21. Sonntag bis Christkönig Lesejahr C 2013

Fest Christkönig im Lesejahr C – 2013

Evangelium:Lukas 23,35-43

Die Leute standen dabei und schauten zu; auch die führenden Männer des Volkes verlachten ihn und sagten: Anderen hat er geholfen, nun soll er sich selbst helfen, wenn er der erwählte Messias Gottes ist. Auch die Soldaten verspotteten ihn; sie traten vor ihn hin, reichten ihm Essig und sagten: Wenn du der König der Juden bist, dann hilf dir selbst! Über ihm war eine Tafel angebracht; auf ihr stand: Das ist der König der Juden. Einer der Verbrecher, die neben ihm hingen, verhöhnte ihn: Bist du denn nicht der Messias? Dann hilf dir selbst und auch uns! Der andere aber wies ihn zurecht und sagte: Nicht einmal du fürchtest Gott? Dich hat doch das gleiche Urteil getroffen. Uns geschieht recht, wir erhalten den Lohn für unsere Taten; dieser aber hat nichts Unrechtes getan. Dann sagte er: Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst. Jesus antwortete ihm: Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.

 

Der Penner auf der Parkbank: Jesus?

Jesus, ein obdachloser Mann auf einer Parkbank. Die lebensgroße Bronzeskulptur des kanadischen Künstlers Timothy Schmalz war selbst lange Zeit „obdachlos“, bis zu dieser Woche. Sowohl die St. Patrick´s Cathedral in New York wie auch die St. Michael´s Cathedral in Toronto lehnten es ab, das Kunstwerk in ihren Kirchen Obdach zu geben. Die offizielle Begründung: zu teuer. Inoffizieller Grund: unzumutbar, skandalös. In einem Land, in dem ein Tellerwäscher nur dann wahrgenommen wird, wenn er aus eigenen Kräften zum Millionär aufgestiegen ist, in einem solchen Land ist es kaum vorstellbar, Jesus als Obdachlosen in einer Kathedrale zu verewigen. Aber ich mache mir nichts vor, das Domkapitel in Aachen hätte sicher auch tausend triftige Gründe gefunden, diese Skulptur außen vor zu lassen.

Am vergangenen Mittwoch wurde sie Papst Franziskus nach der Generalaudienz übergeben. Wo sie jetzt in Zukunft ihren festen Ort findet, das weiß ich nicht. Hoffentlich nicht irgendwo versteckt in den Tiefen der vatikanischen Gärten. Mein Vorschlag wäre, sie vor das Portal des Petersdomes zu platzieren, oder direkt in die Kathedrale gegenüber der Pieta von Michelangelo. Beide Skulpturen würden einen nachdenklichen Kontrast bilden zum epochalen Hochaltar von Bernini.

Ein Obdachloser, das Gesicht unbeholfen mit einer Decke schützend zugedeckt. Unter dem Faltenwurf zeichnen sich die Umrisse des Körpers ab. Nur die Füße, an denen noch der Schlamm der Erde klebt, sieht man. Für sie ist die Decke zu kurz. Erst bei genauem Hinsehen erkennt man die blutverklebten Wundmale an ihnen. Ohne Zweifel: unter dieser Decke liegt ein Obdachloser, der einen Namen hat: Jesus. Timothy Schmalz lehnt sich mit seiner Arbeit an die Worte Jesu aus dem Matthäusevangelium an: “Ich war nackt, und ihr habt mich bekleidet; ich war fremd, und ihr habt mir Obdach gegeben.”

Sich auf einen Menschen vorbehaltlos einlassen, gewillt sein, ihn vom Herzen her zu erkennen, vermag zu wunderbaren Erkenntnissen zu führen. In dem unbeachteten Penner auf der Parkbank den Größeren erkennen. Im Menschen, der ganz unten ist, Gott erkennen, das ist die Erkenntnis, die dem Leben eine ganz andere Richtung zu geben ermöglicht. Austreten aus dem Mainstream der schnelllebigen Oberflächlichkeit und im Antlitz des anderen das Geheimnis des Lebens entdecken. Dazu bedarf es Zeit und Geduld und Mut. Wir Menschen würden Gott missverstehen, ja sogar missbrauchen, würden wir ihn nur symbolisch und ritualisiert als Bruder der Menschen sehen. In größter Konsequenz zeigt Gott sich wirklich als der Letzte. Allerdings missdeuten wir Menschen oft das, was wir im ersten Augenblick sehen. Wir denken oft, der Letzte sei das Letzte. Weil wir so denken, wird uns Gott auch nie wirklich vertraut werden. Denn wer dieses Menschenbild in sich trägt, der wird Gott nie nahe kommen. So groß das Geheimnis Gottes ist, so offenbar ist, dass wir Menschen ihm nur näher kommen, wenn wir nach unten schauen.

Die drei am Kreuz: sie hängen hoch. Und die Soldaten und all die anderen Gaffer, die vermeintlichen Sieger, diejenigen, die das Zepter des Handelns scheinbar in den Händen halten, sie alle schauen nach oben und wähnen sich als die Gerechten, dabei sind sie nur selbstgerecht. Sogar einer der Gehängten, der, der wie die Gaffer da unten nur sein eigenes kleinkariertes Leben im Blick hat, schaut  nach oben und verkennt die Nichtigkeit seines Seins. Der, der in der Mitte hängt, und der andere mit ihm zum Tod Verurteilte, sie sind wirklich in Kontakt miteinander, sie schauen an, sie schauen in die Tiefe. Sie sind die eigentlichen Sieger des ganzen verrückten Geschehens. Was diese beiden Menschen in diesem Augenblick verbindet, ist eine essentielle, ehrliche Einsicht: Nur aus der Gnade vermag der Mensch zu leben. Dieses Wort ist unserem Wortschatz heute eher fremd, aber es bekundet, worauf es ankommt. Der Mensch, jeder Mensch, jedes Geschöpf darf und muss sich als Verdankter erkennen. Alles, was lebt, verdankt sich der Liebe Gottes.

Der Mensch ist mehr als die Summe dessen, was er aus eigenem Vermögen heraus erreicht hat. Der Mensch ist Geschenk und er ist Gefäß der Liebe Gottes.

Es mag tausend Gründe geben, die den Obdachlosen aus der Bahn geworfen haben mögen; Gründe, die die Etablierten und Selbstgerechten als ein eigenes verschulden abkanzeln. Wer sich jedoch frei macht von der Arroganz der Überheblichkeit, der wird in diesem Menschen das Bild des Königs sehen, der immer den Weg nach unten gegangen ist, und: er wird aus dem Staunen nicht mehr herauskommen darüber, wo überall der König der Welt zu finden ist.

 Christoph Simonsen

 

33. Sonntag im Jahreskreis C – 2013

Evangelium: Lukas 21,5-19

Als einige darüber sprachen, dass der Tempel mit schönen Steinen und Weihegeschenken geschmückt sei, sagte Jesus: Es wird eine Zeit kommen, da wird von allem, was ihr hier seht, kein Stein auf dem andern bleiben; alles wird niedergerissen werden. Sie fragten ihn: Meister, wann wird das geschehen und an welchem Zeichen wird man erkennen, dass es beginnt? Er antwortete: Gebt Acht, dass man euch nicht irreführt! Denn viele werden unter meinem Namen auftreten und sagen: Ich bin es!, und: Die Zeit ist da. – Lauft ihnen nicht nach! Und wenn ihr von Kriegen und Unruhen hört, lasst euch dadurch nicht erschrecken! Denn das muss als erstes geschehen; aber das Ende kommt noch nicht sofort. Dann sagte er zu ihnen: Ein Volk wird sich gegen das andere erheben und ein Reich gegen das andere. Es wird gewaltige Erdbeben und an vielen Orten Seuchen und Hungersnöte geben; schreckliche Dinge werden geschehen und am Himmel wird man gewaltige Zeichen sehen. Aber bevor das alles geschieht, wird man euch festnehmen und euch verfolgen. Man wird euch um meines Namens willen den Gerichten der Synagogen übergeben, ins Gefängnis werfen und vor Könige und Statthalter bringen. Dann werdet ihr Zeugnis ablegen können. Nehmt euch fest vor, nicht im Voraus für eure Verteidigung zu sorgen; denn ich werde euch die Worte und die Weisheit eingeben, sodass alle eure Gegner nicht dagegen ankommen und nichts dagegen sagen können. Sogar eure Eltern und Geschwister, eure Verwandten und Freunde werden euch ausliefern und manche von euch wird man töten. Und ihr werdet um meines Namens willen von allen gehasst werden. Und doch wird euch kein Haar gekrümmt werden. Wenn ihr standhaft bleibt, werdet ihr das Leben gewinnen.

 

Nur keine Panik – Der Himmel ist den Frommen sicher?

