gott ist im Leben und im Tod und im Tod ist Leben.

Christoph Simonsen


  1. Sonntag im Jahreskreis B – 2015

 

Evangelium: Johannes 6,1-15

Danach ging Jesus an das andere Ufer des Sees von Galiläa, der auch See von Tiberias heißt. Eine große Menschenmenge folgte ihm, weil sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat. Jesus stieg auf den Berg und setzte sich dort mit seinen Jüngern nieder. Das Pascha, das Fest der Juden, war nahe. Als Jesus aufblickte und sah, dass so viele Menschen zu ihm kamen, fragte er Philippus: Wo sollen wir Brot kaufen, damit diese Leute zu essen haben? Das sagte er aber nur, um ihn auf die Probe zu stellen; denn er selbst wusste, was er tun wollte. Philippus antwortete ihm: Brot für zweihundert Denare reicht nicht aus, wenn jeder von ihnen auch nur ein kleines Stück bekommen soll. Einer seiner Jünger, Andreas, der Bruder des Simon Petrus, sagte zu ihm: Hier ist ein kleiner Junge, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische; doch was ist das für so viele! Jesus sagte: Lasst die Leute sich setzen! Es gab dort nämlich viel Gras. Da setzten sie sich; es waren etwa fünftausend Männer. Dann nahm Jesus die Brote, sprach das Dankgebet und teilte an die Leute aus, so viel sie wollten; ebenso machte er es mit den Fischen. Als die Menge satt war, sagte er zu seinen Jüngern: Sammelt die übrig gebliebenen Brotstücke, damit nichts verdirbt. Sie sammelten und füllten zwölf Körbe mit den Stücken, die von den fünf Gerstenbroten nach dem Essen übrig waren. Als die Menschen das Zeichen sahen, das er getan hatte, sagten sie: Das ist wirklich der Prophet, der in die Welt kommen soll. Da erkannte Jesus, dass sie kommen würden, um ihn in ihre Gewalt zu bringen und zum König zu machen. Daher zog er sich wieder auf den Berg zurück, er allein.

„Es geht ums Tun, und nicht ums Siegen

„Ihr habt geschrien und nicht geschwiegen, obwohl ein Schrei nichts ändern kann; ihr habt gewartet und seid geblieben. Es ging ums Tun, und nicht ums Siegen“.

In den letzten Tagen hatte ich zuhause Zeit, mal wieder meine CD-Sammlung zu durchstöbern und bin auf eine CD von Konstantin Wecker gestoßen, den Musikerrebell der 80iger Jahre, diesen in meinen Augen so wunderbaren Wortschöpfer und Lyriker, der mit der Wortgewalt der Sprache der Tatgewalt der Menschen gegenüber trat und es bis heute noch tut. In seinem Lied „Die weiße Rose“ erinnerte er an die Geschwister Scholl, die als einfache Studenten 1943 in München dem Naziterror entgegenzutreten versuchten, indem sie mit Hilfe von Handzetteln zum Beispiel, die sie im großen Treppenhaus der Ludwig-Maximilian-Universität herunter flattern ließen, auf die Barbarei der Nazis aufmerksam machten. Dabei musste ihnen bewusst sein, dass dies dem Kampf zwischen David und Goliath gleicht. Und anders als in der biblischen Geschichte, haben Sophie und Hannes Scholl ihr Tun mit dem Leben bezahlt. „Es ging ums Tun, und nicht ums Siegen“. Gegen die Übermacht der SS und des Militärs mussten die Geschwister Scholl hilflos bleiben; der Hausmeister der Uni denunzierte sie und sie wurden von der Gestapo abgeführt und im Eilverfahren hingerichtet. Die Scholl Geschwister waren nicht blöde, sie mussten darum wissen, im Letzten nichts bewirken und verändern zu können. „Es ging ums Tun, und nicht ums Siegen“. Heute, 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges werden die Geschwister Scholl verehrt als Widerstandskämpfer und aufrechte Menschen. „Denn die aufrecht gehen, sind in jedem System nur historisch hoch angesehen“, resümiert Konstantin Wecker in seinem Lied. Die Nazibarbarei ist überwunden und nichts ist ihr vergleichbar. Aber wenn heute Wohnheime von Asylbewerberinnen und -bewerbern brennen, wenn heute Politiker beklagen, dass es Flüchtlingen zu gut ginge in unserem Land, wenn heute Wirtschaftsinteressen über die Menschlichkeit einer Gesellschaft bestimmen, dann braucht es auch heute Überzeugungstäter, denen es ums Tun, und nicht ums Siegen gehen muss.

Jesus war kein Zauberer, kein Guru, er war ein Mensch aus der Gnade Gottes, der mit aufmerksamen Augen und mit einem mitfühlenden Herzen, wahrgenommen hat, was ist. Er hat nachempfunden, wie es Menschen gehen muss, die nach einem langen Weg müde und hungrig sind. Nur die Bedürftigkeit der Menschen sehen und sie nachempfinden, das war Antrieb für Jesus, zu tun, was er tun konnte. „Lasst die Leute sich setzen“. Dass Jesus um die Müdigkeit und den Hunger der Menschen wusste, ohne dass es ihm andere       angetragen haben, das ist das Wunderbare dieser Geschichte: Dass ein Mensch sieht und im Herzen spürt, woran es den anderen mangelt, das verändert alles, das prägt Leben, das macht Geschichte. Hunger stillen, Not lindern beginnt mit der kindlich naiven Bereitschaft, sich einzulassen auf das, was ist. Jesus holt ein Kind in die Mitte. Kinder und Narren sagen die Wahrheit, so heißt es. Und Kinder machen einfach, überlegen nicht lange. Kinder vermögen es, dem nackten Realismus der Erwachsenen die Naivität des Handelns gegenüberzustellen.

Eine Nachricht der Tagesschau wurde in der vergangenen Woche vielfältig diskutiert. Reem, ein Kind aus dem Libanon, sagte der Bundeskanzlerin, dass sie auch gern so behütet und sicher leben möchte wie viele ihrer deutschen Freundinnen und Freunde. Aber ihre Familie sei von der Abschiebung bedroht. Und was antwortete die Kanzlerin, sicher nicht frei von Gefühlen, aber geprägt durch ihre Rolle und ihr Amt? Man müsse die Gesetze achten und auch sie müsse erst Mehrheiten zustande bringen, um diese Gesetze zu ändern und außerdem müssen auch wirtschaftliche Bedenken geklärt werden. „Es geht ums Tun, und nicht ums Siegen“. Das Kind in der biblischen Geschichte hatte fünf Gerstenbrote und zwei Fische. Und wieder durchkreuzt der nackte Realismus diese Wirklichkeit: „Was ist das für so viele?“. Jesus lässt die Leute sich setzen. Wer sitzt und zur Ruhe kommt, der kann leichter nach rechts und nach links schauen, und der kann offener wahrnehmen, was ist, woran es anderen mangelt und wie man behilflich sein kann. „Wenn jeder gibt, was er hat, dann werden alle satt“.

„Euer Gottvertrauen, ach tät das gut“ klagt Konstantin Wecker in seinem Lied. Dieses Gottvertrauen hat damals 5000 Menschen und mehr satt gemacht und Kraft gegeben. Die Menschen damals wollten Jesus zum König machen. Und als er das merkt, da haut er ab. Er weiß: Die Welt braucht keine Könige, einzig Menschen mit Herz und Tatkraft braucht es.

Christoph Simonsen


Evangelium: Markus 6,30-34
Die Apostel versammelten sich wieder bei Jesus und berichteten ihm alles, was sie getan und gelehrt hatten. Da sagte er zu ihnen: Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus. Denn sie fanden nicht einmal Zeit zum Essen, so zahlreich waren die Leute, die kamen und gingen. Sie fuhren also mit dem Boot in eine einsame Gegend, um allein zu sein. Aber man sah sie abfahren und viele erfuhren davon; sie liefen zu Fuß aus allen Städten dorthin und kamen noch vor ihnen an. Als er ausstieg und die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen; denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er lehrte sie lange.
Wenn ich bei mir daheim bin, dann kann ich überall zuhause sein

Die Worte des heutigen Evangeliums erinnern mich daran, dass unser Leben von zwei großen Bewegungen getragen wird. Der Evangelist schenkt uns dazu ein schönes Bild: In die Fremde gehen und Heimat finden.

Wir hören, dass Jesus seine Freunde ausgesandt hat: ‚Geht und schenkt die Erfahrungen eures Lebens den Menschen weiter, denen ihr auf dem Weg begegnet. Was ihr erlebt habt, davon erzählt. Habt keine Scheu voreinander, fürchtet euch nicht vor fremden Orten. Was ihr mit mir erlebt habt, das schenkt euch Kraft und Phantasie, euch dem Fremden des Lebens gegenüber offen zu halten‘. Im Leben, das Gott schenkt, da ist Bewegung drin. Bewegung, die mehr ist als ein Vorwärtsgehen im gleichförmigen Trott. „Geht, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe“, soll heißen: ‚Ich mute euch die Gefahren des Lebens zu, die Widersprüche und Widerwärtigkeiten. Ich mute euch zu, euch den Wahrheiten des Lebens zu stellen‘. Glaube und geistliches Leben geschieht mitten in diesem Leben und nicht abgezirkelt in schöngeredeten Parallelwelten. Nur, wer sich dem Leben stellt, wer bereit ist, Leben als eine Suchbewegung zu erkennen und wem es zu wenig ist, sich mit vorgegebenem, vorgekauten Leben zufrieden zu geben, nur der wird das Leben finden, in dem auch Gott sich zuhause fühlt. Denn das ist die zweite Lebensbewegung, nach Hause zu finden. Aber das zuhause, in dem Gott lebt, liegt nicht hinter einem. Der Weg heim in die vertrauten Wände des Kinderzimmers ist kein Weg zurück. Wer den sicheren Ort für sein Leben in der Vergangenheit sucht, der traut im Letzten seinen eigenen Begabungen nicht und flüchtet sich in träumerische Sicherheiten.

Nein, Jesus zeigt uns ein anderes zuhause. ER lädt uns ein, von unseren Lebenserfahrungen zu erzählen. Die kleinen und großen Fragen, die sich uns stellen den Lebenssituationen der anderen gegenüber zu stellen. Im Erzählen und im Zuhören erfahren die Spannungen unseres Lebens eine nachhaltige Entspannung; im erzählen und zuhören eröffnen sich neue Perspektiven. Und wenn auch nicht alle Fragen sofort eine Antwort finden, so ermöglicht das Beisammensein mit anderen, eben auch mit diesen Fragen leben zu können. Heimat, Zuhause ist dort, wo ich die Erfahrung machen darf, mit dem Unfertigen, dem Unbeantworteten, dem Unklaren doch in Ruhe und Frieden leben darf. Heimat und zuhause ist dort, wo ich mich getragen weiß von Menschen, denen ich mich mit aller Unfertigkeit anvertrauen und öffnen darf und die mich eben darin bestärken, dass ich so sein darf wie ich bin. Denn wenn ich bei mir daheim bin, dann kann ich überall zuhause sein. Und wenn ich bei mir wohne, kann mein Haus offen sein für andere. Und so zeigt sich Gott mir in mir und überall, wo Menschen mit ehrlichem Herzen beieinander sind.

