September-November 2016

Ich fühl mich leer und verbraucht, alles tut weh …

Dieser Schnipsel aus einem Songtext von Herbert Grönemeyer (genial präsentiert bei einem Live-Konzert in der Arena auf Schalke), völlig aus dem Zusammenhang gelöst, drückt mein Lebensgefühl in dieser Woche am Ende des Novembers und kurz vor dem adventlichen Lichtermonat Dezember aus.
Die sonnigen Momente sind selten, das Wetter trüb und nass –schmuddelig- wenig Motivierendes um uns herum, nachdem auch die möglichen Folgen der Präsidentschaftswahl in den USA immer deutlicher werden und von Tag zu Tag neue düstere Zukunftsvisionen entstehen lassen.
Leer und verbraucht – vom Rhythmus der Natur her normal, diese richtet sich auf eine Brachzeit, den Winter ein. Für uns in unseren Routinen und zeitlichen Zwängen undenkbar?
Eine Zeit des Ausruhens, die Leere neu zu füllen mit Ideen für eine lebenswerte Zukunft für alle, Leere füllen mit einem neuen Geist der Solidarität, Leere füllen mit Hoffnung. – Statt verbraucht sein sich auf ein Leben in Fülle freuen.
Vielleicht hilft schon, wie es im Süden Deutschlands heißt „mal richtig durchzuschaufen“, Pause zu machen, kurz mal aus dem Trott auszusteigen, innehalten.
Dafür möchte ich mir in den nächsten Wochen des Advents mehr Zeit nehmen –Brachzeit, um mich neu er-füllen zu lassen.              GS 22.Nov 2016

Gönne Dir Brachzeit

Foto: pixabay.com
Foto: pixabay.com

Gelassen der Mensch
der der Kraft der Leere traut
die es ermöglicht, Erlebnisse zu vertiefen,
Schwieriges loszulassen
letztlich sich von Gott neu erfüllen zu lassen

Gelassen der Mensch
der die Zwischenzeiten im Leben nutzt
weil im bewussten Nichtstun
höchste Aktivität vorbereitet wird

Gelassen der Mensch
der Widerstand leistet
damit die Versklavung des Menschen
durchbrochen
und menschenwürdiges Arbeiten
verwirklicht wird

Gelassen der Mensch
der sich lassen kann
sich Brachzeit gönnt wie die Natur:
Er wird beziehungsfähiger
und seine Solidarität wird wachsen

Pierre Stutz, Einfach leben, Verlag am Eschbach


BARMHERZIGKEIT – ein Jahr geht zu Ende

Mal ehrlich, war das nicht ein aufgesetzter, innerkirchlicher Flop?
Da hatte Papst Franziskus das (Kirchen-)Jahr 2016 als Jahr der Barmherzigkeit ausgerufen, Missionare der Barmherzigkeit ernannt, es wurden Pforten der Barmherzigkeit errichtet (auch im Aachener Dom), … aber irgendwie merkte man auch als aktives Kirchenglied in Deutschland nicht wirklich etwas.

Barmherzigkeit meint „ein Herz für die Armen haben“ und ist eine Tugend, also eine Haltung, die Christen glaubwürdig und selbstkritisch leben sollen.

Vielleicht war es ja gerade die Absicht des Papstes diese Haltung der Barmherzigkeit auch als kirchliche Grundhaltung in Erinnerung zu rufen und entsprechend zu agieren. Der neue Bischof von Aachen, Helmut Dieser hat in einem ersten Interview gesagt, dass Kirche mit dem „Vorurteil behaftet ist vor allem wertend und urteilend aufzutreten“. Deshalb fordert er die Kirche heraus „die Zeit gelten zu lassen und sich in sie hinein zu begeben“.

LiebeDiese Zuwendung öffnet Blick für die Lebenssituation der Menschen und fordert heraus sich als Christen mit der Not der Welt konfrontieren zu lassen, sich an die Seite der an vielfältiger Not leidenden Menschen „insbesondere der Armen und Unterdrückten aller Art“ (Vatikanisches Konzil, Gaudium et Spes, 1965)zu stellen.