Sollte uns das irgendwie beunruhigen? Der Taifun auf den Philippinen? Die Hilfe läuft ja jetzt an. Weltweit erreichen die Transporte mit Lebensmitteln, wärmenden Decken und vor allem mit trinkbarem Wasser die Katastrophengebiete. Und in Warschau, da tagt ja gerade die Klimakonferenz und 2020 kann dann ja auch ein gemeinsames Abkommen unterzeichnet werden, die drohende Klimakatastrophe abzuwenden. Allerdings: sicher ist das noch nicht. Dass die Konferenz nämlich in Warschau stattfindet, das ist kein Zufall. Dort sind die fossilen Energiestoffe noch sehr gefragt und als Gastgeberland kann Polen alle Entscheidungen verzögern, die den eigenen Interessen entgegenstehen. Aber wie sagt der Rheinländer so treffend: et hät ja noch immer jut jejange. “Keep quiet, nur die Ruhe bewahren”.  Der Untergang kommt sowieso unweigerlich irgendwann, warum also aufregen. Sagt ja selbst Jesus: “Lasst euch durch all das nicht erschrecken.” Dass sich die Menschen gegenseitig bekriegen, dass die Geschenke der Schöpfung mit Füßen getreten werden, dass sich jeder der Nächste sein will, dass die Interessen der anderen ad absurdum geführt werden, sollten sie den eigenen Interessen im Wege stehen: Das ist halt so. “Lasst euch durch all das nicht erschrecken. Wie gesagt, der Untergang kommt sowieso.  Im Gebet des Messbuches heißt es dann ja auch treffend auf den Punkt gebracht: “Lehre uns, Gott, die Teilnahme an deinem Geheimnis, damit wir das Unvergängliche mehr lieben als das Vergängliche”. Also was schert uns die Erwärmung der Welt und was scheren uns die Kriege am anderen Ende der Welt? Das Geheimnis Gottes ist doch tausendmal wichtiger als so ein bisschen Krieg und Zerstörung der Schöpfung, die doch nichts anderes sind als Garanten der Vergänglichkeit. Und die braucht uns ja nicht zu scheren.

 

Solltet ihr hier einen gewissen Zynismus heraushören, so ist das durchaus beabsichtigt. Ich selbst bekomme Bauchschmerzen, wenn ich mich so reden höre. Denn stand Jesus der Welt wirklich so gleichgültig gegenüber? Warum heilt er dann die Kranken, warum weckt er Tote auf, warum weint er über das ungerechte Volk, wenn ihm die Welt doch so egal ist? Weil ihm doch gerader an der Welt liegt, weil ihm an den Menschen liegt, weil er zutiefst leidet an der Verschiebung der Werte, an denen sich die Menschen orientieren.

Wie also ist es zu dieser Brandrede Jesu gekommen? Schauen wir noch einmal in den Text: Die Menschen damals machten sich Sorgen darüber, dass die schönen Steine des Tempels und die wertvollen Gaben, die den Tempel schmückten, der Vergänglichkeit unterworfen sein könnten. Den Menschen war der Kitsch wichtiger als das, was tatsächlich ein erfülltes Leben ausmacht. Eigensinnige Bequemlichkeit und den schönen Schein zu entlarven, daran war Jesus gelegen. Nein, das Leben ist kein Ponyhof und die Zukunft des Lebens hängt nicht davon ab, zwischen zehn Cocktails auswählen zu können.  Erschreckend ist nicht die Tatsache, dass Menschen die Schöpfung zu zerstören drohen, erschreckend ist auch nicht, dass Menschen Menschen zu beherrschen versucht sind, erschreckend ist, dass es den meisten egal ist und dass sie lieber die Frage danach stellen, wie sie ihre freie Zeit für sich füllen können als danach, wie sie ihre Gaben und Fähigkeiten zum Wohle und zum Schutz der Schöpfung und der Menschen einzubringen vermögen.

2000 Jahre später scheinen wir nicht wirklich sehr viel gereifter, welt- und weitsichtiger geworden zu sein. Taktik und diplomatische Rhetorik in der Politik sind wichtiger als ein beherztes Eintreten für die Rechte der  Entrechteten. Verantwortliche Aufgaben werden nach Proporz verteilt und nicht nach der Fähigkeit der Personen, an einer Welt  bauen zu können, in der alle Menschen gleichberechtigt menschenwürdig leben können. Eine gute Presse bedeutet mehr als ein barmherziges Herz.

Und wo überhaupt hat in diesem Drama Gott noch seinen Platz? Die Menschen damals begegneten Gott mit Angst und einem Gefühl der Unterwürfigkeit. Heute verbannen wir ihn in die Freizeitkultur zur Erbauung mystischer Restsehnsüchte, die in uns schlummern. Damals haderten und zitterten die Menschen im Gegenüber Gottes, heute hüllen wir ihn in Weihrauchduft ein und zünden ihm Kerzchen an. Damals konnten sie Gott nicht einordnen in die Grausamkeiten des Lebens, heute brauchen wir es nicht mehr, weil wir uns die Welt so herrichten, wie wir es für richtig erachten. Damals wie heute durfte und darf Gott nicht der sein, der er vom Ursprung her ist:  Anfang und Ende, Sinn und Ziel und vor allem durfte er nicht der sein, als der er sich den Menschen vorgestellt hat: Als Jahwe, als der also, der für uns da ist, der mit uns geht, der mit uns leidet, der für uns und mit uns der Liebe Raum gibt.

“Wenn ihr standhaft bleibt, werdet ihr das Leben finden”, sagt Jesus dann weiter. Da bleibt die Frage, welches Leben wir finden wollen. Und wenn Standhaftigkeit Treue meint, wem und was wollen wir eigentlich die Treue halten?

Christoph Simonsen

Allerseelen 2013

Dan 10,2.11a;12,1-3

In jenen Tagen hielt ich, Daniel, drei Wochen lang Trauer. Da sagte der Herr zu mir: In jener Zeit tritt Michael auf, der große Engelfürst, der für die Söhne deines Volkes eintritt. Dann kommt eine Zeit der Not, wie noch keine da war, seit es Völker gibt, bis zu jener Zeit. Doch dein Volk wird in jener Zeit gerettet, jeder, der im Buch verzeichnet ist. Von denen, die im Land des Staubes schlafen, werden viele erwachen, die einen zum ewigen Leben, die anderen zur Schmach, zu ewigem Abscheu. Die Verständigen werden strahlen, wie der Himmel strahlt; und die Männer, die viele zum rechten Tun geführt haben, werden immer und ewig wie die Sterne leuchten.

Lukas 7,11-17

In jener Zeit ging Jesus in eine Stadt namens Naïn; seine Jünger und eine große Menschenmenge folgten ihm. Als er in die Nähe des Stadttors kam, trug man gerade einen Toten heraus. Es war der einzige Sohn seiner Mutter, einer Witwe. Und viele Leute aus der Stadt begleiteten sie. Als der Herr die Frau sah, hatte er Mitleid mit ihr und sagte zu ihr: Weine nicht! Dann ging er zu der Bahre hin und fasste sie an. Die Träger blieben stehen und er sagte: Ich befehle dir, junger Mann: Steh auf! Da richtete sich der Tote auf und begann zu sprechen und Jesus gab ihn seiner Mutter zurück. Alle wurden von Furcht ergriffen; sie priesen Gott und sagten: Ein großer Prophet ist unter uns aufgetreten: Gott hat sich seines Volkes angenommen.

Das Leben ist ein Geschenk und zu sterben ist nicht Schicksal

Nein, es ist nicht alles im Leben Zufall. Aber manches eben scheinbar doch. Es gibt Augenblicke, Begegnungen, Erfahrungen, für die es vordergründig keine Erklärung gibt. War es also ein Zufall, dass Jesus gerade zu der Zeit auf dem Weg nach Naim war, als ein junger Mann zu Grabe getragen wurde und er in die traurigen Augen einer weinenden Mutter blickte? Hat der junge Mann nur deshalb eine neue Chance zu leben bekommen, weil Jesus zufällig den gleichen Weg gegangen ist wie die trauernde Familie?

Kennt ihr das auch, dass scheinbare Zufälle dem eigenen Leben ganz unvorbereitet eine neue Richtung geben und wir uns dann vor Aufgaben gestellt sehen, das Leben ganz neu zu bedenken?

Der Tod kommt immer irgendwie zu plötzlich, zu überraschend, zu unerwartet. Ist der Augenblick des Todes ein Zufälliger? Wir lesen das ja zuweilen in den Todesanzeigen, wo es denn heißt: „Plötzlich und unerwartet…“. Am vergangenen Sonntag, nach unserem Gottesdienst hier in der Citykirche erreichte mich ein Anruf: Ellen sei gestorben. Eine Freundin hat sie tot in ihrer Wohnung gefunden. Vor gar nicht langer Zeit hatte Ellen putzmunter ihren 50. Geburtstag gefeiert. Alles Schicksal, Fügung, Zufall? Wer weiß das?

„In jener Zeit“, so beginnt das heutige Evangelium. Und in der Lesung heißt es nur wenig anders: „In jenen Tagen“. Aber wann ist „jene Zeit“, und wann ist „jener Tag“? Weil wir es nicht wissen, deswegen fühlen wir uns überrascht, überrascht und überfordert, wenn sie da ist, jene Zeit eben und jener Tag, sich mit der Wirklichkeit auseinandersetzen zu müssen, der keine und keiner von uns entrinnen kann? Wann ist die richtige Zeit, sich der Wirklichkeit des Sterben-Müssens zu stellen?

Der Tod ist vielen ein verdrängtes Phänomen; wir Menschen haben immer das Gefühl, er würde uns überrollen, plötzlich ereilen. Fühlen wir uns überfordert, dem Tod ins Auge zu schauen? Verdrängen wir womöglich diese unausweichliche Wirklichkeit unseres Daseins und tun so, als wäre er sozusagen ein Fremdkörper, der mit dem Leben nichts zu tun hätte?

Es mag ein Zufall sein, dass Jesus damals der jungen Witwe in Naim begegnet ist. Aber so unvorbereitet er auch gewesen sein mag, in diese tragische Situation hineingeraten zu sein, er hat nicht die Straßenseite gewechselt. Er ist geblieben und er hat sich gestellt. Und die weinende Mutter: Sie schämte sich ihrer Trauer und Verlorenheit nicht. Tragische Zufälle bergen nicht nur schicksalhaftes in sich, sie können einen auch stark machen und eine neue Form des Reifens und Wachsens mit sich bringen.