Christoph Simonsen


 Lesung: Amos 7,12-15
Zu Amos aber sagte Amazja: Geh, Seher, flüchte ins Land Juda! Iss dort dein Brot und tritt dort als Prophet auf! In Bet-El darfst du nicht mehr als Prophet reden; denn das hier ist ein Heiligtum des Königs und ein Reichstempel. Amos antwortete Amazja: Ich bin kein Prophet und kein Prophetenschüler, sondern ich bin ein Viehzüchter und ich ziehe Maulbeerfeigen. Aber der Herr hat mich von meiner Herde weggeholt und zu mir gesagt: Geh und rede als Prophet zu meinem Volk Israel!

„Geh und rede“

Propheten haben eine dumme Angewohnheit: Sie bringen immer alles durcheinander und das für die Allgemeinheit Selbstverständlichste stellen sie in Frage. Von daher verwundert es nicht, dass Amazja den Amos liebend gern irgendwo anders hinschicken will. Amazja ist Priester. Und Priester haben in der Regel nicht nur äußerlich ein ziemlich straffes Korsett an; deren Denk- und Lebensmuster sind nicht selten ebenso uniform; und dazu hängen sie nur zu oft der Überzeugung an, als Erwählte seien sie berechtigt, den Menschen ihre uniformen Überzeugungen aufdrängen zu dürfen. Dabei vergessen sie, dass ihre Berufung ein Dienstauftrag ist und keineswegs ein Siegel zur Machtausübung. Außerdem sind Priester von Natur aus vertraut mit hierarchischen Herrschaftsstrukturen und hinter der Meinung des Oberen kann man sich immer wunderbar verstecken. Der heutigen Lesung kann man zudem entnehmen, dass man sich als Priester irgendwie arrangieren kann mit den weltlichen Machthabern. Dass Amazja Priester in einem Tempel ist, der vom König in Beschlag genommen ist, mag ihm nicht recht sein, aber er lehnt sich auch nicht dagegen auf. Wie heißt es so schön: Man kennt sich, man hilft sich.

Kurzum: Schon 760 vor Christus war es nicht viel anders als heute: Herrschaftsstrukturen, gleich ob weltlicher oder religiöser Natur, stehen immer in der Gefahr, zur Unterdrückung des einzelnen beizutragen. Amos, von dem wir ja heute hören, agiert im Kontext einer Wirtschaftsblüte, die auf dem Rücken der Menschen erreicht wurde. Wirtschaftswunder haben eben ihren Preis. Zugleich hat die Rechtsordnung den Menschen zu einem Objekt der Macht degradiert, einzig seine Erwerbsfähigkeit zählt. All das klingt irgendwie vertraut. Die Priester, die doch eigentlich Fürsprecher der Geknebelten sein sollten, arrangierten sich, sicherten lieber ihren gesellschaftlichen Status, als dass sie sich für andere gekrümmt hätten. Wundert es da, dass Papst Franziskus heute gebetsmühlenartig die Hirten ermahnt, dass Verkündigung und Leben unweigerlich zusammengehören? Dem Propheten Amos damals war klar: Wenn die Ausbeutung weitergeht, wird die Menschlichkeit Schaden nehmen.

Heute sind wir 2775 Jahre weiter. Wir müssten ja eigentlich gelernt haben und weitsichtiger geworden sein. „Geh und rede“, so vernimmt Amos seinen Auftrag. Er hat keine Weihen, keinen Dienstausweis, der seinen Status absichert. Amos ist und bleibt Viehzüchter, einer von ganz unten auf der Skala der Beliebten. Aber er geht – und er redet. „Geh und rede“, das müsste heute wohl heißen: „Heb deinen Hintern hoch und mach dein Maul auf“. Sei auch mal rücksichtslos, um derentwillen, die rücksichtslos beiseitegeschoben werden.

Und ja, wir haben gelernt, auch wenn sich an den Strukturen in der Welt ebenso wenig wie in den Strukturen der Kirche Wesentliches geändert hätte. Die eigentlich Diener sein sollten, üben sich auch weiterhin darin, ihre Ämter als ein Besitztum abzusichern. Aber um Strukturen hat sich Amos im Letzten nicht geschert. Und in seiner Nachfolge gibt es auch heute Prophetinnen und Propheten von unten. Sie zeigen uns, dass Menschen ohne Dienstverpflichtung zur Hilfe bereit sind. Und es gibt auch heute Leute, die nicht in Starrheit verfallen, wenn sie den Hütern des Systems gegenüberstehen. Es gibt Christinnen und Christen, die widersprechen, wenn die vermeintlichen Hirten der Kirchen ihre Weisheiten verkünden, die zwar ihren selbstgemachten Gesetzen gerecht werden, aber nicht den Menschen.

„Geh und rede“, nicht diplomatisch ausgewogen, nicht nach allen Richtungen abgesichert, sondern einzig der Menschlichkeit verpflichtet, denn in der Menschlichkeit zeigt sich das Wesen Gottes. In der Heiligen Schrift heißt es, Gott sei größer als unser Herz. Dann sollte im Vertrauen auf ihn unser Herz doch wohl die Fesseln aller einengenden Strukturen zu sprengen verstehen. Lasst uns also gehen und reden.

Womöglich würde sich dann die gleiche Lesung aus dem Buch Amos so in unsere heutige Zeit übertragen:

Lesung aus dem Buch Aquisgrana:

In jenen Tagen sagte Christoph, der Priester der KHG, zu Carsten:

Geh, Seher, flüchte nach München!

Iss dort deine Semmel, und tritt dort als Redner auf!

In Aachen darfst du nicht mehr als Student reden; denn das hier ist eine

Technische Universität und ein Hort der Wissenschaft.

Carsten antwortete Christoph:

Ich bin kein Theologe und kein Prediger, sondern ich bin ein Maschinenbauer

Und ein einfacher Student.

Aber der Herr hat mich von meiner Thermodynamik weggeholt

Und zu mir gesagt:

Geh und verkünde den Bajuwaren einen lebendigen Glauben, der so ganz anders ist als die Christsozialen ihn verkünden!

Christoph Simonsen


Lesung: Buch der Weisheit 1,13-15;2,23-24

Denn Gott hat den Tod nicht gemacht und hat keine Freude am Untergang der Lebenden. Zum Dasein hat er alles geschaffen und heilbringend sind die Geschöpfe der Welt. Kein Gift des Verderbens ist in ihnen, das Reich des Todes hat keine Macht auf der Erde; denn die Gerechtigkeit ist unsterblich. Gott hat den Menschen zur Unvergänglichkeit erschaffen und ihn zum Bild seines eigenen Wesens gemacht. Doch durch den Neid des Teufels kam der Tod in die Welt und ihn erfahren alle, die ihm angehören.

Mitten wir im Leben stehen, sind vom Tod umfangen

Keine herausragende Persönlichkeit eignet sich in der letzten Zeit wohl besser für aufreißende Schlagzeilen als Papst Franziskus. Ob es um den Klaps auf den Po geht, der noch keinem geschadet hätte oder sein inzwischen geflügeltes Wort im Blick auf in homosexueller Liebe zusammenlebende Menschen: „Wer bin ich denn, dass ich über Menschen urteile, die sich bemühen, treu ihren Glauben zu leben?“. Auch seine deutliche Mahnung an die Regierenden Europas im Blick auf die Flüchtlingskatastrophe im Mittelmehr, sie sollten doch Menschen schützen und nicht Grenzen, ist in aller Köpfe, obwohl sie 2 Jahre alt ist. Nun kommt noch eine weitere dazu, da er in Turin in der vergangenen Woche sagte, wer sich an der Waffenindustrie beteilige, dürfe sich nicht als Christ bezeichnen. Sie seien Geschäftemacher des Krieges mit einem verdorbenen Herzen. Ohne Zweifel ist Papst Franziskus ein Mann der klaren und einfachen Worte, die zu Diskussion anregen, zuweilen auch Widerspruch hervorrufen.

Ein anderes klares, wie auch einfaches Wort, das wir ganz sicher nicht anzweifeln und schon gar nicht hinterfragen würden, hören wir heute in der Lesung: „Gott hat den Tod nicht gemacht. An anderer Stelle in der Heiligen Schrift heißt es: „Ich will, dass sie das Leben haben, und es in Fülle haben“. Ja: Gott ist ein Gott des Lebens und der Tod ist die absolute Verneinung des Lebens. In der Konsequenz kann also der Tod nicht im Sinne Gottes sein, der ja das Leben will. Aber ist eigentlich so eindeutig und zweifelsfrei, dass in diesem Text aus dem Weisheitsbuch der biologische Tod gemeint ist? Kann nicht auch vielmehr der geistige Tod gemeint sein, der im Leben geschieht? In diesem Sinne bekommt das Kirchenlied „Mitten wir im Leben stehen, sind vom Tod umfangen“ eine sehr ernste und zum Nachdenken anregende Bedeutung. Sprechen wir nicht von Toten Augen bei Menschen, die keine Ausstrahlung haben, die ohne Begeisterung, ohne Lust am Leben ihr Dasein fristen? Nicht der biologische Tod trennt den Menschen, der glaubt, von Gott, sondern der geistige Tod. „Gott hat den Tod überwunden für den, der glaubt“, sagt uns das Neue Testament zu. Der Tod am Ende des Lebens vermag uns nicht von Gott zu trennen, wohl aber der Tod mitten im Leben: Der Tod, der aus dem Desinteresse gegenüber der Not der anderen entspringt, aus der Verantwortungslosigkeit gegenüber der Schöpfung, aus der Respektlosigkeit gegenüber der Vielfalt des Lebens oder aus der Kaltschnäuzigkeit derer, die immer nur haben wollen.

Nicht Gott hat den Teufel als seinen Gegenspieler in die Welt gesetzt; Gott bedarf keines Gegenpoles, um als Guter da zu stehen. Und eben das wird auch nicht behauptet, weder in diesem Lesungstext noch sonst wo in der Heiligen Schrift. Vielmehr hat der Mensch selbst zu seiner Entlastung diese Erfindung in die Welt gesetzt und sich so zur eigenen Entlastung eine Bad-Bank geschaffen. So ist dann nicht der Mensch schuld an der vielfältigen Gottlosigkeit in dieser Welt, sondern der Andere, der Böse, der Teufel, der den Menschen verführt und der Mensch darf sich als Opfer selbst bemitleiden.