Wenn es gelungen ist, das dies uns als Kirche und uns als Christen in diesem Jahr der Barmherzigkeit bewusst geworden ist und wir ehrlich versuchen die Haltung der Barmherzigkeit immer wieder neu und glaubhaft in unserem Handeln zu leben, und wenn Solidarität nicht nur eine neue Worthülse für Barmherzigkeit ist, … dann war das Jahr der Barmherzigkeit ein Erfolg.—-– GS 15. Nov 2016

„Gott will nämlich in seinem Plan der Liebe niemanden ausschließen, sondern alle einschließen! … Die Barmherzigkeit ist der Stil Gottes, mit dem wir Christen in unser Leben die anderen mit einschließen sollen, statt dass wir uns in uns selbst und unseren egoistischen Sicherheiten einmauern.“
„Inklusion bedeutet, die Arme zu öffnen und jeden aufzunehmen – ohne die anderen nach sozialem Level, Sprache, Rasse, Kultur oder Religion einzuordnen. Vor uns ist einfach ein Mensch, den wir lieben sollen, so wie Gott ihn liebt! Wen ich auch am Arbeitsplatz, in meinem Stadtviertel vorfinde, ist ein Mensch, den ich lieben soll, so wie Gott ihn liebt. – Ja, aber der kommt doch aus dem und dem Land, der hat doch die und die Religion… Ein Mensch, den Gott liebt und den ich lieben soll! Das heißt mit einschließen, das ist Inklusion.“

Papst Franziskus (radio vatican 12.11.2016 sk)


Ich will mich nicht gewöhnen

Der Mensch sei ein Gewohnheitstier sagt man.
Wir haben unsere Gewohnheiten und Routinen mit und aus denen wir unser Leben gestalten. Es steckt ja auch das Wort „Wohnen“ darin. Das gibt Sicherheit! Aber es legt auch fest, engt ein. Und lässt abstumpfen!
Manche Nachricht, die nicht in das „Gewohnte“ passt, wird ausgefiltert als „ungewohnt“, berührt mich erst gar nicht, weil sie so außerhalb meiner Wahrnehmung bleibt oder weil ich mich eben schon daran gewöhnt habe … an die Flüchtlingsdramen im Mittelmeer, an die Verteilungsungerechtigkeit in unserer Gesellschaft und weltweit, an immer mehr Hass und Gewalt, …
Aber ich will mich nicht an all das und noch viel mehr gewöhnen!
Deshalb trifft der Kabarettist Matthias Sieber mich mit seinem Aufschrei [tube]LOiyYNNCmVM[/tube]

survival of the fattest
survival of the fattest

– ähnlich wie Wolf Biermann mit seinem Gedicht ERMUTIGUNG von 1968:

Du, laß dich nicht verhärten
in dieser harten Zeit.
Die allzu hart sind, brechen,
die allzu spitz sind, stechen
und brechen ab sogleich.

Du, laß dich nicht verbittern
in dieser bittren Zeit.
Die Herrschenden erzittern
– sitzt du erst hinter Gittern –
doch nicht vor deinem Leid.

Du, laß dich nicht erschrecken
in dieser Schreckenszeit.
Das wolln sie doch bezwecken
daß wir die Waffen strecken
schon vor dem großen Streit.

Du, laß dich nicht verbrauchen,
gebrauche deine Zeit.
Du kannst nicht untertauchen,
du brauchst uns und wir brauchen
grad deine Heiterkeit.