Viele von Euch sind ganz oft hier am Sonntagabend, um miteinander zu beten und zu feiern. Wir schauen in so manches vertrautes Gesicht. Und doch ist unsere Gemeinschaft jeden Sonntag anders. Habt Ihr  vielleicht eine Ahnung, worin die Chance liegen könnte, dass gerade wir heute so beieinander sind? Ich finde, es ist eine wirkliche Chance, wenn Menschen zusammenstehen und sich der Wirklichkeit des Lebens stellen, einer Wirklichkeit, wozu auch der Tod gehört. Es ist eine wirkliche Chance, einander nahe zu sein und eine dem anderen zu sagen: „Ich weiß, dass mein Leben begrenzt ist, ich weiß dass ich sterben muss, gleich ob ich heute jung oder alt, gesund oder krank, stark oder gebrechlich bin“. Es ist eine wirkliche Chance, gemeinsam und eben nicht allein die unausweichliche Grenze anzuschauen, die unser aller Leben beeinträchtigt und beschränkt. Es ist eine wirkliche Chance, offen einander anzuschauen im Wissen, sterben zu müssen. Ja, in diesem Zufall unserer gemeinsamen Feier heute liegt eine wunderbare Chance. In der Erinnerung und in der Vergegenwärtigung des Todes vermögen wir nämlich liebevoller zu werden, dankbarer, demütiger.

Viele Menschen gehen in diesen Tagen des November auf den Friedhof um ihrer lieben Verstorbenen Angehörigen oder Freunde zu gedenken. Viele Menschen erinnern sich in diesen Tagen auch der ungezählten Toten der Kriege und anderen menschlichen Grausamkeiten. Gestern zum Beispiel hat sich Ali wieder mit einem Krankenwagen nach Syrien auf den Weg gemacht. Eine unscheinbare kleine Hilfe, die doch so Not tut, um dem Elend und dem Leid in diesem kriegeserschütterten Land entgegenzuwirken. Ja, diese Tage des November sind in besonderer Weise Tage des Trauerns. Wir trauern darüber, liebevolle Menschen verloren zu haben und wir trauern auch darüber, dass der Mensch immer wieder der Versuchung erliegt, sich zum Herrscher über Leben und Tod zu erheben und so zum Tier wird, das alle Vernunft und Einsicht verloren hat. Wenn wir uns heute gemeinsam erinnern und wenn wir gemeinsam trauern und wenn wir gemeinsam halten und trösten, dann vermögen diese grauen Tage des Novembers Tage der Hoffnung zu werden und der Zuversicht.

Damals, in Naim, als zufällig Jesus und die traurige Mutter begegneten und anschauten, als sich ihre Herzen trafen, da haben alle für einen Augenblick den Himmel offen gesehen und sie durften die wunderbare Erfahrung machen, dass Gott sich des Menschen annimmt. Ja, er nimmt sich unser an auch im Tod. Dieses Versprechen Gottes macht unser Leben so wertvoll – jeden Tag, auch den letzten, der uns geschenkt ist.

 

30. Sonntag im Jahreskreis C – 2013

Lukas 18,9-14

Einigen, die von ihrer eigenen Gerechtigkeit überzeugt waren und die anderen verachteten, erzählte Jesus dieses Beispiel:

10Zwei Männer gingen zum Tempel hinauf, um zu beten; der eine war ein Pharisäer, der andere ein Zöllner.

11Der Pharisäer stellte sich hin und sprach leise dieses Gebet: Gott, ich danke dir, dass ich nicht wie die anderen Menschen bin, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner dort.

12Ich faste zweimal in der Woche und gebe dem Tempel den zehnten Teil meines ganzen Einkommens.

13Der Zöllner aber blieb ganz hinten stehen und wagte nicht einmal, seine Augen zum Himmel zu erheben, sondern schlug sich an die Brust und betete: Gott, sei mir Sünder gnädig!

14Ich sage euch: Dieser kehrte als Gerechter nach Hause zurück, der andere nicht. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden.

Vertrauend und glaubwürdig ins neue Semester

“Wir brauchen einander”: Gern hätte ich in der vergangenen Woche diesen Gedanken mit Euch gemeinsam voreinander und vor Gott bedacht. Ich bin leider durch eine Magen-Darm-Grippe außer Gefecht gesetzt worden. Das kann passieren, klar, aber das es mich ausgerechnet am Eröffnungsgottesdienst erwischen sollte, das hat mich geärgert. Ich war traurig, nicht mit euch feiern zu können und ich war auch ein bisschen wütend. Umso dankbarer war ich, dass Guido für mich eingesprungen ist. Bis 17.00 Uhr dachte ich noch, ich könnte zur KHG fahren. Als das nicht so klappte, wie ich mir das vorgestellt habe, habe ich Guido angerufen und ihn gebeten, für mich einzuspringen. Ich weiß, wie schwer es ist, unvorbereitet fremde Texte zu verantworten und vorzutragen, das macht keiner gern. Denn egal, was passiert, selbst wenn die Gedanken nicht von einem selbst sind, man wird mit verantwortlich gemacht für das Gesagte und man muss mit dafür gerade stehen. Das geht eigentlich nur bei einer guten Portion Vertrauen und Vertrautheit. Vertrauen setzt Offenheit voraus und das Bemühen um Glaubwürdigkeit.

Eine solche Beziehung, oder sollte ich sagen, eine solche Freundschaft wird getragen von einer ganz wichtigen Einsicht, dass das Leben sich zwischen Menschen entwickelt, dass es Prozessen ausgesetzt ist, dass es in Bewegung ist und bleibt. Nur so kann eine Beziehung wachsen, wenn sie Veränderungen und auch Unverhofftem und Ungeplantem Raum schenkt. Das zeichnet eine Beziehung, Begegnung, Freundschaft aus. Ich merkte am Telefon, dass Guido nicht gerade vor Begeisterung sprühte, als ich ihm meine Bitte vortrug, und auch, als er dann bei mir die Texte abholte, da war eher Bedacht als helle Freude, eher Skepsis als Gelassenheit. Aber es war die Bereitschaft da, für mich einzuspringen. Und als nach dem Gottesdienst die erlösende SMS kam, dass alles gut gegangen ist, da spürte ich Dankbarkeit und Erleichterung, und das nicht nur bei mir, sondern auch bei ihm.

Die Beziehung zwischen dem Pharisäer und seinem Gott, die ist alles andere als vertraut und glaubwürdig. Der Pharisäer versucht, Gott für sich zu vereinnahmen. Er degradiert Gott zu einem Krämer: Ich weise dir nach, dass ich getan habe, was du mir befohlen hast, und du gibst mir dafür, was du versprochen hast. Zwischen ihm und Gott besteht keine persönliche Beziehung; für den Pharisäer ist Gott ist nur ein Vertragspartner, mit dem er eine Lebensversicherung abgeschlossen hat. Das ist so ein bisschen wie der Rösler-Effekt: “Ab jetzt wird geliefert”. Der Pharisäer hat geliefert und jetzt ist gefälligst die andere Seite dran. Er rechnet vor, was er eingezahlt hat und will die Schlussprämie sozusagen kassieren. Gnade, Freundschaft, Zuwendung interessiert ihn nicht. Ihn interessiert einzig die Prämie.

Der Zöllner ist anders. Er spricht Gott an. Da gibt es nicht nur ein “ich”, da gibt es auch ein “du”. Keine großen Sprüche, keine Aufzählungen, keine Erfolgserlebnisse; nur ein Satz: “Gott, sei mir Sünder gnädig”. Hier reden nicht zwei Geschäftspartner miteinander, hier zeigt sich eine wunderbar offene, lebendige, ehrliche warmherzige Beziehung zwischen zwei Vertrauten. Eine Beziehung, die voller Wagemut ist, ohne Netz und doppelten Boden, eine Freundschaft voller Geheimnisse, in der auch Unsicherheit Raum hat. Eine Begegnung, die von Erbarmen und Hoffnung geprägt ist jenseits aller Abgeklärtheit und Selbstgewissheit. Sich auf Gott einzulassen ist und bleibt ein Wagnis. Mir kommt das Schriftwort in den Sinn “Herr, wer könnte vor dir bestehen. Doch zur Vergebung bist du stets bereit”.

Vertraut und glaubwürdig, so begegnen einander der Zöllner und Gott; und diese Beziehung ist lebendig, wach, vielleicht auch aufrüttelnd. Aber der Zöllner ist um eine Beziehung bemüht, der Pharisäer spielt selbstgerecht den Alleinunterhalter.

In dieser Beziehung zwischen dem Zöllner und seinem Gott passiert so viel: Der Zöllner vermag sich zu zeigen, wie er ist: unvollkommen, schuldbeladen und zugleich voller Vertrauen und Zuversicht. Und Gott? Auch er zeigt sich, wie er ist: zugewandt, zuhörend, ernst nehmend, vergebungsbereit. Gott zeigt sich als Freund. So beschließt Jesus seine Parabel über den gerechten Pharisäer, der alles andere als gerecht war und den sündigen Zöllner, der alles andere war als ein Verfehlter.

Vertraut und glaubwürdig, so möchte ich mit Euch in das neue Semester hineingehen. So wünsche ich euch eure und unsere Begegnungen, wo auch immer die sein werden.