Ohne dass sich der Inhalt dieser Worte der Schrift verändert, könnte es also auch so heißen: ‚Durch den Neid des Menschen kam der Tod in die Welt‘. Denn ist es nicht so, dass die Menschen nicht verkraften können, dass Gott etwas zusteht, was ihnen, nicht zusteht, und was im Buch Genesis „Baum der Erkenntnis“ genannt wird. Nur wer alle Erkenntnisse des Lebens – und die Betonung liegt hier auf „alle“ – nur der vermag zu richten und zu urteilen über Leben und Tod. Und diese Erkenntnis fehlt uns Menschen, weshalb uns auch nicht zusteht, über Leben und Tod eines Menschen zu verfügen. Und eben das tun wir – immer und immer wieder. Wenn wir Menschen das Lebensrecht absprechen, wenn wir darüber entscheiden, welche Liebe erlaubt ist und welche nicht, wenn wir Tötungsobjekte planen, bauen, nutzen.

Und genau davon erzählt landauf landab Papst Franziskus, dass der Mensch sich selbst der größte Feind ist, weil er in den vielfältigsten Lebenssituationen neidisch ist auf das, was andere haben. Dauernd mischen sich Menschen unbotmäßig ein in das Leben anderer und beurteilen, verurteilen und zerstören. Da wo Menschen – im Bild des Papstes -mit einem verdorbenen Herzen leben, da ist der Tod mitten im Leben.
Christoph Simonsen


  1. Sonntag im Jahreskreis B – 2015
    Evangelium: Mk 4,35-41
    Am Abend dieses Tages sagte er zu ihnen: Wir wollen ans andere Ufer hinüberfahren.Sie schickten die Leute fort und fuhren mit ihm in dem Boot, in dem er saß, weg; einige andere Boote begleiteten ihn. Plötzlich erhob sich ein heftiger Wirbelsturm, und die Wellen schlugen in das Boot, sodass es sich mit Wasser zu füllen begann. Er aber lag hinten im Boot auf einem Kissen und schlief. Sie weckten ihn und riefen: Meister, kümmert es dich nicht, dass wir zugrunde gehen? Da stand er auf, drohte dem Wind und sagte zu dem See: Schweig, sei still! Und der Wind legte sich und es trat völlige Stille ein. Er sagte zu ihnen: Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben? Da ergriff sie große Furcht und sie sagten zueinander: Was ist das für ein Mensch, dass ihm sogar der Wind und der See gehorchen?

Über die heilsame Kraft der Angst

Die Lesung, vor allem aber das heutige Evangelium bietet ganz viele Themen an, über die wir nachdenken könnten. Mir ist beim ersten Lesen zu allererst dieser Gedanke in den Sinn gekommen: Alles Leben findet draußen statt, nicht drinnen. Leben vollzieht sich im Unbehausten und weniger in Häusern und Wohnungen. Im Blick auf die vielen leidenden Menschen, die auf der Flucht sind, denen jeglicher Ort der Geborgenheit genommen wurde klingt das wie Hohn. Wenn ich z.B. an die vielen Nepalesen denke, denen durch die Erdbeben Hab und Gut zerstört wurde oder an die vielen Flüchtlinge, die durch die Welt irren, weil ihre Heimat ihnen zur Qual wurde, dann grenzt diese Behauptung an Menschenverachtung. Mir liegt nichts ferner, als diese Lebensumstände zu verharmlosen. Aber trotz aller Trostlosigkeit und Ungerechtigkeit, die diesen Menschen widerfährt, gerade sie erinnern uns an eine tiefere Wirklichkeit, die ich mit Euch und Ihnen bedenken möchte.

Natürlich braucht es Orte der Geborgenheit, auch Orte der Sicherheit. Aber kein Ort in diesem Leben und auf dieser Welt kann ehrlicherweise versprechen, ein sicherer Ort zu sein ein Leben lang. Orte der Geborgenheit sind immer nur Orte für den Augenblick, Orte des Auftankens, des Kräfte sammeln. Nichts in unserem Leben und nichts auf dieser Welt vermag Sicherheit und Stabilität und Gefahrlosigkeit zu garantieren. Wir ersehnen solche Orte zwar gern und tun alles, um unser Leben sicher zu machen, aber wir werden immer wieder eines Besseren belehrt. Das Bild des unbezwingbaren Meeres, und die Nussschale, in der die Jünger auf dem See fahren, machen dies deutlich. Das Leben ist eine sehr unruhige Geschichte und steht zumeist auf sehr wackeligen Füßen. Leben zeichnet sich immer wieder auf neue Weise durch Rastlosigkeit aus. Wir müssen uns immer wieder neu mit Unwegsamkeiten auseinandersetzen. Neues, Unvertrautes, Unverhofftes, davor bleiben selbst ältere Menschen nicht verschont, die im wahrsten Sinn des Wortes doch ihrem Lebensabend entgegengehen. Die Welt dreht sich, nichts steht still. Und wenn sie still stehen würde, so würde sie verglühen.

„Als es Abend geworden war…“ Der Abend ist von alters her ein Synonym für Stille, die ermöglicht Abstand gewinnen zu können vom Lärm des Tages und aller Hast und allem Suchen. Das mag in Studienzeiten anders sein, wo der Morgen vielen eine Qual ist und man am Abend endlich wach und fit ist. Aber selbst nach einem durchgemachten Abend kommt der Punkt, wo man abschalten und zur Ruhe kommen will. Und dann heißt es weiter im Evangelium: „Als es Abend geworden war, sagte Jesus zu seinen Jüngern: Wir wollen ans andere Ufer hinüberfahren.“ Sich am Abend aufzumachen, das ist noch mühsamer, noch anstrengender als am Morgen. Am Abend noch mal ganz was Neues zu beginnen, nachdem der Tag schon anstrengend genug war, das ist eine Herausforderung, der sich keiner gerne stellt. Jesus stellt den Lebensrhythmus seiner Freunde auf den Kopf. In solch einer Situation wird einem bewusst, wie gebunden wir Menschen an die gewohnten Abläufe in unserem Leben sind und wie schreckhaft wir werden, wenn etwas anders geschieht, als von uns geplant. Aus Erschrecken erwächst dann sehr oft Angst und Angst schlägt schneller als gedacht in Panik um.

In solchen Augenblicken, da ist sich selbst jeder der Nächste. „Rette sein Leben, wer kann“, ist dann der erste Gedanke . Schon in der Schule, da wird einem suggeriert, weil das Leben so schwer, so unbarmherzig ist, müsste jede und jeder versuchen, für sich das Beste daraus zu machen. Aus dem zutiefst menschlichen Gefühl der Ur-Angst, die einen behutsam, ja demütig durchs Leben gehen lässt, erwächst eine Verlustangst. Und diese Verlustangst zieht nicht selten einen Egoismus nach sich, der nur noch den Blick auf sich selbst erlaubt und die eigene Rettung, das eigene Überleben durchsetzen will.

Wort Gottes nun ist immer mehr als nackte Beschreibung eines Ist-Zustandes. Wort Gottes will Hilfe sein und heil machen. Wo ist nun das Heilsame des heutigen Wortes, wo bietet Gott uns heute seine Hilfe an. Ich glaube, sie zeigt sich in zwei ganz besonderen Einladungen, die er ausspricht: Er fragt uns nach unserer Demut, seiner uns geschenkten Schöpfung gegenüber und vor allem erinnert er uns daran, dass er selbst mit im Boot sitzt – und dies im wahrsten Sinn des Wortes. Er lädt uns ein, unsere egoistischen Verlustängste wieder zurück zu führen in das, was sie eigentlich sind und was ich eben mit „Ur-Angst“ umschrieben habe. Das Leben macht Angst und muss auch Angst machen dürfen, denn es ist das Wertvollste, was wir besitzen; es zu schützen, daran sollte uns allen gelegen sein. Aber es schützen zu wollen bedeutet eben nicht, es festzuhalten. Die Jünger damals haben gefragt: „Herr, kümmert es dich nicht, dass wir zugrunde gehen?“. Dieser Schrei der Jünger ist Ausdruck der Erkenntnis, dass jede und jeder im Leben der Hilfe anderer bedarf. Es ist tragisch, wenn ein Mensch der Überzeugung anhängt, das Leben alleine meistern zu können. Solch eine Erkenntnis ist Frucht einer Verlustangst, die einen Menschen einsam zurückwirft auf sich selbst und in allen anderen Konkurrenten befürchtet. Reif dagegen ist es, wenn ein Mensch um seine Ur-Angst weiß, die der Einsicht entspringt, dass alles Leben bedürftig ist und anvertraut: Gott anvertraut und den Menschen anvertraut. In dieser Frage der Jünger: „Kümmert es dich nicht, dass wir zugrunde gehen“, bündelt sich alle menschliche Bedürftigkeit und alle Sehnsucht, sich anvertrauen zu können und eben nicht auf sich allein zurückgeworfen zu sein.

Das Leben findet draußen statt, und draußen ist es rau und uneben und nass und kalt, nicht immer, Gott sei Dank, aber sehr oft. Jeder Augenblick, unterzuschlüpfen und Geborgenheit zu erfahren, sei allen gegönnt. Aber immer wieder fordert uns das Leben, die Schutzräume unseres Lebens zu verlassen. Und wer wäre dann nicht gefeit davor, sich verängstigt in eine Verteidigungshaltung zu begeben bei welcher Bedrohung auch immer. Der Aufschrei der Jünger lehrt uns, dass es auch anders geht: Ich kann mich in meiner Angst verbünden mit den Menschen und ich kann mich mit meiner Angst anvertrauen einem Gott, der sich nicht zu schade ist, sich selbst dieser Ur-Angst auszusetzen. So wohl hat sich Gott das Leben gedacht außerhalb des Paradieses, draußen in der Welt: aufeinander Acht gebend und Gott vertrauend.

Christoph Simonsen


Evangelium: Mk 4,26-29
In jener Zeit sprach Jesus zu der Menge: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mann Samen auf seinen Acker sät; dann schläft er und steht wieder auf, es wird Nacht und wird Tag, der Samen keimt und wächst und der Mann weiß nicht, wie. Die Erde bringt von selbst ihre Frucht, zuerst den Halm, dann die Ähre, dann das volle Korn in der Ähre. Sobald aber die Frucht reif ist, legt er die Sichel an; denn die Zeit der Ernte ist da.