Wir wolln es nicht verschweigen
in dieser Schweigezeit.
Das Grün bricht aus den Zweigen,
wir wolln das allen zeigen,
dann wissen sie Bescheid

GS 8. November 2016


Grenzenlos und hemmungslos verbraucht

kurswechsel-13Wir verbrauchen jedes Jahr 60 Prozent mehr Ressourcen, als die Erde innerhalb dieses Zeitraums regenerieren und damit nachhaltig zur Verfügung stellen kann. Setzt sich diese Entwicklung ungebremst fort, wären 2030 zwei komplette Planeten nötig, um den Bedarf an Nahrung, Wasser und Energie zu decken. – so stellt der Living Planet Report 2016 des WWF fest.
Die Folge ist, dass sich die biologische Vielfalt auf der Erde innerhalb der vergangenen 40 Jahre mehr als halbiert hat.
Vom 7.–18. November 2016 findet der UN-Klimagipfel in Marrakesch (Marokko) statt. Die Unterzeichner-Staaten der Weltklimakonferenz in Paris im Dezember 2015 hatten beschlossen in Marrakesch verbindliche Vorlagen nationaler Klimaziele und Massnahmen vorzulegen. Jedoch konnte die deutsche Regierung bisher noch keine Einigung über den deutschen Klimaschutzplan 2050 erzielen.
Es ist insbesondere der CO2 Ausstoß, der unser Klima bedroht. Was dies bedeutet zeigt MISEREOR in einer aktuellen Broschüre auf.
Letztlich sind es wir Menschen in den Industrieländern der Nordhalbkugel, die durch ihren Konsum diese Bedrohung des Lebens auf dieser Erde und damit der menschlichen Existenz zu verantworten haben. Ein Kurwechsel ist angesagt, der von uns Verzicht fordert. Darauf reagieren wir aber geradezu allegisch, indem wir die wissenschaftlichen Prognosen anzweifeln (alles halb so schlimm) oder auf die Forschung vertrauen (bisher wurde doch für alles eine Lösung gefunden).
Einschränkung und Verteilungsgerechtigkeit ist die einzige nachhaltige Lösung! Unsere Kindern und Enkel werden es uns danken, denn ihnen gegenüber stehen wir in Verantwortung für eine lebenswerte ZUkunft auf diesem uns zur Verfügung gestellten Planeten Erde.                              GS 2.Nov. 2016

Mit jedem Atemzug will ich Dir
danken für
das Leben
die Schöpfung
die Begegnungen

Mit jedem Atemzug will ich mir
bewusst werden
wie das Wesentliche im Leben
ein Geschenk ist:
meine Willenskraft
mein Hoffnungsfaden
meine Liebe zu Tier und Mensch
meine Entfaltungsmöglichkeiten

Mit jedem Atemzug will ich das
Verbindende spüren :
mit allen Menschen guten Willens
mit der Vielfalt aller das Leben
bejahenden Kulturen
mit Dir
Gott, Du Quelle aller
Beziehungen

Pierre Stutz, Einfach Leben, Verlag am Eschbach 2004


Perspektive: Ja zur Zukunft

Eine Statistik dokumentiert eine Trendwende und weckt Hoffnung für eine lebenswerte Zukunft:
In Deutschland bekamen Frauen im Jahr 2015 durchschnittlich 1,5 Kinder (in Deutschland Geborene 1,43 und Ausländerinnen 1,95) – damit ist die Geburtenrate so hoch wie zuletzt vor 33 Jahren, als die Babyboomer Kinder bekamen.
Neben der demografischen Bedeutung dieser Trendwende drückt diese Zahl für mich das Vertrauen in eine lebenswerte Zukunft für ebendiese Kinder und die Übernahme von Verantwortung für diese Zukunft aus.
Kinder in diese Welt zu setzen ist für Eltern, wie Kinder ein unplanbares Abenteuer, das für Mütter wie Väter eine Vielzahl von Arrangements und Kompromissen in Beruf und Freizeit bedeutet „Das wagen Menschen nur, wenn das Vertrauen, dass man schon alles schaffen wird, größer ist als die Sorge zu scheitern. Wer Angst hat bekommt kein Kind.“ (Die Zeit Nr44, S.12)
Herzlichen Dank Trendsetter-Eltern für ’s Mut machen und Herzlich willkommen Zukunfts-Kinder!                   GS 25.Okt 2016

Foto: Constantin Lindenmeyer
Foto: Constantin Lindenmeyer

Gott segne dich, mein Kind:
möge das Wasser, das du trinkst,
frei sein von Gift;
möge die Straße, die du gehst,
gesperrt sein für Raser;
möge die Schule, die du besuchst,
offen sein für deine Träume;
möge die Familie, die du gründest,
stark sein gegen Überforderung;
möge der Tod, den du stirbst,
frei sein von Gewalt;
mögest du nie tiefer fallen
als in Gottes Hand.
Gott segne dich, mein Kind!