Christoph Simonsen

 

29.Sonntag im Jahreskreis C – Semestereröffnungsgottesdienst
Evangelium: Lk 113,1-13
Jesus sagte ihnen durch ein Gleichnis, dass sie allezeit beten und darin nicht nachlassen sollten: In einer Stadt lebte ein Richter, der Gott nicht fürchtete und auf keinen Menschen Rücksicht nahm. ln der gleichen Stadt lebte auch eine Witwe, die immer wieder zu ihm kam und sagte: Verschaff mir Recht gegen meinen Feind! Lange wollte er nichts davon wissen.
Dann aber sagte er sich: Ich fürchte zwar Gott nicht und nehme auch auf keinen Menschen Rücksicht; trotzdem will ich dieser Witwe zu ihrem Recht verhelfen, denn sie lässt mich nicht in Ruhe. Sonst kommt sie am Ende noch und schlägt mich ins Gesicht.
Und der Herr fügte hinzu: Bedenkt, was der ungerechte Richter sagt. Sollte Gott seinen Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm schreien, nicht zu ihrem Recht verhelfen, sondern zögern? Ich sage euch: Er wird ihnen unverzüglich ihr Recht verschaffen. Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, auf der Erde (noch) Glauben vorfinden?

Ansprache: Wir Menschen brauchen einander
Zwei Menschen, die nichts miteinander zu tun haben – scheinbar: Ein Richter und eine Witwe. Mehrmals versucht die Frau, den Richter in Anspruch zu nehmen, ihr zum Recht zu verhelfen. Eigentlich ist das die selbstverständliche Aufgabe eines Richters. Aber wie es so ist im alltäglichen Leben: Da gibt es Leute mit Einfluss, deren Anliegen sofort bearbeitet werden und dann gibt es andere, die man unter ‘”ferner liefen’” einstuft und deren Akte kann man auch mal getrost länger liegen lassen. Blöde ist jetzt nur, dass diese Frau sich nicht abwimmeln lässt. Um endlich Ruhe im Karton zu haben, waltet der Richter seines Amtes und spricht ihr das ihr zustehende Recht zu. Es wird sehr deutlich, dass die Frau ihm egal ist, er will halt nur nicht mehr belästigt werden. Stempel, Unterschrift und der Fall kann endlich zu den Akten gelegt werden.
Jesus benutzt das Gleichnis, um die Jüngerinnen und Jünger auf den Sinn des Gebetes hinzuweisen. Da liegen doch zwei Vermutungen nahe: Gott gleicht diesem spießigen Amtmann auf der Erde, der nur seine Ruhe haben will; und wir Menschen müssen nur lange genug quengeln und dann werden wir schon zu unseren Rechten kommen.
Was für ein Menschenbild und was für ein Bild von Gott würde uns da von Jesus suggeriert? Gott ein billiger egozentrischer Beamte und der Mensch ein unterwürfig bettelndes Individuum. Da schmilzt das Versprechen Jesu: “Ich nenne euch nicht mehr Knechte sondern Freunde” zu einer Farce zusammen. Das kann es nicht sein.
Also ein neuer Versuch, diese Botschaft zu verstehen, denn verstehen möchte ich sie ja schon: Ganz nüchtern betrachtet ist es doch so, dass die Interessen zweiersehr verschiedener Menschen, der einfachen Frau und des studierten Mannes, aufeinanderstoßen. Die Frau: alleinstehend und sich womöglich alleinfühlend und der Mann: gesellschaftsfähig und zweifelsohne von nicht wenigen hofiert. Die Frau: hilfsbedürftig, abhängig und der Mann: unbelastet, unabhängig. Diese Frau und dieser Mann, so verschieden sie sind, brauchen einander. Diese Einsicht möchte ich mit euch festhalten: Auch wenn Menschen verschieden sind, sie brauchen trotzdem einander. Wir Menschen brauchen einander, um zu einem Ausgleich der Lebensmöglichkeiten zu finden.
Das ist die eine, vielleicht ganz evidente Botschaft, die aus dem heutigen Evangelium spricht; Keine und keiner kann für sich alleine leben. Eine weitere kommt hinzu: Der Mensch hat ein Recht zu klagen, er hat ein Recht, auf sein Schicksal auf seine Not, auf alle das Leben behindernden Sorgen aufmerksam zu machen.
Und diese Fürsorge für sich selbst darf die Auseinandersetzung mit den anderen nicht scheuen. Für sich zu sorgen ist ein Grundrecht. Und dies gilt für einen einzelnen Menschen wie auch für bedrängte Gruppen von Menschen.ln diesen Tagen und Wochen dringen die Schreie von Menschen unüberhörbar zu uns, die dem Elend und der Ungerechtigkeit in ihren afrikanischen Heimatländern zu entfliehen versuchen.Sie beklagen den Tod ihrer Angehörigen, die mit ihnen versucht haben, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen und mit den seeuntüchtigen Nussschalen untergegangen und ertrunken sind. Die Überlebenden trauern und sie schreien, sie schreien nach Recht auf Leben und Unversehrtheit; sie schreien nach Zukunft und Achtung. Hören wir ihre Schreie oder wenden wir uns weiter unbelastet unseren eigenen Geschäften zu? Wir Menschen brauchen einander. Die Witwe im Evangelium hat den Richter nicht zuletzt an seiner Berufsehre gepackt, so dass er ihr Recht zugesprochen hat.
Gott hat uns dazu berufen, die Welt in seinem Sinne zu gestalten. Müssten wir uns nicht auch an unserer Ehre gepackt fühlen, Beauftragte Gottes zu sein, diese Erde zu verwalten, so dass wir denen zu einem würdigen Leben verhelfen, die in diesen Tagen um ihr Leben bangen? Wir Menschen, so unterschiedlich, wie wir sind, wir brauchen einander Wir, die wir Heimat haben und die, die heimatlos umherirren: Wir brauchen einander. Die anderen brauchen unsere Hilfe, und wir brauchen ihre Rufe.
Sie, die Heimatlosen, sind es, die unsere oft mehr frommen Lippenbekenntnisse zu gerechten Handlungen formen können.Wir Menschen brauchen einander, damit Gerechtigkeit, Respekt, Würde, Lebensrecht nicht nur Worte bleiben, sondern zu Taten werden.
Ich weiß, zu Beginn eines neuen Semesters sind viele von Euch mit anderen Fragen belastet. Von dem Verlauf des Studiums hängt nichts weniger ab als Eure Zukunft. Und das Studium hier in Aachen ist kein Zuckerschlecken, die Anforderungen sind oft grenzwertig. Der Druck, hinterher zu hinken ist groß und die Ansprüche von außen sind manchmal erschreckend; zwischen all dem soll auch noch so etwas wie ein Privatleben Platz haben, Freundschaften möchten gepflegt werden und der Gefahr, zum Fachidioten zu verkümmern, will um eines erfüllten Lebenswillen auch entgegen gewirkt werden. Und trotzdem: Wer die Schreie aus Lampedusa nicht hört; wer den unfassbar arroganten Thesen keine Beachtung schenkt, für Flüchtlinge müsse in Europa eine Kultur des Unwohlseins aufgebaut werden, um sie davon abzuhalten, sich auf den Weg zu machen hierher (engl. lnnenministerin), wer schweigt, wenn in einem der reichsten Städte Deutschlands, in Hamburg nämlich, Flüchtlinge, die in diesen Wochen und Monaten illegal über Italien nach Deutschland eingereist sind, wie Verbrecher behandelt und durch die Stadt gejagt werden, um ihre Identität zu dokumentieren:
wer zu all dem schweigt und sich in seine eigene Lebenswelt verkriecht und der Überzeugung anhängt, es reiche, für sich selbst zu sorgen, den bitte ich herzlich und eindringlich, sich daran zu erinnern, dass das Recht auf Leben nicht von äußeren Bedingungen abhängen darf. Es gibt ein Recht auf würdevolles Leben. Und wer dieses Recht einklagt und von anderen abgewiesen wird, dem bleibt nichts anderes, als immer wieder die Finger in die Wunden einer Rechtsstaatlichkelt zu legen, die sich die Menschenrechte auf die Fahnen schreibt und zugleich die Schotten dicht macht.
Jesus erinnert seine Jüngerinnen und Jüngern daran, welche Kraft das Gebet hat. Er erinnert daran, dass Gott in seiner Freundschaft zu uns Menschen immer wieder in die Welt hineinruft: ‘Nehmt mich mit ins Boot’. Wir Menschen wären doch dumm, wenn wir diese Partnerschaft Gottes, die er uns anbietet, nicht nutzen würden. Im Sinne des Gleichnisses, das wir heute gehört haben, sind wir immer beides: Wir sind bittstellende Frau, nach Gott rufend, um seinen Beistand ringend. Und wir sind Richter, Verwalter des Rechtes Gottes.
Wenn wir diese beiden Berufungen unseres Lebens glaubwürdig miteinander verbinden, immer Bittende, aber auch in Fülle Schenkende zu sein, dann wird diese Erde für alle Heimat werden können.