Von der anderen Logik der Liebe

Ich verspreche hoch und heilig, ich lese diese Zeitung nicht. Ich hab sie ehrlich gesagt auch noch nie gekauft. Dennoch weiß ich um die kleinen Cartoons, die vor mehreren Jahren täglich die Leute zum Schmunzeln und Lachen brachten. Und wenn es sie heute noch gäbe, ich wäre mir sicher, sie würden hundertfach bei Facebook geliked. Ich meine, sie waren jeweils platziert auf der letzten Seite der BILD. So, jetzt ist es also raus: Diese Zeitung mit den großen roten Buchstaben veröffentlichte eine Zeit lang täglich diese Cartoons, die beschrieben haben, was man eigentlich nicht beschreiben kann. „Liebe ist, wenn…“:       „…wenn er ihr beim Wäscheaufhängen hilft oder“, oder „…wenn sie ihm hilft, die nassen Klamotten nach der Rafting-Tour auszuziehen, ohne über seine X-Beine zu lachen“. Wie gesagt, diese kleine Kolumne gibt es schon seit Jahren nicht mehr und vielleicht wäre die BILD heute auch so nahe an der Zeit, dass sie dort dann nicht immer nur Männlein und Weiblein zeigte, sondern auch andere Paarbeziehungen.

Mir wäre im Leben nicht eingefallen, dass ich einmal die Zeitung mit den großen roten Buchstaben als Gedankenstütze nutzen würde, aber heute passt es einfach. Denn in dem Cartoon wird etwas deutlich, was uns heute auch im Evangelium und auch in der Lesung vermittelt wird: Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die kann man nur umschreiben; denen kann man sich nur mittels Vergleichen annähern. Es gibt Wirklichkeiten, die entziehen sich jeglicher Möglichkeit, sie klar, eindeutig, unverkennbar zu definieren. Die sind einfach zu groß für uns Menschen, als dass sie in unseren Verstand reinpassen würden und zugleich machen sie so unendlich neugierig, dass man nicht aufhören kann, sie zu erkunden und zu ergründen.

Liebe ist so eine Wirklichkeit und das Reich Gottes eben auch. Wir alle vertrauen darauf, dass es sie gibt, die Liebe und einen Ort immerwährender Friedfertigkeit und zugleich wissen wir doch, dass wir sie nicht fassen können. Die Sehnsucht nach einer erfüllenden Liebe in gleicher Weise wie die Ahnung eines bergenden Himmels sind in uns lebendig und zugleich weisen sie weit über uns hinaus. Liebe und Himmel ist erfahrbar und doch nicht zu fassen. Vergleiche, Umschreibungen sind so etwas wie Annäherungen an dieses Unfassbare des Himmels und des Gottesreiches. Dieses Unfassbare ist alles andere als irreal, kein Phantasiegebilde, keine imaginäre Schwärmerei; das Unfassbare ist Mitte des Lebens und aus dieser Lebensmitte heraus gedeiht und wird alles. Wir können sehen, wie Liebe und die Sehnsucht nach einem Ort der Geborgenheit das Leben der Menschen groß und größer werden lassen und wissen doch nicht, woher die Kraft dafür kommt.

Mir ist dieser unerklärbare Blick auf Himmel geschenkt worden in dieser Woche als ich erneut las von der Frau des Bloggers Raif Badawi. Sie kämpft in den USA für das Leben ihres Mannes. Raif Bdawi ist in dieser Woche in letzter gerichtlicher Instanz zu sehr langer Haft, 1000 Stockhieben und 250.000 US Dollar verurteilt worden, nur weil er auf seinem Blog der Freiheit der Menschen das Wort gesprochen und dem Respekt vor der Vielfalt des Lebens zugesprochen hat. Dies in einem Land, in dem Frauen ihrer Rechte beraubt sind und das freie Wort einen Menschen in Lebensgefahr bringenkann. Woher nimmt diese Frau diese unbeschreibliche Kraft, der Regierung ihres Heimatlandes und einer Justiz, die alles andere als unabhängig ist, die Stirn zu bieten zum Wohle ihres Mannes? Liebe ist (um das Cartoon der BILD wieder aufzugreifen): gegen Windmühlen zu kämpfen und gegen Unrecht aufzustehen. Was aber mindestens genau so bedeutsam ist, dass Frau Badawi zutiefst in ihrem Herzen davon überzeugt ist, dass mit den Bloggerbeiträgen ihres Mannes Gottes Samen für sein Reich gelegt ist in eine von Menschen gemachte Gesellschaftsstruktur, um Freiheit, Würde, Menschenfreundlichkeit und Vielfalt aufkeimen zu lassen in einer engen Welt, in der Menschen bewertet werden nach ihrem Geschlecht, ihrer Glaubenszugehörigkeit oder ihrer sexuellen Orientierung.

Das Reich Gottes ist alles andere als ein Schlaraffenland. Das Reich Gottes ist Gabe und Aufgabe zugleich. Und wer diesem kleinen Samenkorn vertraut, das da in einen grundgelegt ist, der vermag einem Leben Raum zu geben, das nicht in erster Linie nach Nutzbarkeit und Logik fragt, sondern nach dem, was zur Liebe führt.

Und deshalb gibt es Dinge im Leben, die kann man nicht verstehen, zumindest nicht verstehen mit einem menschlichen Verstand. Neben klarem Sachverstand haben wir Menschen nichts notwendiger als Visionen, um dem Leben Sinn abzuringen und Zukunft. Und diese Visionen nähren sich aus dem Unverhofften, aus dem Ungedachten, aus dem Unbedachten. Weniger das Erklärbare als das unerklärbar Gute geben uns Menschen die       Kraft, Leben nicht nur als Überlebenskampf zu begreifen, sondern als ein Wachsen auf ein Ziel hin. Diese Lebensperspektive wünsche ich uns, dass Leben mehr ist als Überleben und auch mehr ist als Zufriedensein mit dem Ist-Zustand. Dass Leben vielmehr Reifen und Wachsen bedeutet und am Ende mit der Ernte eine tiefe Dankbarkeit offenbar wird.

Christoph Simonsen


Evangelium: Markus 14,22-26
Während des Mahls nahm er das Brot und sprach den Lobpreis; dann brach er das Brot, reichte es ihnen und sagte: Nehmt, das ist mein Leib. Dann nahm er den Kelch, sprach das Dankgebet, reichte ihn den Jüngern und sie tranken alle daraus. Und er sagte zu ihnen: Das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird. Amen, ich sage euch: Ich werde nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken bis zu dem Tag, an dem ich von neuem davon trinke im Reich Gottes. Nach dem Lobgesang gingen sie zum Ölberg hinaus.

Brot statt Brokat

Das ist eine halbe Ewigkeit, dass ich zum Letzten Mal an einer Prozession teilgenommen habe, zumal an einer Fronleichnamsprozession. Ich kann mich an zwei Situationen erinnern. Es war nach meiner Erstkommunion und wir Kinder liefen mit unseren Kommunionanzügen bzw. Kommunionkleidern hinter dem Baldachin her unter dem der Kaplan die Monstranz mit dem Allerheiligsten trug. Ich erinnere mich an ein undefinierbares Gefühl von Ergriffenheit und Ratlosigkeit in mir. Alles um mich herum war so ernst und streng. Wir liefen hinter einem goldenen Gefäß her, darin das Brot, das der Leib Christi sein sollte. Wir liefen also hinter dem Sohn Gottes her, bzw.: er ging uns voran. Wen sollte es da wundern, dass wir alle so wahnsinnig andächtig waren und so ganz anders über die Straßen gingen als sonst, wenn wir zum Einkaufen in der Stadt waren. In dieses Gefühl der Ergriffenheit webte sich auch Angst hinein: Angst, was falsch zu machen und diesem würdevollen unterfangen nicht zu entsprechen und auch Angst, diesem Gott nicht zu genügen, der sich da so prachtvoll in Gold und Brokat eingewickelt offerierte. Und dann war da noch ein ganz anderes Gefühl: In meinem Kommunionanzug fühlte ich mich tierisch unwohl; ich fühlte mich genauso verkleidet, wie dieses Stück Brot da in der Monstranz verkleidet war. Ich fragte mich, ob sich Jesus in diesem wahnsinnig komischen Gefäß nicht so unwohl fühlen müsste wie ich in meinem Kommunionanzug. Und bei dem Gedanken musste ich plötzlich lachen, laut lachen; so laut, dass sich der Kaplan mit ernstem Gesicht umdrehte, eine Hand aus den heiligen Gewändern hervorholte und mir eine scheuerte. Das war meine erste Erfahrung mit dem Fest Fronleichnam, an die ich mich erinnere.

Die zweite erinnerungwürdige Erfahrung war später, viel später irgendwann Anfang der Achtziger Jahre.       Da war ich Kaplan und da trug ich die Monstranz unter dem Baldachin und hinter mir gingen die Kommunionkinder des damaligen Jahrganges. Die Rollen haben sich vertauscht, aber das Gefühl, in diesem Augenblick war genau das gleiche geblieben wie damals: eine Mischung aus Ergriffenheit und Ratlosigkeit. Und da war dieses Unwohlsein, Gott in solch einem Gefäß durch die Straßen tragen zu müssen.

Inzwischen hatte ich 7 Jahre Theologie studiert. Das Sakrament der Eucharistie, das Geheimnis der Gegenwart Gottes in den einfachen Zeichen von Brot und Wein wusste ich zu deuten; ich vermochte es dogmatisch, pastoral- und fundamentaltheologisch und auch religionspädagogisch zu erklären. Der Begriff der Transsubstantiationstheologie war mir nicht fremd. Die beruft sich auf Aristoteles, der unterschieden hat zwischen der Substanz und der Materie. Die Materie sei das, was man sehen kann und fühlen und riechen; die Substanz dagegen sei dasjenige, was hinter dem Fassbaren liege und was man mit den Sinnen nicht wahrnehmen könne. In der Feier der Eucharistie wird so die Substanz gewandelt, während die Materie unverändert bleibt. Im Gebet über die Gaben des Brotes und des Weines vollzieht sich eine innere Wandlung. Die äußeren Akzidenzien, die Materialien sozusagen, bleiben, aber die innere Substanz, das Wesentliche, das hinter den Materialien eigentlich Bedeutsame, das ändert sich. Ihr merkt, das ist alles wahnsinnig kompliziert und diese ganzen Deutungsmuster, die passen so gar nicht zu einem einfachen Stück Brot.