HANNA STRACK, Deine Güte umsorgt uns, Verlag am Eschbach 2001, S.34


Von Selbstgerechtigkeit und Demut

Foto: Guido Schürenberg
Foto: Guido Schürenberg

Selbstgerechtigkeit finde ich grauenhaft. Wenn ich mir die Trumps, die Johnsons, die Wilders und ähnliche Populisten Abend für Abend in den Nachrichten ansehen muss (meist sind es weiße Männer zwischen 50 und 70 Jahren) und immer mit der Botschaft „Ich bin der, der weiß, was für Euch das Beste ist, der alles richtig macht, der keine Fehler hat und was verkehrt läuft in der Welt, sind die anderen“, frage ich mich, woher dieser Narzissmus kommt und warum ihnen so viele nachfolgen. Was ist an ihnen so attraktiv, wo doch der Faktencheck schnell die Lügen und Tricksereien enttarnt?

Aber noch schlimmer finde ich, wenn ich diese Selbstgerechtigkeit auch bei mir entdecke, wenn ich keine Fehler zugeben kann, wenn ich meine Leistungen in den Vordergrund schiebe, obwohl sie das Ergebnis von Teamarbeit sind, wenn ich das Gefühl vermittle, ich sei der, der die Marken setzt, an denen sich die anderen messen lassen müssen.

Sind diese Charakterzüge nicht eher Zeichen mangelnden Selbstvertrauens?

Der Sozialpsychologe und Philosoph Erich Fromm empfiehlt in seinem bekannten Werk Die Kunst des Liebens die Demut als Haltung, die es ermöglich den eigenen Narzissmus zu überwinden. Demut ist Mut zu dienen, die eigene Selbstbezogenheit und Selbstverliebtheit zu überwinden und sich der Gemeinschaft, der Gesellschaft zuzuwenden und diese uneigennützig und gerecht mitzugestalten.

Habe ich diesen Mut? Oder fehlt mir das Selbstvertrauen dazu?                                         GS 18.Okt 2016

Gott, der dich wahrnimmt,
lasse zu deiner Erfahrung werden,
was er dir zugesagt hat:
Bei dir zu sein
in Angst und Unsicherheit,
zu dir zu stehen
in Ausweglosigkeit und Verlassenheit,
dich zu trösten,
wenn du bekümmert bist,
deine Bedürftigkeit
zu Herzen zu nehmen,
was immer auf dir lastet.

Er schenke dir,
was du dir selbst
nicht geben kannst:
Wachsendes Vertrauen
mitten in den Widersprüchen
dieses Lebens.