Christoph Simonsen

28. Sonntag im Jahreskreis C – 2013

Evangelium Lukas 17.11-19

Auf dem Weg nach Jerusalem zog Jesus durch das Grenzgebiet von Samarien und Galiläa. Als er in ein Dorf hineingehen wollte, kamen ihm zehn Aussätzige entgegen. Sie blieben in der Ferne stehen und riefen: Jesus, Meister, hab Erbarmen mit uns! Als er sie sah, sagte er zu ihnen: Geht, zeigt euch den Priestern ! Und während sie zu den Priestern gingen, wurden sie rein. Einer von ihnen aber kehrte um, als er sah, dass er geheilt war; und er lobte Gott mit lauter Stimme. Er warf sich vor den Füßen Jesu zu Boden und dankte ihm. Dieser Mann war aus Samarien. Da sagte Jesus: Es sind doch alle zehn rein geworden. Wo sind die übrigen neun? Ist denn keiner umgekehrt, um Gott zu ehren, außer diesem Fremden? Und er sagte zu ihm: Steh auf und geh! Dein Glaube hat dir geholfen.

Ich steh im Regen und warte…. ja worauf warte ich eigentlich?

Es goss in Strömen am 22. September diesen Jahres; dennoch war der Petersplatz in Rom gefüllt mit tausenden von Menschen. Mir lief das Wasser in den Hemdkragen und floss unten zum Hosenbein wieder heraus. Mein Hund zitterte; ungemütlicher konnte es kaum sein. Weit weg, oben allein am Fenster stehend, redete der, dessen wegen sie alle diese Tortur aufgenommen haben. Dank meiner herausragenden Lateinkenntnisse verstand ich sogar ein paar Wortfetzen dessen, was Papa Francesco predigte. Dieser Vorzug war sicher nicht allen vergönnt, aber egal, ob man nun italienisch verstand oder auch nicht, es herrschte trotz der Enge und trotz des herunter prasselnden Regens eine konzentrierte Aufmerksamkeit und Achtsamkeit auf dem Platz. Ich hielt es kaum für möglich, aber es war bei aller Befremdlichkeit auch ein kleines Gefühl des Zusammengehörens da. Dann, am Ende, nachdem einige bevorzugte Gruppen gesondert begrüßt wurden, löste sich die Menge auf. In Windeseile verkrochen sie sich in die Seitenstraßen und Gassen der Via Conziliacone und bestürmten die Bars und Trattorias. Plötzlich war sich wieder jeder selbst der Nächste; nur irgendwie rein ins Trockene. Wer könnte das nicht verstehen. Die Kellner standen an den Eingängen und lockten zusätzlich mit besonders preiswerten wie schmackhaften Menüs. Auch ich wurde angesprochen und endlich war da auch eine kleine Bar, in der noch Platz war. Aber mit einem vehementen “no” und einer abweisenden Geste wurde mir der Zugang versperrt von dem, der mich vorher noch umworben hatte, seine Gastfreundschaft zu genießen. “no bello” Zu deutsch: “Wir müssen draußen bleiben”. Und mit “wir” war in dem Fall  Hund und Mensch gemeint.

Ich kann das Gefühl, das in diesem Moment in mir hochkam, nur ganz schwer beschreiben. Gerade noch eingebunden in einer unüberschaubar großen Menge von Menschen, einander fremd und doch irgendwie vertraut dadurch, dass alle Blicke auf einen gerichtet waren, der es vermochte, all die vielen anzusprechen und indirekt miteinander zu verbinden – und dann wenige Augenblicke später ausgesondert, unerwünscht, ja fast schon so ein wenig wie ausgestoßen. Ich weiß, dass es völlig unangemessen ist, sich jetzt so unvermittelt mit dem Leprakranken zu vergleichen, dessen Leid und das Gefühl von Verlassen-sein unvergleichlich größer gewesen ist. Aber, es mag ein Gedankenblitz gewesen sein, so ähnlich kam ich mir in diesem Moment vor: unverstanden, ungerecht behandelt, im wahrsten Sinn des Wortes “im Regen stehen gelassen”. Dieses dichte Empfinden auf dem Petersplatz: War das alles nur geträumt, war das ein religiöser Rausch, eine spirituelle Fata Morgana? Und dieser Mann da oben ein Fenster, war das ein gemeiner Hypnotiseur, nicht mehr und nicht weniger? Religion, Glaube, Menschlichkeit, spielt sich das alles nur noch in abgezirkelten Räumen ab, jenseits der Wirklichkeit, jenseits allen weltlichen Geschehens? Ist die Lebenswirklichkeit des Aussätzigen die Normalität: Rein kommen die, die von den Kellnern bzw. von den Priestern für rein erklärt werden und alle anderen müssen draußen bleiben? Und ist es tatsächlich so, dass die Kellner, bzw. die Priester die Hoheit darüber besitzen, zu bekunden, wer und was rein bzw. unrein ist?

In diesem Augenblick, wo ich da draußen auf der Straße irgendwo in Rom stand, völlig durchnässt und innerlich zerrieben zwischen Verlorenheit und Wut, da hab ich für einen Augenblick essentiell erfahren, was es heißt, verstoßen zu sein. Zugleich hab ich aber auch erkannt, wie wichtig es ist, bei sich zu sein und sich selbst treu zu bleiben. Für nichts in der Welt hätte ich um Einlass gebettelt. Das mag man jetzt Stolz nennen, für mich war es ein Akt der Selbstachtung.

Mir wurde einmal mehr bewusst, wie wertvoll es sein kann, sich in die Rolle eines oder einer anderen hineinzuversetzen. Der oder die am Rande, der Ausgestoßene, der Fremde, das sind nicht immer nur die anderen. In der Identifikation mit ihnen wurde mir meine eigene Menschlichkeit und Abhängigkeit wieder bewusster.

Aber was nutzt die geradlinigste Selbstachtung, wenn man dann doch auf der Straße steht, nass, verkühlt und – schlimmer – isoliert und kontaktlos? Da erkenne ich bei dem Aussätzigen eine Tugend, die zu leben mir nicht in den Sinn gekommen ist. Selbstachtung alleine genügt nicht für ein Leben in Gemeinschaft; es bedarf auch der Tugend der Selbstüberwindung. Der Mann aus Samarien war nicht nur ausgestoßen, er war auch ein Fremder in der Welt Galiläas. Er war ein Ausgestoßener in der Fremde. Und als Fremder geht er auf einen Fremden zu: auf Jesus. Und in dieser Begegnung geschieht Ungeheuerliches: Ein Fremder traut einem Fremden und zeigt eine große Vertrautheit. Jesus ist gerührt von dieser Geste und erwidert ihm: „Dein Glaube hat dir geholfen“. Jesus traut dem Glauben des Fremden. Er sagt ja eben nicht „mein Glaube wird dir helfen, der Glaube an den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, der Glaube der Väter an den Schöpfergott Jahwe; all das sagt er nicht. FremdheitEr sagt: „Dein Glaube hat dir geholfen“. Jesus vertraut dem Glauben des Fremden aus Samaria und was er glaubt, das bleibt in dieser Erzählung im Dunkeln. Allein, dass er glaubt ist wichtig, und dass sein Glaube Dankbarkeit und Vertrauen nach sich zieht. Dieses Wechselspiel von Vertrauen und Dankbarkeit ermöglicht Menschlichkeit über alle Unterschiede hinweg. Für mich – für uns alle vielleicht – die größte Herausforderung, dem Fremden und der Fremdheit zu vertrauen und diesem Vertrauen eine größere Macht zuzubilligen als der Angst. überwindeich, indem ich mich dem Fremden stelle und das Fremde in mir selbst wahrnehme. Und in dem Fremden, ja manchmal sogar in dem Befremdlichen in mir, da offenbart sich die Kraft, die mich neu leben lässt und die mich mit den anderen verbindet.

Dieses heutige Evangelium weckt Empfindungen ganz verschiedener Art. Empfindungen sind Reaktionen auf etwas Erlebtes und das ist vielleicht eine bedeutsame Erkenntnis, die selbstverständlich scheint aber doch ganz wichtig ist: Das Leben, das um uns herum geschieht, bewegt etwas in uns, rührt uns an oder stößt uns ab. Wach zu bleiben, sensibel zu bleiben für das, was um uns herum passiert: Das Evangelium des heutigen Tages zeigt uns, wie wichtig dies ist. Nicht gleichgültig zu werden und abzustumpfen im Blick auf die Wirklichkeit des Lebens, blind oder taub, sonder aufmerksam, wohlwollend. Die guten Kräfte im anderen entdecken, sie beim Namen nennen und ermutigen, sie auch zu leben: „Dein Glaube hat dir geholfen“. Wenn unsere Empfindsamkeit andere ermutigt, ihrem Glauben – und für die Glaubenskritischen möchte ich anders sagen: ihrem Leben gegenüber –  zugewandt leben zu können, dann werden auch wir getragen sein von einem tiefen Gefühl der Dankbarkeit.

Christoph Simonsen

 

 

27 Sonntag im Jahreskreis C – 2013

Evangelium; Lukas 17,5-10

Die Apostel baten den Herrn: Stärke unseren Glauben. Der Herr erwiderte: Wenn euer Glaube auch nur so groß wäre wie ein Senfkorn, würdet ihr zu dem Maulbeerbaum hier sagen: Heb dich samt deinen Wurzeln aus dem Boden und verpflanz dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen. Wenn einer von euch einen Sklaven hat, der pflügt oder das Vieh hütet, wird er etwa zu ihm, wenn er vom Feld kommt, sagen: Nimm gleich Platz zum Essen? Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: Mach mir etwas zu essen, gürte dich und bediene mich; wenn ich gegessen und getrunken habe, kannst auch du essen und trinken. Bedankt er sich etwa bei dem Sklaven, weil er getan hat, was ihm befohlen wurde? So soll es auch bei euch sein: Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Sklaven; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan.