Über dieses Stück Brot möchte ich eigentlich viel lieber nachdenken als über irgendwelche theologischen Theorien. Brot ist mehr als Mehl und Wasser und Ei; Brot ist Lebens-Mittel, Brot schenkt Leben, nährt es, gibt dem Leben Kraft, ist eigentlich die Grundlage für Leben. Ohne Brot würde das Leben kraftlos und ohne Kraft fehlte uns Menschen jegliche Gestaltungsmöglichkeit und das Leben würde uns entgleiten. Das Brot ist ein wunderbares Lebensmittel und es ist sicher kein Zufall, dass Jesus gerade das Brot als Zeichen wählt, sich für alle Zeiten in das Leben der Menschen hineinzulegen. Sein Leben, seine Lebensquelle, seine Lebenshoffnung, seine Lebenswahrheit dürfen wir in dem gewandelten Brot in uns aufnehmen; wir sollen sie essen, uns zur Stärkung. Alle theologischen Spitzfindigkeiten, die die Konfessionen miteinander diskutieren lassen, verblassen für mich in dieser wunderbaren Freundschaftsgabe Jesu, sich uns zu schenken, ganz zu schenken, mit Leib und Seele zu schenken, damit wir wachsen und gedeihen können.

In mir bleiben Ergriffenheit und Ratlosigkeit – auch heute. Und ehrlich gesagt bleibt in mir auch die Frage bis heute offen, warum wir Menschen diesen wunderbaren Gott, der uns hautnah kommen möchte, der sich uns einverleiben möchte, der Teil unseres Lebens sein möchte, warum wir diesen lebensnahen Gott, diesen einfachen Gott, diesen unkomplizierten Gott, in Gold und Brokat wickeln. Den Gott, der unter uns leben möchte, der in uns leben möchte, den verschließen wir in weltfremde Gefäße. Und der Gott, der beseelt war davon, die Menschen zusammenzuführen und zu verbinden, was getrennt war, der wurde in der Vergangenheit durch die Straßen getragen von den Katholiken, um die Protestanten bloßzustellen, weil jeder für sich in Anspruch nahm, das wahre Verständnis der Eucharistie zu besitzen. So nämlich ist nach der Reformation das Fronleichnamsfest       entstanden. Es ist ein großer Irrtum zu glauben von welcher Glaubensrichtung auch immer,man könne Gott besitzen. Gott ist niemals Besitz für niemanden, Gott ist immer Anspruch für alle. Jede Teilnahme am Mahl Jesu und jede Teilhabe an seinem Lebensgeschenk muss mir und uns Anspruch sein, immer wieder neu werden, Gottes Geist zu erden und ihn gerade nicht in die Sphären des Unerreichbaren zu erhöhen.

Christoph Simonsen


Lesung: Ex 34,4b.5-6,8-9

Am Morgen stand Mose zeitig auf und ging auf den Sinai hinauf, wie es ihm der Herr aufgetragen hatte. Die beiden steinernen Tafeln nahm er mit. Der Herr aber stieg in der Wolke herab und stellte sich dort neben ihn hin. Er rief den Namen Jahwe aus. Der Herr ging an ihm vorüber und rief: Jahwe ist ein barmherziger und gnädiger Gott, langmütig, reich an Huld und Treue: Sofort verneigte sich Mose bis zur Erde und warf sich zu Boden. Er sagte: Wenn ich deine Gnade gefunden habe, mein Herr, dann ziehe doch mein Herr mit uns. Es ist zwar ein störrisches Volk, doch vergib uns unsere Schuld und Sünde und lass uns dein Eigentum sein!

Selber kochen macht Freude und schmeckt viel besser

Da begegnen sich zwei im wahrsten Sinn des Wortes auf halber Strecke: Moses steigt auf den Berg Sinai und Gott steigt aus der Wolke herab. Gott wagt alles, bringt alles ein, um uns Menschen nahe zu kommen. Er zeigt sich, er offenbart sich, er verlässt sein Hoheitsgebiet und nimmt teil am Leben, am Schicksal, am Suchen der Menschen. Er beugt sich herab und lockt die Menschen, so wie Eltern ein Kind locken, den ersten Schritt alleine zu wagen, ohne sich an der Hand der Mutter oder des Vaters festzuhalten. Gott lockt uns Menschen, das Leben eigenständig und eigenverantwortlich in unsere Hände zu nehmen.

Leben und Glauben hat viel damit zu tun, zu probieren, zu erkunden. Leben und Glauben – und übrigens auch Vertrauen, sind niemals so fertig wie ein Fertiggericht aus der Dose, dass man nur auf die Herdplatte stellen und warm machen muss. Leben, Glauben, Vertrauen, auch Zuneigung und Liebe müssen immer neu – um im Bild zu bleiben – zubereitet werden. Dabei kann man natürlich nach den Vorgaben eines Kochbuchs kochen, aber irgendwie schmeckt es immer neu und immer anders, wenn man die Zutaten selbst zusammenstellt, die Mengen bemisst und die Art des Garens variiert. Und dann ist man zum Schluss immer wieder überrascht, wie schmackhaft doch ist, wenn man das zusammenfügt, wovon man selbst überzeugt ist, dass es zusammenpasst. Andererseits: wie überrascht war ich, als ich zum ersten Mal in einem Sommer in einer Eisdiele in der Auslage Chili-Eis gesehen habe und letztens im Urlaub, da gab es zum Dessert Vanillecreme mit Trüffel. Eben auch mal Zutaten zusammenfügen, die auf den ersten Eindruck so gar nicht zusammenpassen und dann hinterher feststellen: ‚Mensch, das schmeckt ja auch‘.

Damals, als sich Moses und Jahwe auf dem Berg Sinai getroffen haben, da gab es für Moses auch etwas völlig Unerwartetes. Barmherzigkeit, Gnade, Huld und Treue gab es. Das passte so gar nicht zum harten Leben, das Moses und seine Gefährtinnen und Gefährten kannten. Das Leben war für sie ein Überlebenskampf, man musste sich wehren und schützen. In ihr Leben passte eher Härte, Nahkampfbereitschaft, Taktik und Kalkül.

Für sie alle war das Leben eine harte Kost. Sie waren auf der Flucht, wurden verfolgt und mussten jeden Tag mit neuen Anfeindungen rechnen. Die äußeren Umstände ließen dem Volk der Israeliten keine andere Wahl, als mit Argusaugen durch die unbekannte Gegend zu ziehen. Für sie war alles Leben zu allererst eine Frage des Überlebens. Und in einer solchen Situation, da ist das Leben Kampf und kein Spaziergang. Wen kann es wundern, dass sie da störrisch geworden sind, hart, herzlos, nur auf sich selbst bedacht.

Dann, in der Begegnung zwischen den beiden auf dem Berg, lernt Moses eine ganz andere Seite des Lebens kennen, die ihm Jahwe ans Herz legt. Es gibt nicht nur ein Leben gegen…, es gibt auch ein Leben für… Gott macht dem Moses klar, dass das Leben in seinem tiefsten Wesen nicht Abgrenzung bedeutet sondern Zuwendung. Und er überträgt ihm die Aufgabe, dies seinem Volk zu vermitteln.

Aus der tödlichen Spirale der Angst und eines Kreisens um sich selbst findet nur der einen Weg heraus, der das Leben auf eine ganz andere Weise anrichtet und ausrichtet. Die Zutaten zu diesem Lebensrezept gibt Jahwe dem Moses mit auf den Weg: Barmherzigkeit, Gnade, Huld und Treue. Das sind – wieder im Bild gesprochen – die Lebensmittel, mit denen das Leben stark gemacht wird. Und die wiederum findet, wer sich auf den Weg macht, Gott zu suchen. In der Gott-Suche findet sich, was das Leben stark macht. Aber diese Gottsuche, diese Suche nach den Zutaten für ein gelingendes Leben, ist kein planloses Umherirren. Denn wann immer wir ehrlich suchen, kommt er uns auf halbem Weg entgegen.

Die Fertiggerichte, die uns so oft angepriesen werden, und die uns einreden, sie würden sättigen und auch noch gut schmecken, die gibt es an jeder Straßenecke. Die haben so verlockende Namen, wie: „Haste was, dann biste was“, oder: „Geiz ist geil“, oder: „Augen zu und durch“, oder: „Jeder kriegt das, was er verdient“, oder: „Erfolg macht sexy“. Diese Lebens-Fertiggerichte werden in jedem Lebens-Discount angeboten. Aber all diese Gerichte machen weder satt, noch haben sie einen nachhaltigen Geschmack. Sie machen nur dick und krank.

Ich ziehe Gottes Gericht vor. Das macht mir immer wieder neu den Mund wässrig, macht mich gierig nach neuen Geschmacksperspektiven und vor allem weiß ich, was drin ist in Gottes Gerichten, eben Barmherzigkeit, Gnade, Huld und Treue. Und diese Zutaten machen weder dick noch krank, im Gegenteil, sie lassen alles Leben gesunden.

Dir, liebe Livia, die du ja jetzt getauft wirst, dir möge gerade jetzt zu Beginn des Lebens eine gute Nahrung für dein Leben zuteilwerden in dem, was deine Eltern dir geben, damit du groß und stark wirst. Das ist auch so ein Fertiggerichts-Spruch, groß und stark zu werden. Ich meine eine Größe, die sich in der Demut und dem Respekt vor dem Anderssein der anderen erweist und eine Stärke, die sich nicht scheut, schwach zu werden, wenn es darum geht, den anderen Menschen verstehen zu wollen. Und uns Erwachsenen möge es Freude bereiten, mit den göttlichen Zutaten allem Leben Geschmack und Nährkraft zu verleihen und dem Fastfood-Leben in unserer Zeit und in unserer Gesellschaft zu widerstehen.

Christoph Simonsen


Apostelgeschichte 2,1-11
Als der Pfingsttag gekommen war, befanden sich alle am gleichen Ort. Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie waren. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder.  Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab. In Jerusalem aber wohnten Juden, fromme Männer aus allen Völkern unter dem Himmel. Als sich das Getöse erhob, strömte die Menge zusammen und war ganz bestürzt; denn jeder hörte sie in seiner Sprache reden. Sie gerieten außer sich vor Staunen und sagten: Sind das nicht alles Galiläer, die hier reden? Wieso kann sie jeder von uns in seiner Muttersprache hören: Parther, Meder und Elamiter, Bewohner von Mesopotamien, Judäa und Kappadozien, von Pontus und der Provinz Asien, von Phrygien und Pamphylien, von Ägypten und dem Gebiet Libyens nach Zyrene hin, auch die Römer, die sich hier aufhalten, Juden und Proselyten, Kreter und Araber, wir hören sie in unseren Sprachen Gottes große Taten verkünden.