Antje Sabine Naegeli,
Jeden Augenblick segnen, Eschbach 2005, S.105


Verzeihen ist eine Eigenschaft des Starken

„Er ist offensichtlich dumm, ein Quatschkopf, ein Trottel, er ist ein Idiot, eine Schande für dieses Land, …“ Robert de Niro, ein eher konservativer US-Schauspieler redet sich in einem Videospot in Rage und fordert seine Kollegen auf, sich von Donald Trump zu distanzieren, weil „dieses Land in die falsche Richtung steuert“
Der, über den Robert de Niro seine Wut-Tirade ausschüttet, bleibt gelassen, cool. Er will ja provozieren, polarisieren, beleidigen, diffamieren, … um an die Macht zu kommen. Es geht um die Macht, aber nicht um die Welt menschlicher und gerechter zu machen. Es geht nur um ihn, sein EGO; er ist Narzisst!
Jetzt gegen Ende des von Papst Franziskus ausgerufenen Jahres der Barmherzigkeit lese ich in den „geistlichen Werken“, das heißt den Einstellungen der Barmherzigkeit, die aus der Empathie, dem Mitleid mit den Menschen entstehen: … den Beleidigern gern verzeihen, die Lästigen geduldig ertragen,… (Katechismus der Katholischen Kirche 2447)
Typen wie Donald Trump „geduldig“ ertragen? Beleidigern „gern“ verzeihen? – Zumutungen!
Aber wenn ebenfalls zu pöbeln die Alternative ist, eskaliert die Auseinandersetzung und eine sachliche Diskussion ist nicht mehr möglich. Verständigung auf gemeinsame Ziele und entsprechendes Handeln sowieso nicht.
Wie schnell bezeichne ich jemanden als Idioten oder Querulanten, nur weil er eine andere Meinung vertritt oder mich nicht versteht (verstehen will)? – Weil ich nicht die Geduld habe ihnen die Wandlungsfähigkeit oder den guten Willen zuzugestehen?
Die Haltung der Barmherzigkeit kennt die eigenen Schwächen und Fehler, nimmt die der anderen hin, ohne sich davon treffen zu lassen und öffnet Türen für Verständigung. Weil ich verzeihe, bin ich überzeugend.
Das ist der Weg des großen gewaltfreien Kämpfers gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit Mahatma Gandhi, der sich in seiner Lehre der Gewaltlosigkeit auf die Bergpredigt Jesu (Matthäus 5) bezieht: „ Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen“
Angesichts der Hasstiraden, des Aggressionspegels und den Pöbeleien, die die derzeitige politische Auseinandersetzung bestimmen, wünsche ich mir den Mut diesen Weg Mahatma Gandhis in der Tradition Jesu gehen zu können – auch über das Jahr der Barmherzigkeit hinaus.
GS 11.Okt 2016

mahatma_gandhi-2Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.

Der Schwache kann nicht verzeihen. Verzeihen ist eine Eigenschaft des Starken.

Was man mit Gewalt gewinnt, kann man nur mit Gewalt behalten.

Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg.

Mahatma Gandhi


Franziskus –  ein RadikalChrist

pace_miniaturaHeute am 4. Oktober ist der Gedenktag des Hl. Franziskus (1181 -1226) und ich wünschte, dass sich Viele von seiner Botschaft und seinem Leben inspirieren lassen würden, denn auch nach 800 Jahren kann er immer noch Maßstab für Menschlichkeit und Gottverbundenheit sein.
Franziskus, der Tiereversteher, der Heilige der Ökos, der Erfinder des Krippenspiels, … aber auch der bedingungslos Solidarische mit den  Armen und Ausgestossenen, der Praktiker des interreligiösen Gespräches, der Friedensstifter, der Gott-Verwurzelte, der Kirchen-Wieder-Aufbauer, der Ordensgründer, der Charismatiker, der Dichter, … und nicht zuletzt, der so von Jesus und seiner Botschaft durchdrungene, dass er gegen Ende seines Lebens die Wundmale Jesu an seinem Körper entdeckte.
Sein Leben und seine Botschaft bewegen und begeistern innerhalb und außerhalb der Kirche auch heute noch viele Menschen. Seine Spuren finden sich nicht nur in den franziskanischen Ordens- und Laiengemeinschaften, sondern auch in der Taizè-Bewegung in den Leitworten von Kampf und Kontemplation. Franziskanisches Gedankengut findet sich in der Befreiungstheologie Lateinamerikas (insbesondere beeinflusst von dem Franziskaner-Theologen Leonardo Boff). Aber es hat 800 Jahre gedauert, dass ein Papst ihn als Namenspatron angenommen hat und so auch seinem Papsttum ein franziskanisches Programm gegeben hat.
In Papst Franziskus entdecke ich viel Franziskus, sowohl in seiner Solidarität mit den Armen und Ausgestoßenen, als auch in seinen Friedensbemühungen, in seiner einfachen Lebensführung und in seinem Bemühen die Kirche zu reformieren und wieder zu einer glaubwürdigen Gemeinschaft in der Nachfolge Jesu zu machen.