 

Zwei Überzeugungen, zwei Herausforderungen, zwei missverständliche Botschaften und zu guter Letzt eine Einsicht: “Wir haben nur unsere Schuldigkeit getan”.

Zwei Überzeugungen: Der Glaube vermag Berge zu versetzen, die eine; in den Augen Gottes ist der Mensch in einer dienenden Funktion, die andere.

Zwei Herausforderungen: Der Glaube vermag Unvorstellbares, die eine; wir leben einzig im Auftrag Gottes, die andere.

Zwei missverständliche Botschaften: Irgendwie bekommt man den Eindruck nicht los, wir würden  zu wenig glauben, denn hat von euch jemand schon einmal einen Berg versetzt, und wo bleibt unser Anspruch auf Würde und Respekt, wenn wir nicht mehr als unnütze Sklaven sind?

Und dann ist da noch dieser unüberhörbare Widerspruch in den Botschaften des heutigen Sonntags. Der Glaube verhelfe uns zu unbändigen Kräften und Fähigkeiten, hören wir und doch seien wir nur abhängige Befehlsempfänger. Wie geht das denn zusammen? Was fangen wir mit solchen Doppelbotschaften an?

Der Evangelist Lukas bringt uns heute wirklich zum Nachdenken und hoffentlich auch zum meditieren. Wer sind wir Menschen, wie sind wir? Was vermögen wir? Wo liegen die Quellen unserer Kräfte?

“Stärke unseren Glauben”: Diese anfängliche Bitte der Freunde veranlasst Jesus zu den Gedanken, die beim ersten Hören so unvermittelt nebeneinander stehen und so gar nicht zusammen zu passen scheinen. In dieser Frage wird aber auch zugleich eine Einsicht deutlich: Der Glaube bedarf der Unterstützung und Hilfe anderer. Glaube ist ein dialogisches und kommunikatives Geschehen und weit entfernt von einer statischen Unveränderbarkeit. Zu glauben vermag nur, der auch zu bitten fähig ist.

Mit dieser Einsicht bekommt das heutige Evangelium so langsam ein deutlicheres Gesicht, denn eigentlich ist Jesu Antwort an seine Freunde ganz einfach: Wer sich der Obhut Gottes anvertraut, der vermag übermenschliches, ohne zu vergessen, nichts anderes zu sein als ein Mensch. Wer sich Gott unterstellt, der vermag Großes in Anerkennung eigenen Kleinseins. Wer Gott in sein Leben einzulassen versucht, der kann anbeten ohne dem weltlichen Druck zu erliegen, angebetet werden zu wollen.

Nichts braucht die Welt weniger als Herren, die sich zum Ziel gesetzt haben, Herren dieser Welt werden zu wollen. (und da mögen sich die Frauen bitte in gleicher Weise angefragt sehen). Der Gedanke Jesu, dass ausnahmslos alle Menschen Diener sind, vermag genau diejenigen zu verunsichern, die sich zu Herren über andere erheben wollen. Und dieser gleiche Gedanke erinnert daran, dass bei der Verschiedenheit der Begabungen und Befähigungen alle Menschen Unübertreffliches vermögen, nämlich füreinander da zu sein. Nichts anderes ist mit dem Wort “dienen” gemeint: füreinander da sein, aufeinander achtgeben und das einander geben, wessen wir bedürfen.

Wenn Jesus verheißt, der Glaube vermag Berge zu versetzen, dann möchte er seine Freunde und uns wachrütteln und uns ermutigen, nichts als gesetzt und unabänderbar gelten zu lassen auf dieser Erde. Wer sich nicht zu schade ist zu dienen im eben gemeinten Sinne, der vermag die Gesetzmäßigkeiten der Unmenschlichkeit und der Ungerechtigkeit auf dieser Erde aus den Angeln zu heben. Dann brauchen im Mittelmehr nicht mehr Hunderte von Menschen zu sterben, die so verzweifelt wie mutig waren, ihre Heimat, Ihre Angehörigen, ihre vertraute Kultur zu verlassen, um jenseits von Diktatur und menschenverachtender Armut ein neues Leben anfangen zu wollen. Denn dann braucht es keine Begriffe wie das Wort “Illegale” mehr; ein Wort, das an Menschenverachtung nicht mehr zu überbieten ist im Blick auf Menschen, denen der Kampf ums das nackte Überleben  im Gesicht geschrieben steht., ,Dann muss nicht ein Papst in seiner schier machtlosen Hilflosigkeit von “Schande” sprechen, denn  Armut ist eine zum Himmel schreiende Schande der Unmenschlichkeit, genauso wie die Gesetzgebung der sogenannten freien Welt, die  die Aufnahme von dem Tod bedrängten Menschen verhindern. “Berge versetzen” würde in dem Fall bedeuten, Hindernisse auf dem Weg räumen, damit die Menschen, die sich zu Herren dieser Welt aufspielen, sich ihrer Verantwortung bewusst werden und zu Dienern, zu Anwälten der Bedrohten werden. Dann hätten sie nichts als ihre Schuldigkeit getan; sie hätten dem Leben einen Dienst erwiesen, dem Leben, das nicht ihrer Willkür ausgesetzt sein darf, weil alles Leben nämlich der Liebe Gottes entspringt. Und wir? Wir stehen all dem hilflos gegenüber? Wir haben gewiss nicht zu verantworten, was dort geschieht. Aber könnten wir uns vorstellen, zum Sprachrohr derer zu werden, die keine Stimme haben? Einzutreten für die, für die keiner eintritt? Das könnte auch Berge versetzen und andere zum Staunen bringen angesichts einer Warmherzigkeit, die in unserer Welt so selten geworden ist. Aus dem Glauben heraus übermenschlich handeln, reden und leben, bedeutet nicht, außerirdisch zu sein; im Gegenteil, wir hätten nur unsere Schuldigkeit getan in einer Welt, die uns nicht gehört, die uns nur geliehen ist von dem wunderbaren Schöpfer allen Lebens und wir hätten uns den Auftrag Gottes zu Herzen genommen und denen zu essen und zu trinken gegeben und die umgürtet, die nichts anderes sind als wir: Kinder Gottes.

 Christoph Simonsen

26. Sonntag im Jahreskreis C – 2013

Evangelium: Lk 16,19-31

Es war einmal ein reicher Mann, der sich in Purpur und feines Leinen kleidete und Tag für Tag herrlich und in Freuden lebte. Vor der Tür des Reichen aber lag ein armer Mann namens Lazarus, dessen Leib voller Geschwüre war. Er hätte gern seinen Hunger mit dem gestillt, was vom Tisch des Reichen herunterfiel. Stattdessen kamen die Hunde und leckten an seinen Geschwüren. Als nun der Arme starb, wurde er von den Engeln in Abrahams Schoß getragen. Auch der Reiche starb und wurde begraben. In der Unterwelt, wo er qualvolle Schmerzen litt, blickte er auf und sah von weitem Abraham, und Lazarus in seinem Schoß. Da rief er: Vater Abraham, hab Erbarmen mit mir und schick Lazarus zu mir; er soll wenigstens die Spitze seines Fingers ins Wasser tauchen und mir die Zunge kühlen, denn ich leide große Qual in diesem Feuer. Abraham erwiderte: Mein Kind, denk daran, dass du schon zu Lebzeiten deinen Anteil am Guten erhalten hast, Lazarus aber nur Schlechtes. Jetzt wird er dafür getröstet, du aber musst leiden. Außerdem ist zwischen uns und euch ein tiefer, unüberwindlicher Abgrund, sodass niemand von hier zu euch oder von dort zu uns kommen kann, selbst wenn er wollte.

27Da sagte der Reiche: Dann bitte ich dich, Vater, schick ihn in das Haus meines Vaters! Denn ich habe noch fünf Brüder. Er soll sie warnen, damit nicht auch sie an diesen Ort der Qual kommen. Abraham aber sagte: Sie haben Mose und die Propheten, auf die sollen sie hören. Er erwiderte: Nein, Vater Abraham, nur wenn einer von den Toten zu ihnen kommt, werden sie umkehren. Darauf sagte Abraham: Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer von den Toten aufersteht.

Die Welt ist mehr als ein Zwischenlager für den Himmel

Die Lebenswirklichkeit der Armut ist ja jetzt in der Kirche wieder gesprächsfähig, seitdem Papst Franziskus sie in den Mittelpunkt seines Wirkens gestellt hat. Und ich würde sogar noch einen Schritt weitergehen: Die Lebenswirklichkeit der Menschen ist wieder in die Mitte christlicher Verantwortung gerückt, das reale Leben und nicht die Scheinwelt eines religiösen Idealismus. Nicht darum, wie der Mensch sein sollte oder sein könnte, drehen sich die Fragen der Kirche, sondern, wie er ist, wie er tatsächlich lebt. Franziskus hat wieder den Menschen in die Mitte gestellt, den Menschen, der nicht vollkommen ist, der bedürftig ist, der eben so ist, wie er ist. Und eben diesem Menschen, der ist, wie er ist und nicht wie er sein sollte, diesem konkreten Menschen gilt aller Respekt. Die Kirche ist nicht eine Gemeinschaft der Auserwählten in der Welt der Sünde, die Kirche ist Teil dieser Welt und ihre einzige Aufgabe ist es – jetzt werde ich pathetisch – dieser Welt zu dienen, damit die Menschen, und zwar alle Menschen, in Würde leben können. Die Welt ist eben nicht nur ein Zwischenlager auf dem Weg zum Himmel und das Leben auf Erden ist mehr als eine Zeit der Bewährung, um dem Himmel würdig zu werden. Auch wenn das heutige Evangelium diese Überzeugung zu behaupten scheint, es ist nicht so und ich darf im Verlauf meiner Gedanken noch einmal darauf zurückkommen. Das Leben hier und jetzt hat eine eigene Dynamik und einen eigenen Wert. Und so ist es ebenso konsequent wie neu, dass Franziskus beim Namen nennt, was durch keine noch so fromme Spiritualität weggebetet werden kann: Es gibt eine zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit auf dieser Erde. Und diese gilt es zu benennen und zu bekämpfen, weil das Leben auf dieser Welt ein Geschenk Gottes ist.