„Wie im Anfang, so auch jetzt….“ – Wohl eher nicht

Allgemein wird das Pfingstfest als das Geburtsfest der Kirche bezeichnet. Und Kirche, das sind wir, denn mit „Kirche“ im ursprünglichen ist ganz sicher nicht die gefestigte Struktur eines weltumspannenden Unternehmens gemeint, sondern eine Weltgemeinschaft von Menschen, die einander verstehen in der Unterschiedenheit ihrer Kulturen, die einander ergänzen in der Vielfalt ihrer Lebenserfahrungen, weil sie, wo immer sie auch leben und wie immer sie geprägt sind, durch einen Geist verbunden sind. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag also heute uns allen! Nach dem Gottesdienst können wir auf unseren gemeinsamen Ehrentag noch anstoßen. Aber so ein Geburtstag hat ja immer auch ein paar nachdenkliche Augenblicke, da geschieht dann so etwas wie eine Bestandsaufnahme: Man erinnert sich des Anfangs, schaut, wo man heute steht und versucht einen Ausblick.

Was war am Anfang? Fromme Männer (und ganz sicher waren auch Frauen und Kinder dabei) aus allen Völkern waren zusammen in Jerusalem: Parther, Meder, Elamiter, selbst Römer waren da, Kreter und Araber. Sie unterhielten sich in ihren Sprachen und verstanden einander. Sie erzählten von den großen Taten Gottes und alle hörten einander aufmerksam zu. Sie waren von einem guten Geist beseelt: von Heiligem Geist.

Dieser Geist ermöglichte ein Verstehen, ein Verständnis füreinander, ein Wohlwollen aneinander, so dass eine gemeinsame Sprache, eine gemeinsame Kultur, eine gemeinsame Herkunft, ja nicht einmal eine gemeinsame Religion notwendig waren, einander zu verstehen. Dieser Heilige Geist Gottes brachte einander nahe in größter Unterschiedenheit. Es gab ein Verstehen, das keine Vorkenntnis benötigte; es gab ein Verstehen, das weder Ohr noch Mund brauchte, sondern einzig ein Herz.

So ein Anfang gleicht ja immer einem Idealzustand. Der erste Anfang, der Anfang aller Anfänge, der wurde ja auch in der Heiligen Schrift beschrieben mit dem Wort: „Und Gott sah, dass alles sehr gut war, was er geschaffen hat“. Es blieb nicht lange gut, denn der Sündenfall ließ nicht lange auf sich warten. Am Anfang scheint immer alles gut; eine Geburt mag schmerzhaft, schwierig sein, aber ist das Kind dann geboren, dann freuen sich alle, dann ist alles gut. Aber alles Jungfräuliche wird immer irgendwann mal durchstoßen und es fließt Blut.

Warum also sollte es der Kirche anders gehen. Aus der einen Kirche wurden bald viele, weil die Menschen in der Kirche weniger dem Geist vertraut haben und begannen, ihre eigenen Gesetze zu schreiben, nach denen die Menschen glauben sollten. Es ging nicht mehr darum, einander zu verstehen, es ging vielmehr darum, einen einmal geprägten Glauben zu verteidigen. Es ging nicht mehr um Geist, es ging Dogmen.

Das ist bis heute so, an unserem gemeinsamen Geburtstag, am Geburtstag der Kirche. So wie in ihrem Ursprung eigentlich gibt es sie nicht mehr, falls es sie überhaupt je gegeben hat. Es geht hin und her. In strittigen Fragen bekundet man Bereitschaft zu verstehen und legt dann per Dekret fest, dass die bestehende Lehre nicht aufgeweicht werden dürfe. Der Geist der Barmherzigkeit liegt zwar auf der Zunge, aber im Herzen brodelt die Strenge des Gesetzes.

So wie in der Politik der Ruf „Wir sind das Volk“ der Perversion des Primitiven geopfert wurde, nachdem dieser starke Ruf nach Freiheit und Einheit 1989 heute, 25 Jahre später, von fremdenfeindlichen Ewig-Gestrigen adaptiert wurde, so wurde der Ruf „Wir sind die Kirche“ vereinnahmt von einer Lehre, die die Menschen einteilt in Schafe und Hirten, nicht im Sinne Jesu, der das Hüten bekunden wollte, sondern im Sinne eines von Menschen gemachten Gesetzes, der das Bewachen in den Fokus stellte. Die Menschen, die alle in gleicher Weise im Gedanken Gottes Geisterfüllte sind, wurden rasch in der Geschichte der Kirche zu Sündern, die es zu bewachen und zu kontrollieren gilt.

Heute ist unser Geburtstag. In das glatte Gesicht des Anfangs haben sich Falten, ja sogar Narben eingeschrieben. Wir sind nicht mehr die, die wir waren. Nicht nur, dass wir älter geworden sind, wir sind auch realistischer geworden. Was wir sein sollten, waren wir nie und werden wir wohl hier auf Erden nie.

Aber die Erinnerung, wie wir sein könnten und wer wir sein könnten: Diese Erinnerung wird an Tagen wie diesen wach. Und Erinnerungen machen nicht nur traurig, sie machen auch weise. An Geburtstagen darf man sich etwas wünschen. Und so wünsche ich uns heute Weisheit, die sich verwandelt in Nachdenklichkeit und Zuversicht und aus der Kraft der Erinnerung mag die Gabe erwachsen, die Falten und Narben unserer Kirche weder zu übertünchen noch schön zu reden. Sie ist, wie sie ist, das ist das Los alles Irdischen. Aber wir sollten die Gewissheit wach halten, dass so, wie sie ist, sie menschengemacht ist.

So war es schon damals in Jerusalem; und plötzlich kam vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daher fährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie waren. Solch ein Sturm kann jederzeit wiederkommen. Ich würde mich freuen.

Christoph Simonsen


Evangelium Joh 16, 16-20.32

In jener Zeit sagte Jesus zu seinen Jüngerinnen und Jüngern: Noch kurze Zeit, dann seht ihr mich nicht mehr, und wieder eine kurze Zeit, dann werdet ihr mich sehen. Da sagten einige von ihnen zueinander: Was meint er damit, wenn er zu uns sagt: Noch kurze Zeit, dann seht ihr mich nicht mehr, und wieder eine kurze Zeit, dann werdet ihr mich sehen? Und was bedeutet: Ich gehe zum Vater? Sie sagten: Was heißt das: eine kurze Zeit? Wir wissen nicht, wovon er redet.

Jesus erkannte, dass sie ihn fragen wollten, und sagte zu ihnen: Ihr macht euch Gedanken darüber, dass ich euch gesagt habe: Noch kurze Zeit, dann seht ihr mich nicht mehr, und wieder eine kurze Zeit, dann werdet ihr mich sehen. Amen, amen, ich sage euch: Ihr werdet weinen und klagen, aber die Welt wird sich freuen; ihr werdet bekümmert sein, aber euer Kummer wird sich in Freude verwandeln.

Die Stunde kommt und sie ist schon da, in der ihr versprengt werdet, jeder in sein Haus, und mich werdet ihr allein lassen. Aber ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei mir. Dies habe ich zu euch gesagt, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt seid ihr in Bedrängnis; aber habt Mut: Ich habe die Welt besiegt.

Ansprache:

„Bleibe auf deinem Posten

und hilf durch deinen Zuruf;

und wenn man dir die Kehle zudrückt,

bleibe auf deinem Posten

und hilf durch dein Schweigen.“

Diese poetische Bitte ist natürlich nicht von mir. Der greise, vorchristliche griechische Philosoph Seneca hat sie ausgesprochen.

Die Botschaft dieses Gedichtes ist so unmissverständlich wie sie zugleich auch übermenschlich ist: Ich soll bleiben und mich einmischen; und selbst, wenn man mir das Wort abschneidet, mir die Kehle zudrückt, selbst dann soll ich nicht abhauen, sondern durch mein Schweigen Position beziehen. Das ist leicht gesagt, vor allem hier bei uns, die wir in einer offenen Gesellschaft leben, in der die freie Meinungsäußerung gesetzlich verankert ist. Und es ist eigentlich auch leicht gesagt, da wir doch in einer christlich geprägten Gesellschaft leben und das Gebot der Nächstenliebe uns allen ins Herz gelegt ist. Es ist leicht gesagt, zu bleiben und beizustehen und doch ist es alles andere als selbstverständlich – auch in unserer aufgeklärten Gesellschaft.

Wenn wir in diesen Tagen der Himmelfahrt Jesu gedenken, dann erfreuen wir uns der Gewissheit, dass der Menschenfreund Jesus für uns auf seinem Posten geblieben ist, auch als man ihm die Kehle zudrückte. In der tiefsten Ausweglosigkeit seines Lebens, als man ihm die Kehle zudrückte, als ihn die ganze Welt zum Schweigen bringen wollte, selbst in dieser Stunde blieb Jesus bei seiner Hoffnung. Alles konnten ihm die Menschen nehmen, die Luft zum Atmen, selbst das Blut zum nehmen, aber die Hoffnung, dass Gott es gut mit ihm meint, die konnte Jesus niemand nehmen. Er war nicht wie die anderen; er ließ sich nicht vereinnahmen von den Egoismen dieser Welt; er ließ sich nicht kolportieren von den Machtgelüsten der Möchtegerngroßen.

Dem Pilatus sagte Jesus einmal, er sei nicht von dieser Welt. Es ist gut, dass er nicht von dieser Welt ist, dass er frei ist von den Zwängen, die den Menschen in der Welt so oft zum Gefängnis werden und sie die Freiheit verlieren, nach ihrer inneren Überzeugung zu handeln.

Jesus ist nicht von dieser Welt, er ist ein Himmelskind. Das heißt aber noch lange nicht, dass Jesus über den Dingen steht, dass ihn nicht bewegt, was in der Welt passiert, dass man ihn nicht treffen könnte. Es ist gut, dass er nicht von dieser Welt ist, dass er sich nicht hat hineinziehen lassen in die Mühlen dieser Welt, die Sein mit Haben verwechseln und den Maßstab des Seins ausschließlich nach dem Haben bemessen.

Ich habe mich unendlich erschrocken, als ich einmal auf Facebook ein Video gesehen habe, in dem getestet wurde, ob, wann und wie der normale Mensch auf der Straße zu helfen bereit ist. Einmal lag ein sichtlich ärmlicher Mensch auf der Straße, der um Hilfe bat. Eine Reihe von Passanten ging vorüber, aber keiner half. In einer zweiten Szenerie dann lag ein gut gekleideter und gut aussehender Mann an der gleichen Stelle und bat wieder um Hilfe. Ihm wurde sofort geholfen.