Ermutigung zur

LIEBE

Wenn Du Dich selbst kaum noch spürst
und Du Dich unfähig oder überflüssig fühlst,
dann wünsche ich Dir den Mut,
Dich selbst anzunehmen,
so wie Du bist.

Wenn Dich die Bedürfnisse Deiner Mitmenschen
überfordern
und Du nicht weisst,
wie Dein eigener Beitrag aussehen könnte,
dannn wünsche ich Dir den Mut,
Deine Formen
von Solidarität und Nächstenliebe zu entdecken.

Wenn Gott in Deinem Leben kaum noch vorkommt
und Du befürchtest, dass er Dich vergessen hat,
dann wünsche ich Dir den Mut,
einen Neuanfang zu wagen
und ihm Dein Herz zu schenken.

Angela Lohausen, aus ERMUTIGUNGEN, MISEREOR Fastenaktion 2012


„Alle finden’s scheiße, aber alle machen sie mit“

Da kam heute morgen mal wieder einiges „zufällig“ zusammen: eine Untersuchung des WDR über die Qualitätsunterschiede in den offenen Ganztagsschulen des Landes, der Schwerpunkt VERTEILUNGSGERECHTIGKEIT im Wirtschaftsteil der ZEIT und ein „Facebook-Fund“ eines ehemaligen Kollegen.
Dieser brachte mein diffuses Unbehagen und die gefühlte und dokumentierte Ungerechtigkeit in unserer Gesellschaft ins Wort. In diesem Fall nicht nur ins verdichtete Wort, sondern sogar ins gesungene Wort: TESTAMENT der Leipziger „Chansonedde“ Sarah Lesch wurde als „Bester Protestsong 2016“ ausgezeichnet:
„Wunderschönes, zorniges und rhetorisch dichtes Lied über Sozialisation und den Umgang unserer Gesellschaft mit Kindern. Mit Sätzen für die Ewigkeit wie „Kein Kind is ein Problem“, „Alle finden’s scheiße, aber alle machen sie mit“ und „Wenn ihr das Welt nennt, bin ich gern weltfremd“. (Hinter den Schlagzeilen)

GS 27.Sept. 2016

Auch du warst mal ein Kind und auch ich war mal klein
Und auch uns ham sie was erzählt
Und dann macht man das alles und versucht so zu sein
Und dann merkt man, dass einem was fehlt
Und dann verlernt man, sich richtig zu spüren
Oder man flüchtet sich in Kunst oder Konsum
Und während ihr fleißig Pläne macht,
Lachen die Götter sich krumm
Lasst eure Kinder mal was dazu sagen
Hört ihnen richtig zu.
Die spürn sich noch, die ham Feeling für die Welt
Die sind klüger als ich und du

Und denkt dran bevor ihr antwortet:
Ihr seid auch nur verletzte Kinder.
Am Ende gibt’s wieder ganz neue Symptome, und ihr wart die Erfinder
Und dann sagt ihnen wieder, wie es richtig geht
„Werd erwachsen“ und „bist du naiv“
Predigt Formeln, lasst alles in Hefte schreiben,
Die Götter lachen sich schief

Achtet auf Schönschrift und Lehrpläne
Und dass sie die Bleistifte spitzen
Zeigt ihnen Bilder von Eichenblättern
Während sie drinnen an Tischen sitzen
Und dann ackern und büffeln und wieder auskotzen
Und am Nachmittag RTL 2
Am Wochenende geht’s was Schönes kaufen, fertig ist der Einheitsbrei