Amos, dieser unbequeme und schnörkellose Prophet, bringt es auf den Punkt, wie dekadent und verlogen eine Welt ist, die sich in Polaritäten verliert und diese als gottgegeben zu festigen versucht. Gewiss vorsichtiger in der Wortwahl, aber nicht minder unmissverständlich, hat es Papst Franziskus zum Ausdruck gebracht während seines Besuches auf der Insel Lampedusa oder auch in der vergangenen Woche auf Sardinien. Boni-Begünstigungen für die, die schon Millionengehälter erhalten in einem Land, das damit Lorbeeren einzuheimsen versucht, indem es damit prahlt 5000 Flüchtlinge aus Syrien aufzunehmen, das ist ein zum Himmel schreiender Skandal.

Genau diese Realität beschreibt Jesus: Die Erfahrungsbrücke zwischen den Reichen und den Armen ist eingestürzt. Wenn unsere Gesellschaft von Parallelwelten spricht, so meint sie damit gemeinhin die Spannungen zwischen den Kulturen und Religionen. Jesus sieht auch eine duale, also mehrschichtige,  Welt vor sich und beschreibt die  ihn quälende Spannungen zwischen den Armen und den Reichen. Zwei Welten in der einen Welt, die sich nicht berühren, weil die in der einen Welt in Würde leben können und die in der anderen nicht.

Es geht im heutigen Evangelium nicht um die Belohnung des Himmels oder um eine Androhung von Höllenstrafen. Nein, es geht vielmehr um die leidenschaftliche Sorge Gottes, dass wir Menschen einander aus dem Blick verlieren. Vor diesem Zustand warnt Jesus die Menschen. Und Papst Franziskus erinnert immer wieder daran. Wir Menschen meinen leider zu oft, wenn wir dem einen etwas geben würden, würde man selbst geschwächt werden. Aber das Gegenteil ist der Fall: Wer gibt, wird immer auch die Erfahrung machen dürfen, reicher zu werden. Es geht nicht darum, arm gegen reich auszuspielen, es geht einzig darum, die Menschen unterschiedslos  zusammenzuführen. Sich alleine den Himmel erarbeiten zu wollen, ist ein Widerspruch in sich. Jesus glorifiziert nicht die Armut als Eintrittskarte für den Himmel und er verdammt nicht den Reichtum als unerbittliche Perspektive der Hölle. Jesus klagt über den tiefen, unüberwindlichen Abgrund zwischen diesen beiden Lebenswelten und er beweint ihn. Nahezu niedergeschlagen scheint er zu sein angesichts dieser Wirklichkeit. Glaube ist auch immer geleitet von Emotionen. So vernunftorientiert der Glaube sein mag, wie Benedikt es propagierte, so emotional ist er auch; und dafür ist ein glaubwürdiger Garant Papst Franziskus. Jesus ist enttäuscht, traurig, ja vielleicht sogar wütend über die Selbstverliebtheit und Selbstgerechtigkeit der Etablierten. Und er lehnt sich auf gegen die Gesetzmäßigkeit einer scheinbar gegebenen Unabänderlichkeit. Natürlich ist seine Ansprache an die gerichtet, die meinen im Recht zu sein, alles für sich in Anspruch nehmen zu dürfen auf Kosten der anderen und natürlich will er ihre Arroganz entlarven. Er droht mit den Höllenstrafen und ich glaube, es ist ein verzweifelter Versuch, die Menschen in Bewegung zu bringen. In Bewegung aufeinander zu. Nicht trennen, verbinden will er; und seine lakonische Sprache ist dem verzweifelten Bemühen gezollt, die Menschen endlich aufzurütteln. “In Bewegung bringen” so ist die Heiligtumsfahrt 2014 hier in Aachen überschrieben. 12 Studis, 5 davon hier aus Aachen, haben sich bereits in diesen letzten beiden Wochen davon aufrütteln lassen und sind nach Sambia geflogen, um dort Fremdheit überwinden und Gesättigtheit ablegen zu lernen. Ich bin sehr auf ihre Erfahrungen gespannt und hoffe auf wache Anstöße, meinen Glauben und mein Leben identischer zusammenführen zu können. Denn mit Worten glauben ist zu wenig. Glaube bedarf der Taten.

 

22. Sonntag im Jahreskreis C – 2013

Evangelium: Lk 14,1.7-14

Als Jesus an einem Sabbat in das Haus eines führenden Pharisäers zum Essen kam, beobachtete man ihn genau. Als er bemerkte, wie sich die Gäste die Ehrenplätze aussuchten, nahm er das zum Anlass, ihnen eine Lehre zu erteilen. Er sagte zu ihnen: Wenn du zu einer Hochzeit eingeladen bist, such dir nicht den Ehrenplatz aus. Denn es könnte ein anderer eingeladen sein, der vornehmer ist als du, und dann würde der Gastgeber, der dich und ihn eingeladen hat, kommen und zu dir sagen: Mach diesem hier Platz! Du aber wärst beschämt und müsstest den untersten Platz einnehmen. Wenn du also eingeladen bist, setz dich lieber, wenn du hinkommst, auf den untersten Platz; dann wird der Gastgeber zu dir kommen und sagen: Mein Freund, rück weiter hinauf! Das wird für dich eine Ehre sein vor allen anderen Gästen. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden. Dann sagte er zu dem Gastgeber: Wenn du mittags oder abends ein Essen gibst, so lade nicht deine Freunde oder deine Brüder, deine Verwandten oder reiche Nachbarn ein; sonst laden auch sie dich ein, und damit ist dir wieder alles vergolten. Nein, wenn du ein Essen gibst, dann lade Arme, Krüppel, Lahme und Blinde ein. Du wirst selig sein, denn sie können es dir nicht vergelten; es wird dir vergolten werden bei der Auferstehung der Gerechten.

Bescheidenheit ist eine Zier, und man kommt sogar weiter mit ihr

Es gibt Tugenden, die sind zeitlos, finden Beachtung in allen Kulturen und Religionen, stehen unangetastet und ungefragt da in der Gunst aller Gruppen und Schichten. Eine solche Tugend ist, so denke ich, die Bescheidenheit.

Beide Texte des heutigen Sonntages sprechen von dieser Tugend. Ich glaube, wir können uns sehr rasch darauf verständigen, dass diese Tugend der Bescheidenheit nicht abhängig ist von Besitz und Vermögen. Bescheidenheit ist keineswegs nur eine Frage des Geldes oder der Weise, wie wir damit umgehen.

Bescheidenheit ist eine innere Einstellung zu sich selbst: Wie nehme ich mich selbst wahr? Bin ich mit mir selbst im Einklang oder mache ich mir selbst – und damit auch den anderen – etwas vor? Ein bescheidener Mensch weiß um seine Fähigkeiten und zugleich auch um seine Begrenztheiten; er kann Vermögen und Unvermögen offen nebeneinander stellen und braucht nichts von alledem zu verstecken. Ein bescheidener Mensch ist ein offener Mensch; ein offener Mensch ist ein zugewandter Mensch; und ein zugewandter Mensch ist geprägt und gezeichnet von der Gabe bzw. von der Gnade, seinen angemessenen Platz in der Gemeinschaft zu finden und einzunehmen.

Aber in einer Gesellschaft, in der nur Höchstleistungen wahrgenommen werden, in der der Schein mehr gilt als das Sein, ist in einer solchen Gesellschaft die Tugend der Bescheidenheit nicht kontraproduktiv? Erzieht der äußere Druck des Erfolgszwangs nicht geradezu zwangsneurotische Menschen heran, die sich genötigt sehen, mehr darzustellen als sie sind und mehr vorzuweisen als sie vermögen? Und wird dieser Druck von außen nicht noch potenziert durch den Druck, der in einem jeden und in einer jeden von uns selbst auch drin steckt, mehr sein zu wollen, größer, klüger, intelligenter, besser als die anderen.

Konkurrenz mag in der Wirtschaftswelt das Geschäft beleben; eine Konkurrenz im menschlichen Miteinander aber verunreinigt den Geist und lässt das Leben in Scheinkämpfe ausarten, die auf Sieg angelegt sind, und beim Sieg gibt es immer auch einen Verlierer, so dass das Leben insgesamt in einen ständigen Krieg auszuarten droht: Jeder gegen jeden. Jede/jeder ist sich selbst die/der Nächste und die/der andere ist immer der Feind. In diesem Metier sucht man sich dann ein paar Verbündete, damit der Kampf gegen den Rest der Welt nicht aussichtslos wird.