Jesus steht über Ständedenken und Ansehen; er steht über den Mächten, aber gerade deshalb, um den Ohnmächtigen, den von Schmerz und Unrecht Geschlagenen zur Seite zu stehen. Jesus bleibt auf seinem Posten. Er verlässt nicht das sinkende Schiff wie die Ratten. Aber er lässt sich auch nicht krallen von denen in der Welt, die das Sagen haben, die herrschen wollen zu ihrem eigenen Vorteil. In diesem Sinn steht Jesus über der Welt, aber sein Herz ist in der Welt. Sein Ruf: „Habt Mut, ich habe die Welt überwunden“, dieser Ruf lässt mich hoffen, dass alle Gesetze, die die menschliche Macht zementieren wollen aber auch alle Tragik, die die menschliche Ohnmacht so unerträglich werden lässt, dass all dies verstummt, weil das Gesetz der Hoffnung stärker ist. Jesus ist ein Himmelskind. Und wir sind es auch. Er hat uns seinen Geist versprochen, damit auch wir nicht Kinder dieser Welt, sondern Kinder des Himmels werden. Dies nicht, um abzuheben, sondern um zu bleiben, auf unserem Posten zu bleiben und laut unsere Stimme zu erheben, wo immer das Menschenrecht mit Füßen getreten wird.

(Liebe Inga, lieber Till, lieber Lorenz: Den Himmel, der in euch lebt, den teilt in Zukunft mit Johann und lehrt ihn, auf seinem Posten zu bleiben, zugewandt und hilfsbereit; und lehrt ihn, sich nicht anzupassen an die Menge, um eines eigenen Vorteils willen, denn wer sich der Masse unterwirft, der wird im Letzten sich selbst verlieren).
Christoph Simonsen


Lesung: Apg 10,25-26.34-45.44-48

Als nun Petrus ankam, ging ihm Kornelius entgegen und warf sich ehrfürchtig vor ihm nieder. Petrus aber richtete ihn auf und sagte: Steh auf! Auch ich bin nur ein Mensch. Da begann Petrus zu reden und sagte: Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass Gott nicht auf die Person sieht, sondern dass ihm in jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist. Noch während Petrus dies sagte, kam der Heilige Geist auf alle herab, die das Wort hörten. Die gläubig gewordenen Juden, die mit Petrus gekommen waren, konnten es nicht fassen, dass auch auf die Heiden die Gabe des Heiligen Geistes ausgegossen wurde. Denn sie hörten sie in Zungen reden und Gott preisen. Petrus aber sagte: Kann jemand denen das Wasser zur Taufe verweigern, die ebenso wie wir den Heiligen Geist empfangen haben? Und er ordnete an, sie im Namen Jesu Christi zu taufen. Danach baten sie ihn, einige Tage zu bleiben.

Leben gegen den Wahnsinn

Seit Jahrtausenden, seit Menschengedenken das gleiche tragische Spiel: Die einen gegen die anderen.

Adam gegen Eva, Kain gegen Abel, David gegen Goliath, die Ägypter gegen die Juden, Petrus gegen Paulus, die Christen gegen die Juden, die Juden gegen die Palästinenser, die Moslems gegen die Christen, die Traditionalisten gegen die Aufklärer. Immer das gleiche Trauerspiel und immer geht es um den Absolutheitsanspruch, im Besitz der Wahrheit zu sein. Schließlich unterwirft sich eine Seite, weil die andere in der Übermacht ist und es erweist sich wieder einmal, dass die Wahrheit immer auf der Seite des Stärkeren angesiedelt ist.

Die Begegnung zwischen dem Hauptmann Kornelius und Petrus verläuft nach dem gleichen Muster, wenn auch auf eine Auseinandersetzung verzichtet wird. Kornelius unterwirft sich gleich kampflos dem Petrus, der in seiner Autorität unantastbar scheint. Kornelius wirft sich ehrfürchtig vor Petrus nieder, der vielen wie der Garant des Wortes Gottes erscheint, und Gottes Wort ist die Wahrheit schlechthin.

In dieser ungleichen Begegnung wird Petrus einsichtig: „Ich bin auch nur ein Mensch“. So wie Saulus sein Bekehrungserlebnis vor den Toren Damaskus hatte und aus dem ungläubigen Saulus ein nahezu fanatischer Paulus wurde, der allem Ungläubigen unerbittlich begegnete, so widerfuhr nun Petrus in Cäsarea in der Begegnung mit Kornelius eine geheimnisvolle Umkehr, da er sich schlicht als Mensch erkannte und sich einreihte in die große vielschichtige Reihe aller Menschen. Die Freundschaft zu Jesus, die Berufung zum Christsein zeichnet sich nicht vorrangig dadurch aus, anders zu sein als die anderen, sondern menschlich zu sein in, Mitmensch zu sein. Christ zu sein, ist kein Privileg; vielmehr ist es eine Rückbesinnung auf den Ursprung, da Gott den Menschen als sein Ebenbild erschuf. Als Person, schuf Gott den Menschen, als ein Wesen, das dankbar bist um seiner selbst willen und das im anderen ein ergänzendes Gegenüber erkennt und keinen Widersacher. Die Wahrheit findet sich in der Ergänzung, nicht in der Ausgrenzung.

Die Menschen zur Zeit des Petrus waren keine anderen Menschen als wir heute. Sie konnten es nicht fassen, dass auch die Fremden beschenkt waren mit dem Heiligen Geist Gottes. Und Menschen, die der Geist Gottes berührt hat, sind Zugehörige und keinesfalls abzuweisende Ebenbilder Gottes. „Kann jemand denen das Wasser zur Taufe verweigern, die ebenso wie wir den Heiligen Geist empfangen haben,“ fragt Petrus die staunenden und überforderten Menschen. Anders formuliert: ‚Dürften wir je einen Menschen ausgrenzen, der sich selbst als Kind Gottes erkannt hat?‘ Kind Gottes allerdings darf sich nur der glaubhaft nennen, so versichert uns Jesus heute im Evangelium, der das Liebesgebot Gottes nicht nur als Moralkeule ansieht, um es anderen um die Ohren zu hauen, sondern sich selbst diesem Gebot, dieser Vorgabe Gottes verpflichtet fühlt.

Liebe Nathalie, liebe Jessica, lieber Fabian, Sie drei möchten das Sakrament der Firmung empfangen. Die Gründe mögen unterschiedlich sein, die Verantwortung, die sich in diesem Zeichen der Nähe Gottes offenbart ist für Sie dabei die gleiche: Sie wollen mit all denen, die Ihnen anvertraut sind, mögen es die Partnerin sein oder die Kinder, für die Sie Verantwortung übernehmen möchten, gemeinsam der Wahrheit des Lebens näher kommen, denn Wahrheit ist niemals Besitz sondern immer Aufgabe; und das, was Sie als wahrhaftig in der Begegnung mit den anderen entdeckt haben, das wollen Sie leben.

Das ist wohl die einzige Möglichkeit, der Spirale der Macht und des Machtgehabe die Stirn zu bieten, in den Menschen, vor allem in den Fremden, die Freundin und den Freund zu sehen. Für Freunde steht man ein, sie zu belehren oder zu bekehren oder zu bekämpfen ist ein Widersinn in sich. „Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt“, sagt Jesus. Und Hingeben ist bei weiterem etwas anderes, als es wegzuwerfen. Sein Leben hingeben ist doch nichts anderes, als es den anderen hinzuhalten als Geschenk, als Gabe. Das eigene Leben teilen mit den Leben der anderen: immer wieder haben das Menschen versucht, die uns Vorbild sind und die uns Mut machen möchten, ihnen nachzueifern gegen und trotz allem Wahnsinn in dieser Welt, der wohl nie aufhören wird, der aber immer unterbrochen und in seinen Wurzeln in Frage gestellt werden muss – durch uns.

Christoph Simonsen


Lesung: Apg. 4,8-12

Da sagte Petrus zu ihnen, erfüllt vom Heiligen Geist: Ihr Führer des Volkes und ihr Ältesten! Wenn wir heute wegen einer guten Tat an einem kranken Menschen darüber vernommen werden, durch wen er geheilt worden ist, so sollt ihr alle und das ganze Volk Israel wissen: im Namen Jesu Christi, des Nazoräers, den ihr gekreuzigt habt und den Gott von den Toten auferweckt hat. Durch ihn steht dieser Mann gesund vor euch. Er (Jesus) ist der Stein, der von euch Bauleuten verworfen wurde, der aber zum Eckstein geworden ist. Und in keinem anderen ist das Heil zu finden. Denn es ist uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen.

Wenn das Boot, in dem wir leben, das Reich Gottes ist, dann sollte es eigentlich Platz für alle haben

„Ihr Führer des Volkes und ihr Ältesten“: Petrus spricht die Verantwortlichen des öffentlichen Lebens an und bringt sich ihnen in Erinnerung. Und er macht klar, dass auch er ausgestattet ist mit einer Macht und Autorität, mit der Macht seines Glaubens.

Es gibt sie also, die Verknüpfung von Religion und Gesellschaft. Es hat sie immer gegeben, weil es sie geben muss. Ein Glaube, der sich nicht in die Belange des öffentlichen Lebens einbringt, entartet zu einer frömmelnden Ideologie. Und eine Gesellschaft, die sich nicht in Frage stellen lässt von den friedfertigen Überzeugungen einer Religion, die Gott und den Menschen in die Mitte stellt, verkommt zu einer Barbarei.

Und jetzt erleben wir heute also eine Epoche, in der im Namen der christlichen Religion Menschen das Abendland verteidigt wird und zugleich erleben wir, wie im Namen eines Rechtsstaats oder eines Verbundes von Rechtsstaaten Menschen zum Spielball eigener Interessen werden und im wahrsten Sinn des Wortes absaufen müssen, weil der Rechtsstaat der Überzeugung ist, sich selbst schützen zu müssen. Die einen schotten sich ab, um ihren Glauben zu schützen, die anderen ziehen die Mauern hoch und argumentieren damit, die finanziellen Ressourcen im Blick behalten zu müssen.

So wird mir Religion zum Ekel und der Rechtsstaat wird mir zur Farce. Es ist wohl immer so, wo der Mensch um sich selbst kreist und sich nur den eigenen Bedürfnissen verpflichtet fühlt, da wird dem Leben alles genommen, was ihm unverzichtbar sein sollte: Würde, Gerechtigkeit und jegliche Perspektive.

Wenn im Namen Gottes Menschen ihrem tragischen Schicksal überlassen werden, wenn billigend in Kauf genommen wird, dass sie getötet werden und wenn im Namen des Rechts Menschen eine neue Heimat verwehrt wird und dazu verdammt werden, im eigenen Elend zu ersticken, dann weiß ich nicht mehr, wo ich noch einen Ort zum Leben habe.