Und jeder der sich nicht anpasst
Wird zum Problemkind erklärt
Und jede, die zu lebhaft ist
Kriegt ‘ne Pille damit sie nicht stört
Und damit betrügt ihr euch selber denn
Kein Kind ist ein Problem
Und all die Freigeister, all die Schulschwänzer
Nur Symptomträger im System

Doch bedenkt wenn ihr so hart urteilt:
Ihr seid auch nur gefangene Geister
Der Unmut wird immer lauter
Und die Lehrer schreien sich heiser
Empört euch, dass Hänschen nicht ist, was er sein soll
Sondern nur, wer er nunmal ist
Die Götter pullern sich ein vor Lachen
Und ihr denkt, dass ihr was wisst

Und wenn Hänschen dann Hans ist
Der eigene Kinder hat, denen er was erzählt
Dann merkt Hans und Kunz, und ihr vielleicht auch,
Dass wieder irgendwas fehlt
Ihr habt Wünsche und Träume
Und rennt damit ständig an imaginäre Wände
Und jeder Wunsch den ihr euch erfüllt
Der ist dann halt auch zu Ende
Geht ihr nur malochen für erfundene Zahlen
Und wartet, bis die Burnouts kommen
Schmeißt euer Geld für Plastik raus
Um ein kleines Glück zu bekommen
Das Beste aus Cerealien und Milch
Noch ‘n Carport und noch ‘n Kredit
Und alle finden‘s scheiße, aber alle machen sie mit

Ihr klugscheißert und kauft trotzdem
Und die Werbung verkauft euch für dumm
Und dann sitzt ihr vor neuen Flachbildfernsehern
Und meckert auf den Konsum
Wenn ihr das Welt nennt, bin ich gern weltfremd
Die Götter lachen sich krumm

Ihr Traumverkäufer, Symptomdesigner
Merkt ihr noch, was passiert?
Wer hat euch das Land und das Wasser geschenkt,
Das ihr jetzt privatisiert
Ihr Heuchler, ihr Lügner, ihr Rattenfänger
Ihr Wertpapierverkäufer
Man hat euch Geist und Gefühl gegeben
Und doch seid ihr nur Mitläufer
Ihr großen, vernarbten, hilflosen Riesen
Ihr wart doch auch mal klein
Und jemand hat euch mit Schweigen gestraft
Und ließ euch darin allein
Und jetzt hört ihr nicht nur die Götter nicht lachen
Ihr hört auch die Kinder nicht weinen
Und sagt ihnen weiter, es würde nicht wehtun
Ohne es so zu meinen

Macht ihr ruhig Pläne, ich steh am Rand
Ich sehe euch und ich bin nicht allein
Hinter mir stehen mehr und mehr Weltfremde
Die passen auch nicht hinein
Und jetzt wartet nicht auf ein versöhnliches Ende
Den Gefallen tu ich euch nicht
Kein Augenzwinkern, keine milde Pointe,
Die das Unwohlsein wieder bricht
Irgendwann werden die Götter nicht mehr lachen
Und falls es mich dann nicht mehr gibt
Hinterlass ich ein Kind, das sich selbst gehört
Und dies unhandliche Lied

„Testament“ von Sarah Lesch hat den Protestsongcontest 2016 gewonnen.


DAS IST ABER NICHT FAIR!

