Durch die Brille der Anderen sehen

Jetzt fallen sie wieder übereinander her die politischen Alpha-Tierchen. Setzen starke Duft-Marken, meinen zu wissen, wer arm ist und wer nicht; ob „der Islam“ zu Deutschland gehört oder nicht … Bringen sich in Position, obwohl sie sich noch nicht in ihre Ministerämter eingearbeitet haben. Erstmal Positionen besetzen, die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, Meinungen verabsolutieren, … zurückrudern und den Missverstandenen mimen kann man immer noch.
Das ist nicht nur kennzeichnend für Politiker sondern, wenn ich ehrlich mit mir selbst bin, auch ich neige manchmal dazu: Blind gegenüber der Realität und den wirklichen Sorgen und Ängsten in meiner Umgebung und in meinem Verantwortungsbereich.
In der Bergpredigt –mit der man laut Jens Spahn (CDU) keine Politik machen kann- lese ich:
Jesus gebrauchte einen Vergleich und sagte: »Wie kann ein Blinder einen anderen Blinden führen? Werden sie nicht beide in die Grube fallen?
Warum siehst du jeden kleinen Splitter im Auge deines Mitmenschen, aber den Balken in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht? (LK 6)

Wenn ich dieses Bildwort höre, fühle ich mich immer wieder ertappt. Es geht ja hier um Begegnung, um menschliche Begegnung und um Kommunikation. Ich fühle mich ertappt bei meiner Überheblichkeit und meiner Klugscheisserei. Ich weiß immer gut auf die Fehler anderer hinzuweisen und lasse es nur schwer zu, dass man mich kritisiert.
Jesus fordert eine Haltung der Achtsamkeit, um hinter das Vordergründige zu sehen.
Vielleicht hilft es ja durch eine andere Brille zu sehen oder besser die Sichtweise des anderen/ der anderen übernehmen – aber dazu müsste ich erst mal zuhören, und das können Klugscheisser, selbstverliebte Trottel und Egomanen nicht (ohne diese Typisierungen alle auf mich beziehen zu wollen, aber ein bisschen von diesen steckt auch in mir – und vielleicht auch in manchem Politiker).

STAUNEN KÖNNEN

Sieh die Welt
mit wachen Augen

Sehen
mit offenen Augen staunen
staunen wie Du , Gott
lebendig bist in Schöpfung und
Kosmos

Sehen
mit geschlossenen Augen –
wie Du mich bewohnst und
bewegst
staunen, wie Du in mir atmest
und meine ökologische
Achtsamkeit wach hältst

Sehen
mit offenen Augen –
mich begeistern lassen
von all den vielen Wundern
die Du uns alltäglich zufließen
lässt

Sehen
mit geschlossenen Augen Dich
als tiefsten Seelengrund
erfahren
um mich mit meinen Gaben und
Grenzen annehmen zu können

Sehen
mit offenen Augen –
die brennenden Fragen unserer
Zeit wahrnehmen
Wut und Entsetzen spüren
um mit Dir den Traum einer
gerechteren Welt umzusetzen im
solidarischen Miteinander

Pierre Stutz, Einfach leben – Verlag am Eschbach,10

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