Ich fühle mich heimatlos in aller Sicherheit, die mich – äußerlich betrachtet – leben lässt. Menschen mutieren zu blökenden Schafen, vermeintlich das christliche Abendland verteidigen wollend; Politikerinnen und Politiker christlicher Parteien waschen ihre Hände in Unschuld und drängen gleichzeitig auf ein verantwortungsvolles Handeln, verabschieden jeden Tag einen neuen 10 Punkte Plan, um dann zur Tagesordnung überzugehen und die Wirtschaft zu retten. Ja, ich fühle mich heimatlos in einer Gesellschaft, die Gott missbraucht, um Menschen auszusondern und ich weigere mich, einer Politikerkaste Vertrauen entgegenzubringen, die Banken rettet und Menschen ihrem Schicksal überlässt.

Ein Petrus dagegen fordert mich heraus, der sich einem System entgegenstellt, dass jegliche Vision einer menschlichen Welt verloren hat und nur der Macht des Faktischen vertraut. „Es ist uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen“. Jesus ist der Stein, „der von euch Bauleuten verworfen wurde, der aber zum Eckstein geworden ist“.

Ein Eckstein hat Kanten, aber er trägt auch und auf ihn kann man aufbauen. Ich habe den Verdacht, dass viele diesen Eckstein Jesus rund feilen wollen so lange, bis er beliebig dahin gerollt werden kann, wo er systemkonform nicht mehr stört. Aber ein rundgelutschter Stein verliert jegliche Stabilität, er kann hin und her geschubst werden und er vermag nicht mehr zu tragen.

Das christliche Abendland ist nicht gefährdet, wenn es sich gastfreundlich gegenüber Fremden und Heimatlosen zeigt, es geht vielmehr zugrunde, wenn es den einen Menschen, der uns das Menschsein bis zur Selbstaufgabe vorgelebt hat, für sich instrumentalisiert und sich selbst zum Eckstein und zum tragenden Grund zu machen versucht anstatt dem zu vertrauen, der uns tragen möchte, und zwar uns alle.

Und das Boot ist nicht voll, wenn wir die aufnehmen, die in ihrer Heimat um Leben und Lebensgrund bangen müssen, vielleicht machen wir uns nur zu breit in diesem Boot, das sich Reich Gottes nennt.

Christoph Simonsen


Predigt zum Semestereröffnungsgottesdienst – UNBESCHRIEBEN!

Evangelium: Johannes, 20,19-31

Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, dass sie den Herrn sahen. Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert. Thomas, genannt Didymus (Zwilling), einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht. Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder versammelt und Thomas war dabei. Die Türen waren verschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger aus – hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete ihm: Mein Herr und mein Gott! Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben. Noch viele andere Zeichen, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind, hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan. Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Messias ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben das Leben habt in seinem Namen.

Das Geschenk der heilsamen Angst

Ich geb es gern zu: Diese Eselsbrücke ist schon ziemlich wackelig und weit her geholt. Aber ich finde sie eigentlich ganz witzig und auch anregend.

Ihr wisst sicher, wie man diesen Sonntag nach Ostern auch nennt? Es ist der sogenannte „Weiße Sonntag“. Und er heißt so, weil an diesem Tag viele Kinder in den Gemeinden zum ersten Mal zur Kommunion gehen und die Mädels dann oft ein weißes Kleid und die Jungs ein festliches weißes Hemd tragen. Weiß als die Farbe der Reinheit und der Unschuld.

Na ja, und heute liegt das neues Semester noch unschuldig vor uns. Und da sagt man gern, eine neue Zeit läge wie ein unbeschriebenes weißes Blatt vor einem.

Ich hab mich gefragt, ob es sich vielleicht lohnen könnte, darüber einmal zu philosophieren, einen Zusammenhang zwischen diesen beiden zufällig aufeinander fallenden Ereignissen herzustellen. Einerseits die Kinder, denen zum ersten Mal das kleine Stück Brot in die Hand gelegt wird. Und zum anderen der Beginn eines Semesters.

Soweit ich mich an meine Erstkommunion zurück erinnern kann, hab ich damals ganz sicher nicht begriffen, was in diesem Augenblick geschehen wird. Und da scheint der Vergleich mit dem Semesterbeginn schon zu hinken. Denn dieses neue Semester ist alles andere als weiß und unbeschrieben und unschuldig. Und viele von euch wissen, wie es verlaufen wird, welche Leistungen erbracht werden müssen. Das Sommersemester ist jetzt schon größtenteils durchstrukturiert und große Geheimnisse sind wohl kaum zu erwarten. Äußerlich betrachtet ist dieser Vergleich also wohl ziemlich unpassend. Unsere Zukunft ist gar kein unbeschriebenes Blatt. Sie ist determiniert und mit den Zielen, die wir uns selbst gesteckt haben, scheint schon ein großer Teil der Spannung und der Ungewissheit genommen zu sein. Wir wissen, was wir uns auferlegen. Zukunft scheint planbar zu sein. Wir Menschen machen heute die Zukunft; wir stellen uns ihr nicht, setzen uns der Zukunft nicht aus, das wäre alles viel zu ungewiss.

Wir planen sie so exakt als irgend möglich. Und viele erwarten das auch von uns, dass wir uns genaue Ziele vorgeben; dass wir wissen, was wir wollen und dass wir für das kämpfen, was wir uns selbst auferlegt haben. Diese eben beschriebene Unschuld des Kindes, die ist uns als Erwachsener und eigenverantwortlicher Mensch völlig fremd geworden. Das Leben ist nicht unschuldig und mögliche Geheimnisse, die wollen wir so rasch als möglich aufdecken, denn wir Menschen wollen wissen und verstehen; staunend und fragend dem Fremden begegnen, das ist uns unheimlich. Dass in einem kleinen Stück Brot Zukunft liegen soll, dass dieses schlichte Stück Brot unser Leben beeinflussen soll, das mögen wir frommen Augenblicken gelten lassen können. Dass es aber unser Leben im Studium, unsere ganze Lebensperspektive beeinflusst und unsere Handlungsoptionen hinterfragt, das wissen wir geschickt zu umgehen. Wir Intellektuellen und Aufgeklärten wollen uns das Heft des Lebens nicht aus der Hand nehmen lassen. Dabei übersehen wir allerdings, dass wir die Verantwortung für die Gestaltung unseres Lebens längst abgegeben haben. Nicht an das Geheimnisvolle Gottes, sondern an das Undurchsichtige menschlicher Interessen.

Insoweit unterscheiden wir uns von den Jüngern damals nur marginal. Für sie war Ihr Leben auch vorgeprägt; sicherlich anders als bei uns heute, radikaler vielleicht, anders ausgerichtet. Aber sie haben die Gestaltung ihrer Zukunft auch abgegeben an einen anderen, an Jesus eben, so wie wir an den Ansprüchen und Vorgegebenheiten unserer Zeit. Sie waren sich ihrer Zukunft sicher, so wie wir uns unserer Zukunft sicher sind. Für sie war wie für uns die Zukunft kein unbeschriebenes Blatt. Ihnen hat Jesus ins Heft geschrieben, wenn ich im Bild bleiben darf, wie sie leben sollen, was sie tun sollen. Uns schreiben die wirtschaftlichen Interessen und die Finanzmärkte vor, welche Richtung unser Leben einnehmen soll.

An einer Stelle allerdings waren die Jünger, wie gesagt, radikaler als wir. Sie haben ihrem Leben an einer bedeutenden Stelle eine Richtungsänderung zugemutet, nämlich dann, als sie Jesus nach seiner Auferstehung begegnet sind. Wir heutigen Menschen, wir Christinnen und Christen sind in der Regel weniger radikal. Wir versuchen irgendwie beides unter einen Hut zu kriegen: einerseits mühen wir uns, den Idealen Jesu Folge zu leisten, andererseits laufen wir den Idealen unserer Gesellschaft und unserer Zeit nach. Das muss schließlich doch irgendwie gehen: Karriere machen und gleichzeitig ein guter Mensch sein; sich Gott mit Leib und Seele anvertrauen und gleichzeitig an der Börse spekulieren; die Schöpfung als das größte Gottesgeschenk erkennen und gleichzeitig noch größere und noch schnellere Fortbewegungsmittel entwickeln; das Leben bewahren wollen und gleichzeitig beide Augen und beide Ohren zumachen, wenn wieder neue Rüstungsgeschäfte abgewickelt werden.

Nach dem Tod Jesu hatten sich die Jünger eingeschlossen, weil sie Angst hatten. Angst kann lähmen, einen zermürben. Angst kann in eine Panik führen, die das ganze Leben aus dem Ruder laufen lässt; Angst kann auch töten. Das ist schrecklich, und einer solchen Angst kann man eigentlich nur Mitgefühl und Hilfsbereitschaft gegenüber stellen.

Andererseits kann aus einer Angst auch neue Kraft erwachsen; sie kann einen aus der Unsicherheit und aus dem Fragen zu neuen Perspektiven führen. Die unzähligen Flüchtlinge, die aus verschiedensten Ängsten ihre Heimat verlassen, leben uns dies vor.

Mit den Bildern des heutigen Evangeliums frage ich mich und uns:

Was muss zwischen uns sterben, damit wir Angst bekommen vor einer Zukunft, die wir allein den Menschen überlassen und die uns hilft, neues Vertrauen in das Geheimnis Gottes zu finden?

Was muss noch alles geschehen, damit wir erkennen, dass unsere Zukunft eben doch nicht in unserer Hand liegt.

In welche Räume müssen wir uns zurückziehen, damit wir wieder frei werden für das Ungewisse, für das Nicht-Planbare?

Ich hatte damals Angst, als ich als Kommunionkind nach vorne ging, um das Brot des Lebens zum ersten Mal zu empfangen. Es war aber eine wissbegierige Angst , vielleicht fasst es der Begriff „Furcht“ besser? Denn verbunden mit dieser Furcht war eine Ahnung, dass in diesem fremden Geschehen etwas Schönes und Gutes passieren würde. Die Ahnung, dass mich etwas weiter bringt in meinem Leben; etwas, das nicht in meiner Hand liegt, das ich nicht planen und gestalten kann.

Die Jünger haben nach diesem Augenblick der Angst und der Furcht den erfahren, der ihnen unverhofft und unverdient Frieden schenkt und Geist, einen guten Geist.

Ein neues Semester beginnt, und bei allem, was schon feststeht und was wir im Griff haben, ich wünsche uns in diesem neuen Semesterheft mindestens eine leere Seite, die wir frei halten für das Unverhoffte und ich wünsche uns eine gesunde Portion Schauder und Furcht vor diesem Geheimnisvollen und die Ahnung, dass darin Friede liegen kann und Geist, Gottes Geist.

 Christoph Simonsen

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