Foto: Guido Schürenberg
Foto: Guido Schürenberg

Dieser Ausruf machte unter uns Kindern immer dann die Runde, wenn wir uns benachteiligt fühlten und ungerecht behandelt. Das englische Wort FAIR ist über den Sport (Fairplay), die Gerichtssprache (Fairer Prozess) und in der Variante Fairness in den täglichen Sprachgebrauch als Wertvorstellung eigegangen.
Fair meint anständig, ordentlich und Fairness drückt eine Vorstellung von Gerechtigkeit aus.
Vom 16.-30. September haben die Weltladen-Bewegung, das Forum Fairer Handel und die Labelorganisation TransFair die FAIRE WOCHE ausgerufen. Diese Handelsorganisationen wollen mit den jährlich stattfinden Aktionswochen Bewusstsein für den Fairen Handel schaffen, d.h. dass die Produzenten gerechte Preise für ihre Waren erhalten. Das betrifft nicht nur Lebensmittel, sondern auch Textilien. Die Wirkung dieser Kampagnen ist offensichtlich: Der Umsatz fair gehandelter Produkte in Deutschland hat sich gegenüber 2010 verdreifacht.
Das was jeder von uns selbstverständlich erwartet, „fairer Lohn für gute Arbeit“ ist in diesen Branchen nicht selbstverständlich, sondern muss von den Produzenten unserer Lebens-Mittel in den Ländern des globalen Südens -aber auch von den Milchbauern in Deutschland- mühsam erstritten werden, bzw. wird ihnen verweigert. Fair wäre es, wenn unsere Lebensmittel ihnen ein faires, weil gerechtes Einkommen bringen würde, das ihnen und ihren Familien ein BUEN VIVIR, ein gutes Leben für alle, wie es die Staatengemeinschaft seit 2015 fordert, ermöglichen würde.
Die Realität im Welthandel ist nach wie vor Ausbeutung, Preis- und Lohndumping unter teils unmenschlichen Arbeitsbedingungen und Raubbau an der Natur.
FAIRER HANDEL ist dagegen ein politisches Zeichen der Solidarität, das wir als Verbraucher setzen können, damit unser Konsum fairer wird.

GS 20. Sept. 2016

Ermutigung zum HANDELN

Wenn du dir die Hände
nicht schmutzig machen willst
und dir einredest,
dass genug andere Menschen aktiv werden könnten,
dann wünsche ich dir den Mut,
dich für die Wahrheit zu entscheiden.

Freiwilliges soziales Jahr in Afrika Foto: eine-welt-engagement.de
Freiwilliges soziales Jahr in Afrika
Foto: eine-welt-engagement.de

Wenn du merkst,
dass Menschenrechte mit Füßen getreten werden,
dann wünsche ich dir den Mut,
dich einzumischen
und Partei zu ergreifen für ein Leben in Würde.

Wenn du erkannt hast,
was auf dem Spiel steht,
aber vor den damit verbundenen Hindernissen zurückschreckst,
dann wünsche ich dir den Mut,
über deinen Schatten zu springen.

Angela Lohausen, Früh-/Spätschichten MISEREOR-Fastenaktion 2012


urlaub – ein kostbares wort

zu ps 31,16

strand_daenemark
Foto: Guido Schürenberg

urlaub

ein altes wort
vom zeitwort erlauben
eigentlich erlaubnis wegzugehen

urlaub

grundsätzliche erlaubnis also:
einmal alles hinter sich lassen
aus dem gesunden abstand heraus
das gewohnte alte neu sehen können

ferien

aus dem lateinischen feriae
bei den alten römern die tage
an denen zu ehren bestimmter götter
die arbeit
besonders die rechtspflege ruhte
mit dem wort feier verwandt

ferien

Ile de Re Foto: Guido Schürenberg
Ile de Re
Foto: Guido Schürenberg

feier-tage also:
freie tage
ruhe-tage
fest-tage
kostbare atempause
leib und seele spüren

vacances

leere tage
sagen die franzosen
auch aus dem lateinischen
leer, ledig, frei sein

vacances

muße-tage also:
langsam leer werden können
die tage einmal frei halten von allem
was sonst bedrängt und umtreibt

Dänemark, Westküste Foto: Guido Schürenberg
Dänemark, Westküste
Foto: Guido Schürenberg

holidays

heilige tage, gottgefällige tage
sagen die engländer

holidays

geweihte tage also:
innehalten und nachspüren
im fließen und zerrinnen der zeit
neu entdecken können:
„in DEINER hand ist meine lebenszeit
sind meine gezeiten“
(vgl. ps 31,16 nach der übersetzung von alfons deissler und martin buber)

manfred langner
(inspiriert durch eine idee von matthias hagenhoff)

In diesem Sinne:

Schönen URLAUB!