Jesus predigt eine andere Form der Kommunikation. Ausgangsbasis seines gesellschaftlichen Gefüges ist nicht der Kampf: Theo gegen den Rest der Welt. Seine Grundbehauptung ist schlicht: Ordne dich immer eine Stufe niedriger ein als die anderen, dann wird dir der angemessene Platz von allein zugeteilt werden. Das klingt wie eine kluge Taktik; es könnte sogar als so eine Art ‘Kriegsphilosophie’ missverstanden werden: Dem Feind Unterlegenheit vorzugaukeln, um dann im richtigen Moment geeignet zurückschlagen zu können. Aber Jesus geht es nicht darum, eine Lebenstaktik zu propagieren. Das Leben ist kein taktieren. An den menschgewordenen Gott zu glauben ist keine Einübung in diplomatische Lebensführung, sondern das Bekenntnis, durch Gott, mit Gott und in Gott sich einem Selbstwertgefühl anzunähern, das in gleicher Weise genährt wird von Selbstachtung und Selbstzweifel, von einem Empfinden geschenkter Eigenständigkeit und erlebter Bedürftigkeit. Jesus lädt ein, sich selbst wahr zu nehmen im Licht Gottes, von ihm geschaffen zu sein, Frucht, göttlicher Liebe zu sein und sich zugleich wieder zu finden in der Wirklichkeit des Lebens, unvollkommen, unfertig, schuldig, bedürftig. Diese Bereitschaft der Wahrhaftigkeit sich selbst gegenüber und diese Offenheit, auf Gott verwiesen zu sein schenkt der Glaube. Und deshalb gilt zutiefst, dass der Glaube befreit, nicht einengt, nicht versklavt, nicht in Abhängigkeit führt. Der Glaube befreit dazu, sich nicht anderem oder anderen zu beugen; Glaube befähigt, sich gesund und ehrlich einzuordnen und einzubinden, Begabungen und Begrenzungen zu zeigen, ohne die Fähigkeiten über zu bewerten und unter den Mängeln zu leiden. Bescheidenheit ist deshalb nicht Ausdruck von Schwäche sondern eine zutiefst lebensfördernde Kraft; sie führt in wahrhaftige Kommunikation und Begegnung, noch mehr: sie ist die Quellkraft für Begegnung und gemeinschaftlichem Leben.

Christoph Simonsen

 

21. Sonntag im Jahreskreis C – 2013

Evangelium: Lk 13,22-30

Auf seinem Weg nach Jerusalem zog er von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf und lehrte. Da fragte ihn einer: Herr, sind es nur wenige, die gerettet werden? Er sagte zu ihnen: Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen; denn viele, sage ich euch, werden versuchen hineinzukommen, aber es wird ihnen nicht gelingen. Wenn der Herr des Hauses aufsteht und die Tür verschließt, dann steht ihr draußen, klopft an die Tür und ruft: Herr, mach uns auf! Er aber wird euch antworten: Ich weiß nicht, woher ihr seid. Dann werdet ihr sagen: Wir haben doch mit dir gegessen und getrunken und du hast auf unseren Straßen gelehrt. Er aber wird erwidern: Ich sage euch, ich weiß nicht, woher ihr seid. Weg von mir, ihr habt alle Unrecht getan! Da werdet ihr heulen und mit den Zähnen knirschen, wenn ihr seht, dass Abraham, Isaak und Jakob und alle Propheten im Reich Gottes sind, ihr selbst aber ausgeschlossen seid. Und man wird von Osten und Westen und von Norden und Süden kommen und im Reich Gottes zu Tisch sitzen. Dann werden manche von den Letzten die Ersten sein und manche von den Ersten die Letzten.

Gott ist mehr als ein Türsteher

Bei dem einen oder der anderen von Euch hat es sich vielleicht ja schon herumgesprochen: Ich bin ein Tatort-Fanatiker.  Der Krimi des vergangenen Sonntag aus Luzern, der steckt mir noch in den Knochen. So durchsichtig die Geschichte war, so erschreckend war sie. Der Moralapostel war der Mörder. Das war klar. So integer seine Überzeugungen waren, so verbissen und verkehrt hat er sie dann auch in die Tat umgesetzt. Ein Mord in  Gottes Namen. In der Schlusssequenz des Krimis wirft  der Mörder dem Kommissar folgendes an den Kopf: “Sie handeln nach den Gesetzen der Welt, ich handel im Namen Gottes”, und dann ließ er sich wie ein Märtyrer abführen. Der Leiter einer kleinen christlichen Sekte hat seine 14 jährige Stieftochter getötet, weil diese ungewollt schwanger wurde und in ihrer Überforderung das Kind nicht austragen wollte. Gleich zwei Sünden, die unverzeihlich schienen: die ungeordneten Verhältnissen geschuldete Schwangerschaft und das Eingeständnis menschlicher Überforderung, was der vermeintlich fromme Stiefvater mit mangelndem Gottvertrauen gleich setzte. So durchsichtig der Verlauf der Krimigeschichte war, so nüchtern erschütternd haben der Regisseur und die Schauspieler den Zuschauern vor Augen geführt, wie zerstörerisch es sein kann, eigenen Glauben anderen zwanghaft überstülpen zu wollen. Ein solcher Glaube führt zu Herzenskälte und Starrsinn. Gott ist kein Moralapostel und Jesus ist kein Sittenwächter. Und auch wenn vordergründig die Sprache Jesu, so wie wir sie heute vernehmen, genauso wie am vergangenen Sonntag alles andere als sanft und gefällig ist, so ermutigt Jesus auch heute seine Zuhörerinnen und Zuhörer, selbstbewusst und selbstbestimmt die Wege ihres Lebens zu gehen. Das Bild von der engen Tür suggeriert auf den ersten Blick eine Aussonderung von Menschen. Aber Jesus sondert nicht aus, so nach dem Motto: Die Guten ins Töpfchen, die Bösen ins Kröpfchen. Jesus macht nicht Angst vor der Begegnung mit Gott, Jesus ermutigt, aufrecht Gott gegenüberzutreten.

Dass Menschen sich erheben, im Namen Gottes Richter zu spielen über andere Menschen, das hat mich so abgestoßen hat in dem Tatortkrimi des vergangenen Sonntags. Jesus richtet nicht über die Menschen, er sortiert sie nicht aus. Was aber nicht bedeutet, dass er keine Erwartungen hegt im Gegenüber zu ihnen.

Jesu Zeugnis war sein Leben, seine Worte, seine Predigten sind immer zu hören im Licht seines Lebens.  Als Jesus die eben gehörten Gedanken äußerte, war er auf dem Weg nach Jerusalem. Und dieser Weg wurde – im übertragenen Sinn – immer enger. Jesus wurde immer klarer, wie seine letzte Tür vor seines Vaters Angesicht aussehen würde. Und er ist diesen Weg selbstbewusst gegangen; er ist der Tür seines Todes nicht ausgewichen. Nichts anderes erwartet er von seinen Freundinnen und Freunden. Mit seinen Worten sagt er ihnen: ‘Geht euren Weg, weicht nicht aus, wenn ihr etwas als wahrhaftig erkannt habt und wenn ihr überzeugt seid, dass dieser Weg euch selbst und Gott näher bringt. Es gibt in der Suche nach sich selbst und auch in der Suche nach Gott Augenblicke, die man nicht versäumen darf. Es gibt Einsichten im Leben, die umzusetzen man nicht auf die lange Bank schieben darf. Deshalb habt auf euch acht. Lasst euch nicht einwickeln von dem, was man denkt oder was man zu tun hat’, so hat Jesus vielleicht zu den Menschen gesprochen. Jesus lädt seine Freundinnen und Freunde zur persönlichen Gewissenserforschung ein.

“Die Tür ist eng, die zum Himmelreich führt”, das soll – im radikalsten Sinne – wohl bedeuten: Es gibt nur eine einzige  Tür, die für einen Menschen passend ist, die zu Gott führt. Der Mensch ist eben doch kein Herdentier. Jeder Mensch steht im letzten allein vor Gott und muss sich mit seinem Leben offenbaren und rechtfertigen, aber eben mit dem eigenen Leben. Ich muss mich vor Gott rechtfertigen, für das, was ich getan oder unterlassen habe. Nicht die guten Ratschläge, die ich den anderen erteilt habe, zählen, sondern die Gewissenhaftigkeit des eigenen gelebten Lebens zählt, und sonst nichts.

In einem gewissen Sinn ist die Botschaft Jesu heute ein Aufruf zur Vereinzelung. Wie im Millionenmeer beim Weltjugendhappening der einzelne den Papst nur in Ameisengröße zu sehen bekommt, so wird auch Gott für den der Ferne bleiben, der sich nicht traut, aus der Masse auszuscheren. Gott möchte den einzelnen Menschen sehen und er möchte die Einmaligkeit eines jeden und einer jeden erkennen können. Nicht, um den Menschen zu kontrollieren, wie die Türsteher vor der Disco, sondern um den Menschen umarmen zu können. Und bei jeder Umarmung möchte Gott die wunderbare Einzigartigkeit eines jeden Menschen spüren.

Ja, es gibt einen Augenblick, wo Gott und ich unverwechselbar gegenüberstehen und anschauen. In diesem Augenblick, in dem sich Ursprung und Ziel des Lebens verknüpfen, da darf und da soll die wunderbare Einmaligkeit meines Lebens zur göttlichen Anschauung kommen. Das ist das größte Geschenk, das Gott jedem einzelnen Menschen gegeben: Die Garantie, dass es von keinem Menschen auf der Welt eine Kopie geben wird. Und eben dieses Geschenkt birgt auch die größte Verantwortung in sich, für die wir uns vor Gott zu verantworten haben.

Unsere Aufgabe wird es sein, Gott zu zeigen, dass wir uns dieser Einmaligkeit des Lebens gegenüber verantwortlich erwiesen haben; der eigenen Einmaligkeit wie der je anderen.

 Christoph Simonsen

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